Teil II
Von November 2022 bis August 2023 habe ich eine Serie mit je ca. 1-stündigen Vorträgen aufgenommen. Bislang ist diese Serie nicht an ihr geplantes Ende gelangt, aber um für mich selber Übersicht herzustellen, bevor ich fortsetze, habe ich begonnen, Transkripte anzufertigen, sowie diese unmittelbaren Abschriften des mündlichen Vortrags ein bisschen auszuarbeiten, und Ergänzungen zu machen, da wo es mir notwendig schien. Man wird feststellen, dass es sich um eine Weiterentwicklung des Stoffs handelt, der in den zT qualvoll langwierigen "Untersuchungen" aus Teil I bis ins Kap. 5 hinein erarbeitet wurde, dazu kam eine Einleitung. An diesen Texten möchte ich eigentlich noch einiges bessern, stelle sie aber trotzdem schon mal hier ein, damit ich in zwischenzeitlich geführten Debatten darauf verweisen kann.
Zu Formatierung und eigenwilligen Schreibweisen
- Kursivierungen dienen dem Abheben von längeren Einschüben, und sollen helfen, den Haupttext hinter dem Einschub schnell zu finden. Ausserdem sind Abweichungen der Schriftfassungen gegenüber den Vorträgen bisweilen kursiv wiedergegeben (das aber eher inkonsequent; die Abweichungen und Zusätze sind viel zu zahlreich, als dass sich eine flächendeckende Anzeige dieses Abweichens gelohnt hätte.)
- Ziemlich konsequent durchgehalten ist hingegen die Anzeige, dass es sich um eine der von mir konstruierten Mentalitäten OPP REL MOD handelt, in Zusammensetzungen mit geläufigen Ausdrücken: RELigiös, MODern usw. Immer soll damit daran erinnert werden, das es sich in dem Kontext um meinen, terminologisch festgelegten Sprachgebrauch handeln soll; auch wenn es sich um sinnvolle Erweiterungen handelt, also zB. MODerne= die Epoche, in der die MODerne Mentalität kulturbildend wurde usw.
- Rein erläuternde oder vom Haupttext wegführende Einschübe sind als solche ausser durch Kursivierung auch durch Doppelklammern markiert.
Vortrag 01 vom 22.11.2022#
Ich möchte ein paar Vorbemerkungen machen zum Thema Theorie, Theoriedarstellung. Eine Theorie dient ja dazu, Zusammenhänge überschaubar zu machen, sichtbar zu machen, so dass Menschen, die das kennen, anschließend auch Konsequenzen daraus ziehen können. Wir haben Theorien vorliegen heute vor allen Dingen in der Naturwissenschaft. Das kann man grob auch als Vorbild nehmen für das Gegenstück im Rahmen von Handlung und Kulturgeschichte, wo wir bisher weniger erfolgreich waren; sodass das Vorbild der Naturwissenschaft, vor allen Dingen die Griffigkeit der physikalischen Grundbegriffe unerreicht bleibt - bis jetzt.
Wenn man Menschen eine Theorie versucht nahezubringen, steckt man in einem gewissen Dilemma. Die Theorie dient dazu, den Zuhörern eine Übersicht zu verschaffen, aber die ist natürlich nicht so einfach zu haben – sonst gäbe es das ja alles schon. Das heisst, man muss sich irgendwie durch Stoff durcharbeiten. Jetzt wollen Leute natürlich wissen, ob sie das wissen und sich dieser Mühe unterziehen sollen. Das bedeutet normalerweise, dass man ihnen dann doch, in irgendeiner Weise, eine Andeutung gibt, worauf das hinauslaufen soll. Wenn das nun besonders ungewöhnliche Ergebnisse sind, dann glauben sie das natürlich nicht so ohne weiteres und fragen: „Wie will man denn DA hin kommen?“ Dann fangen die Theoretiker an, ihnen das vorzumachen, um ihnen zu zeigen, dass das schon seine Richtigkeit hat, dass da Sorgfalt dahinter steckt und Überlegung. Nur leider, wenn diese Probe abgeliefert ist, wiederholt sich der Vorgang, man hat sich jetzt auf irgendein Detail der Theorie, der theoretischen Ableitung konzentriert, aber der Zusammenhang geht schon wieder verloren. Da kann man dann sagen, gut, das ist ja ganz ordentlich hier, aber wie will man denn von da zu zu so etwas Allgemeinem kommen? usw.
Normalerweise ist das Schicksal eines Theorievortrags, dass er sich an Leute wendet, die sich nicht bewusst sind, wieviel Aufwand erforderlich ist, um das Gesamt ihrer Verhältnisse, in diesem Fall etwa Gesellschaftsverhältnisse, zu überblicken. Man hat es sich in der Vergangenheit einfach gemacht: Vieles, was wir wissen über Gesellschaft, vieles, was auch Kritiker vortragen, sind relativ holzschnittartige Bilder der Gesellschaft, und das erstreckt sich weit in den akademischen Bereich hinein. So dass man meinen könnte, die Vorstellung von dem, was man da aufwenden muss, nämlich gewissermassen eine inkorrekte Fassung durch eine korrekte zu ersetzen, kann doch nicht so aufwendig sein. Wenn man dann einer tatsächlich ernsthaften Bemühung begegnet, ist man sogleich konfrontiert mit diesem ungewohnten Anspruch, dem man sich dann erstmal stellen muss. Es kann gut sein, dass Zuhörer hier irgendwann mal aussteigen, und sagen: So hab ich mir das nicht vorgestellt, das wird zu anstrengend. Das könnte passieren. Nachtrag bei Transkription: Es ist leider nicht, wie im Vortrag behauptet wurde, ein Problem der DARSTELLUNG - es ist das Problem der THEORIEBLDUNG selbst. Wenn jemand versucht auf höchst-möglichen Abstraktionsstufen (Begründungs-, Verständnis-)Zusammenhänge zu entdecken, kann er das nicht im einzelnen auf "Stimmigkeit" (Angemessenheit) überprüfen. Das heisst, in gewissem Sinn sind die Entwürfe für allgemeingültige Zusammenhangs-Darstellungen hypothetisch, sie können fehlgehen, und sich bei "Anwendung" also Konkretisierung als unzutreffend erweisen - der Zusammenhang existiert nicht oder aufgrund verwirrend anderer als der explizierten Voraussetzungen (die ihn "erklären" sollten). DAS könnte also AUCH passieren. Ende Nachtrag.
Unter diesem Vorbehalt sage ich jetzt erstmal etwas zur allgemeinen Übersicht:
1 Es geht - man könnte sagen immer – um den Zentralbegriff der Kooperation, der Art des arbeitsteiligen gesellschaftlichen Sich-Reproduzierens: sich reproduzieren auf gesellschaftlicher Stufenleiter. Gesellschaftlich heißt, ganz grob und einfach gesagt: Es stehen Leute in Verbindung, die sich nicht kennen, die nicht unmittelbar miteinander reden können, sich verständigen können, verabreden können - wie machen sie das dann, wie ist ihr Zusammenhang? Wir haben da einige bekannte Prozeduren und Arten des Zusammenhängens: den Markt, den Fernhandel gewissermaßen (damit hat das ja auch mal angefangen), wir haben den Staat, Gesetze, Wahlen, wir haben eine Öffentlichkeit, die hauptsächlich sich gestaltet seit den Zeiten des Buchdrucks, aber auch schon früher, dass ein Autor etwas von sich gibt, und das wird viele Male wiederholt. Viele hören es und stehen dadurch unter dem Einfluss ein- und derselben Gedankenwelt. Und das wird dann noch tradiert. Das sind also erste Arten, wie Menschen vergesellschaftet sein können. Insgesamt bleibt die Gesellschaft ihren Mitgliedern aber ein Rätsel, sie beherrschen ihren Zusammenhang bis heute nicht wirklich gut, und haben ihn an Mechanismen delegiert, die zwischen ihnen diesen Zusammenhang stiften sollen, an deren Funktionieren sie mehr oder weniger glauben müssen, weil sie nichts Besseres haben. Wie das auf ein höheres Niveau als dieses grob mechanische gehoben werden kann, ist unklar.
2 Also Kooperation: da wollen wir vorläufig, grob die allerwichtigsten Bestimmungen festhalten. Da gibt es also erstmal ein arbeitsteiliges Sich-Reproduzieren, auch ein Fortschreiten, ein Entwickeln dieser Re-Produktion, dieses sich Erhaltens in einer Umgebung, einer großen Gruppe, einer ganzen Gesellschaft. Diese Reproduktion ist arbeitsteilig – das ist mal eine erste Bestimmung; sie ist nebenbei auch wissensteilig, also auch das Wissen, das irgendwo in dieser Gesellschaft vorhanden ist, ist aufgeteilt an verschiedene Mitglieder dieser Gesellschaft. Es kann im Prinzip, wie andre Güter, an andre weitergegeben, "vervielfältigt", aufbewahrt werden - ob es von andern ebenso leicht aufgenommen werden kann, ist fraglich. Das macht also Probleme. Probleme - man könnte stattdessen auch sagen: "Aufgaben, die zu lösen sind" – in Summe stellen sie dar die Aufgabe der Koordination ihrer arbeitsteiligen Bemühungen. Da geht es also auch um Prioritätensetzungen - welche Ressourcen wohin gelenkt werden. Wenn beliebig Ressourcen zur Verfügung stehen, macht das keine Probleme, aber wenn sie knapp sind, muss man sich einteilen, muss man fragen: was zuerst, von wem, wofür, für wen, was dann, in welcher Reihenfolge? Wie verteilt, mit welcher Intensität wird welche Aufgabe von wem zuerst bearbeitet? Mit andern Worten, es muss geplant gewirtschaftet werden. und ein Wort für den Vorgang, den geistigen Vorgang im Wesentlichen, der da geleistet werden muss, ist eben Koordination.
3 Die Art und Weise, wie man sich da aufstellt, kann nun Gegenstand verschiedener Meinungen sein. Die Meinungen können sich auch gegeneinander verhärten; wobei vielleicht garnicht immer das Allgemeine so sehr strittig ist, sondern einzelne stehen einfach auf dem Standpunkt „Ich will etwas. Ich möchte für mich etwas.“ Bereits zwei solche können ja schon hart aufeinandertreffen. Sie streiten sich, so dass man dann sagen kann: was sie am Ende des hoffentlich nicht ewigen Streits miteinander machen, ist im Konsens. Der Konsens kann auch so sein, dass er erzwungen ist. Es ist dann trotzdem so, dass der Streit fürs erste beendet ist, vielleicht mit einer Zwangslösung für einen, oder für beide, oder einem Kompromiss, dem sie noch gerade so eben zustimmen können. Wie auch immer, ich nenne das trotz allem Konsens, wenn der Streit und die Verständigung, oder auch die Auseinandersetzung beendet ist, und jetzt mal was getan wird - so wie befohlen, oder verabredet.
Es ist also eine weitere Bestimmung von Kooperation, dass das koordinierte Reproduzieren im Konsens stattfinden muss, und man auch über die Art der Koordination Konsens haben muss.
4 Jetzt kommt eine weitere, eine vierte Bestimmung hinzu – natürlich muss das Ganze in irgendeiner Weise tatsächlich auch noch sachgerecht sein. Es muss also in irgendeiner Weise auch unter Umständen komplexen Anforderungen genügen. Und das erinnert jetzt an die Wissensteilung, wenn die einen dies wissen, und die anderen jenes zu einer Aufgabenerfüllung – aber die Zusammenführung des Wissens nicht stattfindet, dann ist da ein Problem, das nicht einfach dadurch gelöst wird, dass man etwa sagt, koordinierend, da wird jeweils so und so viel Ressourcen in etwas (weitere Forschung etwa) gesteckt, weil man noch gar nicht weiß, was überhaupt sachgerecht zu tun (oder etwa weiter, mit welcher Priorität, zu erforschen) wäre.
So. Jetzt haben wir also vier maximal einfache Bestimmungen von Kooperation - moderner Kooperation, wie sie gegenwärtig weltweit stattfindet - ein sehr abstrakter Begriff; und trotzdem sind die vier Begriffe wahrscheinlich für alle gut zugänglich, die das hören, also nochmal: Es ist arbeits- und wissensteilig auf Gesellschaftsebene zu produzieren, koordiniert, im Konsens und sachgerecht. Das sind die Anforderungen, denen genügt werden muss, wenn man eine Produktion aufzieht von solcher Komplexität wie die moderne – die gegenwärtige.
5 Man muss sich jetzt nur diese vier Bestimmungen einmal vor Augen halten, um zu ahnen, wie eigentlich sich der moderne Gesellschaftsaufbau in seinen gröbsten Abteilungen, die aufeinander aufbauen (darum, weil er diesen Anforderungen, genügen musste) entwickelt haben muss. Auf die Weise, könnte man sagen, ergibt sich eine kurze Geschichte der Moderne. Die Moderne beginnt im europäischen Raum irgendwann etwa um 1700. Man kennt das mit der Aufklärung, man weiss, dass die Naturwissenschaft ab da begann, sich explosionsartig zu entfalten, die Technik begann sich zu entfalten - all das auf Grundlage der bereits eingerichteten weltweiten Handels- und Beherrschungszusammenhänge. Die sind schon ein bisschen älter, die sogenannte Megamaschine hatte da schon gut zwei/dreihundert Jahre Zeit zu wachsen. Das Kolonialsystem etwa war schon weitgehend eingerichtet. Und die Kenntnis von zahllosen Lebensformen und Produktionsverfahren war in Europa eingedrungen. Auch in anderen Weltteilen war man sich damals zumindest ansatzweise dessen bewusst, dass es da noch mehr gibt als die nächste Nachbarschaft. Dies Wissen von Lebensformen und Techniken ist eine der wesentlichen Voraussetzungen der MODernisierung, in Europa institutionalisiert etwa in der Enzyklopädie. (Übrigens nach chinesischem Vorbild. Dort hatten sie schon viel früher Enzyklopädien, in denen versucht wurde, das umfangreiche Wissen von Fachdisziplinen einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die auf alle Gewerke und alle Fächer einer hochentwickelten Handwerksproduktion zugreifen wollte.) Das war also der Ausgangspunkt der modernen Technologie und auch der Wissenschaft - zusätzlich zu den zuvor schon aufverschiedenen gebieten erarbeiteten Wissens- und Könnens-Ständen.
6 Wir können uns also fragen: Wie ging das eigentlich los in Europa, wo sich die Moderne als erstes entwickelt hat? Dann stellen wir fest: im Rahmen von Institutionen wird das ausgebildet - ein Wort dafür ist „keimformartig“ -, die es erstmal tragen, nähren, unterstützen, und ihm Mittel zukommen lassen, die es gewissermaßen nicht aus sich selbst hätte erzeugen können. Und trotzdem kann man sagen, die Erfinder und Unternehmer, die die Moderne erstmal verkörpern, auch die Visionäre und die Wissenschaftler und die Experimentatoren (das sind ja teilweise Privatleute, die großenteils irgendwie in ihren Nebengebäuden, z.B. als Apotheker oder dergleichen, irgendwas zusammenkochen) – diese Leute haben ganz gewiss erstmal mit ihrer Vernetzung kein so großes Problem gehabt. Sie hatten da teilweise Journale, in denen sie was veröffentlicht haben, teilweise waren das Privatbeziehungen, Korrespondenzen usw., so dass das, was wir da jetzt an vier Bestimmungen der Kooperation genannt haben, in der Moderne anfangs überhaupt nicht in irgendeiner Weise hervorgetreten ist, sondern es waren Privatpersonen, die im Rahmen ihrer persönlichen Lebensführung, Lebenseinrichtung, Lebensentwürfen, etwas probiert haben, was durch die genannten Kommunikationsmittel an andere gelangt ist. Es gab auch Akademien und Fachgesellschaften, die sich außerhalb der traditionellen Universität gebildet hatten. Es gab teilweise bereits sich entwickelnde Fachzeitschriften, so dass die Kommunikation auf jeden Fall funktioniert hat. Es gab Erfinder, die zugreifen konnten auf Wissenschaften und wissenschaftliche Resultate. Es gab Unternehmer, die Erfindereinfälle umgesetzt haben. Es gab eine Öffentlichkeit, die siuch Visionen zur Fortsetzung und Steigerung dessen, was schon erreicht war, ausgedacht hat. All das hatte eigentlich keine allzugroßen Probleme mit seiner "Vergesellschaftung" (gedruckt war etwas schnell). Die grossflächige, die grundlegende Vergesellschaftung gab es auf jeden Fall sowieso: frühneuzeitliche Staaten, eine etablierte Wirtschaft, die teilweise bereits das Niveau einer ganzen Nation erreicht hat. (Es wird etwa davon ausgegangen, dass in England wahrscheinlich etwa Mitte des 18. Jahrhunderst sowas wie ein nationaler Markt entstanden war. Das setzt ja voraus, dass es Transportwege gibt, dass man also z.B. Marktungleichgewichte, die irgendwo lokal entstehen, von woanders her ausgleichen konnte, alles überallhin transportieren konnte, auch der Fernhandel war also schon ziemlich entwickelt.)
7 All das sind Voraussetzungen. Der frühneuzeitliche Staat existierte als eine politische Instanz, die sehr stark marktregulierend wirkte, und wo die Aufgabe, die sich alsbald ergab, der Koordination, zum Problem wurde. Das Ganze hebt ja ab irgendwann in den Jahrzehnten nach 1800, spätestens in England, die frühindustrielle Entwicklung, oder eigentlich nicht mehr die früh- sondern sondern die industrielle Revolution, der Fortschritt fängt an zu galoppieren, es sind ununterbrochen innovative Errungenschaften zu verwerten. Dass das überhaupt geht, mit marktwirtschaftlichen Mitteln, war keine Selbstverständlichkeit, dass man etwa auch mit Fortschrittsoptionen handeln kann, dass es eine Entfaltung des Kredits gibt, die sich darauf bezieht, dass es davon feste und robuste Formen gibt, Aktiengesellschaften und so weiter, mit denen diese Fortschritte finanziert werden – das war alles keine Selbstverständlichkeit. Die Marktregulation, die Gestaltung von Wirtschaft durch den Staat, musste erstmal diese Sphäre freigeben. Das ist nicht reibungslos passiert, sondern war mit Kämpfen verbunden - mit Interessengegensätzen. Und das erste, was sich daran abzeichnete, waren dann auch die Klassen, die sich gebildet haben, große Klassen von Personen, klar auch von teilweise wenig Mitgliedern, Großgrundbesitz etwa, der Getreide auch für den Export produziert, Industrielle, die Schutzzölle brauchen. Und dann natürlich Lohnabhängige, die keine Existenz auf dem Land mehr hatten, wie noch ursprünglich, wo sie vielleicht Kartoffeln angebaut haben, in kleinen Gärtchen, und damit vielleicht über die Runden kamen, und dort im Verlagswesen Textilien produziert haben, mit Produktionsmitteln, die ihnen Kapitalisten in die Cottage-Wohnung gestellt hatten.
So etwa ging das los. Nach einigen Erfindungen, die ihre Arbeit überflüssig machten, haben sie sich dort nicht halten können, und sind in die Städte und die Slums verdrängt worden, als hilflose und extrem abhängige Billig-Arbeiter, denen man so ziemlich alles zumuten konnte. Das war aber nicht die ganze Bevölkerung, sondern ein wachsender Pool, eine, wie Marx es nannte, „Reservearmee“, die in den Städten vegetierte und auf Arbeit hoffte. Und die bekam sie ja dann im Lauf der Zeit auch.
8 Aus dem Grundbestand der vier zu lösenden Aufgaben, die ich genannt habe, also „Wie geht Arbeits- und Wissensteilung überhaupt?“, „Wie koordiniert man?“, „Wie stiftet man Konsens?“, „Wie sorgt man dafür, dass es sachgerecht ist?“, also vor dem Hintergrund dieser naturwüchsigen Vergesellschaftung der Aufgabenlösungen stellte sich nun, unter den Voraussetzungen der eingetretenen extremen Entwicklungsbeschleunigung, als erstes die Koordination als eigens zu lösende Aufgabe dar: Sie war problematisch - und sie wurde gelöst durch die Unternehmer-, Industriellen-, die Kapitalistenklasse, die sich neu herausbildete aus dem zuvor bestehenden Bestand an Bevölkerungsgruppen, und erkennbar diese Aufgabe übernahm. Dasselbe gilt es dann natürlich auch für die Lohnabhängigenklasse, die durch ihre arbeitsteilige Position außerhalb der landwirtschaftlichen Selbstversorgung (und sei sie noch so mickrig, mit Kartoffelgärten oder dergleichen) – in den Städten nicht mehr versorgt war, und daher in ständigen Lohn- und Klassenkämpfen um ihr schieres Überleben kämpfen musste. Von daher ergab sich also bereits eine ganz eigene neue Aufgabenstellung, in der sich die Frage „Wie sind Ressourcen zu verteilen? Und wie sind sie im Konsens zu verteilen?, selbst wenn das alles sachgerecht dem Fortschritt und der Verwertung von Wissenschaftsresultaten diente - sich als eine weitere Aufgabe darstellte, die sich nicht einfach von selber löste, sondern gesonderte Anstrengungen sowohl von Seiten der Konsensstiftung durch den jetzt liberal-bürgerlichen Klassenstaat, als auch von Seiten der Wirtschaft, der Koordinatoren, der Industriellen-Klasse, erforderte.
9 Nun ist bekannt, dass die Liberalen – was keineswegs selbstverständlich war – diese Aufgabe wesentlich dem Markt anvertrauen wollten: Die Aufgabenlösungen sollten sich ergeben durch das freie, nicht mehr regulierte Interagieren der Nachfrager und Anbieter (auch der zeitweisen Nutzung von Rohstoffquellen, Agrarflächen, Arbeitskraft und Kapital, also nicht bloß von Waren und Dienstleistungen), aber nachdem das Ganze schon ziemlich weit gediehen war, stellte sich heraus, dass es immer wieder krisenhaft endete, die Krisen wurden immer schlimmer. Höhepunkt war schliesslich die Krise von 1929; wobei sich auch schon vorher abgezeichnet hatte, dass der Markt eben seine Mängel hat.
10 Die frühneuzeitlichen Staaten hatten ebenso Mängel. Sie haben dazu geneigt, wie man weiß, ihre Gewaltmonopole nach innen wie nach außen einzusetzen, in Form militärischer Auseinandersetzungen: An der Grenze haben ihre Interessen nicht aufgehört – aber ihre Fürsorgepflichten gegenüber der nationalen Eigentümerschaft, der Nation, haben geendet gegenüber den Bewohnern "fremder" Territorien. Die Nation hatte Interessen dort außen, traf da aber auf einen anderen Gewalthaber und eine andere Nation. Das führte erstmal zur bekannten imperialistischen, imperialen Konkurrenz der Nationen um Ressourcen, Absatzmärkte und Einflusssphären, beziehungsweise schlichtweg um die militärische Überlegenheit. Auch um die wird ja eigentlich gekämpft, also um die Frage: „ Wer ist dauerhaft überlegen?“, und die Stellung ist leider immer wieder anfechtbar.
11 Aus dem Versagen der Märkte haben sozialistische Kritiker Konsequenzen gezogen – als das passierte, standen sie gewissermaßen schon bereit. Allerdings waren sie gespalten in solche, die Märkte wieder stärker regulieren, aber bestehen lassen wollten, und solche, für die das Versagen des Marktes so beeindruckend war, dass sie ihn so nicht mehr bestehen lassen wollten, vielmehr musste ihrer Meinung nach der Staat den Markt übernehmen, genauer gesagt, die Lösung der Aufgaben, die manbisher dem Markt überlassen hatte. Es sind dann gleichzeitig diese zwei Modelle, das staatssozialistische und das sozialdemokratische, gestartet - das staatssozialistische bezeichnenderweise in Territorien, die nachholende Modernisierungen, vorzugsweise zu Rüstungszwecken, zur Selbstbehauptung neben faschistischen Raubstaaten, gegendie drohende Kolonialisierung und Versklavung, einzuleiten hatten. ((In einem gewissem Sinn sind ja auch die Meiji-Reformen in Japan von einem Staat unternommen worden, das hat sich übrigens später auch nochmal in Südkorea wiederholt, ... dass also tatsächlich der Anstoß (das was Marx die ursprüngliche Akkumulation nannte) in spät sich modernisierenden Territorien dann doch sehr stark unter Schutz der nationalen Wirtschaft vor Weltmarktangeboten (also protektionistisch) und von staatlicher Ingangsetzung von elementaren Produktionszweigen bestimmt war – Stahl z.B.. Die Stahlproduktion in Südkorea ist ein Standardbeispiel, das da immer wieder genannt wird.))
12 Auch die Liberalen versuchten, sich von diesem Schlag zu erholen, und haben ihrerseits eine neuere und zeitgemäßere Version ihres staatsprogramms ausgearbeitet - eine die dem Staat auch eine gewisse Regulierungsfunktion zugestand, das waren dann die Ordo- und Neoliberalen. Und sukzessive haben diese Staatsprogramme, die das 20. Jahrhundert bestimmt haben, einander abgelöst. Die höchsten Ansprüche an den Staat verkörpert hat die staatssozialistische Konzeption, und sie hat auch als erste angesichts der Problemen, die sie hätte lösen sollen, aufgegeben. Die zweiten, die - beinah zeitgleich - aufgegeben haben (oder nicht weiterwussten, wie auch immer), waren die Sozialdemokraten. Übrig blieben die reorganisierten Neoliberalen, die seither gewissermaßen immerhin die Aufgabe international produktiver Produktion und Arbeitsteilung durch ihre Freihandelsordnung (nach aussen; ergänzt durch die Niedriglohnpolitik, Sozialabbau, Privatisierungen, Austerität usw nach innen) ansatzweise gelöst haben. Man könnte freilich genausogut sagen, sie haben das Problem in höhere Höhen vorgetrieben, und nur die Fallhöhe vergrössert...
13 Wir stehen also gegenwärtig an einer Schwelle, und damit ist jetzt die Betrachtung dieser Entwicklung bis zum aktuellen Stand fortgeschritten, wo nämlich die entwickelte moderne Produktivität, hoch arbeitsteilig, mit zentralisierten Betriebsstätten über alle Kontinente verstreut, vor dem Problem steht, dass sie eigentlich kaum noch durch Märkte zu organisieren ist – aber erst recht nicht durch staatliche Beaufsichtigung. Die staatliche Beaufsichtigung folgt einfach nicht nach, und da, wo sie gerade eben noch folgt, in großen Territorien, bei den Grossmächten und Bündnissen, genügt sie notwendig den Anforderungen, die man gewissermaßen national gewohnt war, an die Konsensfindung nicht mehr. Sie wird bürokratisch, teilweise nicht sachgerecht, sie bedient Einzelinteressen, integriert aber nicht mehr, die Daseinsfürsorge lässt nach, die Ansprüche daran, so dass man feststellen muss: Die Staaten, die sich dieser Aufgabe noch immer stellen, versagen zunehmend an dieser Aufgabe - der der internationalen Regulierung der längst transnationalen Produktionszusammenhänge. Sie beißen sich fest an der Internationalität ihrer Aufgabenstellungen, die nationalen Aufgaben werden darüber zunehmend vernachlässigt: nationale Wirtschaftsförderung, der Sozialstaat, nebenbei auch die Technikförderung – das waren in der Moderne wichtige Staatsaufgaben, in die hinein sich die klassischen Staatsaufgaben konkretisiert haben, im Zuge der Moderne und der modernen Staatsertüchtigung seit dem Ersten Weltkrieg. Und an diesen Aufgaben also versagen die Staaten zunehmend; weswegen auch die “Klassen“, die aus diesem Staatshandeln resultieren, zunehmend nicht mehr imstande sind, politische Vertreter zu finden, die in dem je vorausgesetzten Staatsprogramm ihre Interessen noch vertreten.
14 Grob gesagt haben sich in den Industriestaaten, die an der fortgeschrittenen Globalisierung beteiligt sind, drei Klassen herausgebildet, nämlich
- die Globalisierungsprofiteure (das sind heute wahrscheinlich bloß noch 20% der Bevölkerung);
- die Globalisierungsabhängigen – das sind solche, deren Marktposition wesentlich aus Einkommen bestritten wird, die von den Globalisierungsprofiteuren (dazu gehören auch gut verdienende Lohnabhängigen in den transnationalen Unternehmen) erwirtschaftet werden; Globalisierungsabhängige sind also solche, die profitieren von diesen Einkommen, und andererseits ihre Produktionsmittel auch aus dieser Sphäre der globalisierten Produktion beziehen. Das sind Handwerker, Dienstleister, freie Berufe, Gesundheitsarbeiter, Staatsangestellte usw… Sie arbeiten mit industriell erzeugten Produktionsmitteln - das ist alsoein Wirtschafts-Sektor, der abhängig ist von solchen Arbeitsmitteln, die transnational erzeugt werden.
- Schließlich die absichtlich hergestellten Niedriglohnsektoren und prekär Beschäftigten, die auch von diesem Weltmarkt mit ausgebeutet werden, die „Globalisierungsruinierten“, wenn man so will, die nichtdestotrotz ihren Beitrag dazu leisten, und die eigentlich einen Sozialstaat bräuchten, der ihnen aber zunehmend vorenthalten wird.
15 Die Globalisierungsprofiteure haben diesen fortgeschrittenen und globalisierungsorientierten Staat als eine Art herrschende Klasse getragen, sie müssen aber zunehmend Standpunkte einnehmen bzw befüroworten, die sich mit einer reifen Staatlichkeit, wie man das im 20. Jh. ausgebildet gefunden hat, nicht mehr vertragen; einer bürgerlichen Staatlichkeit, muss man genauer sagen, einem Staat von Privateigentümern, von Menschen, die auf dem Standpunkt stehen, dass sie mit dem, was sie haben, ein Einkommen erzielen wollen, in einem Verbund mit anderen, um den sie sich zugleich nicht weiter kümmern wollen, sondern der mehr oder weniger Apparate- oder Mechanik-Charakter hat. Die Globalisierungsprofiteure, „die staatstragenden Schichten“, „die herrschende Klasse“ gewissermaßen, ist tatsächlich insofern nicht mehr staats- und politikfähig, als auch sie an den Aufgaben – selbst bei nachlassenden Ansprüchen an Sozialstaatlichkeit, an nationale Wirtschaftsorientierung usw – immer stärker scheitert und sich zunehmend überfordert zeigt. Es gibt übrigens noch eine weitere Aufgabe, Technikförderung, Wissenschaftsförderung: auch da, wo sich also die Sachgerechtheit allererst herstellen soll, ergeben sich Defizite. Und allein schon die Aufgabe der Aushandlung von konsensfähigen Mechaniken, Prozeduren, hat ein Niveau erreicht, wo im Grunde genommen die wenigsten Teilnehmer, Mitglieder der betreffenden, der involvierten Bevölkerung, noch folgen können.
16 Man kann sagen, die Aushandlung der Art einer Weltordnung, der Kampf um sie, ist heutzutage praktisch nur noch Regierungsangelegenheit. Wir sehen, dass Regierungen gegeneinander antreten, oder sogar bloss noch Regierungsabteilungen, die völlig abgehoben agieren, und denen ihre Bevölkerungen nur noch in Teilen folgen, mit Gesichtspunkten, die wiederum diesem Kampf gar nicht gemäß sind; nämlich nationalen. Also z.B. die russische Bevölkerung, genauer, der Bevölkerungsteil, der Anteil nimmt an dem Kampf gegen die Nato, hat nationale Gesichtspunkte, während die Regierung selbst, Putin und so weiter, einen völlig abgehobenen Weltordnungsstandpunkt einnehmen, zusammen mit anderen Regierungen, bei denen es sich ähnlich verhält, also auch die Iraner, die iranische Bevölkerung sieht zumindest in Teilen nicht mehr ein, warum sie für eine solche Auseinandersetzung überhaupt Opfer erbringen soll. Soweit die Staaten bzw. die Regierungen noch Projekte verfolgen, sind die zugleich nicht integriert, defizient, abgehoben von ihren Bevölkerungen, ihren Nationen, und das geht natürlich nicht mehr lange gut. Also das ist ein Zustand, der anfällig ist dafür, in eine Vorform, die mal erreicht war, zurückzufallen; die aber zugleich mit dem Widerspruch konfrontiert ist, dass dann natürlich die Produktivität, wie man sie mittlerweile kannte und gewohnt war, nicht mehr aufrecht zu erhalten ist.
17 Und dabei bleibt es nicht, sondern die Problemkaskade, die sich ab da entfaltet, ist absehbar. Wenn wir tatsächlich in irgendeiner Weise auch nur die Idee verfolgen einer weltweiten Gleichverteilung von Lebens-, Arbeits- und Produktionschancen , dann sehen wir sofort: die Ressourcen müssen politisch verwaltet werden. Zu den Ressourcen gehört auch die intakte biologische Grundlage unserer gesamten Existenz, die uns weitere Restriktionen auferlegt. Das muss, oder müsste, sorgfältigst geplant werden. Wenn aber alles mit allem zusammenhängt – sind wir dann nicht wieder bei der Arbeitsteilung, in verschärfter Form, angelangt? Wie soll denn die, wie erforderlich, sorgfältige Planung noch organisiert werden in einer hierarchischen Vergesellschaftung, wo Konsensfindung abgelöst ist und gegenübertritt den Instanzen der Koordination, und die wiederum gegenübertreten den eigentlich technischen Anforderungen? Man glaubt sich eine solche vertikale Aufspaltung des Entscheidens und des Wissensverwaltens leisten zu können. Dass das nicht geht, hat dramatisch die Corona-Episode, die Pandemie gezeigt, weltweit. Sie zeigt sich eigentlich im Grunde genommen auch in der Auseinandersetzung der Staaten selbst, wo es auch um Wissen geht, um Wissen um die Andern, wo man sich fragen kann: Wer hat dieses Wissen, dieses geopolitische Wissen eigentlich noch, derart dass da sachgerechte Entscheidungen getroffen werden? Stattdessen hat man immerzu den Eindruck, alle Beteiligten stolpern in Situationen hinein, die sie so nicht vorhergesehen haben – weil sie eben auch nicht genug gewusst haben über die je andere Seite; oder überhaupt die Umstände, in denen sie antreten.
18 Man könnte jetzt, angesichts dieses um sich greifenden Staatsversagens, die Frage stellen, ob nicht ein Vorgang wie vor 100 Jahren sich wiederholen könnte – nämlich dass eine gesellschaftliche Instanz bereitsteht, die es schon gibt, so wie damals den Staat, die sich fähig machen könnte, das Marktversagen aufzuhalten, also den Staat in einer solchen Weise zu unterstützen, wie seinerzeit der sozialdemokratische Staat des New Deal die Wirtschaft gestützt hat, oder die Aufgabe der Koordination gleich selbst übernimmt, wie seinerzeit die Staatssozialisten. Ein Kandidat für diese Rolle wäre das, was man „Zivilgesellschaft“ genannt hat. Das ist gewissermaßen das Substrat an Normen, Überzeugungen, Lebensstilen usw., was eine Gesellschaft vor aller noch auszuhandelnden Konsensfindung zusammenhält. Früher waren das vielleicht mal irgendwelche Nationalkulturen, heute hat sich das ein bisschen rationalisiert. Da ist es vielleicht so was wie der Kosmopolitismus der Globalisierungsprofiteure mit all seinen Facetten, Lifestyles und Positionen, auch eine Moral etwa ist ganz wesentlich (bei ihnen: die Inklusionsmoral, die aber die Eigentumsverhältnisse als quasi vor- und ausser-moralisch ausklammert), also Normen; Normen auch dessen, was als rational angesehen wird. Das könnte z.B. heute so etwas sein wie „der Glaube an die Wissenschaft“, das, was gegen die Kritiker der Pandemiemaßnahmen eingeklagt wird: man hat an die Wissenschaft zu glauben. Das wäre so ein Grundkonsens, aus dem überhaupt erst alles andere abzuleiten ist.
19 Von dieser zivilgesellschaftlichen, und hoffentlich die ganze Gesellschaft übergreifenden, dazu bestimmten Menge an Überzeugungen und Normen wurde gesagt, bzw dieses Übergreifen und Gelten für alle und Geteiltwerden von allen wurde so ausgedrückt, dass sie "hegemonial" sind, also tatsächlich alle Gesellschafts-Mitglieder einbeziehen, und von ihnen anerkannt werden, somit alle Klassengegensätze hinter sich lassen. Diese Normen und Überzeugungen also sollen nun heute tatsächlich sachgerecht sein, und mit ihrer Hilfe sollen Lösungen gefunden werden für die Probleme, die die Staaten nicht finden. Eine weltweite hochproduktive Produktion soll verwaltet werden, koordiniert, im Konsens, und noch sachgerecht. Man muss das nur aussprechen, um zu wissen, dass auch – oder erst recht – die durch Normen und deren Anerkennung konstituierte Zivilgesellschaft mit diesem hohen Anspruch komplett überfordert ist.
20 Was sind die Gründe der Überfordertheit? Da könnte man nun sehr einfach sagen: Schon die Koordination misslingt, weil die zu lösenden Koordinationsaufgaben viel zu komplex sind. Die Produktionszusammenhänge, die Lieferketten, einmal eingerichtet, können zwar vielleicht funktionieren, sind aber hochanfällig für Störungen aller Art, die sich dann fortsetzen (erst recht, wenn Produktionsweisen ständig "umgewälzt" werden). Die Investitionsentscheidungen sind abhängig gemacht von Kenntnismassen, die kaum noch zu überblicken sind, und einen zurückwerfen in rohe, vormoderne, voraufgeklärte Expertenhörigkeit und -gläubigkeit, man soll einfach an Autoritäten glauben. Es ist nicht mehr rational nachvollziehbar, warum eine Entscheidung getroffen werden soll, so oder anders, zB im bezug auf Energie - gerade in Bezug auf technisch komplexe Fragestellungen, aber auch wissenschaftlich komplexe, wie den Klimawandel. Angesichts der Vielfalt an Gesichtspunkten, unter denen jemand ein Interesse ausbilden kann nicht nur, sondern auch der Meinungen die da sind, der Interessenlagen, die verworren sind, also angesichts der überbordenden Diversität ist Konsensfindung kaum noch möglich. Diversität ist hier das Stichwort, Komplexität bei der Koordination Und bei der Sachgerechtheit können wir auch noch etwas feststellen, was überfordert, ich habe es gerade schon angedeutet, nämlich: die Wissenschaft ebenso wie die Technologie werden vorangetrieben in Bereiche, die nicht mehr leicht überschaubar sind. Bei der Wissenschaft ist es so, dass sie mit den erarbeiteten Grundprinzipien aus Chemie und Physik losgeht auf Systembereiche der Wirklichkeit – Geophysik und Biologie sind die Stichworte; unter Biologie ist auch zu fassen das Agrarwesen, die Agrarwissenschaft, die Medizin, die Umweltwissenschaft. Geophysik, auf der anderen Seite, enthält natürlich auch Meteorologie, Klimawissenschaft und noch viel anderes. Diese Systemwissenschaften haben einige Eigentümlichkeiten, die sie von den Verhältnissen in Physik und Chemie unterscheiden:
21 Zunächst einmal zerfallen ihre Gegenstände in unzählige Einzelaspekte, wenn man sie analysieren will, muss man all diesen Aspekten nachgehen. Auch die Wissenschaften zerfallen darum in zahllose Unterdisziplinen, die das zu leisten versuchen. Die Aspekte aus diesem Systemzusammenhang herauszulösen ist aufwendig, deswegen sind schon die Einzelerkenntnisse sehr schwer zu gewinnen, bei den Herauslöseoperationen müssen exotische, abgelegene Dinge untersucht werden, Eisbohrkerne, solche Dinge, d.h. solche Einzelstudien sind schon sehr teuer, sie sind ausgebreitet, die Gegenstände sind groß (der Weltzusammenhang des Klimas, der Meeresströmungen, der Vulkantätigkeit usw.), gleichzeitig sind sie gerade darum nicht oder kaum zu beeinflussen; oder sie sind extrem klein und schwer erreichbar; oder in einer unbeherrschbaren Vielfalt vorhanden: Wenn man sagt, 10.000 Arten allein an Mikroorganismen bevölkern den Boden unter einem Quadratmeter der Oberfläche – dann hat man zu tun. Also extrem komplex, extrem klein, extrem verdichtet komplex und extrem groß ausgebreitet: alles kommt zusammen. Das macht diese Analysen schon mal teuer (darum die frühe Beteiligung von interessierten (Drittmittel-)Geldgebern). Sofern es sich überhaupt um analytische Verfahren handelt. Die Ergebnisse der Studien der Einzeldisziplinen müssten aber jetzt erstmal unter leitenden Fragestellungen wieder zusammengefasst werden: die Einzelfunktionen, die so analysiert sind, arbeiten normalerweise im System zusammen. Diese Zusammenführung ist aber gegenwärtig in der Wissenschaftsorganisation so gut wie nicht umgesetzt, oder nicht in ihr selbst.
22 Das Zusammenführen wird vielmehr von aussen, bei Bedarf, in speziellen Fällen, herbeigeführt, durch Sponsoren, die etwa Wissenschaften wie die Virologie oder die Klimawissenschaft als vermeintliche Universalerklärer bevorzugen, und genau in dieser Funktion dann auch fördern. Was dann in den Wissenschaften dieser Art eine eigene Tradition bildet, so dass die sich, spätestens nach zwei Forscher-Generationen, gar nicht mehr von aussen sehen und nicht mehr reflektieren, was sie sich da zurechtgelegt haben an vereinfachten Bildern ihres Gegenstands, die haben sie meist irgendwann mal aufgenommen aus benachbarten Einzelwissenschaften, und passend zurechtgemacht, um pragmatisch arbeiten zu können, etwa "alles, was mit Viren zusammenhängt", mit Vireninfekten, hat die Virologie sich dann gewissermaßen in Schmalspurmanier zurechtgelegt. Das wird aber mit Epidemiologie, Labormedizin, Infektiologie, Immunologie und den klinischen Fächern nicht mehr abgestimmt – oder nur noch ganz am Rande. - Genauso höchstwahrscheinlich bei der Klimawissenschaft und bei vielleicht noch anderen, die von Belang sind, weil es daran ein gesteigertes gesellschaftliches Interesse (d.h. entsprechende Fördermittel) gibt (kommerziell, militärisch...). Da kann man auch gleich schon sehen, dass sich in dieser vertikalen Organisation etwas abzeichnet wie eine Stufenreihe nach "oben" abnehmender Wissenskompetenz - Wissen wird immer mehr vereinfacht und verwässert, laienhaft gewissermaßen substituiert durch plausible Meinungen – bei zunehmender Entscheidungsbefugnis. Das Wissen DER Wissenschaft, also das aus den vielen tatsächlich absolvierten Studien, kommt somit weiter oben garnicht mehr an, ausser in dieser verwässerten, vereinfachten Form.(Die genannte Stufenreihe dürfte sich nicht nur in staatlichen, sondern auch in inner-betrieblichen Organisationen finden...)
23 Ähnliche Vereinfachungs-Tendenzen zeigen sich aber auch in umgekehrter Richtung: Dasselbe gilt also auch für die Entscheidungsbefugnisse, das heisst, es treten Instanzen zwischen Regierung und Wissenschaften wie die Pandemieübungsszene, die Erkenntnisse nur noch unter Handlungsgesichtspunkten ("technokratisch") mobilisieren; gleichzeitig aber der Komplexität der Ansprüche etwa an ein Regierungshandeln auch nicht ausgesetzt sind. Diese Instanzen sind ausschliesslich fixiert auf ihre Problemlösungen, wie z.B. "eine Pandemie (oder einen Biowaffenangriff) bewältigen". Und was da alles beiherspielt, all die Rücksichtnahmen auf Wirtschaft, Verwaltung, Öffentlichkeit und die Leute, die das machen sollen, Gesichtspunkte, die eine funktionale Regierung in ihren Entscheidungen beachtet - all diese Rücksichten nehmen diese Instanzen nicht, und müssen sie auch nicht nehmen; weswegen sich alles auch immer so schrecklich effizient ausnimmt, was solche Gruppen ausarbeiten; und dann keinen Bestand hat, wenn es, als "Expertenrat" tatsächlich ins Regierungshandeln einfach 1:1 übersetzt werden soll.
24 In etwas verwandelter Gestalt begegnet dieser Vorgang wieder, da wo es um technische Systeme geht - die Einrichtung von komplexen technischen Gebilden. Das könnte etwa ein Atomkraftwerk sein, erst recht die gesamte Energieinfrastruktur einer Gross-Region oder eines ganzen Landes; Systeme dieser Art sind irgendwann mal durchaus ähnlich komplex wie die zu untersuchenden systemischen Wirklichkeitsbereiche (geophysikalisch, biologisch), es geht jedenfalls in die Richtung. So dass man also sagen kann: Von dort ausgehend konvergiert da auch etwas aufseiten der Probleme. Es gibt auch da die typischen Systemeigenschaften, das System hat eine Eigengesetzlichkeit, die nicht mehr ohne Weiteres ganz durchschaut werden kann, der man aber genügen muss, wenn man das System nicht zerstören will. Das System hat mehr oder weniger durch diese Eigengesetzlichkeit die Eigenschaft, sich zu erhalten, in bestimmten Umgebungen, an die stellt es aber Anforderungen, sowohl seines Systemerhalts, als auch seines ungestörten Funktionierens; das ist nicht mit allen System-Umgebungen vereinbar; all das müssen natürlich diejenigen, die das System handhaben wollen, beeinflussen und kontrollieren wollen, beachten. Das heißt, die Systemeigenschaften müssen eigentlich getrennt von diesen Analysen gekannt sein – das Systemverhalten auf einer Ebene, die analytisch nicht ganz eingeholt werden kann. Da sind Restriktionen zu beachten, die sich aus dieser Störanfälligkeit und diesen Erhaltungsbedingungen ergeben, auf die wir dann wiederum keinen Einfluss haben. Das gilt für hochtechnische Systeme in gleicher Weise wie für die vorfindlichen Natursysteme.
25 Die Versuche, da kontrollierend einzugreifen, enden schon an der mangelnden Vorhersehbarkeit des Systemverhaltens, weil wir die System-Eigenschaften eben doch nicht zur Gänze kennen, sondern meistens aus Vergangenheit extrapolieren, oder aus Versuchsreihen, in denen wir dann irgendwie mit Störvariablen versucht haben auf das System einzuwirken um zu sehen, wie es reagiert; und die Gefahr der Zerstörung des Systems, dass wir es dann doch zerstören, weil wir seine Eigengesetzlichkeit nicht beachtet haben, ist dabei relativ gross. Es spielt dann eine grosse Rolle, dass wir diese Systemverhaltensweisen modellieren, mit Verhaltensweisen des Systems abgleichen, die es in der Vergangenheit tatsächlich gezeigt hat, das gilt für die Natursysteme (zB in der Medizin, oder der Agrarwissenschaft); oder wir modellieren mögliche Verlaufsformen, indem wir die relevanten Systemparameter, soweit wir sie kennen, in rechenbare Form übertragen, und dann solche Verläufe durchspielen bei den technischen Systemen, und sie simulieren. Und daraus ergeben sich in beiden Fällen Prognosen, was passiert, wenn wir was tun und eingreifen, oder auch wenn wir nichts tun, wie sich das System da jeweils weiter entwickelt angesichts bestimmter Einwirk-Parameter - das heisst, die verwertbaren Erkenntnisse solcher Wissenschaften haben nicht die Form, die sie in den genuin technischen Naturwissenschaften, Physik und Chemie, haben, da ist es nämlich so, dass wir dann Entitäten aus Elementen bauen, Geräte, oder auch Materien erzeugen, usw die von Nutzern übernommen werden können, die nicht wissen, wie das Ding an sich funktioniert, aber eine indirekte Prüfchance haben durch die Art der Nutzung - sie sehen, das System funktioniert dauerhaft und so wie versprochen, es ist zu warten vielleicht, es funktioniert nicht in allen Umgebungen, das muss man beachten, schon bei Autos, alle anspruchsvolleren Geräte weisen all diese Eigenschaften auf, die man beachten muss als Benutzer. Aber man muss nach wie vor kein detaillieres Wissen haben über das Ding selbst, und man kann sogar Virtuose sein ohne zu wissen wie es funktioniert, Rennfahrer, Musiker - allenfall muss man die nutzungs-relevanten Eigenschaften kennen, die schon; aber eben nicht den Aufbau des Ganzen aus seinen Elementen.
26 Das ist völlig anders bei diesen System-Wissenschaften, und auch den technischen System-Wissenschaften, die Prognosen liefern über Handlungskonsequenzen: Was geschieht, wenn wir was unterlassen oder weiter so handeln wie bisher? Natürlich können wir es nicht darauf ankommen lassen, dass wir eine Prognose versuchsweise nicht nutzen, - vor allem, wenn sie aus einer Gefahr-Drohung besteht, einer Risikoprognose, und einer Prognose, die nahelegt, was dagegen zu unternehmen wäre, die treten ja normalerweie gekoppelt auf. Das heisst, hier ist in ganz anderer Weise nötig, sich die Struktur der Argumentation dann doch erklären zu lassen, wenn man sich darauf verlassen können will, und das ist dann irgendwann uferlos - man läuft Gefahr, den von Sponsoren gepäppelten Universalerklärern in die Hände zu fallen und von ihnen im Brustton der Überzeugung vorgetragene Erklärungen annehmen zu sollen, die aber von Einzelwissenschaftlern bestritten werden. Genau das hat man exemplarisch an dem Verlauf der Pandemiebehandlung sehen können.
27 Sachgerechtheit ist also heute nicht mehr so einfach zu haben wie in Zeiten, als man neue technische Geräte einfach anwenden konnte, und selbst da war ja mancherlei Gefahr mit der Benutzung verbunden, spätestens auch indirekte Auswirkungen, wenn das ganze hochskaliert wurde und sich ausdehnte, und Umweltfolgen oder ungeahnte Gesundheitsfolgen hatte - die Interaktion der Geräte mit der biologischen und System-Umgebung war ja immer schon ein Problembereich, der mit Technik allein nicht zu bewältigen war. Und jetzt kommt das also noch viel dicker, jetzt wenden wir uns diesen Bereichen zu, wir wollen sie technisch beherrschen und können das nicht.
28 Die Bereiche: dieses Technische und das ihm gegenstehende Eigengesetzlich-naturhafte, Systemische, begegnet in Wirklichkeit bereits in der Entwicklung, die wir betrachtet haben, es begegnet als Konflikt zwischen der Anpassung der Gesellschaft, des gesellschaftlichen Handelns an die Anforderungen der technischen Entwicklung, und der Forderung, dass sie dabei gleichzeitig sich nicht zu vernachlässigen hat, dass sie ihre Reproduktionsbedingungen, ihre systemischen, erhalten muss, sich selbst erhalten muss, klassisch: der Arbeiter muss sich selbst erhalten, seine Reproduktionsanforderungen stehen im Widerspruch zu der Geschwindigkeit, Beschleunigtheit des technischen Fortschritts, der ihm die Ressourcen der Reproduktion entzieht und auf sich lenkt, der Arbeiter soll sich verschleissen, beschleunigt abtreten und einem tüchtigen Nachfolger Platz machen, der muss auch schon erstmal aufgezogen und ausgebildet sein, sodass man sagen kann: Diese Reproduktionsanforderung, diese systemische Reproduktions-Anforderung tritt unmittelbar in ein Verhältnis zu den Arbeitsmitteln, deren Entwicklung wir ununterbrochen vorantreiben, und zwar auf dem je erreichten technologischen Stand, dh die Mittel, die wir erarbeitet haben sind Grundlage für die Erarbeitung weiterer Mittel, und das soll immer so weitergehen, bis wir schliesslich dahin kommen Mittel zu haben - und da schliesst sich dann der Kreis - die systemische Grundlage unserer Existenz, die Reproduktonsbedingungen für unsere Arbeitsfähigkeit selbst zum Gegenstand technischer Einwirkungen zu machen, und wo wir da landen, das hat ja die Betrachtung gerade eben gezeigt, also ob das überhaupt wissenschaftlich zu durchleuchten und erfassen ist, selbst mit KI, ist sehr die Frage. Diejenigen jedenfalls, die uns hier eine technische Utopie, eine Ersetzbarkeit der systemischen Grundlage ausmalen, Transhumanisten, haben da irgendwie die Rechnung ohne den Wirt gemacht - sie haben diese Eigengesetzlichkeit überhaupt nicht mitbedacht, das Sich-Erhalten-Müssen; sie denken dabei eigentlich hauptsächlich an Leistung, an das, was eine "Intelligenz" (als technisches Werkzeug) leisten kann und soll, aber dass sie diese Leistung vor allem erbringt mit Blick auf diese Selbsterhaltung, haben sie nicht mitbedacht. Man fragt sich, was soll diese KI eigentlich TUN, was soll sie eigentlich können für wen, für welche Ziele - WIR tragen unsere Ziele irgendwie in uns, WIR wollen uns erhalten, WIR wollen unsere Bedürfnisse befriedigen, aber die KI - was soll sie tun und dafür können?
29 Das Unbestimmte des technischen Könnens setzt sich somit in die Unbestimmtheit dieser Intelligenz fort, wenn man sich fragt: Gut - dann ist sie eben unbestimmt, dann soll sie sich doch ihre Aufgaben selbst suchen, aber dabei soll sie sich auch erhalten, und dann sieht man gähnende Leere, denn die Automaten, die da geschaffen werden sollen, die sind immer schon da, die Hardware ist immer schon da, wird immer schon produziert von ihren Menschensklaven, und die müssen natürlich weiterexistieren, denn die Automaten müssten natürlich erstmal sich eine materielle Grundlage ihrer Reproduktion verschaffen, wenn sie nicht ewig überdauernd sind, und womöglich evolutionäres Anpassungspotential haben - alles Eigenschaften, die die lebendige, die Biosphäre längst ausgebildet hat, auf Kohlenstoffbasis - ob die andern mit ihren mineralischen Grundlagen soweit kommen, ist dann erstmal noch die Frage - es hat ja vielleicht seinen Grund, dass ein solches Gebilde wie die Biosphäre auf einer Kohlenstoffbasis aufbaut, und ob wir eine zweite Biosphäre auf demselben Planeten haben können, ist ebenfalls sehr fraglich. All solche Dinge haben die Transhumanisten einfach nicht bedacht - es ist eindrücklich, dass ihnen dieser ganze Bereich derart fremd ist, dass sie dieses technische Denken, dieses Mittel-bezogene und, dass da ein Leistungsspektrum ausgeweitet wird, und ein Könnensspektrum - dass sie das einfach weiter verfolgen und diesen Zweckcharakter garnicht als eine Dimension von Intelligenz erkannt haben.
30 Jetzt zurück zur Frage der Vergesellschaftung. Der Gegensatz, an dem man sich seit Beginn der Moderne abarbeitet, der Zielkonflikt, wenn man so will, zwischen dem Selbsterhalt, dem immer besseren Sich-Reproduzieren-KÖNNEN, und der Entwicklung der Mittel dieses Könnens - dieser Hase- und-Igel-Wettlauf - er hat ja tatsächlich in die Klassenkämpfe geführt, die Klasse der Arbeiter, der ReProduzenten tritt denen gegenüber, die ständig auf die Mittelentwicklung drängen, Ressourcen darauf verwenden wollen, und auch die Entscheidungsbefugnis darüber haben. Die andern machen dann geltend: Wir sind aber auch noch da, wir wollen auch noch leben, und müssen das auch, um leistungsfähig zu sein - das wurde ja dann als Sozialstaats-Anforderung vom reifen bürgerlichen Staat anerkannt und in guten Zeiten berücksichtigt, in schlechten (Krisen-, Kriegszeiten) weniger... Der Konflikt ist freilich nicht wirklich zufriedenstellend gelöst, und er wiederholt sich auf höherer Ebene - schliesslich bei der Frage, es ist nicht nur eine der Konsensfindung, aber da bricht er jetzt vollends auf: Wie soll man entscheiden, wie die Ressourcen verteilen? Der Konflikt wiederholt sich sogar auf der epistemischen und Produktions-Ebene, in Gestalt der Frage: In welchem Ausmass können wir uns überhaupt vorstellen, in diese Systembereiche der Wirklichkeit, sei es der geplanten und von uns noch herzustellenden, sei es der vorfindlichen, einzudringen?
31 Dieses Verhältnis ist völlig ungeklärt; und man kann sagen, es wiederholt sich obendrein in einem gewissen Sinn der Klassenkampf nicht nur auf der nationalen Ebene, sondern auf der internationalen, wo es um Moral geht, also um die "zivilgesellschaftlche" Fundierung des politischen Handelns. In den nationalen Gesellschaften, die nicht den fortgeschrittensten Industrienationen angehören, sondern den aufsteigenden, aufstrebenden, aufschliessenden, gibt es nach wie vor diesen Anspruch, wir auch, wir wollen auch vom Ressourcenkuchen abhaben, und die andern sagen, es ist aber schon genug geregelt, ihr könnt warten, dass was für euch abfällt, wenn der Fortschritt weit genug gediehen ist - das sind die Unipolaren, die Exceptional Nation, die unentbehrliche, indispensable, mit ihren Vasallen, die praktisch diesen Ressourcen-Zugang monopolisieren wollen für die Erfolgreichen in der Konkurrenz - das ist ja durch die globalisierte Produktion inzwischen nach überallhin ausgelagert, sie wollen es eben durch die Konkurrenz bestimmt haben, in der sie nun allerdings auch tatsächlich den entscheidenden Vorsprung haben, die andern machen da einen Vorbehalt und sagen, erst die Konkurrenzposition unserer Nation entscheidend verbessern, und damit zugleich die aller Nationen, sie fordern das heraus, und das ist ja nun im Kern die beginnende Auseinandersetzung zwischen Uni- und Multipolarität, der ja die nationalen Gesellschaften schon kaum noch folgen können und die sie nicht begreifen.
32 Sobald, so sage ich, dieser moralische Konflikt entschieden ist, zugunsten der Multipolarität, das ist ja, wenn nicht eine Atomkatastrophe stattfindet, das Schicksal dieser Auseinandersetzung - da muss sie irgendwann enden - genau dann wird sich die Problemkaskade in Gang setzen, die ich vorhin skizziert habe: Gleichverteilung von Lebens- und Produktionschancen weltweit setzt eine rabiate politische Ressourcenbewirtschaftung voraus, einen Konsens, wie er in dieser Breite kaum vorstellbar ist, aber auch eine Sachgerechtheit, wie sie kaum erreichbar ist unter den gegenwärtigen Ausmassen an Komplexität und Diversität und Undurchdringlichkeit der Systembereiche der Wirklichkeit. Das Entscheidungsniveau, das da erreicht werden müsste, setzt eine komplett egalitäre, hierarchiefreie, kollektive Praxis voraus des Findens von Entscheidungen, eine Durcharbeitung des vorhandenen Wissens, wie man es auf der staatlichen Ebene und auf der Ebene von Märkten einfach nicht vorfindet - dh im Grunde genommen, das was an Entscheidungsfindung an die mechanischen Prozeduren der Märkte Staaten Öffentlichkeit, der autoritären Wissenschaft delegiert wurde, muss eingeholt und zurückgeholt werden in die Verfügung der tatsächlich sich miteinander verständigenden Produzenten-Bevölkerungen - das allein ist bereits eine Epochenaufgabe, bei der wir uns kaum vorstellen können, wie wir sie lösen sollen. Die Lösung hat offensichtlich noch andere Voraussetzungen, über die garnicht gesprochen wird, nämlich: Wie sollen eigentlich die Leute leben, die sich solch einer Aufgabe stellen sollen - was für eine Gruppe der Bevölkerung kann überhaupt diesen Prozess einleiten, wenn er denn je keimformhaft sich langsam in die verfallende MODerne Gesellschaft hinein ausbreiten soll?
Damit möchte ich heute erstmal schliessen. Das war jetzt die erste Übersicht, und damit ist ein Themenfeld überhaupt erstmal aufgemacht, bei dem man sich vermutlich all den fehlenden Einzelgegenständen viel ausführlicher zuwenden muss, als es jetzt geschehen ist. Vermutlich. Da müssen wir mal sehen, wie wir das in den nächsten Vorträgen organisieren.
Anhang zu Vortrag 01:
Kurze Geschichte der linken Theorien
Ich glaube, dass sich die linken "Schismen" wesentlich als Teil der Entfaltung gesellschaftlicher (bürgerlicher) Verhältnisse lesen lassen - die Entwicklungsgeschichte der linken Positionen als parallel laufend zur historischen Ausdifferenzierung und eigentlich Reifung des bürgerlichen Systems. Die Arbeitshypothese, der ich da nachgehen möchte, lautet also: Dass die Art Fuge, oder der Spalt, an dem sich Anarchisten und "Marxisten" getrennt haben, seither wiederholt aufgetreten ist, sich vergleichbare Spaltungen (wenn auch nicht so fundamental) daran entfaltet haben; und dass dies eben genau die Form ist, in der die Linke die Entwicklung ihres theoretischen Gegenstands und praktischen Gegners notgedrungen mitvollzogen hat. ((Wenn man ganz genau hinschaut, ist das Auftreten der Linken selbst eine Spaltung an einer solchen Fuge - in der Gruppe der Aufklärungs- und Modernisierungs-Befürworter; und hat sich bei dieser Gelegenheit selbst so eingeführt: Als diejenigen, die angesichts dieser historischen Herausforderung "kollektivistisch" weitergehen wollen (und das, sei es aus dem Stand heraus, oder aber über Zwischenstadien ("Sozialismus", Rätedemokratie, Absterben des Staates etc) - für möglich halten); im Gegensatz zu denen, die beim eingetretenen "bürgerlichen" Zustand (hier wieder getrannt nach: eher klassisch-liberal-elitär oder demokratisch-egalitär) tstehenbleiben. Man kann fragen, ob nicht selbst dem noch eine ältere Spaltung in der Aufklärung (zur Zeit der frühen Industrialisierung (Manufakturepoche) und "Modernisierung") und der sie tragenden Bevölkerungsgruppen oder Klassen, vorausging: In jene, die die soziale und politische "Modernisierung" untrennbar mit der wissenschaftlich-technisch-industriellen verbunden sehen, und "Konservativen" (Reaktionären, "Faaschisten") bzw "Fundamentalisten" , die da eine Trennung machen. Schliesslich Traditionalisten, die Moderne als ganze und zur Gänze oder zumindest in entscheidenden Hinsichten ablehnen...))
Mein theoretischer Ansatz (ich erhebe keinen Anspruch auf Originalität) entfernt sich keineswegs allzu weit von den klassischen; ich betone allerdings mehr die Entwicklung des (vorübergehend) RICHTIGEN Bewusstseins, und nicht so sehr des falschen. Des richtigen insofern, als die Akteure mitten in einer historisch erfolgreichen Problemlösung halbwegs sachgerechte Auffassungen von dem haben müssen, was sie da gerade tun, die dafür nötigen Begriffe und sonstigen kognitiven Operationen und Praktiken ausbilden müssen usw; - und das bezieht sich sowohl auf die Ebene der Produktivkraftentwicklung (des sachgerecht "gesellschaftlich" organisierten Verhältnisses zu Wissen, Wissenserwerb, der Reproduktion und ihres Fortschritts: Ko-Operation, kollektive Praxis) als auch der dafür sachgerecht einzurichtenden Formen von Koordination und Konsensfindung. So weit, so trivial. Diese Praxis-Kategorien waren es aber, die im Zuge der Aufklärung im 18.Jahrhundert in den historischen Blick rückten, und zwar unter dem zeitgemäss zentralen Gesichtspunkt eines beschleunigten Fortschritts, einer "Entfesselung der Produktivkräfte" durch explosive Wissenserwerbe mit technisch nutzbarer Relevanz (Geräte, Materialien, Verfahren): Wie diese Dynamik, diese Beschleunigung arbeitsteilig bewältigen? - in Gesellschaften, die das bislang nur "ständisch" eingerichtet hatten. Es war nichts weniger als selbstverständlich, dass zB die vom frühneuzeitlichen Staat oder auch Regional- und Stadt-Herrschaften/Patriziaten "ständisch" regulierten Markt-Mechanismen der Koordination von Arbeitsteilung diesen Übergang bewältigen konnten. Das Phänomen des Spaltungs-trächtigen Spalts, der "Fuge", beginnt wirkmächtig zu werden, so meine ich, bereits in der Ur-Spaltung in bürgerlich und links, wo die eben entstehende früh-sozialistisch und utopisch-naive Linke für die nicht mehr ständische Produktivkraft-Explosion und zugehörige Praxis deren naturwüchsige Kollektivität behauptet: Die Produzenten sind demnach bereits an sich TECHNISCH vergesellschaftet, verbunden durch das geteilte und ihnen als Produzenten ja offensichtlich verfügbare explodierende technische Wissen; wohingegen bürgerlich darauf beharrt wird, dass auch diese Wissensexplosion und die Innovationen "privat" entstehen und somit zurecht auch so angeeignet sind. Dabei sieht die erste, die linke Partei in dieser Aneignung das historisch überkommene, gewaltsame, noch immer quasi-feudale Privileg und zu beseitigende Hindernis für eine an sich, "naturwüchsig" spätestens jetzt hervorbrechende bzw durch die Anstrengung der vorangegangenen Epochen entstandene Kollektivität; die bürgerliche hingegen im Eigentum und der individuellen Aneignung AUCH von Innovationen das mit der Vor-Epoche nach wie vor übergreifend Gemeinsame, das hier nur durch ein neu erschlossenes Problemfeld herausgefordert und ihm (durch Ausbildung entsprechender Institutionen) angepasst werden muss.
Die These, die ich (ohne darin womöglich, ich wiederhole es, besonders originell zu sein) aufstelle, lautet: Diese Spaltstelle wird sich ab da entlang der Reihe der Ko-Operations-Kategorien: (kollektive) (komplexitäts-bewälrigende) KOORDINATION, (diversitäts- und konflikt-bewältigende) KONSENSFINDUNG sowie (sachgerechte) BEURTEILUNG (unter Bedingungen extrem beschleunigter, "industrieller" Wissens- und Technologie-Produktion) fortbewegen - genauer gesagt, sie HAT sich längst dahin fortbewegt. Die zugehörigen Auseinandersetzungen zwischen LINKS und BÜRGERLICH (wo eine parallele Entwicklung stattfindet) ergänzen sich durch INNER-LINKE; die erste Spaltung DIESER Art ist eben die altehrwürdige zwischen Anarchisten (den ursprünglichen, utopischen, Früh-Sozialisten) und (späteren) "Marxisten" (die ab da hinzukommen): KOORDINATION wird da als eine historisch eigens zu lösende Aufgabe, als Problem, entdeckt; der Kommunismus der utopisch-sozialistischen und anarchistischen Entwürfe für eine Produzenten-Assoziation sieht diese Aufgabe als auf der TECHNISCHEN Ebene leicht lösbare, wenn nicht bereits gelöste an. Und setzt sich damit naiv über die Anforderungen der modern-industriell veränderten, auf Dauer gestellten Innovativität und der dadurch erforderlichen Dauer-Anpassung (Umwälzung) der Produktions-Organisation hinweg. Nicht hingegen tut das die bürgerliche Partei: Die SIEHT hier nämlich das gewaltige Problem, das einzig durch ebenso gewaltige (und gewalttäige) ständige institutionelle Anpassungs-Operationen angegangen werden muss - für SIE ist es eben keine Selbstverständlichkeit, dass der Markt und die Privat-Beziehungen in ihm mit dieser Innovativität fertigwerden (weshalb sie denn auch das unerwartet immer wieder erfolgreiche Bewältigen des Koordinations (usw)-Problems als historische Errungenschaft bespricht, die nicht einfach preisgegeben werden darf). Dem schliesst sich der ursprüngliche Marxismus, GEGEN die Anarchisten, an: Die Notwendigkeit, Koordination (und darin eingeschlossen die mit zu lösenden Aufgaben Konsens und Urteilsfindung) angesichts extrem beschleunigter Innovativität der Produktionsweise zu ermöglichen, wird als vorübergehend nur durch Hierarchie- und Klassen-Bildung, also "vertikale Arbeitsteilung" lösbar, anerkannt. Die Realisierung der egalitären, der "kollektivistischen" Utopie setzt darum einen Reifeprozess des Kollektivs (also DER GESELLSCHAFT) voraus, der sie, unbestimmt wie, zur gemeinschaftlichen Übernahme dieser Aufgabe befähigt. Die vielleicht nicht mehr so häufig vertretene Anschlussthese an diese erste wäre: Dass sich diese Verlaufs-Figur an der (grob so umschriebenen) Kooperations- bzw kollektive-Praxis-Bestimmung oder Kategorie KONSENSFINDUNG wiederholt; wobei der Markt (ebenso wie zuvor die technisch-wissenschaftliche Arbeitsteilung) und seine Koordinations-Leistung zum untergeordneten Moment herabsinkt. Neu ist, dass hier die marxistische Theorie das Spalt-Verhältnis selbst thematisiert, nämlich als das von "Basis" und "Überbau" - die (alten) Marxisten geraten hier nun selbst in die Position, die an der ursprünglicheren Spaltstelle die Anarchisten eigenommen hatten: Sie beharren darauf, dass mit der Übernahme der Produktionsmittel durch die (mittlerweile ertüchtigte) Arbeiterklasse alle Probleme gelöst sind. Die Gedankenfigur der nötigen Entwicklung wiederholt sich aber, eine Stufe höher, jetzt wird trotz dieser Übernahme ein weiteres Reifungsstadium namens Sozialismus vorgeschaltet, was der Tatsache Rechnung trägt, dass "Kommunismus" eine erst noch auszubildende Fähigkeit zur Konsensfindung erfordert, die durch die immerhin im Zuge fortschreitender Industrialisierung erworbene Planungs- und Koordinations-Kompetenz der Produzenten allein, selbst WENN sie sie ausgebildet haben, noch nicht verbürgt ist. Im Zusamenhang mit der Basis-Überbau-Konzeption ist dann noch ein weiterer impliziter Schritt in der Selbstreflexion der beteiligten Fraktionen zu bemerken: Das Verhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnis kehrt sich unterderhand um, die KLASSEN-Kategorien rücken immer mehr ins Zentrum der Betrachtung, die zugrundeliegende technische und wissenschaftliche Entwicklung ist teils im Wechselverhältnis damit, oder sinkt irgendwann zum untergeordneten Moment herab (beides zusammen wird freilich weiter als "Produktionsweise" und insofern "Basis" besprochen.) Parallel zur bürgerlichen Entwicklung, also dem angesichts vielfältigen "Marktversagens" zum Kapitalismus-Retter "reifenden" bürgerlichen Staat (dem Unfähigkeit zur adäquaten Problemlösung und "Fäulnis" attestiert wird im selben Mass, wie sich die linke Alternative zur Lenkung der Produktion und staatlichen Schlichtung aller anfallenden Konflikte befähigt sieht), wird nun dem sozialistischen Staat eine überragende Rolle im Aufbau der Produktionsweise zugeschrieben: Nicht nur ist er, der die letzt-verbliebenen Klassenkonflikte (im Gegensatz zu seinem bürgerlichen Pendant, das sich weiterhin damit herumschlagen muss) als "Muttermale der alten Gesellschaft" souverän wegarbeitet, aus einem Überbau-Bestandteil zu einem der Basis geworden - er ist vielmehr sogar deren massgeblichs Zentrum: Planmässige Koordination der Produktion unter Bedingungen der ständigen Innovation und des Fortschritts ("Produktivkraftentwicklung") sowie das ständige konkrete Einrichten der je aktuellen technischen Arbeitsteilung werden von ihm souverän mit-gemeistert.
Es versteht sich, dass hier den ursprünglichen "orthodoxen" und "linken" (rätedemokratischen) und somit anarchismus- und utopie-näheren älteren Marxisten die Vertreter der sozialistischen Staatsprogramme im 20. Jahrhundert gegenübertreten; wobei sich Anlässe zu internen Spaltungen in charakteristischer Weise entfalten anhand allfälliger Versuche, sich von der (übergreifenden, weit- und umsichtigen) Koordinations-Anforderung durch (vorübergehende) Einschaltung "marktwirtschaftlicher" Elemente zu entlasten. Auch hier findet parallel die Ertüchtigung "bürgerlicher" Staatlichkeit als Regulierungs-Instanz bei Marktversagen (New Deal) und entgleisenden Klassenkämpfen (Sozialstaat usw) statt. Dazu wäre nun allerhand zu sagen, ich will nur darauf hinweisen, dass sich heute bereits eine weitere Stufe abzeichnet, die bezeichnenderweise (einmal mehr) durch linke Theoretiker vorbereitet wurde: die ZIVILGESELLSCHAFT, die sich vom blossen Epiphänomen des (bürgerlichen, oder auch sozialistischen) Staats, also blossen Überbau. zum entscheidenden Moment der Basis, der Produktionsweise, hocharbeiten MUSS: weil es in ihr endgültig um die nicht mehr interessengebundene freie SACHGERECHTHEIT der gesellschaftlichen URTEILSBIDUNG (statt subjektiver Meinungen und autoritär vertretener Überzeugungen) geht. Dass hier gerade eine neue und gravierende Anforderung vonseiten der Produktivkraft-Ebene entsteht, wird durch die trübenden Effekte der dazwischentretenden und vermittelnden politischen Agenturen Markt und Staat etwa in der Corona-Episode kaum noch durchschaut: Dass wir ein Problem mit der nicht mehr zu bewältigenden Wissensfülle in den nicht in traditionell "produkt"-förmiger Weise (Gerät, Verfahren, Material) verwertbaren Wirklichkeits-Bereichen haben, also den System-Anteilen der uns umgebenden Welt, wird in den allzu politisierten Analysen auch der massnahmenkritischen Linken nicht gesehen. (Man muss sich die Reihe, die mit dem eher mickrigen Corona-Problem beginnt, nur verlängert denken um die Themen Energiewende und Klimawandel, um zu ermessen, womit man es da zu tun bekommt. Vom Verhältnis der Techno- zur uns derzeit noch einbettenden Biosphäre ganz zu schweigen, und der Frage der insgesamt einzuschlagenden Fortschrittsrichtung...)
Es ist damit, auf der Produktivkraftebene, die Frage aufgeworfen, ob das Aufklärungsprojekt, das Projekt der Moderne, an eine Grenze, genauer eine EPOCHEN- wenn nicht FORMATIONSGRENZE stösst. Diese Kategorie wurde in der marxistischen Tradition (immerhin die beste Geschichtstheorie, die wir überhaupt haben, soviel ist zuzugestehen) nicht auf die Produktivkraft-Ebene bezogen gedacht, anders gesagt, die Artikulierung der Zivilisationsgeschichte in Termen von Produktivkraft-Entwicklungs-Aufgaben als Epochengliederung (in die grossen Formationen), die allererst auch zugehörige Produktionsverhältnisse nach sich ziehen, wurde, nicht zuletzt mangels Kenntnissen über frühgeschichtliche bzw aussereuropäische Phasen und Epochen, von den Klassikern nicht in Betracht gezogen. Da ist in der materialistischen Geschichtstheorie einiges nachzuholen. Ebenfalls schwach ausgebildet ist die begriffliche Durchdringung der SUBJEKTIVEN Seite der Kategorien Produktivkraft-Stand und Produktionsverhältnis (in ihrer Bezogenheit aufeinander); hier ist die marxistische Tradition ihrer eigenen materialistischen Vorgabe wenig gerecht geworden, nämlich "Gesellschaftliches" immer aus den Interaktionen realer Einzelpersonen zu erklären, wohingegen speziell die Gesellschaftstheorie der Linken allzu schnell von einer quasi Skalierbarkeit massenhaft ausgebildeter individueller Standpunkte zu einem "gesellschaftlichen", etwa einem Klassenstandpunkt, ausgeht. Was zur Beschreibung statischer, vor allem vormoderner oder anmodernisierter Verhältnisse, mit ihren halb noch ständisch intakten Milieus, vor allem den Kleinbürgern, Bauern usw als vormodernen Rest-Beständen, angeht; aber nicht zur Beschreibung GERADE jener Prozesse, die doch der an Umwälzungen in der Theorie ganz besonders interessierten linken Theorie am meisten am Herzen liegen musste, nämlich EPOCHENÜBEGÄNGEN (an denen gerade die Produktivkraft-Ebene mit Kategorien wie "Krise, Klassenkampf, Revolution oder Absturz in Barbarei" nicht erfasst wird; wie im vorhergehenden Punkt schon ausgeführt). Die Behebung dieser beiden fundamentalen Mängel in der linken Theorie (Ausdruck ihres, böse gesagt, IDEALISMUS) steht an: Eine materialistische Theorie des "subjektiven Faktors" oder der subjektiven Pendants von Produktivkraft und Produktionsverhältnis, ich gebe ihnen den provisorischen Namen: Weltverhältnis und Vergesellschaftungskomzept; und eine ebenso materialistische Rekonstruktion der wesentlichen Schritte in ihrer Entwicklung in 5000 Jahren Zivilisationsgeschichte. Denn wenn die Geschichte, AUF DER PRODUKTIVKRAFTEBENE, vor allem eine Geschichte des kollektiven LERNENS (vor allem, wie und was zu lernen ist; zentral dabei natürlich: des know-how, des Wissens, etwas zu tun, zu handeln, zu produzieren) ist: Dann macht Theorie von "Gesellschaft", als vorübergehende Etappe in diesem Prozess, nur Sinn, wenn man ihre Stellung (also die der Einzelmitglieder dieser Gesellschaft) in diesem übergreifenden historischen Ablauf angeben kann: Gesellschaftstheorie ist Teil der Geschichtstheorie; nicht umgekehrt. All das wird nicht funktionieren ohne eine fundierte materialistische Anthropologie, eine Handlungstheorie oder Theorie der Praxis überhaupt. Dabei wird man sich weniger orientieren können an den Leistungen der sowjetischen kulturhistorischen Schule (Vygotski, Leontiev usw), als an den Vorarbeiten von WITTGENSTEIN zur Sprachtheorie. Man kann Klaus Holzkamps ehrenwerte theoretische Bemühungen um eine solche Grundlegung der Anthropologie (und damit dann auch Psychologie) nehmen als Ausgangspunkt, um zu sehen, welche Lücke da zu füllen ist.
(Von den mittlerweile sichtbar gewordenen Schwächen der Marxschen Politischen Ökonomie, die zu beheben wären, war dann noch garnicht die Rede. Oder vom Stellenwert der Ökonomie überhaupt)
Vortrag 02 Ich möchte jetzt anschliessen an den letzten Vortrag. Die Erst-Version dieses Einstiegs habe ich im Anhang beigefügt - vgl. "Kurze Geschichte der linken Theorien" - ; dort hatte ich in Betracht gezogen, inwiefern diese Theorien oder Positionen mit den Ausdifferenzierungen des bürgerlichen Systems Schritt gehalten haben, und mich auf diese Weise, indirekt, auch auf diese System-Entwicklung bezogen. Im jetzigen Vortrag 01 habeich diese Entwicklung unmittelbar, allerdings weiterhin nur grob, skizziert - ohne die Linken Doktrinen. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass die Vorträge sich notgedrungen einzig richten an Leute, die ausser der nötigen Zeit ein gesteigertes theoretisches und Verstehens-Interesse an meinen Themen mitbringen. dazu natürlich gewisse Bildungselemente, ohne die man das ganze nochmal ganz anders aufziehen müsste. Die Vortragsweise ist sehr stark vergrübelt; ich hab den Stoff grob im Kopf, aber nicht genau, ich muss also in gewissem Sinn immer wieder kurz improvisieren - man darf sich keineswegs ein didaktisch ausgefeiltes Vorgehen oder Konzept erwarten, das dem zugrundeliegt, ich spreche es auch frei, habe mir keine Aufzeichnungen gemacht, muss also auch tatsächlich den Stoff frei im Kopf haben und ihn so in die Köpfe der Zuhörer reinbringen, also auch ohne Grafiken oder Bilder, an denen man sich abstützen kann - abgesehen von ganz wenigen - . Es soll vielmehr alles verbal geschehen, und die Anstrengung müssen die Zuhörer schon erbringen, dass sie tatsächlich mitdenken, sich mit-konzentrieren, sie können die Aufnahme ja auch öfter mal anhalten,, nochmal nachdenken und nochmal anhören, und dann weitergehen.
1. Von der allgemeinen Übersicht im 1.Vortrag sind zahllose Fragen offen geblieben - viele entscheidende Thesen und Thesengruppen sind praktisch bloss mehr oder weniger als Überschrift präsent, sodass sich das alles nur ganz vage andeutet, und es eigentlich nie auf die übergreifende Argumentation hin zuläuft - es läuft zu auf das STAATSVERSAGEN - auf die hypothetische Erwartung, dass im besten Fall es zu einer Weltordnung kommt, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten, die sich die Gleichverteilung von Lebens- und Arbeitschancen quasi sozialdemokratisch oder gar sozialistisch, weltweit, zum Ziel setzt, und die neoliberale Freihandelsordnung und die Konkurrenz ablöst, aber sofort konfrontiert ist mit der Knappheit der Resssourcen (vor allem der Naturressourcen und Naturanforderungen), und deren Verwaltung staatlich nicht zustandebringt. Das ist eine der zentralen Thesen, hinter dem Scheitern an dieser selbst produzierten Herausforderung steht aber die ungelöste Frage unseres Naturverhältnisses in der Moderne - damit auch die Frage der ungeklärten Fortschrittsrichtung: Wohin soll es noch weitergehen? und dahinter steht dann die Frage der Wissensverwaltung, und die nach Wegen zur Bewältigung der Erschöpftheit durch die moderne Entwicklung (das meist-ignorierte Thema in dem Zusammenhang). Ich hatte angedeutet, dass interessanterweise die "Nebenwidersprüche" der klassischen linken Tradition hier ins Spiel kommen. Vor allen Dingen beim Neuaufbau, das wäre jetzt so der dritte Punkt, also die Aporien, die ungelösten Probleme der modernen Kultur, der modernen Kulturziele, münden in ein Projekt ihrer Überwindung, so dass ein keimformartiger Neuaufbau ansteht, in dem sukzessive die Mängel der Moderne überwunden werden, und damit auch die Nebenwidersprüche gelöst. Die Nebenwidersprüche sollen so etwas sein wie ein Leitfaden, an dem entlang man sich hocharbeiten kann, der elemenarste ist der Mann Frau Widerspruch, der nächste sollte sein Kopf/Hand, dann Stadt/Land, und schliesslich Zentrum und Peripherie. In dieser Reihenfolge würden sich, so ist das gedacht, die Keimform-Zentren (die natürlich erstmal zerstreut und wenig vernetzt auftreten), eine Stufe nach der andern, hocharbeiten und immer komplexere Aufgaben lösen. Was sie dabei noch leisten, wäre Sache einer weiteren Untersuchung, auf die ich gleich zu sprechen komme.
Ich will nur kurz andeuten, dass der Gegensatz Mann/Frau etwas zu tun hat mit der Bedürfnisfeindlichkeit der MODernen Kulturziele, Technik als Selbstzweck ist entbehrungsreich, setzt eine Askese voraus, von der Max Weber sagt, dass sie in vormodernen Zeiten allenfalls von religiösen Virtuosen praktiziert wurde, und in der Moderne anfing über das Bürgertum in die gesamte Bevölkerung zu diffundieren. Also was protestantisch Alltagsaskese, Arbeitsaskese, Alltagsheiligung war. Die Kulturziele sind im Widerspruch zu elementaren menschlichen Bedürfnissen, da kann man dann ganz grob sagen, leisten, hoch leistungsfähig und vermittlungsfähig zu sein unter ständig Fremden und sich dort ständig zu bewegen und aufzuhalten ist in einem solchen Ausmass ressourcen-zehrend, dass das nur auszuhalten ist, wenn gleichzeitig in unmittelbarer und sehr grosser persönlicher Nähe, eben "familiär", dafür gesorgt ist, dass man wider Erwarten doch noch Anteil an dem entgegengesetzten und widersprechenden Lebenseinrichtungen hat. Dafür sind traditionell auch in vormodernen Gesellschaften, überall da, wo ähnlich lebens- und menschenfeindliche Ziele verfolgt wurden, spätestens in herrschenden Schichten, die Frauen zuständig, und nun ist bekannt, dass Frauen auch in die Vermännlichung eingetreten sind und sich den Ausschluss von wichtigen Kulturzielen so nicht auf Dauer haben gefallen lassen. (Was übrigens alles auch vormodern schon mehrfach durchlaufen wurde, in den teilweise religiösen Gruppen, oder herrschenden - die also besonderen Leistrungsanforderungen unterlagen.) Frauen sind also vorgedrungen in die vorherrschende Kultursphäre, was dazu führt, dass in kurzer Zeit Nachwachsende, Kinder, die Frauenrolle einnehmen, und wenn eine gesamte Schicht oder gar Bevölkerung synchron unter Leistungsdruck gerät, hier speziell so, dass ganze Bevölkerungen in die MODernisierung eintreten, dann am Ende also tatsächlich gewissermassen eine Art "Verweiblichung" des Nachwuchses stattfindet, bei gleichzeitig meist noch weiter steigenden Anforderungen, die dann von diesem Nachwuchs eben um so weniger bestanden werden, so dass also schliesslich in ca 4-5 Generationen eine Erschöpfung eintritt, die Ausdruck ist nicht etwa einer genetisschen Degeneration, die da angeblich immer wieder zu beobachten ist im Verlauf der Geschichte, sondern Folge der Bedürfnisfeindlichkeit der jeweiligen Kultur. Dadurch zeichnet sich also die Moderne garnicht aus, das Besondere an ihr ist vielmehr, dass tatsächlich grosse Bevölkerungen in diesen Prozess hineingeworfen werden, und das über längere Zeit, sodass diese Bevölkerungen am Ende synchron in dieser Erschöpfungsposition landen, und wie das nun tatsächlich behoben wird, ohne dass man in den Prozess wieder von vorne einsteigt, und wie überhaupt die Erschöpfung überwunden wird, das ist Thema eigener Überlegungen.
2. Wir reden auf der Ebene der Alltagseinrichtung, der Lebenseinrichtung, wenn wir über diesen ersten Neben-Widerspruch sprechen, also das, was ich gewohnt bin in meinem theoretischen Jargon die Identität zu nennen. - Also diese "Identität" soll sein die langfristige Ausrichtung von Bedürfnissen und Leistungsdispositionen auf eine Form der Lebensführung, und das dauerhaft - man richtet sich dauerhaft auf bestimmte ganz elementare und andere ausschliessende Anforderungen ein, darauf beruht ja auch diese Dichotomie männlich/weiblich, was daraus geworden ist im Laufe dieser Vermännlichung, ist Gegenstand eigener Untersuchungen. Ich will es nur erwähnen auf der Ebene der Lebensentwürfe, der Ebene dessen, was nicht bloss von Tag zu Tag stattfindet, sondern bei einem weiteren existenziellen Grenzhorizont endet, nämlich dem mutmasslichen Lebensende einer Person - der Biografie - das nenne ich mal den Lebensentwurf, also das, was Leute in der ihnen mutmasslich verfügbaren Lebenszeit erreichen wollen, und was sie auch meinen leisten zu können (zusammen mit und/oder neben ihren Alters- und Zeitgenossen, ihrer (subjektiv, aus ihrem Blickwinkel gesehen) "Generation", und den (Produktions)Verhältnissen, der Lebensform, in der und denen sie zu diesen Zeitgenossen stehen). Dazu gehört nicht zum geringsten, was sie an Wissen erarbeiten können und umsetzen, und deswegen gehört da auch die Kopf/Hand Dichotomie dazu, die natürlich jetzt übersetzt werden muss in eine Unterscheidung zwischen denen, die ausführen, einerseits, und denen, die lernen dürfen und anschliessend weiterforschen, die also tatsächlich über gesellschaftliches Wissen verfügen, und dadurch die Art seiner Anwendung mit bestimmen können, also Experten im weitesten Sinn sind, und den andern Vorgaben machen. Das bedeutet eine vertikal-hierarchische Wissensorganisation, und die wird grundsätzlich in Frage gestellt, wenn man diesen Nebenwiderspruch beenden möchte. Die Antwort auf die MODerne Wissenszersplitterung wäre ein völliger Neu-Aufbau, ein Durcharbeiten des überhaupt verwendeten Wissens in engster Zusammenarbeit mit der tatsächlichen Praxis. Das heisst, es wäre eine zentrale Aufgabe, sich immerzu bei jedem Wissenselement zu fragen, müssen das alle wissen oder nur spezielle Gruppen, welche Konsequenzen hat es, wenn es nicht alle wissen? ist es eine indifferente Spezialisierung, mit der wir es da zu tun haben, oder macht die einen Unterschied? Das ganze wäre deswegen strikt egalitär zu handhaben, weil wir von den Aussichten, den Problemen her, die wir zu lösen haben, deutlich verwiesen sind darauf, dass alle alles wesentliche wissen müssen: Weil sie ja auch wissen müssen, ob aus ihrem Bereich Erfahrungen, die sie machen, für andere Bereiche relevant sind - alles hängt mit allem zusammen, vor allem wenn Ressourcen knapp sind, und im wesentlichen mit Natur gearbeitet wird. Die Stadt/Land Widersprüchlichkeit könnte neu benannt werden als Konfrontation von Techno- und Biosphäre entlang der Frage, wie passen sie zusammen, was hat Priorität, und da würden wir natürlich völlig neu einsetzen, wir würden es gegenüber heutigen Verhältnissen umdrehen, - so wie auch beim ersten Widerspruch, dort würden nämlich die Bedürfnisse, also das "Weibliche", den Primat bekommen, und so würde das Ausführen, die "Hand"-Routine, Vorrang haben, zwar immerzu erweitert werden, aber dabei diktieren, was als nächstes von Interesse ist, und so die Fortschritts- und Wachstumsrichtung bestimmen; schliesslich würden die natur-orientierten Teile unserer Praxis diktieren, welche der Techniken aus dem mittlerweile in der MODerne entwickelten Werkzeugapparat wir in diese neue Praxis des Umgangs mit Natur übernehmen wollen: Vorrang der langfristigen (Stichwort, hierzu passend, der später noch einzuführende Zeithorizont der Individualität) Entwicklung unseres Naturverhältnisses als demjenigen, das auch noch die (Neu)Entwicklungen bzw Auswahl aus bereits bestehenden Technologien und deren Zusammenstellung zu einer PRODUKTIONSARCHITEKTUR bestimmt.
Exkurs. Dazu hier vielleicht kurz eine Andeutung, wie man ganz abstrakt sich die Neugestaltung des Verhältnisses von Biosphäre und Technik vorstellen kann. Ich meine, dass sie in drei Schritten stattfinden muss:
ROBUST REGIONAL REPRODUKTIV
erstens wäre angesagt ein ROBUST**MACHEN aller Lebensverhältnisse weltweit, technischerseits würde das bedeuten, dass wir Technik einsetzen hauptsächlich, um **Risiken aller Art zu minimieren, die inzwischen aufgelaufen sind, und sie aus der Welt zu schaffen, nach der Naturseite hin würden wir die eingetretenen Schäden durch Immissionen, Schadstoffe, Veränderungen aller Art versuchen zu reparieren, wir würden also vor allen Dingen versuchen, die Immissionen rückgängig zu machen, und die allgemeine Vergiftung der Natur zu machen - unter anderm mit technischen, vor allem aber auch biologischen Mitteln.
In einer zweiten Phase würden wir auf der technischen Seite versuchen, reduzierte Produktions- und Produktivitätsziele an vielen Orten zu realisieren, also dezentrale Technologien zu entwickeln, und die aktuelle hochproduktive Zentralisierung aufzugeben, deswegen auch (REDUZIERT-REDUNDANT-)REGIONAL**MACHEN, an vielen Orten **gleichzeitig und mit viel Reserve-Spielräumen (das ist ein weiteres Stichwort) zu produzieren. Und der Natur zugewandt hiesse das, dass wir mit **lokal**en und lokal darstellbaren Mitteln arbeiten, das kann auch bedeuten, dass wir zb Nutzpflanzen zur Materialherstellung einführen und in Regionen anpflanzen wo sie bis dahin nicht vorgekommen sind, da ist, glaube ich, ein grosser Vorrat an Materialien, die man landwirtschaftlich erzeugen kann.
Der letzte Schritt wäre dann dass - - und nun also der letzte Schritt wäre dann das REPRODUKTIV**MACHEN der ganzen Praxis, technischerseits ist das natürlich das **r****ecyclingfähig**machen der Produkte - cradle to cradle nennt sich das -, und auf der biologischen Seite, auf der Seite der Arbeit mit und in der Biosphäre, wäre es das **renaturierende Produzieren, also natur-analog, naturähnlich Produzieren von allem, was benötigt wird, das mit einer mineralisch- metallurgisch herzustellenden Technik allenfalls punktuell unterstützt. (Exkurs Ende)
Das wäre also gewissermassen die Skizzierung einer Strategie, nach welchen Prinzipien man das Verhältnis von Technik und Biosphäre im Übergang einrichten müsste - leider nur sehr abstrakt angedeutet.
Schliesslich würden wir das ganze ausdehnen auf die gesamte von Menschen bewohnte Erde, den ganzen Planeten, wir würden also tatsächlich den Widerspruch von Zentrum und Peripherie zu lösen versuchen, also jenen Widerspruch, an dessen Lösung sich die bis dahin höchst-entwickelten planetaren Vergesellschaftungsformen (Staaten und Staatenverbände) (schon jetzt ist das absehbar) vergeblich abgearbeitet haben werden: Darum, weil dieser Widerspruch nur die Erscheiungsform eines viel tiefer, nämlich im Epochenprojekt der MODerne angelegten, darstellt (marxistisch gesprochen: der Widerspruch entsteht bereits auf der Produktivkraftebene). Dabei und damit würden wir dann auch endgültig alle noch vorhandenen Entwicklungsgefälle aufheben; und damit zugleich nicht nur die skizzierten Prinzipien als die mit Rationalität des kollektiven Handelns und Lernens einzig vereinbaren erweisen - sondern darüber hinaus die Wege zuverlässig gangbar machen, auf denen das jedem einzelnen Zeitgenossen, aber auch allen Nachkommenden plausibel vermittelt wird. Und das entspräche der Stufe der (NACHMODernen) Mentalität und dem begründeten Selbstverständnis des NACHMODernen Selbst. (Diesen Begriff zu erarbeiten, wäre also das mutmassliche Epochenprojekt der NACHMODerne: (erstmals korrekte) Selbstbestimmung als Aufgabe.
3. Im Anhang zu Vortrag 01 hatte ich mehrere von mir behauptete Defizite der traditionellen linken Theorien, speziell der marxistischen, angesprochen. Grob lassen sich diese Defizite folgender Reihe an Themen zuordnen:
1. (erreichter Stand der) Produktivkräfte, und ihre (bislang nicht beschriebene) Epochengliederung (als Grundlage auch für die zugehörige Reihe der je ermöglichten aber auch erzwungenen Produktionsverhältnisse) - als Grundlage einer wahrhaft materialistischen Geschichtstheorie. (Die hier angeführten Kategorien-Gruppen als Basis-Kategorien einer Geschichts- und auf deren Grundlage Gesellschaftstheorie (nicht umgekehrt).
2. (Kritik der) Politische(n) Ökonomie - Arbeitsteilung, Eigentums- und Verkehrsformen, Klassen...; hier vor allem zu besprechen die Mängel der Theorie im Kapital (Grundfrage nach: was kann mit Geld gemacht werdenbzw wird gemacht? drei nicht aufeinander reduzierbare Preis- bzw "Tauschwert"-Einflüsse: Reproduktivität (Klassik=Marx, Bedingungen der Wiederholbarkeit" (von Kauf und Verkauf...)), Kapazitivität ("Knappheit", Neoklassik), Innovativität (Schulden/Geld/Kredit(schöpfung), Gsell, Zinskritik, Keynes, Hudson/Graeber usw). Wert-bildend als "sich mit sich reproduzierend, dabei produktiver machend, darüber hinaus alles andre produzierend (in den "unproduktiveren" Sektoren)"; die Fehlkonstruktion in der Kategorie "organische Zusammensetzung" (Produktionsmittel gesellschaftlich ebenfalls mehrwertträchtig reproduziert, Umschlagzeit allenfalls entscheidend; einheitliche Profitrate existiert nicht; kein Grund für fallende Profitraten (es gibt aber andre Gründe...)); unterschiedliche Nachfrage-Verhältnisse für ReProdukt und Mehrprodukt; Tauschverhältnisse mit vorübergehend oder dauerhaft nicht-reproduzierbaren Gütern; Investition/Kredit(schöpfung) und Innovation; Frage der Fristigkeit von Preis-Einflüssen...; Einfluss des Finanzkapitals überbewertet; Zentralbank- und Fiskal-Politik; Weltmarkt und nationaler in der Globalisierung, entsprechend die Überformung der traditionellen Klassen (die natürlich fortbestehen).
3. Staat - allgemeiner Begriff, Formen im Verlauf der Geschichte; bürgerlicher Staat im speziellen. Das Basis/Überbau-Konzept; was ist bürgerlich am Sozialismus. Der Unterschied (Bürgerlicher) Staat als Form, und konkretes Staatsprogramm. Mögliche moderne Staatsprogramme (klassisch-liberal/demokratisch, sozialistisch/sozialdemokratisch, neoliberal...) usw
4. Praxis - materialistische Handlungstheorie, kollektives Sich-Reproduzieren, Arbeitsteilung, Sprache, kollektives Lernen, Tradieren..; allgemeine Bestimmung von Person(alität, Subjektivität..)...
5. Einzelperson, sie betreffende allgemeine ("subjektive") Kategorien, als Pendants zu den "objektiv"-"gesellschaftlichen"... Genau darum geht es jetzt.
In den Feuerbach-Thesen hat Marx eine Art philosophisch-theoretisches Programm benannt, das mit der Überschrift einhergeht: PRAXIS. In der philosophischen Theorie, aber auch in vielen anthropologischen (bürgerlich-idealistischen) Wissenschaften, Kultur-, Sozial-Wissenchaften, firmiert das als "Handlungstheorie". Man könnte genauso gut sagen, es geht da um den Begriff der (Einzel)PERSON, denn das ist ja die Entität, die handlungsfähig ist und der Handlungsfähigkeit zugeschrieben wird, aber wie es sich genau verhält, ist eigentlich tatsächlich theoretisch bis jetzt KOMPLETT, das kann man wirklich sagen, unaufgeklärt geblieben, ein Desiderat. Das, obwohl es an so prominenter Stelle von Marx (oder spätestetns der ihm folgenden Tradition) als solches auch formuliert war. Da ist eine Kritik an der traditionellen linken Theorie fällig, auch an Marx selber, der für die Handlungstheorie genau keinen Bedarf gesehen hat, weil er in eine Art Geschichts- und Gesellschaftsmetaphysik verfallen ist, wo mehr oder weniger Gesellschaften und auch Klassen, also grossen Gruppen, personale Eigenschaften zugeschrieben werden; dieses transpersonale Personalisieren, Psychologisieren ist eigentlich sonst eine Eigentümlichkeit von religiösem Denken. Mit anderen Worten, der Vorwurf lautet: die klassische linke Theorie ist nichts weniger als materialistisch, sie ist vielmehr idealistisch darin, dass sie von diesen grossen Kollektiven, von denen sie handelt, und ihrer Entwicklung so redet, als wären es Individuen, und dieser Ansatz ist um so verrückter, als er natürlich unter dem Titel EMANZIPATION die einzelnen sich aus diesem Zusammenhang lösen sehen möchte und das auch erwartet, aber man fragt sich, wie dieser emanzipatorische Übergang eigentlich je geschehen soll, wo die Einzelnen Macht über ihren gesellschaftlichen Zusammenhang gewinnen, und die Gesellschaft, dieses Grossubjekt, sie plötzlich freigibt für diesen Prozess, wie wenn Gott oder der Weltgeist sie aus dem Paradies vertrieben hätte ihrer immer vor- oder gottgegeben-naturwüchsigen (Klassen)Vergesellschaftung, und sie die auf einmal selber zustandebringen, gestalten, aushandeln dürfen aber auch müsssen - dieses eigenartige Verhältnis von Makro und Mikro kommt in der Gesellschafts-Theorie so vor, dass es da einen zweiseitigen Ansatz gibt, eben den makro- und mikrosoziologischen, in letzterem wird überlegt: Wie gehen Menschen eigentlich miteinander um, wenn sie sich begegnen - sie müssen sich nicht unbedingt kennen, also zb am Markt kennen sie sich ja heutzutage meist nicht - aber immerhin reale Menschen treffen aufeinander, interagieren miteinander, und die Frage war dann immer: Wie ergibt sich daraus eigentlich das Handeln und die Vorgänge an den Grossubjekten, den Gesellschaften? Also dem Gegenstand, mit dem die makroskopischen Theorien anfangen. Man muss Gesellschaften nicht unbedingt "subjektiv",oder als Quasi-Subjekte beschreiben, Systemtheoretiker machen das ja auch nicht, aber es ist ja durchaus etwas daran an diessem Quasipersonalen, es ist doch garnicht abzustreiten dass es so etwas gibt wie einen "Willen DES Staats", das ist natürlich eine abkürzende Redeweise, es sind natürlich Leute, die das machen, die Regierenden, aber solche Einheitsbildungen, Zusammen-Ballungen von Effekten, dass da ein Gleiches rauskommt, das für viele gilt (und ihnen bekanntgegeben wird, von ihnen als Vorgabe (meist) akzeptiert wird usw) ist ja nicht abzustreiten. Genau das ist es aber wiederum, was als das Apparate-mässige, Mechanische der bürgerlichen Gesellschaft beschrieben wird - genau das ist ja auch ihr epochales Defizit - der Markt ist nur die erste Grossmechanik, mit der wirs da zu tun haben, aber in reifen bürgerlichen Gesellschaften gibt es erheblich mehr, es gibt die Mechanik des Staats, die Prozeduren, mit denen dort die kollektive Willensbildung erfolgt und legitimiert wird, die Öffentlichkeit, und alle möglichen anderen Systemsphären, die eben - so könnte man nun sagen - Praxissysteme und Regelsysteme darstellen, mit denen die in und mit ihnen Arbeitenden und sich in ihnen Aufhaltenden ihr ("Rollen"-)Handeln ableiten und vor einander und gegenüber Aussenstehenden begründen - das sowohl gezwungenermassen, als auch aus (vermeintlicher) Einsicht - egal, jedenfalls arbeiten sie in und mit diesen Regelsystemen. Institutionen sind Regelsysteme, die noch einige Bestimmungen mehr haben, dazu haben bürgerliche Soziologen durchaus Sinnvolles zu sagen (die Rolle von "regelhaft" etablierten Erwartungen aneinander der Regelbefolger in solchen Systemen), auch die Systemtheoretiker, aber was wirklich fehlt, ist die Beantwortung der Frage: Diese Makrosphäre- wenn sie nicht einen eigenen Bestand und Substanz hat, "sich" nicht selber entwickelt und stattdessen von den Leuten hervorgebracht und "gemacht" wird - wie hängt sie denn tatsächlich mit diesem HANDELN auf der Mikroebene und vor allem dem kooperativen Handeln dort zusammen? Das ist ja bereits bei Marx die Rätselfrage schlechthin (unabhängig betriebene Privatarbeiten, die dennoch "gesellschaftlich" sind...), und dehnt sich auf die andern dieser Systemsphären aus, also es bleibt einfach ein Rätsel, wie dieser Zusammenhang stattfindet, so dass Leute einerseits in einen vorfindlichen Regelapparat eintreten, in ihn eingebunden sind, ihn teilweise sachgerecht beeinflussen, auch mit Problemlösungen dort auftreten, und ihn dadurch verändern, und trotzdem sich an diesem Charakter des Apparats eigentlich wenig bis nichts ändert - "er" als ganzer ändert dabei allenfalls "seine" Problem-Löse-Fähigkeit, das ist ja beinah eine mentale Eigenschaft, aber das wars dann auch. Das Beschränkte, das Grobmechanische, das alles mögliche Ignorierende daran wird nicht geändert. Und man könnte jetzt tatsächlich ausgehend von dieser kurz skizzierten Situation - bürgerlich, nachbürgerlich, die Emanzipation so beschreiben, dass die Menschen, die auf der Mikroebene da systemartig miteinander interagieren - so ein kleines Einzelmenschlein, tritt der Polizei der Justiz dem Staat dem Gesundheitswesen gegenüber, die Menschen, die ihm da begegnen, handeln im Sinne der Institution, oder die Menschen interagieren miteinander als Eigentümer, zahlen und kaufen und verkaufen, nach den Regeln des Marktes, und verhandeln eben nicht ihre Verhältnisse ständig aus, beherrschen oder gestalten sie nicht (im Konsens...?) - und genau das wäre dann der emanzipatorische Fortschritt, dass sie immer mehr ihrer Verhältnisse auch tatsächlich aushandeln können, und die grobmechanische Behandlungsweise, die starren Regeln unterliegt, zurückholen in ihre Verfügung, flexibler damit umgehen, und dann eben tatsächlich unter sich etwas aushandeln können, was zb ihre Bedürfnisse berücksichtigt, ihre Erfahrungen, sodass nicht mehr starr ihnen ihr Zusammenhang wie ein Apparat gegenübertritt, den sie zwar in irgendeiner Weise am Laufen halten, und irgendwann sogar (mit bestimmten Erwartungen an ihn) eingerichtet haben, aber im grossen ganzen nicht beeinflussen.
4. Es ist genau diese Stelle, wo dann auch auffällt, dass die theoretische Beschreibung des Handelns der Einzelpersonen und ihrer Interaktionen doch sehr, sehr reduziert ausfällt, in fast allen bürgerlichen Wissenschaften, die davon überhaupt handeln, Psychologie, Soziologie, auch Ökonmie nebenbei, also es ist meistens im Sinne der Apparate gesprochen, erst recht fällt das auf im Zusammenhang mit der Geschichtswissenschaft, wo wir ganz andere Verhältnisse antreffen, da lebt dann die Wissenschaft doch sehr stark von der empirischen Hand in den Mund und macht sich doch sehr einfach gestrickte Bilder, küchenpsychologische etwa, dessen, was sie da antrifft, oder sie ist sehr stark, zu stark am aufgefundenen Stoff orientiert, und kann nichts einordnen oder gar "verstehen". Hier zeigt sich, wie sehr es tatsächlich an elementaren Bestimmungen von (kollektiver) Praxis fehlt - die Handlungstheorie ist zu simpel, und da wäre vor allen Dingen EIN Mangel zu bemerken, es wird im allgemeinen Handeln (und deswegen ist das auch oft so unangenehm banal) eine Ordnung unterstellt, es wird eine Tradition unterstellt oder eine Struktur, in der die Menschen eben tatsächlich ein vorgegebenes Regelsystem befolgen, und was daraus völlig rausfällt, ist die Theoretisierung, die wirkliche begriffliche Durchdringung der historischen Dynamik - also der VERÄNDERUNG von Verhältnissen - die findet da eigentlich kaum Berücksichtigung - und was da vor allem nicht in den Blick kommt, ist: Wie diese einzelnen Leute es eigentlich schaffen im Lauf der Geschichte, so etwas wie einen Fortschritt zuwege zu bringen - also nicht nur UM- sondern DAZU-lernen - der Fortschritt sieht da eigentlich immer nur so aus, dass sie nach einigem Trubel Verhältnisse schaffen, die dann wieder stabil sind, wo also ihr (dann wieder stabiles So-)Sein ihr Bewusstsein bestimmen kann, in dessen Rahmen sie sich dann wieder bewegen können. Aber was in der Zwischenzeit passiert, bis sie das einrichten, ist nicht klar - da haben sie dann meist so eine Art Treppenstufe erreicht, und geraten in eine Krise, dann erreichen sie hoffentlich die nächsthöhere Stufe - aber worin die besteht, ob sie das "Höhere" daran überhaupt selbst bemerken, worin es besteht, und warum sie überhaupt auf diese nächsthöhere Stufe kommen (können) - das kommt nicht so recht zur Sprache, das ist dann immer wieder so: Gesellschaften, Klassen, grosse Kollektive machen das, das ist auch nicht ganz falsch, nur ist es nicht runtergebrochen auf die Ebene der Leute, die das machen, und ihr Erleben und Tun. Aber dort muss es sich abgespielt haben, und das müssen wir dann doch irgendwann mal erklären - vor allem, wenn wir etwas wie "Marxismus als Revolutionswissenschaft" weiterentwickeln wollen, als (vor allem aktuelle, das mit der Geschichte sind ja bloss Vor-Übungen dazu) Transformations- und Emanzipationstheorie - wie soll das denn gehen auf dieser Ebene der Einzelpersonen - wo befinden sich da die Leute, wie sieht denn IHR Fortschritt aus? Diese Dynamik im Leben der Einzelnen und auch von Gruppen fasse ich erstmal unter den Begriff des LERNENS - das ist jetzt nicht das Lernen in der Schule, Aufnahme von vorgegebenen Inhalten - eher schon das Lernen der Lerntheorie der Psychologen - es ist aber dort, im Behaviorismus, immer noch ein sehr beschränkter Begriff von Lernen - sehr ethologisch-tierisch, unter anderm ohne Sprache, Kultur, Tradieren, ohne aktiv gebildete Begriffe und Hypothesen, die dem ungezielten Explorieren (die Skinner-Tauben...) eine Richtung geben - eine sinnvolle, wohlgemerkt). Bei Wesen, die universell lernfähig sind wie wir, ist das Lernen dann doch etwas breiter aufgestellt - und dieses Lernen ist der Umgang mit dem Gewussten, dem vorhandenen, und in diesem Sinn dem im engeren Sinn Gelernten, der tradierten Erfahrung, die man im Laufe seines Aufwachsens aufgenommen hat als Regelsystem zusammen mit den (meist rudimentären) Erklärungen, die dazu, dafür gegeben werden; des weiteren aber auch der Umgang mit dem Nichtgewussten, dem bekanntermassen nicht Gewussten, da fallen einem Rumsfelds "known unknowns" ein - eine schon sehr philosophische Unterscheidung, weiss nicht, woher er die hatte, wenn er nicht selber draufgekommen ist - und dann die unknown unknowns, das wäre das Lernen anhand von Überraschungen, plötzlichen Einbrüchen in die Lebenswelt, in der man sich bewegt, und die Art und Weise, wie man eben überhaupt neu hereinkommende Erfahurung verarbeitet - all das fällt unter den Begriff des Lernens - genauer noch, der Lernregel - also nach welchen Regeln verarbeitet man Erfahrung - was hält man für wichtig oder unwichtig (in welcher Hinsicht) usw - wie ordnet man es begrifflich - all das also würde unter diesen Begriff des Lernens fallen. Entscheidend dabei ist, dass das Lernen der Einzelperson angehört, und bis heute nur auf sehr prekäre, sehr unzuverlässige Weise "vergesellschaftet" wird. Die macht zunächst einmal Erfahrungen, vielleicht auch in einer Gruppe, vielleicht erlebt auch "eine Gruppe" synchron etwas... aber "kollektiv" und "dauerhaft, nachhaltig" wirksam wird so etwas ja nur, wenn daraus Konsequenzen gezogen werden, wenn alles für das Ziehen dieser Konsequenzen Nötige - entscheidender weiterer Begriff: TRADIERT wird - synchron, vor allem aber auch diachron; also wenn das Lernen und die Lernresultate tatsächlich auch transbiografisch stattfindet. Es muss nicht immer gleich die Form haben, dass da eine Konsequenz gezogen wird - es genügt ja, wenn Erlebtes, wenn Erfahrungen erzählt und in dem Sinn tradiert werden, sodass später an sie angeschlossen werden kann, sie verlängert werden, umfangreicher werden, und man irgendwann später Konsequenzen daraus ziehen kann. Was natürlich auch bedeutet, dass Leute einen langen Atem haben müssen, dass sie freie Zeit dafür haben müssen, dass es zumindest Gruppen in der Bevölkerung gibt, die sich so etwas leisten können (wie tradieren und Traditionen aufnehmen), sodass es eine Geschichte gibt, die berichtet, aufbewahrt, unterrichtet und gelernt wird.
5. Die Regel des Lernens nun unterliegt offensichtlich selbst einer historischen Dynamik, dh in gewissem Sinn lernen die Leute, wie sie vernünftigerweise zu lernen haben; und das kann man auch ihre Vorstellung von Rationalität nennen, also das, was zu tun sie für vernünftig halten angesichts einer gegebnen Geschichte, einer bestimmten Erfahrung - daran messen sie natürlich auch die Erfahrungen der andern, und deren Reaktionsweisen. Die Frage ist also auch: Wie werden eigentlich die Erfahrungen der Einzelnen, aus denen zu lernen wäre, zusammengeführt, wie werden sie addiert zu grösseren Wissensbeständen, aus denen alle Beteiligten ihre Konsequenzen gemeinsam ziehen können, und da wäre ein wichtiger Begriff, dass sie ihre Erfahrungen austauschen und für sich und andere daraus Pläne entwickeln und entwerfen, die sie andern vorschlagen, die wiederum darauf antworten, und das kann dann auch dazu führen, dass man auf seinem Vorschlag (angesichts dessen, was die andern vorgebracht haben) in veränderter oder auch unveränderter Gestalt beharrt, und ihn (spätestens nach Zugeständnissen an die Vorstellungen der andern) zu einer Forderung an die andern erhebt, sodass man sich wechselseitig Forderungen stellt, und damit sind ja schon erste "irreguläre" Verhältnisse zwischen Leuten geschaffen. Dazu sage ich: Die Lernregel spaltet sich auf, in ein unmittelbares Weltverhältnis einerseits, das jede einzelne Person hat, das sie natürlich mit andern teilen kann - ein Regelsystem, wie man Erfahrungen von sich und andern, von denen man hört, verarbeitet - und ein Vergesellschaftungskonzept, andererseits, das besagt, wie ich oder wir reagieren auf die Konsequenzen und Lernregeln der andern - mithin die Konsequenzen, die SIE aus ihrem eignen Erleben oder Erfahrungen anderer ziehen, von denen sie gehört haben und die sie glaubwürdig finden, also wie wiederum sie darauf reagieren, und was sie daraus für Forderungen oder Vorschläge für uns alle erschliessen. Normalerweise sehen Vorschläge so aus: Ich will, wir wollen dasunddas machen, ich, wir haben dasunddas vor, und ihr sollt mich, uns das machen lassen, oder allenfalls dabei helfen - es hat selten die Form eines kollektiven Plans, iSv wir tun dies und ihr tut zugleich das - aber das ist im Grund genommen die allgemeinste Form solcher Vorschläge - dh. dass aus einer geteilten Erfahrung ein kollektiver Plan erschlossen wird - im übrigen ist das kein sicherer Plan, der von absolut zuverlässig erwartbaren Resultaten von Handlungen ausgehen kann, sondern er enthält meist zumindest einige Versuchselemente, und deswegen schreibe ich das immer in Klammern dazu: (Versuchs)Plan, (Versuchs)Handeln, (Versuchs)Absicht - es wird also aus den Erfahrungen etwas abgeleitet, das zumindest mal den Versuch einer Zielerreichung enthält, und die greift nomalerweise an etwas an, was schon besteht. Also die Menschen wachsen normalerweise in eine annähernd funktionierende, von mir aus auch noch mickrige Reproduktion hinein, in eine Normalität, in der Überleben und die Art und Weise, wie man dafür sorgt, halbwegs gesichert ist - und das wird dann, entlang von Erfahrungen, die sie haben oder noch machen, verändert, modifiziert - also es ist immer eine Reproduktion, an der sie rumbasteln, und die sie bessern wollen, oder gegen Störungen sichern, um sie zu erhalten. Über all diese Details würde nun eine materialistische Praxis-Theorie viel genauer aufklären, und wenn man das absolviert hat, würde deutlich werden, dass ein Begriff der linken Tradition wirklich unendlich schädlich war, das ist der Ideologie-Begriff und der Begriff des falschen Bewusstseins. Dazu kann man soviel sagen: Die Leute können doch nicht ständig ihre Verhältnisse falsch besprechen, gemäss dem Satz "sie wissen es nicht aber sie tun es" - sie können doch nicht dauernd tun und nicht wissen. Sondern sie müssen doch ein halbwegs sachgerechtes Bild von ihren Verhältnissen haben. Und danach auch Erfahrungen verarbeiten, die sie darin und damit machen, und wenn das allzusehr in Diskrepanzen (und kognitive Dissonanzen) führt, ihre Erwartungen immerzu getäuscht werden, wenn da irgendwas nicht stimmt, dann müssen sie doch irgendwann auch mal einigermassen adäquat korrigieren können - sie müssen dazulernen und ausdifferenzieren können - sonst wird das doch nichts mit der Reproduktion, ihrer Verbesserung und ihrem Fortschritt. Das heisst: Die Geschichtstheorie der Linken leidet nicht nur darunter, dass sie das Weltverhältnis der Leute und die Dynamik der Weltverhältnisse und Praktiken und Praxen, die sich unmittelbar auf produktive Ziele bezogen haben, viel zu wenig in die Geschichtsdynamik mit aufgenommen haben - ausser in dieser unspezifischen Weise, dass die Produktivkräfte immerzu wachsen und es da keine artikulierenden Elemente gibt - sondern sie hat noch dazu immerzu so getan, also würde dann, was die Leute denken, völlig egal sein oder eben nur Ausdruck dessen, was sie da gezwungenermassen tun, und da wird fast alles schon immer naturwüchsig erwzungen, und die Leute denken sich irgendwie kaum was dabei, oder nur irgendeinen Firlefanz, der oben, "im Überbau", so ganz Epiphänomen-mässig mitläuft, während sie unten solide werkeln, weil sich genau das aus den Begegnungen und dem "Stoffwechsel" mit "Natur" irgendwie von selbst erschliesst. Ja nun - so ist es nicht, ihr Weltverhältnis ist schon erheblich strukturierter ausgefallen, auch schon in historisch frühen Zeiten, und darüber müsste tatsächlich in einem ganz andern Umfang gehandelt werden, sowohl im bezug auf das Weltverhältnis als auch auf ihre Vergesellschaftungskonzepte, denn für "Gesellschaft" gilt dasselbe, dass man natürlich nicht einfach nur zusieht, wie man Konflikten ausgeliefert ist und sich ununterbrochen die Schädel einschlägt, sondern natürlich gibt es da auch Fortschritte, und natürlich müssen diese Fortschritte auch tradiert werden, begründet und eingesehen werden - all diese kognitiven Prozesse sind natürlich im Historischen Materialismus grossenteils in den Überbau verwiesen worden, und wurden für eine abhängige Variable des Eigentlichen erklärt, aber nicht war dieses Denken der Leute und die Errungenschaften, die sie da ausgebildet hatten, auch Bestandteil dieses "Eigentlichen".
6. Das sah dann schon bei Gramsci etwas anders aus mit der kulturellen Hegemonie, die durchschlägt. Aber das ganze ist nie wirklich theoretisch durchleuchtet worden, und schon garnicht hat man in irgendeiner Weise die historische Dynamik im bezug auf die Denkformen und Errungenschaften, Fortschritte hin untersucht und begrifflich gefasst, die da zu bemerken sind. Diese Dynamik unterliegt einer ganz entscheidenden Restriktion: Denn sofern da tatsächlich Sprünge gemacht und Stufen überwunden werden, können das nicht allzuviele sein. Es ist ja schon bemerkenswert, dass Leuten etwas absolut unhintergehbar rational erscheint, und dann ist es auf einmal doch hintergangen - überboten durch eine reifere Form des Weltverhältnisses - eine differenziertere, also eine, die mehr Unterschiede beachtet und das Handeln, bezogen auf Spezialfälle, einschränkt, das vorher viel unbeschränkter erschien, und das heisst, es muss diese fortgeschrittene Form sich ausbreiten, sie muss sich kulturell etablieren lassen, sie muss von andern überboten und angeeignet werden können, und dann muss sie auch tatsächlich individuell in Bildungsprozessen nachgeholt werden, dh. es müssen andere, Nachkommende, sich diesen Fortschritt aneignen und mitmachen können. Und da zeigt sich die Restriktion, es muss nämlich auch im LEBEN (dem einen, das die Leute nur haben) stattfinden können der Leute, die diese Schritte nachholen - sie müssen nach Ausbildung bzw Erwerb dieses Fortschritts auch noch handeln können im Sinne der neuen fortgeschrittenen Lernregel oder eines Vergesellschaftungskonzepts, und das heisst, sie müssen im Laufe eines Bildungsprozesses auf dieses Niveau gelangen können - zumindest gebildete Leute, die das als Gruppe, vielleicht als herrschende Gruppe historisch geleistet haben - ihr Kulturniveau muss einholbar sein in einer Lebensfrist, es muss lehrbar sein, und es muss in den Bildungsprozessen eines Einzellebens tatsächlich dorthin aufgeschlossen werden können.
7. Jetzt gibt es noch einen entscheidenden Zusatz: Nachkommende starten, wenn nicht besondere Bildungsanstrengungen unternommen werden, erst einmal mit dem primitivsten Weltverhältnis und Vergesellschaftungskonzept. Welches das ist, muss im folgenden genauer betrachtet werden, es ist aber gewissermassen das allgemein-menschliche schlechthin. (Ich nenne es das Normalplanen und -Lernen, oder auch: das Planen und Lernen aufgrund von Normalerwartungen (PLAN), das ist also nun mein kanonischer Name für dieses erste Weltverhältnis.) Sofern es überhaupt Fortschritte darüber hinaus gegeben hat - Reifungsprozesse und Differenzierungsvorgänge, die das unter Bedingungen gesetzt haben, die zunächst nicht gesehen und in Betracht gezogen worden sind (es wäre noch genauer zu sagen, unter welche Bedingungen es dann doch geschieht) - sofern dieses Fortgeschrittenere dann tatsächlich sich durchgesetzt und kulturell etabliert hat, - insofern musste es ja auch von hinreichend vielen Nachkommenden angeeignet werden. Normalerweise finden fortgeschrittene Weltverhältnisse und Vergesellschaftungskozepte ihren Niederschlag in Regelsystemen; die Nachkommenden wachsen also in ein Regelsystem hinein - wie das Regelsystem begründet ist, warum man so leben und sein Leben so einrichten soll, wird aber meist nicht mittradiert. So wird also das fortgeschrittene Regelsystem in einem primitiveren Rahmen angeeignet, und die weitere Verarbeitung von Erfahrungen mit diesem eigentlich fortgeschrittenen Regelsystem findet wieder auf die primitivere Weise statt. Genau das ist passiert mit der ersten Erweiterung, die historisch zu bemerken ist, also dem ersten stabilen Übergang in wenigstens einigen Gruppen so, dass das tradiert wurde und dann überführt wurde in ein stabileres neues Weltverhältnis, und sich als solches etabliert hat - ein RELigiöses Weltverhältnis. ((Dass Religion nicht als tatsächlich kognitive Form gesehen wird, ist ein ganz grosser Mangel der linken Tradition. Zwar hat Marx der Religion in seinem "Opium"-Spruch eine gewisse Reverenz erwiesen, sie ist ja nicht nur Betäubungsmittel, sondern Geist geistloser Zeiten,"der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt". Bloss: dass sie nicht als eine kognitive Errungenschaft gesehen wird, ist der Tatsache geschuldet, dass die traditionelle linke Theorie dem religiösen Denken, wenn man genauer hinschaut, verdammt nahe steht, und der materialistische Fortschritt über die Religion hinaus in ein MODernes Weltverhältnis nur so gemacht wurde, dass dabei die MODernität in RELigiösen Formen angeeignet wurde.))
8. Jetzt habe ich schon meine drei Weltverhältnisse genannt, die ich sehe, und die auch tatsächlich den grossen historischen Epochen entsprechen: Man kann sagen, das Lernen und Planen aufgrund von Normalerwartungen bestimmt natürlich die Frühantike und Antike - DORT betreffen die Fortschritte vor allem bei den Vergesellschaftungskonzepten ab. (Wie man noch sehen widrd, bleibt das dabei durchgehend eingenommene PLAN-Weltverhältnis davon nicht unberührt.) Der Schritt ins Mittelalter ist im allgemeinen verbunden mit einer festen Etablierung RELigiöser Kulturen, zugleich sind das die grossen Kulturräume der Welt, die sich damals etabliert haben, die sind ja an Religionen gebunden. Schliesslich ist die Frühe Neuzeit auf dieser Basis auch wieder ein Vergesellschaftungsentwurf. ((Es gibt in dem sog Feudalismus im Mittelalter sehr unterschiedliche Epochen, das ist festzuhalten, die kaum eigentlich wirklich unter demselben "Formations"-Titel zu fassen sind - man kann sich fragen, ob die Frühe Neuzeit der Geschichtswissenschaft nicht tatsächlich auch abgetrennt sein muss, grob im europäischen Raum die Epoche zwischen 1400 und 1700, die ihr Pendant in China hat, aber nicht im gleichen Zeitraum, sondern ein bisschen zeitverzögert - und dann eben die MODerne, mit dem Kapitalismus und dem bürgerlichen System als Vergesellschaftungsform.)) Also drei Weltverhältnisse, wo das je fortgeschrittenere in das ihm vorausliegende zurück- und mit ihm in das ursprüngliche zurückgleiten oder -fallen kann, also MODerne kann RELigiös angeeignet werden, und diese RELigiöse Aneignung findet dann nochmal in einem normalplanerischen Rahmen statt, und mühsam müssen Menschen sich aus dieser Fehlaneignung eines kulturell fortgeschrittenen Regelsystems herausarbeiten. Die Logik des fortgeschrittenen (REL) Regelsystems widerspricht dem (PLAN) Rahmen, der Weg aus diesem primitiven Rahmen heraus ist (so nenne ich das) GEBAHNT. Die Gesamtheit der Mentalitäten, Weltverhältnisse und Vergesellschaftungskonzepte ist ein in der linken Theorie sehr wenig erschlossener Praxisbereich der linken Theorie, es wurde immer nur marginal bearbeitet, und das hat natürlich zu tun mit dieser Gesellschafts-Lastigkeit des traditionell-linken Denkens, von der ICH sage, dass sie in Wirklichkeit ein Idealismus ist.
Man kann also in den beiden Kategorien: "Weltverhältnis" und "Vergesellschaftungskonzept" die subjektiven Pendants zu "Produktivkraftstand" und "Produktionsverhältnis" sehen. Und natürlich gehört, was ich eingangs an Kategorien unterschieden habe, Arbeitsteilung Koordination, Konsensfindung und Sachgerechtheit, zu den Vergesellschaftungsebenen - man sieht aber auch, wie sie mit dem Weltverhältnis der Beteiligten zusammenarbeiten (müssen), und natürlich gehört dazu unbedingt, dass die Betreffenden sich in mindestens einigen Hinsichten ihres Weltverhältnisses einig sein müssen, es teilen müssen, darin übereinstimmen und gleiche Inhalte haben müssen, um überhaupt eine Arbeitsteilung zwischen sich etablieren zu können.
Und speziell natürlich, wenn das eine MODerne Arbeitsteilung sein soll; bei der kann man sich immer fragen, inwiefern es sich um eine RELigiös angeeignete Moderne oder gar gläubig angeeignete solche handelt - das wäre also eine normalplanerisch-RELigiöse Aneignung von Modernität; und das ist, wie ich glaube, die Art, wie MODernität heute eigentlich überhaupt nur umgesetzt ist - während sie kulturell eigentlich weit darüber hinaus fortgeschritten ist, übrigens in unverfälschter, genuiner Form auch selbstverständlich kollektivistisch gedacht würde - genuin MODerne Menschen würden kein Eigentum mehr kennen, weil alles, was sie wollen, aus (geteiltem) Wissen abgeleitet ist. Und das kann, ausser mit Gewalt, aufgrund eines massenhaft vertretenen (zurückgebliebenen) Vergesellschaftungskonzepts - nicht als Eigentum eingehegt werden. Sodass man sich fragen kann, was haben die Menschen seit 1700, die von der MODernisierung erfasst sind, sie aber auch vorangetrieben haben als ihr Projekt, sich eigentlich dabei gedacht, was ist eigentlich ihr Ziel, was machen die da eigentlich, was stellten, und was stellen die sich dabei vor, und was macht somit MODernität generell aus? Das ist bisher kaum vorgekommen: Technischer Fortschritt als Selbstzweck, welche Stellung wir darin haben. Ich denke, dass wir das ab dem nächsten Mal, also im 3.Vortrag und den nachfolgenden, einmal näher beleuchten sollten, aber nicht, ohne über die andern Mentalitäten nachgedacht zu haben - solche, die historisch, früher einmal kulturbildend waren, heute aber bloss noch Ausdruck von zurückgebliebenen und vorzeitig abgebrochenen Bildungsprozessen sind, die nicht auf die Höhe der Zeit kommen, also auf normalplanerisch-gläubiges Aneignen von RELigiös-MODernen Denkformen und Regelsystemen beruhen - nicht ohne somit erwähnt und noch einmal durchdacht zu haben, was da eigentlich in der MODerne REAL für Mentalitäten unterwegs und anzutreffen sind, sodass sie tatsächlich massenhaft die Gesellschaft und Vergesellschaftung prägen und ihr vorausgesetzt sind als der zentrale Bildungsinhalt der meisten Zeitgenossen.
Vortrag 3a: Drei Fragen, drei Ebenen der Normalplanung
1. In diesem Vortrag geht es um die Erklärung der ersten praktischen Stellung zur Welt, die Leute einnehmen können, im Verlauf ihres Bildungsprozesses, lang bevor sie (historisch, oder nachholend in einem Bildungsgang) zur MODerne oder einer MODernen Einstellung gelangen. Ich hatte gesagt, die erste Einstellung überhaupt, die Menschen zur Welt haben, dieses erste Weltverhältnis, nenne ich: "Planen und Lernen aufgrund von Normalerwartungen", abgekürzt PLAN, oder Normalplanen, weil es gewissermassen die aller-normalste, also weitestverbreitete und am meisten normal erscheinende Form des Planens und Lernens überhaupt ist. Das heisst, sie erscheint als das Vernünftige schlechthin, und dass ganz anderes als das vernünftig, oder überhaupt das Vernünftige ist, wurde erst in einer langen historischen Erfahrung überhaupt erschlossen. Der entscheidende Punkt bei dieser Betrachtung ist, dass es sich nicht einfach um eine empirisch feststellbare oder ermittelbare Beschreibung handelt, wie nun mal Menschen so sind, sondern sie hat normativen Charakter, dh wenn Leute NICHT so schliessen würden, wenn sie (ohne weiterführende Bildungserfahrungen) NICHT so, und genau so, denken und Konsequenzen ziehen würden aus Erfahrungen, die sie machen, dann wären sie auf Dauer nicht verständlich. Über diese Randbedingung wird noch erheblich mehr zu sagen sein; es ist auch die Erklärung dafür, warum Psychologie in dem Sinn kein empirisches Fach ist, sondern eher der Philosophie angehört; und das bedeutet, es werden hier Sinnbedingungen, Bedingungen von Verstehbarkeit überhaupt, Verstehbarsein als Handeln, als vernünftig, zurechnungsfähig, PersonSein, entfaltet - diese Bedingungen sind umfangreich, man besinnt sich auf sie immer dann, wenn man etwas versteht, und sagt, SO ist es jetzt verständlich usw. (Das systematisch auszubreiten ist, so sage ich, die Aufgabe der Philosophie; aber darüber müssen wir hier nicht reden.) Es ist in dieser Betrachtung auch sehr viel von Affekten und Gefühlen die Rede; das könnte einen darauf bringen, dass die Einstellung zur Welt, und das Handeln in und mit ihr, das ich beschreibe, in Wirklichkeit eine affektive, gefühlsmässige zur Welt ist - und das spielt auch eine grosse Rolle, aber tatsächlich ist der viel wichtigere Anteil in diesem ganzen Weltverhältnis, der tatsächlich das Lernen organisiert, eine KOGNITIVE Struktur, die ich hier beschreibe, eine Art, wie Menschen aus Erfahrungen, die sie machen, Schlüsse ziehen für ihr Verhalten, ihr Handeln, und darauf wie sie es ändern, wann sie es ändern. Die Gefühle dienen dabei als Mittel der Erkenntnisgewinnung - des Lernens und Dazulernens. Das will jetzt genauer besprochen sein.
2. Die zentrale Struktur dieses Denkens - die Ausgangsstruktur, mit der da gearbeitet wird - ist eine Normalpraxis, man könnte auch sagen: eine Normalität. Etwas, eine Art zu leben und seinen Alltag einzurichten, hat sich bewährt, normalerweise im Aufwachsen, da sind sich die Jugendlichen und Kinder noch unsicher, es ist ihnen aber demonstriert worden im Laufe ihres Aufwachsens, dass auf bestimmte Dinge, unter Umständen SEHR abstrakt, Verlass ist. Worauf Verlass ist und worauf nicht, unterliegt dabei im Zweifel ihrem eigenen Urteil; es kann bald, oder später, erheblich abweichen von dem, was ihnen Ältere, Eltern, Lehrer, durchaus auch Personen, denen zunächst mal vertraut wurde, erzählen und erzählt haben. Sie strukturieren also ihre, wenn man so will, Sozialisations- oder Anfangs-Lebenserfahrung, mit Kategorien, die sie ins weitere Erwachsenenleben mitnehmen, unter anderm gehört dazu so etwas wie ein Parameter der Verlässlichkeit oder Unzuverlässigkeit der "Welt", Umgebung (oder bestimmter Teile von ihr), in der sie leben, als ganzes - den versuchen sie zumindest mal zu bestimmen. Auch das gehört zu einer Normalpraxis - solche Parameter zu haben; und natürlich ist die Normalpraxis erstmal ein Regelsystem - ein Regelsystem, was man tut, wenn bestimmtes der Fall ist, und man "normalerweise" (ich kann Wort das nur immer wieder wiederholen) die Erwartung hat, dass das, was man zu tun versucht, gelingt, einen Effekt hat, nämlich den beabsichtigten. Damit ist eine Ausgangssituation für eine Anschlusshandlung geschaffen, vielleicht auch nur unter bestimmten Randbedingungen usw - aber das ist zweitrangig - es ist jedenfalls eine neue Situation, auf die man schon wieder eine Regel, eine Anschlussregel, anwenden kann, normalerweise, in einem Alltag, geht das im Kreis herum, das heisst, irgendwann ist mal die Ausgangssituation am Morgen wieder erreicht, am nächsten Tag, man steht wieder auf, wenn das und das gegeben ist (als Normalsituation, in der gewohnten Umgebung), wenns normal geht, macht man jetzt diesunddas, und diese Struktur des Kreislaufs, der Regelabfolge, die in sich selber mündet, die aber zugleich durchaus variierbar ist unter bestimmten Randbedingungen - die ist hier ganz grundlegend. Das heisst auch, dass das kleinste Element dieser Alltagspraxis, dieser Normalität, ein fester Verbund ist aus Regel und Erwartung; und die Erwartung ist normalerweise die Normalerwartung, die ich gewohnt bin, also häufig aber nicht immer die des Gelingens, also dass, was ich versuche, gelingt. Sehr schlecht ist es natürlich, wenn mein ganzer Alltag aus lauter Versuchen besteht, die nicht gelingen, dann habe ich eine Misserfolgserwartung und bin schon sehr nahe am Deprimiertsein; aber selbst das könnte eine Extrem-Ausprägung von - dann schon fast pathologicher - Normalität sein. Aber nochmal zurück zu dieser Elementarform der Regel, der praktischen Regel, der Handlungsregel, gekoppelt mit einer Erwartung, und zwar der des "nomalerweise Gelingens". Eine Regel hat normalerweise die Form: "IN einer Situation des Typs S mache ich eine (unter Umständen: Versuchs-)Handlung des Typs H", und jetzt setzt eben der Normalplaner hinzu: "...und darf dann erwarten, dass dasunddas passiert." Situationstyp, gekoppelt mit einem Handlungstyp, das eine ist der Regelanwendungsfall, das andre ist die Regelausführung/befolgung, aber dann hab ich eben regulär noch als Normalplaner eine Erwartung, in welchem Ausmass ich mit dem Gelingen rechnen darf, wenn ich das mache und versuche. Wobei eben normalerweise, wenn die Routinen eingeübt sind, mit dem Gelingen zu rechnen ist. Normalerweise. Es ist selten, dass es nicht gelingt, dann ist schon irgendwas komisch, anders als sonst; dann ist die Anschluss-Situation eine Anomalie, auf die ich dann aber auch mit einer problemlösenden Sonderregel reagieren kann.
3. Also das ist die Basisform des Elements einer Praxis, und da ist sehr entscheidend, dass ich praktisch mit einem Inventar an Situationen rechne, noch dazu einer Situationsabfolge, die in sich selber mündet, eine Reproduktion, reproduktive Abfolge von Schritten, die sich wiederholen. Diese Abfolge ist natürlich das Pendant zu meinem Aktivitätszyklus - Tag und Nacht, das ist mal so das Allererste, an das das anknüpft, natürlich gibt es auch noch grössere Zyklen, in denen etwas gelingt und auch gelingen muss, weil dann irgendwann in der Natur irgendwas passiert, also etwa der Jahreszeitenzyklus usw. Ich muss also unter Umständen rechtzeitig mit meinem Handeln an einem Ort sein, muss dorthin gekommen sein, mit den nötigen Werkzeugen und Mitteln, Kenntnissen... muss vorbereitet sein und Vorbereitungen getroffen haben, um dort etwas anzubauen oder zu ernten, um etwas zu gewinnen, zu verhindern oder sonstwas der Art. Und da kann es natürlich in allen möglichen Ausgangs-Situationen sein, dass ich konfrontiert bin mit einer Überraschung; mit der kann ich aber auch gerechnet haben, und in beiden Fällen tritt dann unter Umständen eine Prioritätenregel ein: Wenn DAS (etwas von derundder Art) passiert - alles stehen und liegen lassen, und etwas ganz andres tun!, zB wenns brennt - oder auch etwas glückliches passiert, dann kann, oder muss ich sogar, meinen Alltag unterbrechen und muss mich dem zuwenden - für all das mögen Sonderregeln existieren in einer bewährten Normalparxis. Nun ist es nicht so, dass Leute nicht darauf eingestellt wären, dass ihre Praxis vielleicht noch nicht ganz optimal ist - sie sind vielmehr durchaus lernbereit und keineswegs eingesperrt in diese Reproduktionspraxis, diese Routine. Sondern sie machen Erfahrungen, in denen sie positiv oder negativ überrascht werden: Es kommt anders als erwartet - als man bis dahin erwarten durfte (oder musste); und die Art und Weise, wie sie jetzt reagieren, ist in der Tat sehr stark gefühlsbetont, also es hängt jetzt sehr stark ab vom Ausmass der positiven oder negativen Überraschtheit, der Positivität und Negativität, der Beeinträchtigtheit durch das Negative, der Chanceneröffnung durch das Positive, wie ich jetzt tatsächlich unter Umständen meine Praxis ändere und darauf eingehe.
4. Das erklärt das starke Hervortreten von Affekten als Handlungs-leitend, als Lern-anleitend, in dieser Normalpraxis, sodass man also fast annimmt, das ist eine anthropologische Konstante. - Aber das dabei viel näher Liegende wird selten in Betracht gezogen, dass nämlich im Grunde genommen diese Regel die Aufmerksamkeit bestimmt, auf das, was überhaupt für Handlungs-relevant erklärt wird: Handlungsrelevant ist alles, was irgendwie vom Regelapparat der Routinepraxis erfasst ist an Situationen, und einen Unterschied macht (in dieser Praxis, für diese Praxis, weil zu subsumieren unter einen ihrer Regelanwendungsfälle - am gehörigen Ort, der gehörigen Zeit und im Rahmen der zweckmässigen Abfolge der Schritte im Routine Alltag.) Die Routinepraxis mitsamt ihrer Artikulation in Einzelhandlungen, Einzelregeln, die einen Unterschied machen, ist gewissermassen das Kategoriiensystem, mit dem diese Leute überhaupt ihre Welt in Betracht ziehen und betrachten. Und es ist extrem wichtig, sich klarzumachen, dass es ganz eigene Anstrengungen erfordert, um darüber hinaus zu kommen. Also dass es eigener Motive, eigener Anstrengungen bedarf, um etwa sich Gedanken zu machen über die eigene Handlungsfähigkeit als etwas übergreifendes, oder über Situationen, die sich da draussen abspielen, wenn wir nicht eingreifen, und die trotzdem für uns von Interesse sein könnten. Denn wenn das nicht zur Normalpraxis gehört hat, würde es vorerst nicht beachtet: Die Normalpraxis steht unter einer Generalregel-für-alle-(bislang überhaupt, bis auf weiteres, in Betracht gezogenen)Fälle, die da lautet: "Bis auf weiteres (unter allen Umständen) geh davon aus, dass du alles für deine Reproduktion, dein Überleben Relevantes bereits kennst. Es sei denn..."
5. Und wenn jetzt Überraschungen eintreten, dann tritt eine zweite Regel ein, die Abwandlungen der Normalregel oder dieses Normalregelapparats nahelegt oder geradezu vorschreibt, und dabei überhaupt erst offenlegt, in welchen Hinsichten dieser Apparat abwandelbar ist. Die gedankliche Anstrengung, diese kategoriale Unterteilung in Hinsichten ihrer Abwandelbarkeit der eigenen Praxis sich zu erarbeiten, ist schon eine enorme Leistung für solche Normalplaner. Normalerweise bleiben nämlich die Selbstverständlichkeiten "stumm", mit denen sie arbeiten im Rahmen ihrer Normalität, als übergreifende, etwa ihre Erwartungen, wie man Energien, den Handlungspielraum aufzuteilen hat, oder womit man überhaupt rechnen kann. All das bleibt absolut im Rahmen des für sie Selbstverständlichen, sodass bis zu ersten Erfahrungen des Anderskommens-als-erwartet es überhaupt kein Motiv gibt, sich über Alternativen Gedanken zu machen, geschweige denn, allgemein darüber nachzudenken: Begriffe auszubilden, sich zu fragen, wie weit kann das gehen, womit könnte ich denn überhaupt rechnen? Die Gliederung findet normalerweise in Überraschungssituationen statt, die heftig eingreifend sind; normalerweise nimmt solch eine Situation die Form an: Es findet etwas Ein- oder Erstmaliges statt, worauf ich nicht vorbereitet bin - das kann häufig negativer Art sein, ein Unfall, etwas misslingt, was bis dahin ganz selbstverständlich gelungen ist - seltener kann es auch eine positive Überraschung sein, eine Chance eröffnet sich - die Chance, etwas zu können, etwas zu bekommen, für die ich aber meine Praxis umstellen müsste, und darauf bin ich nicht gefasst, sodass ich mich fragen muss, ob ich mich trotzdem darauf einlasse. Solcher Art also sind normalerweise die (negativen wie positiven) Herausforderungen, an denen diese Normalplaner ins Grübeln kommen. Normalerweise sind es in 90, 95% oder noch häufiger die Unfälle, die negativen Ereignisse, und die Art und Weise, wie sie jetzt fragen, sagt etwas aus über die Art, wie sie überhaupt ihre Praxis denken, - also wie ihr Regelsystem untergliedert ist - jeder, dem ich das jetzt hier vortrage, wird vermutlich solche Fälle aus dem eigenen Leben oder spätestens aus dem von andern kennen, in denen diese Fragen auftauchen - etwa wenn Leute nach einem Unfall (das ist das häufigste), sich bestimmte Grübelfragen stellen. Die drei typischen Grübelfragen lauten so:
6. Zwecke, oder: Knowhow - die Routinepraxis und die Reihen der Möglichkeiten ihrer Abwandlung Erstens: Was war anders? Etwas MUSS doch anders gewesen sein als sonst? So wird gefragt; und da fragt jemand nach einer bislang nicht erfassten, im Regelsystem nicht berücksichtigten praktischen Rand-Bedingungs- oder Situationsklasse, die ein verändertes Handeln nachgelegt hätte - und mit der er bisher nicht als relevanter Umgebungsbedingung gerechnet hat. Also fragt er sich, was war anders, worauf hätte ich achten müssen? das könnte also tatsächlich eine veränderte Regel sein, wenn sowas eintritt, muss ich unter Umständen reagieren (vielleicht aber auch nicht), ich muss unter Umständen etwas tun, um jetzt und eventuell künftig mit dem veränderten Sachverhalt fertigzuwerden (aber rechne ich damit, dass er sich wiederholt? oder SO wiederholt? odert Sachverhalte "dieser Art" sich wiederholen?). Es könnte aber auch sein, dass ich nichts tun kann, und trotzdem nicht einfach meine Praxis fortsetzen kann, sondern ich muss es als Warnzeichen einordnen - als Anzeichen, dass ich ausweichen muss, etwas meiden muss, dass etwas in den Voraussetzungen meiner Praxis sich geändert hat, dass ein Zyklus zuende ist, dass etwas in der Aussenwelt sich ändert, es könnte berechenbar sein oder auch unberechenbar - dh es sind Anschlussfragen fällig: Hab ich sowas von der Art schon erlebt (der argwöhnische Blick zurück...) - gehört es einer Klasse von Situationen an, die jetzt spätestens in den Blick rückt, und eben eine Klasse von Überraschungen liefert, auf die ich künftig reagieren muss, wenn sie eintreten. Könnte da ein Zyklus sein, könnte es sein, dass ich eine Verteilungsgesetzmässigkeit beachten muss? Und auch da frag ich mich: Wo fange ich an, in der Vergangenheit zu suchen, wo ist was Ähnliches gewesen? und ich kann dann natürlich eine Gesetzmässigkeit (Regularität), eine Regel daraus destillieren, wie ich damit umgehen muss, und wer jetzt soweit mitgedacht hat, erkennt natürlich schon, dass das sofort in Aberglauben münden KANN (aber nicht MUSS) - nicht wahr, da können realistisch-rationale (aus unserer "aufgeklärten" Sicht), es können materialistische Klassen gebildet werden, aber die Ereignisse können genauso gut "grob empirisch" gruppiert werden: "Ah das ist dasselbe wie damals, da ist es auch schon pasiert, ich muss künftig einfach sehr vorsichtig sein, wenn... schwarze Katzen meinen Weg kreuzen."
7. Ziele, oder: Die richtige Aufteilung der Ressourcen Zweitens. Die zweite Art Art von Fragen, die gestellt werden, ist: Was hab ich falsch gemacht? - Hier ist jetzt nicht so sehr die Frage der Fehlreaktion auf eine Situation, das betrifft ja den praktischen Regelapparat - sondern hier ist gemeint: Wo habe ich meine Handlungsspielräume falsch verteilt - habe ich zuviel oder zu wenig in einem Bereich meiner Gesamtpraxis an Energie verbraucht - muss ich da künftig auf etwas mehr Mühe verwenden, aufmerksamer sein - unter Umständen VIEL aufmerksamer - VIEL sorgfältiger etwas behandeln - oder hab ich etwa einer andern Sache zuviel Aufmerksamkeit geschenkt? - Es ist also die Frage nach der Verteilung, eventuell der Neuverteilung von Handlungsspielräumen; und da geht es unter anderm auch um die Frage, ob es lohnt, etwas, das noch nicht ganz sicher ist, weiter zu versuchen, oder ob man einen solchen Versuch besser aufgeben sollte. Das klingt wieder rational - aber es ist hier vom Grad der Beeindrucktheit durch das jeweilige Ereignis, positiv, negativ, abhängig gemacht, wie ich künftig meine Praxis aufstelle. Also: "ich habe einen Fehler gemacht", heisst hier: Ja - ich muss viel mehr Sorgfalt auf dasunddas verwenden, nein - ich brauch auf das garnicht mehr zu achten, das kann man lassen (womöglich beides gekoppelt, also eine Umschichtung der Ressourcen...). Diese Handlungsökonomie, die meine Reproduktions-Routine auch auszeichnet (denn ich muss ja die Gesamtheit meiner Kräfte und Ressourcen verteilen auf die Mittel, die ich für bestimmte einzelne Problemlösungen einsetze, darum eben auch ein Stück weit ökonomisches Denken hier) - die ist es, was korrigiert wird: Durch den Grad meiner Beeindrucktheit angesichts des überraschend eingetretenen Ereignisses muss ich meine Ökonomie neu justieren - und dann kann ich die Neuverteilung auch hier aufspalten, und die Regeln nach Bedingungen unterschiedlich fassen, also: Wenn dasunddas der Fall ist, muss ich mehr Aufmerksamkeit auf das lenken - das könnte also eine praktisch-ökonomische Regel sein, keine praktisch-technische Regel, sondern eine ökonomische; die sich aber dennoch von Aussensituationen abhängig macht, von Fällen. Oder aber global und unbedingt: "Ich muss künftig IMMER meine Aufmerksamkeit und Kräfte neu verteilen und VIEL mehr für dasunddas tun", oder auch: "ich darf weniger, ich habs falsch angesetzt und viel zu viel investiert in etwas, das diesen Aufwand nicht lohnt". (Überlegungen, wieviel ZU VERSUCHEN wie lange lohnt, sei es, um etwas Neues zu probieren, sei es, um ein unerwartet gescheitertes Projekt oder Routine wiederzubeleben - diese Überlegungen sind eine wichtige Unterabteilung in diesem "Spielraum-Verteilungskomplex".)
8. Pläne, oder: Das Gesamtbudget (an Möglichkeiten); Optimismus und Pessimismus Drittens. Das Dritte ist: dass ich mich frage: Wie hätte ich denn mit SOWAS je rechnen sollen? Also das ist die Frage nach dem Raum des Möglichen, in dem ich mich überhaupt bewege - aber wieder unter rein affektiven Gesichtspunkten. Also wieso hätte ich mit sowas rechnen sollen, das musste ich doch bisher nicht!? - ich durfte Fälle dieser Art ignorieren, ich war legitimiert, mit derartigem nicht rechnen zu müssen, und jetzt muss ich also doch? Verrückterweise können es auch "unverhofft" eintretende glückliche Ereignisse und Entwicklungen sein, die einen so sehr bestürzen unter diesem normalplanerischen Gesichtspunkt, darum, weil man eigentlich eine Chance hätte wahrnehmen können, schon die ganze Zeit, und sie nicht gesehen und wahrgenommen hat. Also auch das stellt die generellen, die Rahmen-Maximen des Überhaupt-Rechnens mit etwas infrage, also des praktischen Erwägens von Möglichkeiten, auf die man sich einstellt, und des Raums an Situationen, für die man überhaupt eine Reaktion vorsieht (um das Beste daraus zu machen; aber nicht mehr)... Diese Global-Maximen also sind es, die hier korrigiert werden. Und das sind Maximen, die garnicht mehr irgendeine der beiden andern Dimensionen betreffen, nicht das, was ich überhaupt tun im Sinn von konkret bewirken KANN (das System der unmittelbar praktischen Regeln, meines Know how - im Rahmen meiner Routinepraxis), oder das, was ich im Rahmen eines gegebenen Ressourcenbudgets/apparats wie verteile auf meine Gesamtaufgaben, die ich überhaupt als solche erkenne und anerkenne. Sondern hier frage ich mich: Was überhaupt mir passieren kann - wie schlimm es für mich überhaupt kommen kann, und worauf ich mich da einstellen muss - aber auch, wie gut. Denn ich kann ja immer auch zu wenig tun für mich, ich kann ja immer überrascht werden durch die Einsicht, dass ich eigentlich hätte viel mehr ausrichten können, oder bekommen/erzielen können für mich, wenn ich nur mich mehr angestrengt hätte, und nicht so früh aufgegeben hätte. Und darum ist, nochmal, auch das Überraschtwerden durch glückliche Entwicklungen, die sich herausstellen als schon die ganze Zeit möglich, bestürzend für Normalplaner - weil sie grundsätzlich auf dieser Rahmen-Ebene der Schätzung des "überhaupt Lohnenden" ein Versäumnisrisiko für sich sehen, und auf garkeinen Fall etwas, womit sie eigentlich rechnen sollten, verpassen wollen. Dieser Raum dessen, womit ich rechnen kann (muss, soll...), wird also hier angesichts "bestürzender", auch bestürzend besser als erwartet ausfallender, Erfahrungen neu justiert. Also ich kann entweder nicht mit mehr erechnen, muss den Raum enger machen, aber auch: ich hab zuviel Angst gehabt, ich kann ruhig riskanter vorgehen: oder sogar: ich muss mit viel besseren Möglichkeiten künftig rechnen, ich kann viel mehr für mich erreichen, oder umgekehrt: mit viel weniger. Das alles zielt auf Vorgaben für das Gesamtbudget, mit dem ich überhaupt arbeite, das ich dann auf der zweiten Ebene aufteile (also der Entscheidungsebene darunter, wo ich jeweils meine Budgets einteile und mich frage "was hab ich falsch gemacht?", wenn ich überrascht werde, wo ich also den global und überhaupt lohnend einsetzbar erscheinenden Handlungsspielraum ökonomisch auf meine (ihrerseits lohnend erscheinenden) Aufgaben verteile, die ich sehe. oder was ich (noch eine Entscheidungs-Ebene tiefer) wie lange noch ausprobiere, wenn etwas nicht gelingt.) Das also ist die ganz entscheidende Frage, die auf der zweiten, mittleren Ebene bzw hier auf der dritten höchsten Ebene zu beantworten ist: Womit rechne ich überhaupt? Womit auch gleich die Antwort gegeben wird auf die Frage: Was ist das Budget für Versuche - dafür, wie lange ich überhaupt etwas herauszufinden versuche, wenn es gescheitert ist, oder wie lange ich versuche eine Chance zu verfolgen wenn sie sich abzeichnet; das sind alles Entscheidungen, die auf der mittleren, ökonomischen, und der höchsten Ebene, der des Gesamtbudgets, getroffen werden.
9. Es ist nun so, dass ich alle Regeln nach Bedingungen weiter ausdiffenzieren, verzweigen kann - auf allen drei Ebenen, also der praktisch-technischen, der ökonomischen, und der des fundamentalen Horizonts, in dem ich überhaupt mit etwas rechne, günstig oder ungünstig für mich. Ich kann also überall sagen: unter denundden Bedingungen kann etwas besser für mich laufen - unter jenen aber schlechter, zumindest muss ich mit Risiken rechnen, wenn ich in jene Situation komme. Oder aber, ich kann es global über alle Situationen formulieren für mich; also so: das Schicksal, das mich erwartet, ist soundso, damit rechne ich - ich rechne global in allen Situationen die mich noch betreffen können, mit demunddem, oder ich bereite mich auf dasunddas vor, und da muss ich meine Kräfte bündeln, und kann dann anderes nicht machen, ich bin pessimistisch, optimistisch, oder eines von beidem unter bestimmten Bedingungen, so, oder so - und all diese praktischen Regeln gehen eben mit der Erwartung einher, dass da bestimmtes rauskommt, und zwar natürlich mindestens mal, dass meine Normalität sich JETZT, in dieser neuen Version, bewähren wird, dass mein Regelapparat JETZT hinreicht. Das ist gewissermassen die grundsätzliche Erwartung schlechthin, die man als Normalplaner hat, und deswegen heisst das ironischerweise nicht nur Planen und Lernen aufgrund von Normalerwartungen, sondern im Grunde genommen müsste es heissen: Planen und Lernen aufgrund der Normalerwartung schlechthin, dass ab JETZT, spätestens wenn ich das jetzt berücksichtige, alles wesentliche erfasst ist, ich alle wesentlichen Situationen erfasst habe, es sei denn... ich habe noch ein Element von Unsicherheit in meiner Normalität, sowas ist natürlich auch möglich - das ist aber dann sehr genau abgezirkelt, dass ich weiss (erwarte), wo ich da noch wirklich vorsichtig sein muss und mit allem möglichen rechnen muss - allerdings darf es nicht überbordend werden, sonst habe ich überhaupt keine Normalität mehr, und mit sowas kommen Normalplaner nunmal garnicht zurecht - kognitiv nicht, denn dann wissen sie nicht, was sie tun sollen - ihr ganzer kognitiver Apparat ist dann abgeschaltet, und das ist dann die Situation, in der sie verzweifeln, also nicht mehr weiterwissen. Wenn die gesamte Normalpraxis ihnen aus der Hand geschlagen ist, dann sind sie praktisch wieder wie Kinder, und müssen irgendeine neue Normalpraxis angeboten bekommen, dieser Verlust ist also eine Katastrophe und geschieht ja normalerweise auch in einer Katastrophe, und es wäre in gewissem Sinn sogar eine Katastrophe, wenn sie im Lotto gewinnen, damit kommen sie uU auch nicht zurecht, ihre Routine ist darauf nicht eingestellt, sie wissen dann oft zunächst nicht weiter, brauchen Hilfe von aussen, wo Leute ihnen langsam eine Routine bauen, in die sie hinweinwachsen können. Das ist uU das Schicksal von indigenen Bevölkerungen gewesen, die überrumpelt und überwältigt worden sind, und, soweit sie nicht gleich umgebracht wurden, in Reservate abgeschoben wurden, und da einfach nicht weiterwussten, weil ihre Normalität so komplett beschädigt war, dass keinerlei Maxime, keinerlei Änderung noch irgendeinen Übergang in eine "ab jetzt gültige Normalität" erlaubt hätte. Also eine, wo man zB einen Übergang, einen Absturz dieser Art einplant. Dergleichen ist normalerweise nicht bewältigbar mit diesem kognitiven Apparat.
10. Die Abfolge aus Lernanlässen für Normalplaner mündet regelmässig in eine neue Normalität, in ein neues Regelsysten, das im allgemeinen differenzierter ist (mehr Regel-Verzweigungen aufweist für je unterschiedlich gelagerte Anwendungsfälle bzw Randbedingungen), als das vorhergehende. Normalplaner können dabei sehr wohl registrieren, dass sie ihre Erwartungen erst in die eine Richtung und dann wieder in die andere Richtung ändern mussten - und das heisst, sie müssen unter Umständen eine (Verzweigungs-)Regel finden, wann, unter Bedingungen welcher Art sie pessimistischer, und wann optimistischer sein sollen als zuvor. Aber im allgemeinen ist ihr Anspruch oder sogar Ehrgeiz, aus solchen bestürzenden Ereignissen zu lernen, im Sinne einer Differenzierung ihres Regelapparats, die diesen den Sachverhalten immer besser anpasst, mit denen überhaupt zu rechnen ist, und die überhaupt "erwartbar reproduktiv (dh für ihre Normalität) relevant" sind. Wenn diese Operation gelingen soll, und nicht stattdessen in wachsende Ungewissheit, Ratlosigkeit hineinführen soll, was man überhaupt tun soll, und damit das ganze aus Sicht des Normalplaners als erfolgreiches Dazulernen und Feinanpassen an die Normalitäts-relevanten Umgebungsbedingungen verstanden werden kann, muss dies seine Grunderwartung sein: Dass das Resultat jedes erfolgreich absolvierten Lernvorgangs immer aufs neue lautet: ABER JETZT! aber jetzt habe ich die Welt im Griff - jetzt hab ich gelernt - ich hab meine Lebenserfahrung erweitert! - Und das ist übrigens auch ein Bestandteil dieser Regeln, überhaupt aller normalplanerischen "Lernerfahrungen" - spätestens JETZT weiss ich bescheid - und es ist nicht etwa so, dass die Normalität, mit der man gestartet ist, damit kritisiert wird, sondern eigenartigerweise wird das immer so beschrieben, dass man sagt: das Bewährte VOR dem einschneidenden Lernereignis war schon relativ gut und relativ nah am Optimum, aber jetzt ist es endgültig optimiert. Das eigenartigste überhaupt ist aber, dass Normalplaner hier kaum je vorausschauen, kaum je sagen, kann das sich nicht wiederholen? sondern dass sie tatsächlich diesen Satz: ABER JETZT ist es optimal, ernst meinen. Das heisst: Ab jetzt hat sichs endgültig bewährt, jetzt hat sich eine Praxis eingestellt, oder eine allgemeine Regel, wie die Welt beschaffen, die kann auch deutlich pessimistischer siein als bisher, aber DIE stimmt jetzt - ich habe die Konsequenz aus dem gezogen, was jemandem, mir, passieren kann, womit ich vorher nicht gerechnet habe - ab jetzt berücksichtige ich das aber - und deswegen bin ich jetzt berechtigt, meine Erwartungen ab jetzt als die ausschlaggebenden und hinreichenden anzusehen, mit ihnen zu arbeiten, mich auf sie zu verlassen, und ich muss jetzt nicht mit allem möglichen andern rechnen, sondern ich hab diese grundlegende Erwartung JETZT tatsächlich eingegrenzt, und unter die angemessenen Bedingungen für die eine oder andre Variante gesetzt - und so mache ich jetzt weiter. Es ist nicht so, dass Normalplaner in solchen Situationen grundsätzlich nicht damit rechnen, dass sich für sie nichts mehr ändert; nur ist es ihre neue Hypothese, ihr neues Hypthesen System, mit dem sie die Welt testen, sie halten es für sinnvoll, sich jetzt nicht auf irgendetwas einstellen zu müssen, sich nicht umsehen zu müssen, was es denn noch alles gibt, sondern halten sich für berechtigt (und das ist ein ganz wichtiger Punkt!) anzunehmen, dass ihr Regelsystem vollständig ist. Und dass sie bis auf weiteres kein Versäumnis riskieren, wenn sie sich an dieses Regelsystem halten.
Vortrag 3b: Kernselbst KS, Restunbekanntes RU, unterschiedslose Anwendung der Lernregeln auf das Regelsystem der Praxis als Quelle für "magisches Denken"
1. Die Frage, die ich jetzt beantworten möchte, ist: wieso eigentlich sich der Schein einer Rationalität einstellen kann angesichts dieser so beschriebenen kognitiven Struktur bzw dieser Lernregel. Warum scheint sie ihren Vertretern, ihren Trägern, unüberbietbar vernünftig? Es muss etwas tatsächlich Vernünftiges darin stecken, und ich glaube, man kann das auch identifizieren. Es sind zwei Anteile, zwei sehr fundamentale Regelgruppen, von denen jede nochmal in zwei Abteilungen zerfällt. Die eine Regelgruppe bezieht sich auf unsern Umgang mit unserem im weitesten Sinn empfundenen oder Empfindungs-begründeten Handlungsspielraum. Also wir spüren, dass wir etwas können, dass wir etwas brauchen, das schränkt unsere Aufmerksamkeit ein, wir denken dann an nichts andres mehr, zb an Essen, wenn wir Hunger haben - und dieses Spüren insgesamt, könnte man sagen, ist die Repräsentanz unserer leiblichen Bedürfnisse. Die erste Regel im Umgang damit, die Vernunftsregel, die aber in Wirklichkeit in sehr viele Unterregeln zerfällt, wenn man so will, alles was mit unserer Lebenserfahrung zu tun hat, im Umgang mit Bedürfnissen und Gespürtem an unserem Körper - also diese Regel lautet: Dass wir uns nicht beirren lassen beim Reagieren auf Empfindungen, sondern tatsächlich gewissermassen sie zum Leitfaden nehmen für die Reproduktion unserer Leistungsfähigkeit, dh also bis zum Beweis des Gegenteils gehen wir davon aus, als einer leitenden Hypothese, dass diese Positionen unseres Körpers, diese Antriebe, Aktivitätsantriebe, Ermüdungs- und Erholungsantriebe, die wir da spüren, oder sonstige Bedürfnisse, dass die zu beachten, berücksichtigen, angemessen zu befriedigen hinreichend ist, um uns zu erhalten. Das heisst, es gibt keinen guten Grund, sie einfach für nichts zu ignorieren, ausser es gibt tatsächlich unmittelbare Gefahren, dann greifen wir schon auf Reservespielräume zurück, um diese Gefahren abzuwehren, aber ohne guten Grund jedenfalls werden wir nicht diese Empfindungen, Gefühle, Antriebe, Appetite und Aversionen, die sich in ihnen anzeigen, ignorieren; stattdessen werden wir erwarten, dass wenn wir ihnen genügen, wir auch tatsächlich unsere Handlungsspielräume, unsere Lebensfähigkeit, Vitalität selbst reproduzieren werden- im Rahmen der im Schnitt erwartbaren Lebensspanne.
2. Es gibt einen zweiten Grundsatz, und der besagt: Die Normalität, die sich hier eingespielt hat, und die Regeln, die wir auf diese Weise entdeckt haben, also wie man sich diesen Bedürfnissen gemäss verhält - das braucht ja erst einmal einige Zeit, das ganze Aufwachsen hindurch lernt man das - seine Handlungs- und Leistungsspielräume abzuschätzen aufgrund der momentanen Verfasstheit, auch die Stimmungsschwankungen von Tag zu Tag usw - also das, was sich da als leibliche Normalität herausgebildet hat bei uns, kann gestört sein. Und das nennen wir dann normalerweise Krankheit, also wenn sich da etwas nachhaltig verändert gegenüber dem langfristig erlebten Durchschnitt, und dem, was da funktioniert hat, wenn jetzt nicht geradezu äusserliche Beschädigungen unserer Glieder, Schmerzen eintreten - aber Schmerzen sind ja bereits etwas gespürt-endogen-pathologisches. - Und dann lautet die Regel: Wenn derartiges auftritt, werden wir nach den Bedingungen suchen, unter denen es auftritt, und versuchen, sie dann auszuschalten. Seltener haben wir vielleicht auch Bedingungen, um etwas an uns leistungsfähiger zu machen, das werden wir dann vielleicht eher versuchen auch in unsere Reproduktion mit aufzunehmen, aber im allgemeinen haben wir so etwas wie ein körperliches Minimum, das zugleich ein Maximum ist, hinter das können wir zurückfallen, vorübergehend, wenn wir übermüdet sind, oder - hoffentlich nicht auf Dauer - wenn wir krank sind, und dann suchen wir eben die Krankheitsursache, und versuchen sie zu unterbinden.
3. Das waren jetzt also die beiden Regelgruppen, im Umgang mit unserer leiblichen Existenz - Leib ist immer das am Körper, was man spürt an ihm und in ihm, und natürlich auch sieht, natürlich - aber nicht das, was man weiss, also medizinisch, physiologisch usw - das ist eine Unterscheidung, die überhaupt erst eingeführt wurde, seit man eben diesen Körper als Gegenstand von Wissenschaft genauer kennenlernte, und dann den "Leib" (so ein philosophischer Ausdruck) davon unterschieden hat. Und das darf natürlich nicht allzu weit auseinanderlaufen, das Gewusste, das Diätetische, das von der Medizin Verordnete, gegen das Gespürte, sondern wenn das allzu hart widersprechend wird - wenn das, was einem geraten wird, was man tun und beachten soll, sich ständig hinwegsetzt über die leiblichen Neigungen und Antriebe, dann wird das irgendwann mal ziemlich hart, und dadurch auch unglaubwürdig. Aber solche Entwicklungen und Ratschläge gibt es ja allenthalben, was guttut und guttäte und wie man sich einrichten sollte... und natürlich gehören dazu auch die gesamten Ratschläge, Vorschriften, Vorschläge, wie man sich tüchtig macht, wie man seine Leistungsfähigkeit optimiert unter Absehung von den Bedürfnissen - aber das geht nicht unbedingt ewig gut.
4. Schauen wir jetzt mal kurz nach dem anderen Regelpaar - wir sprechen ja von einem Paar aus Paaren, und das zweite Paar nach dem ersten, leib-bezogenen, ist die Summe der Regeln für unseren Umgang mit dem Nichtkörper, der Welt, der Umgebung - wir haben nicht gleich ein Verhältnis zur ganzen Welt, aber eben zur Umgebung (und DIE WELT ist, was "dahinter" liegt). Da gibt es also erstmal eine Regel, die besagt: Dass wir ohne Grund nicht erwarten, dass die Welt sich plötzlich ganz anders verhält, als sie es eine längere, lange Zeit hindurch getan hat. Das ist auch eine Normalitätserwartung, wir gehen bis auf weiteres von Konstanz aller Randbedingungen aus, soweit wir sie kennen, das gesamte Regelsystem unterstellen wir erstmal als eines, das Bestand hat, wenn es sich bewährt hat, und wir ändern es nicht einfach ohne Grund. Oder ohne Anlass. Sondern wir gehen erstmal von diesem Andauern aller bewährten Praktiken, aller Zusammenhänge, aller Randbedingungen usw aus. Und die zweite Regel in diesem, dem welt- und umgebungs-bezogenen Regelpaar, ist dann gewissermassen die weltbezogene Lernregel: Wenn nun tatsächlich etwas Überraschendes passiert, dann suchen wir auch hier nach den Bedingungen - wir suchen nach Gründen für eine Änderung. Also da ist natürlich genau die Frage: Was war anders vorher - woran könnte es gelegen haben, dass etwas anders gekommen ist als bisher. ((Einige der der Formulierungen, die ich bis jetzt gebraucht habe, erinnern natürlich an die Umgangsweisen der Opportunisten mit ihrer Praxis (dazu gleich mehr) - also ich habe sie hier jetzt einmal Opportunisten genannt... warum das ein Ausdruck ist, der den der Normalplaner oder des Planens und Lernens mit Normalerwartungen, zurecht ersetzt, also berechtigt ist, das werden wir noch genauer sehen, aber soviel vorweg, ich habe sie für mich so genannt (die Abkürzung dafür ist OPP), weil diese Menschen ihre Lernregel entlang von erlebten äusseren Anlässen, Gelegenheiten, abändern, deshalb OPPortunisten, das heisst also nicht, dass man sich hemmungslos anpasst, sondern durchaus prinzipiengeleitet - bloss: das "Prinzip" dabei ist zum einen die bewährte Normalität (in die manhineingewachsen ist), und zum andern Erfahrungen und Affekte im Zusammenhang mit Ereignissen, bei denen etwas anders kam als erwartet.))
5. Was geschieht mit diesen beiden Regelpaaren, dem selbst- bzw leib-bezogenen, (ich hab den Ausdruck "Leib", der Körper, soweit er gespürt und absichtlich bewegt wird, übrigens durch den Kunstausdruck "Kernselbst", KS, ersetzt), und dem auf die Welt Bezogenen, soweit sie bekannt ist als auch soweit sie unbekannt ist im Zusammenhang mit "Praxis"? Der Punkt ist, dass in dieser Praxis die Anwendungsgebiete der beiden Regelpaare - einmal das Leibliche, der Umgang mit dem Leib, dem gespürten Bedürfnis, Handlungsspielraum seinen Reproduktionsbedingungen, und der Umgang mit der bekannten wie auch vielleicht unbekannten Natur (Umgebung und Welt dahinter) - strikt zusammengefügt sind. Die PRAXIS ist ja ein mit unserm Leib Arbeiten in der bekannten Umgebung - eine Regel nach der andern wird abgearbeitet - so wie ich es am Anfang beschrieben habe, im Kreis herum, Reproduktion, entlang bekannter äusserer Randbbedingungen - ich mache was, dann hab ich ein Resultat, wie erwartet, hoffentlich... das knüpft an daran, dass ich an die nächste Aufgabe gehe und/oder mit dem Resultat weiterarbeite, wenn ich da so eine in längere Arbeitsschritte zerlegte Operation habe - in jedem Fall muss ich mich ja an meine Aktivitätszyklen halten - die müssen angepasst sein zB an die äusseren Tag-Nacht-Zyklen, die Jahreszeiten usw. Bin ich überrascht, bin ich darauf vorbereitet, dass etwas passieren kann, habe ich unter Umständen Anzeichen, dass etwas Praxis-Relevantes passieren kann, habe ich ein Wissen um Verteilungen von Gelegenheiten (ich weiss, in welchem Gebiet bestimmte Sachen herumliegen, Pflanzen wachsen, Beutetiere sich aufhalten usw... ich rede jetzt mal von Jägern und Sammlern, das lässt sich natürlich ausdehnen auf alle Stufen der Geschichte...) Auf jeden Fall muss ich oder wir mit meinen, unseren leiblichen Fähigkeiten zur rechten Zeit am rechten Ort sein (eventuell arbeitsteilig) und dort das Zweckmässige tun, und das sorgfältig eingeteilt entsprechend den Budgets, die die zweite Stufe ausgemacht haben, und vor allem Dingen, wenn es sich um Überraschungen handelt, brauche ich auch noch eine Vorgabe, wie lang ich eigentlich noch was versuche, wie optimistsich oder pessimistisch ich auf verschiedenen Gebieten bin usw Das hatten wir alles schon im ersten Vortrag geklärt, zumindest angesprochen, und jetzt stellen wir also, wie eben schon gesagt, fest: Der Gegenstand des ersten Regelpaars, Umgang mit dem Kernselbst, und der des zweiten, Umgang mit dem Bekannten und vor allem dem Restunbekannten - diese beiden "Gegenstände" sind untrennbar in dieser Praxis zusammengefügt - es ist ja deswegen eine Praxis, es ist kein blosser Leib oder Regelinventar des Umgangs mit Handlungsspielräumen, egal wo ich sie mit hinnehme - sondern es ist eben ein Entwurf, der sich aber bewährt hat darin, mich in einer Umgebung, in der ich lebe, mit andern zusammen, zu reproduzieren.
6. Der Punkt dabei ist, dass ich in der Tat, wenn ich in eine solche Umgebung hineinwachse, ja garnicht diese Abstraktionsleistung erbringe, einfach mal meine leiblichen Fähigkeiten, Bedürfnisse usw getrennt von den Verlaufsformen meiner aktuellen reproduktiven Praxis zu betrachten - also entlang der Fragestellung: Was könnte denn in ganz anderen Umgebungen mein Gebrauch von diesen Handlungsspielräumen sein - wie könnte man Leistungsgrenzen ausloten usw - selbst wenn mir das passiert - selbst wenn ich auf solche Kenntnisse zurückgreife, weil eben tatsächlich meine Lebenserfahrung, meine Erfahrung mit meinem Körper schon sehr weit gediehen ist, dann hab ich das nicht alles zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits ausgelotet. Es ist vielmehr so, dass (unter OPP vorgegebenen Normalerwartungen) jede solche Überlegung sofort die Form einer Frage nach dem Budget (2.Stufe der ganzen Planung) im Zusammenhang mit etwaigen Überraschungen annimmt, wo sich diese Frage immer konkret stellt, so nämlich: Soll ich jetzt diesen Versuch etwas zu tun, der bis jetzt gelungen ist, fortführen - oder stattdessen einen womöglich deutlich besseren, der (die andere Art der Überraschung) sich überraschend anbietet, und, wenn ich die unerwartet sich bietende Chance nutzen will: soll ich diesen Versuch der einen (Routinepraxis funktioniert nicht mehr: Reparatur, Finden einer Ersatzfunktion) oder anderen Art (Chance bietet sich, aber sie zu nutzen und auszuloten ist aufwendig) jetzt gleich machen - was vernachlässige ich dafür (vgl den Begriff "Opportunitätskosten") - so sind natürlich alle Fragestellungen auf der Stelle praktisch, und nicht erst nur mal abstrakt leiblich, leib-bezogen. Und auf der andern Seite mache ich mir als OPPortunist, Normalplaner, natürlich auch nicht ständig Gedanken darüber, wie die Welt denn so beschaffen ist um mich herum, wenn ich nicht eingreife - das ganz besonders nicht, sondern immer höchstens unter dem Gesichtspunkt was mich betrifft - was, das demnächst vielleicht passieren könnte, stellt vielleicht ein Risiko, eine Gefahr für diese meine Reproduktion dar? - könnte es sich so verhalten wie befürchtet, wenn ich nicht eingreife? Wenn ich das gewähren lasse - was passiert denn dann, und muss ich dann irgendwie Vorsorge treffen? Alle andern Vorgänge in der Welt hingegen sind da allenfalls mal kurz von Interesse, wecken Neugier, ich schaue mal drauf, ich schau es mir an, wenn ich Zeit habe, aber normalerweise habe ich nicht viel Zeit, wenn ich eine (normalplanerische) Praxis zu bewältigen habe (in der immer was zu versäumen ist), und es ist ja auch meistens nicht wirklich relevant - es ist mal ganz interessant, man kann es zur Kenntnis nehmen, aber das war es dann auch.
7. Und deswegen habe ich auch im allgemeinen keine Vorstellung in einer solchen praktischen Lebensform (LebensWELT sagt man ja sogar), was für Kategorien von Bedingungen ich eigentlich suchen soll, oder in welchen Richtungen ich solche Bedingungen suchen soll, wenn da plötzlich etwas anders kommt als erwartet. Über Kategorien - über Zusammenhänge - über Ursachen an sich hab ich mir da kaum je Gedanken gemacht - immer nur praktisch, auf der Suche nach Problemlösungen für meine Routinepraktiken und -zwecke; also es kann schon sein, dass ich einen gewissen Wissenshorizont habe, den bringe ich einfach mit, auch durch die vormals erzwungenen Abwandlungen meiner Praxis, die auch zu ihr gehören - die hat ja immer auch eine gewisse Schwankungsbriete vorgesehen in den relevanten Ereignissen, die können so oder anders ausfallen, und auch in meinen Reaktionsformen darauf im bezug auf irgendwelche Vollzüge - die Ernte kann so oder anders ausfallen, die Art, wie man einen Baum fällt oder sowas kann so oder anders ausfallen, es gibt also immer eine gewisse Breite an Variationen, und das ergibt auch einen gewissen Fundus an Wissen davon und darüber, was so alles an Praxisvarianten vorkommen kann - aber ich werde natürlich trotzdem überrascht - das kann schon vorkommen. Und dann bin ich natürlich verlegen um die Bedingungen, um die es geht. Ich kann also jetzt eine Überraschung deuten, und überhaupt die ganze Praxis deuten als gewissermassen ein erweitertes leibliches System.
8. Und das erklärt, warum die Gefühle eine so grosse Rolle spielen bei dem ganzen, die mich nämlich darüber informieren, in welchem Ausmass dieser erweiterte Leib jetzt gerade eben im guten oder schlechten auf eine unvorhergesehene Möglichkeit stösst, eine Einschränkung oder eine bisher nicht genutzte Erweiterung seiner Möglichkeiten - wobei "Einschränkung" das normalere ist - er ist gewissermassen von einer Krankheit befallen, er zeigt aber ev auch eine solche Erweiterung an, ich bin euphorisch - und ich übertrage jetzt also die auf das Kernselbst bezogenen Denkformen, Kategorien, automatisch erst einmal auf die Praxis, in die mein Körper, meine verspürten leiblichen Fähigkeiten, Dispositionen, eingebettet sind - die Praxis, mit der sie verschmolzen sind und aus der sie nicht herauszuheben sind. Und als Invariante, die mit eigenen Gesetzen ausgestattet in jede beliebige Umgebung mitzunehmen wären - denn mit vielen Umgebungen habe ich noch nicht zu tun gehabt - ich bin unerfahren, oder sogar borniert. Und sei es auch darum, weil meine Normalität noch so reichhaltig, divers, ausdifferenziert ist - ich bin auf sie eingeschworen, und deswegen, so sage ich, wenn das andre das Kernselbst war, dann nenne ich diese Praxis das Erweiterte Selbst - dh ich behandle es bzw sie wie einen Körper, einen erweiterten Leib, den ich ebenso reproduziere wie den, in jeder Situation aktiven Körper, den ich spüre - die Praxis als ein Erweitertes Selbst, dessen Zustand, dessen Leistungsbereitschaft und Zustände insgesamt ich spüre, und so, dass ich vernünftigerweise diese gespürten Zustände meiner Praxis als Indikatoren dafür nehme, was eigentlich mich und es, das Erweiterte Selbst, meine Praxis, reproduziert und intakt, gesund, leistungsfähig erhält.
9. Aber ich habe ja auch noch das andere Regelpaar, und das wende ich in genau derselben Weise an - ich werde überrascht, und ich habe Bedingungen, die anders sind - das war schon auf der ersten Stufe des Planens die Frage: Was war denn anders - es ist aber genauso natürlich bei der zweiten und dritten Stufe, immer die Frage, angesichts dessen, was sich ereignet - das ist die Situation, auf die ich reagiere mit einer uU Regeländerung - uU einer Regel der Regeländerung - wenn etwas derartiges eintritt, dann muss ich zB meine Budgets neu verteilen, Ebene 2, oder die dritte Ebene war: Wenn dasunddas der Fall ist (bzw da es der Fall war), muss ich meine Erwartungen insgesamt hochschrauben, oder herunterschrauben, und das uU auf bestimmte Bedingungen eingeschränkt, oder aber generell, dauerhaft, immer. Das sind alles Umgangsformen mit bedingenden, Änderungen der Ausgangspraxis unter bestimmten Bedingungen nahelegenden Situationen und Erfahrungsverläufen. Also ich habe die Überraschungen einerseits in Gestalt des Gefühls, das mir eine Einschränkujg oder Erweiterung meiner Spielräume andeutet, oder einer Anomalie, die quasi Störungscharakter hat - die zeigt, dass meine Normalität gestört ist, und ich sie anhalten lassen muss (?), oder sie in einer gewissen Weise neu justieren muss - einer Weise, die dann gewissermassen das Anomalie-anzeigende Gefühl zum Verschwinden bringt. ODER.. ich habe eine Konstanz-Erwartung, die überrascht wird, die darauf verweist, dass sich hier mein Regelapparat aufspalten muss, je nachdem, ob eine Anwendungssituation der bisherigen Art vorliegt (die durch irgendetwas charakterisiert ist), und Situationen der neuen Art, die jetzt erstmals aufgertreten ist, und die kann ich auch ganz unterschiedlich behandeln, je nachdem wie das eingeordnet wird, ob ich es zB für eine URSACHE dessen halte, was überraschend anders war als sonst, dann könnte ich je nachdem versuchen es zu unterbinden (wenn es unangenehm), oder aber herbeizuführen (wenn günstig), und solche Überlegungen sind dann schon Quellen für magisches Denken, nebenbei. Oder - weil es immer darum geht, dass man Bedingungen für Praxis-Erfolg oder -Misserfolg schafft - Praxis wird da immerzu nicht gesehen als Sich-Betätigen an Dingen und Sachverhalten und Dispositionen, die auch für sich bestehen und auch ohne mich funktionieren, sondern es ist immer mein Tun, im Verbund mit den Dingen, das erfolgreich ist oder misserfolgsanfällig - das ist das, was mich dabei interessiert - die Bedingungen für Erfolg oder Misserfolg werden nicht in der Sache (oder der Art meines Einwirkens auf sie oder des Arbeitens mit ihnen) gesucht, sondern eben in irgendwelchen Bedingungen für Erfolg oder Misserfolg, die ich soeben erfahren habe - das war anders als vorher, das muss ich unterbinden oder das muss ich fördern. - Oder, das Neue wird interpretiert als ein (bislang übersehenes, in diesem Zusammenhang verkanntes) ANZEICHEN (einer bestimmten Art), es hat also keine unmittelbare Wirkverbindung (zum Schaden oder Nutzen, führt ihn nicht herbei, künfigt ihn aber rechtzeitig an...). Oder es gibt einen ZYKLUS, usw hier steht also die gesamte ontologische Kategorienreihe zur Auswahl an Einflüssen oder Sachverhalten, auf die ich noch sinnvoll reagieren kann in Gestalt einer Regel. Es gibt also möglicherweise Erfolgs- und Misserfolgs-Zyklen oder (Miss)Erfolgs-Dispositions-Verteilungen (HÄUFUNGEN an bestimmten Orten, Regionen usw). Das absolute Minimum, auf das ich noch mit einer Regel(änderung) reagieren kann, ist dann, dass ich sage, es kann etwas vorkommen - ich muss generell mit Fällen, einem Fall dieser Art rechnen, dass er mich betrifft, und ich muss emotional affektiv darauf vorbereitet sein, auch wenn es sehr selten der Fall ist - das erweitert oder verengt meine Gesamterwartung. - Das betraf ja die dritte Stufe, meine generelle Erwartungshaltung.
10. Nochmal zurück zur Überlegung, dass die gesamte Erfahrung zentriert ist, sich aufbaut um diese Kategorie der Praxis und ihrer Teilepisoden herum. Man sieht ja, es gibt die Konstanz-Erwartung der auf Bekanntes und Restunbekanntes bezogenen Regelgruppe - das war die eine der beiden "ersten"Regeln (nämlich die auf Welt bezogene) - und es gibt gewissermassen als Parallele dazu auch die erste Regel des Kernselbst-bezogenen Regelpaars - und das war die, die meine normalen Gefühle als bis auf weiteres handlungsleitend anzusehende behandelten. Diese beiden "Konstanz"-Regeln, zusammen, begleiten quasi die Vollzüge meiner eingeübten gelernten Reproduktionspraxis ständig, als rationale Maximen, oder praktisches Regelsystem; wie auch immer sie aufgespalten sein mögen, in verschiedene Vollzüge, je nachdem welche Varianten darin auftreten, ich hab womöglich auch schon früher etwas daran verbessert, und habe gelernt, in dem einen Fall so, in anderen Fällen anders zu handeln - aber ich hab auf jeden Fall einen solchen Bestand an Normalgefühlen-wie-erwartet, das ist deswegen auch so wichtig, aber auch die Verläufe, Verhaltensweise der Objekte und ihres Verbunds in der Welt, und beide Konstanzerwartungen haben sich immer schon bewährt. Ich kann da auch übrigens solche Stufungen einführen wie: es ist NICHT bewährt - meine gut bewährte Praxis ist umgeben mit einem Saum an mehr oder weniger erst noch ungewissen, nicht so ganz sicheren und erst noch zu prüfenden Handlungen - aber das ist normalerweise natürlich nicht das, was im Zentrum meiner Reproduktion steht, da verlasse ich mich mal lieber nicht drauf - es sei denn, ich habe eine irgendwie übergreifende Regel, dass ich mich gerade darauf stürze, weil das besonders erfolgreich ist - aber genau so etwas muss sich dann eben irgendwie, bei mir, bei andern, die ich zu Vorbildern wähle, sich darin bewährt haben, aber normalerweise ist das, worauf ich mich wirklich stütze, das, was sich bewährt hat, mein zentraler Regelapparat, und damit auch das, was sich wirklich bewährt haben sollte. Wenn sie nichts mehr Bewährtes haben und in völlig Ungewissem stehen, dann endet auch das Lernen dieser Leute, zumindest das aktive Lernen, also das Formulieren von Versuchen, die sie machen könnten. Sonst sind sie wirklich am Ende und wissen nicht weiter - das war ja die Behauptung über sie.
11. Also nochmal zurück, die Kategorie der Nromalität speist sich ganz wesentlich aus einem Bestand, einem Inventar an Normalgefühlen, die so wie bekannt auftreten, und ablaufen, da gehören auch die Zyklen dazu, Aktivitäts- und Ruhezyklen usw, und auf der anderen Seite eben das Gelingen von Praktiken, im Umgang mit den Gegenständen meiner Reproduktion, Früchten, was weiss ich, Acker Weide Feld Haus, ansonsten Werkzeuge - alles das sind Dinge, deren Eigenschaften ich kenne, mit denen ich arbeite, die ich ausnutze, und das alles hat sich bewährt, und es ist vielleicht abgewandelt worden, aber in jedem Fall ist das der Bestand dessen, was Normalität ausmacht, und die Rationalität dieser Normalitätskategorie ist bewährt durch die beiden Regelgrundsätze, die tatsächlich IMMER rational sind und immer zutreffen und richtig sind. Sodass ich also sicher nie ohne guten Grund und auch dann nur vorübergehend, meine Antriebe ignoriere zugunsten irgendeines vermeintlichen Wissens, oder von anlasslosen Ängsten, Hoffnungen, die aus der Luft gegriffen sind. Und der Vollzug meines Normallebens, meines Alltags, unter den normalen Bedingungen, den normalen Gefühlen, die mein Leben ausmachen, der mich zuversichtlich sein lässt, erwarten lässt, dass ich da auch weiterlebe, wenn nicht etwas ungewöhnliches auftritt - zumindest in der bekannten erwartbaren Lebenszeit, das gehört natürlich dazu, ist aber hier jetzt auch garnicht so wichtig. Und andererseits die Konstanzerwartungen im bezug auf die Sachen und Sachverhalte, um die es mir geht. Und da kommt also nun die Überraschung dazwischen, und die hat diese zwei Seiten, dass sie sich eben anzeigt durch einen Affekt - ein Gefühl, das nicht das normale ist - genau genommen könnte die Überraschung mich ja auch kalt lassen, es könnte ja irgendwas sein, das passiert, aber zu den vielen, vielen Dingen gehört, die ich einfach ignoriere, achselzuckend wende ich mich wieder meiner Arbeit zu - es geht mich nichts an. ODER aber... es erschreckt, fasziniert mich.. ich bin davon gefesselt, gehe darauf zu usw - mit mehr als Neugier, ich bin betroffen, die Überraschung ÄNDERT etwas Relevantes und lässt mich nicht gleichgültig - das ist eben das Gefühl des überraschend Besseren oder Schlechteren, als erwartet - des zumindest möglicherweise solchen - und danach richte ich mich einerseits - das ist das Ausnahmegefühl (meine Praxis ist quasi krank - oder erweist sich im Rückblick als möglicherweise unnötig behindert...) - und nach der andern Seite habe ich auch in irgendeiner Weise die Erwartung, dass ein derart aus dem Rahmen fallendes eine Bedingung haben muss - das ist die rationale Seite - etwas ist anders als sonst - ist eine rationale Reaktion darauf - dumm nur ist, dass es immer schon eine Kombination aus Affekt und Sachverhalt ist, und nicht der Sachverhalt selbst - also das trenne ich einfach nicht - sondern ich wende auf das erweiterte Selbst Prinzipien an, die einerseits so durchgehend gerechtfertigt sind nur im Umgang mit dem Kernselbst - das ich aber dann sorgfältig aus diesem Zusammenhang begrifflich, gedanklich, "analytisch" herausgelöst haben muss - sodass ich diese Erfahrung ausdrücklich als eine mit meinem Körper auch als solche behandle und erinnere und abspeichere - ODER... es dreht sich, ebenso ausdrücklich, um Sachverhalte (Dispositionen, Zyklen, Verteilungen usw von Sachen, Materialien, Verläufen, und ihren Eigenschaften). Aber dass der Ausnahmefall, auch er, immer schon aufgefasst wird als Abwandlung der normalpraktische Zusammenführung aus (Normal, Gesund)Affekt und Sachverhalt(wie-immer, der hier irgendwie womöglich ganz neutral ist und an sich nichts zu bedeuten hat von der Sache her) - das zeichnet eben diesen kategorialen Fehlgriff der Normalplaner aus: Sie wenden unterschiedslos die beiden Regelpaare auf Praxis-Inhalte an, die eigentlich erstmal analytisch aufgetrennt werden müssten, in den Sachverhaltsanteil, und den personalen Anteil.
12. Und das kann soweit gehen, wie es mal als sehr archaische Gefühlswelt beschrieben wurde im Zusammenhang mit homerischen Helden und Epen, dass nämlich der (Ausnahme)Affekt etwas anzeigt über die Welt, da ist in der Welt an sich erstmal nichts anders, aber etwas kommt über den Menschen, der das empfindet, und dann IST die Welt eben anders gefärbt und auf einmal ist alles anders und er kann sich von diesem Affekt nicht befreien, sondern der befällt gewissermassen seine Praxis, es ist ein Affekt, der etwas über seine Praxis anzeigt - man könnte das jetzt auch zb auf bestimmte psychische Erkrankungen ausdehnen, Depression zb, oder Paranoia (Färbung als bedrohlich), und auch diese aus unserer Sicht Erkrankungen (dem Kernselbst zugehörig!) färben ja gewissermassen die gesamte Welt, nur eben nicht die Welt, sondern die (erlebte, durchlebte) Praxis (das Erweiterte Selbst). Dass Normalplaner so denken, ist eigentlich letztlich die Voraussetzung für alle Besonderheiten ihres Lernens, also vor allen Dingen dass sie in der Abteilung "Praktische Voraussetzungen waren anders , und sind affektiv bedeutsam gewesen" - wirklich eine Riesen-Ontologie bzw -Heuristik anwenden von möglicherweise relevanten Misserfolgserfolgs-Anzeigen, etwa in Form von abergläubisch gedeuteten Ereignissen einer Art, die darauf hinweisen: Man muss etwas meiden, oder es unterbinden (weil von ihnen Einfluss ausgeht in Richtung Misserfolg), oder dagegen irgendwelche Abwehr-Mittel aufbieten, die hilfreich sind und schützen (oder aber es auf andre lenken, als Schadzauber...), oder man muss Mittel finden, die eignen Erfolg oder aber Misserfolg von Feinden verbürgen in einer bestimmten Hinsicht, Zauber, Gegenzauber - eine ganze Technologie des Herbeiführens von Erfolgsträchtigkeit, des Wahrscheinlichermachens von Erfolgen im bezug auf bestimmte gewünschte Resultate, ein Jagdzauber, ein Liebeszauber, ein Kriegszauber usw - also das sind alles absolut logische und rationale Massnahmen in der Praxis von Normalplanern - die unterliegt einer Regel-Modifikation, die sich an Affekten orientiert im Zusammenhang mit unerwarteten Ereignissen, die man zur Not sucht oder unterstellt - wenn sie daran entlang gewissermassen ihr Lernen neu einrichten.
13. Um das noch besser zu begreifen, müsste man jetzt mal schauen, wie eigentlich die tatsächliche Rationalität verfährt mit dem Problem der Praxis und des Sortierens nach den beiden Gegenstandsbereichen praktisch relevanten Parametern. Das würde ich dann gerne als nächstes besprechen - kombiniert mit der Frage: Wie kommt man eigentlich dazu als Normalplaner, in diese andere Form der Rationalität hinübergleiten, dorthin zu reifen, dazuzulernen - wie findet dieses "Lernen anders zu lernen" statt? Meine Ankündigung ist jetzt also bereits: Das geschieht über lange historische Epochen hinweg - es ist absolut nicht naheliegend, dass man in diese andere Form hinübergleitet - das ist dann das, was ich das experimentell-religiöse nenne - und das andre ist: wie wirkt sich eigentlich diese Einstellung auf die Verhältnisse zu andern aus - wie sehen eigentlich die Vergesellschaftungskonzepte aus, die zu dieser Art Weltverhältnis, zu dieser Art Lernen dazugehören? Und das würde ich dann in den nächsten ein oder zwei Vorträgen, 3c und 3d, auch noch besprechen, denn in 3 gehört alles zusammen, das bezieht sich alles auf diesen "Normalplanungs"-Modus.
Vortrag 3c: Drei Schritte weg vom Normalplanen
Jetzt müssen wir uns der Frage zuwenden, wie eigentlich die Normalplaner ihre Lernregel in eine sachgerechtere überführen können. Was müssen sie dabei für Schritte machen? Hinweis bei Nachbearbeitung: Die drei "Schritte", die in diesem Vortrag als Antwort auf die Eingangsfrage skizziert werden, gehören, wie später im Vortrag gesagt wird, zu zwei verschiedenen "Entwicklungslinien", Schritt Nummer 3 (in §3 unten) gehört dabei derjenigen dieser beiden Linie an, die unmittelbar in ein genuin RELigiöses Welt-Verhältnis führt - und genau dadurch die weniger fundamentalen Schritte 1+2 (die - auch wenn sie zu fortgeschritteneren "Standpunkten" führen - im normalplanerischen Rahmen verbleiben) gleich mit einschliesst. Schritte 1+2 gehören also der anderen der beiden "Entwicklungslinien" weg vom einfachen, "naiven" Normalplanen (auf dem 1.Standpunkt) an - das ist die in den restlichen Vorträgen von Kap.3 ausgeführte, durch die normalplanerischen Vergesellschaftungs-Stufen bzw "Standpunkte" hindurch verlaufende "Politisierungs"-Entwicklung (die bis zum Schluss das Normalplanen, genauer: die kognitive Abhängigkeit von der Kategorie "Normalität", nicht überwindet, und, was das Weltverhältnis angeht, unabgeschlossen, in gewissem Sinn eine Sackgasse bleibt; nur dass sie wertvolles Kategorien-Bewusstsein zur weiteren, eigentlichen Entwicklung beisteuert, und insofern für letzteres auf Dauer unentbehrlich ist.). Schritt Nummer 3 hingegen schliesst eine solche Überwindung ein, und repräsentiert eine, ja sogar die eigentliche Entwicklung weg vom Normalplanen, hin zu einem RELigiösem Weltverhältnis, einer RELigiösen Praxis, Leben und Lernen. Die Besprechung dieses Übergangs bzw dieser "weltbezogenen" Entwicklungs-Linie bzw. Übergangs in das RELigiöse Weltverhältnis beginnt dann in Vortrag 4a. Ich bitte, das Verwirrende dieses Hinweises zu entschuldigen; die Verwirrung entspringt hier insofern der zu erklärenden Sache selbst, als eben ZWEI Entwicklungslinien aus dem naiven Normalplanen hinausführen, die am Ende in gewissem Sinn wieder ineinandermünden. Ich werde diese Erläuterung an passenden Stellen in den nachfolgenden Vorträgen fortsetzen.
1. Der erste Schritt ist, dass sie die Bedingungen bzw Regel-Paare (zum einen das Regelpaar für Erfahrungsverläufe mit dem Körper, dem Kernselbst, zum andern das auf die objektiven Verhältnisse bezogene) nur noch getrennt erwägen bzw anwenden, in den Bereichen, für die sie gedacht sind, und davon wiederum unterscheiden Bedingungen hinsichtlich der wahrscheinlich erfolgreichen Zusammenführung aus beiden (wohingegen unterschiedslos-gleichzeitiges Anwenden der beiden Regelpaare auf Praktiken so, wie sie sich (unzerlegt in objektive Möglichkeiten bzw Zwänge, und subjektiv-leiblich "empfundenes" Können und Bedürfnisse) im Rahmen der Normalität bewährt haben, in klassischen Aberglauben hineinführen - als Bedingungen, die Erfolgs- oder Misserfolgsdispositionen oder sogar -Gewissheiten in der Praxis begründen bzw den Umgang damit bei anwachsender Erfahrung mit ihnen regulieren). Im reifen Zustand, also dann, wenn Kernselbst- und Sachverhalts-bezogene Praxisanteile sorgfältig unterschieden werden, sind alle solche bedingten Erfolgs- und Misserfolgserwartungen ableitbar aus Erwartungen, die sich auf das leibliche Kernselbst beziehen, und Anteilen, die sich auf die objektive Lage beziehen - das ist also unterschieden. (Dabei will ich fürs erste nicht einmal "Kernselbst" sagen, sondern nur "Selbst" - das Selbst, von dem zuletzt auch mal kurz die Rede war, das "Erweiterte Selbst", das ist das Kernselbst, das aber bereits in eine bestimmte Reproduktionsumgebung gestellt ist, und deswegen tatsächlich auch nicht einfach an einem Nullpunkt steht, sondern bereits mit Vorgaben ausgestattet ist, also etwa Kräfte investiert hat, und deswegen nicht mehr für alles, das passieren kann, bereit ist, aber das muss es ja auch nicht, nach den Erwartungen des Normalplaners. Dieses Selbst nenne ich also das Erweiterte Selbst ES.) Also der erste Schritt, den der Normalplaner machen muss, um aus seinem Regel-System, seiner defizienten Lernregel herauszukommen, ist der, dass er diese aberglauben- und magie-trächtige Bedingtheit von Erfolgs- und Misserfolgserwartungen und deren Berechtigtheit ableitet aus Bedingungen des Erhalts des ES, und aus Bedingungen für Verläufe von objektiven Sachverhalten. Wenn er das gemacht hat, hat er ja schon einen wirklich ganz entscheidenden Schritt gemacht - er unterscheidet also tatsächlich "Welt" (und das habe ich dann zT auch "das Restunbekannte" genannt - also das, was er sicher weiss, und das, was er nicht sicher oder sogar sicher nicht weiss, und was ihn tatsächlich immer noch überraschen könnte) von dem, was ihm unmittelbar verfügbar ist, aber eben immer in der Version, in der es schon in eine bestimmte Normalität hineingestellt ist, mit den Vorgaben, die dort gemacht wurden, als ES.
2. Dieses ES darf er nicht mit dem KS verwechseln - da geht es jetzt schon in **den zweiten Schrit**t - er hat ja sein Prinzip, das ihm sagt, das KS hat Bedürfnisse, die muss er kennen, und das ist gestört, wenn der normale Verlauf seiner Bedürfnisse nicht mehr Anzeige macht über die Reproduktionsbedingungen, also das, was er tun muss, um seinen Handlungsspielraum zu erhalten - denn genau das zeigen normalerweise seine Bedürfnissse an, und genau dann hat er auch einen Alltag, eine Form der Lebensführung, gefunden, er kennt seinen Körper, er weiss, was er dem zumuten kann, die Reserven usw - und dieses Selbst, so hatte ich jetzt gesagt, dieser Körper ist also immer schon beansprucht durch eine bestimmte Normalität, in der weitere Vorgaben gemacht werden - von diesen Vorgaben muss er sich befreien. Er DARF nicht, so sage ich, das ES, das Selbst mit den Vorgaben, behandeln, als wäre es das KS, man könnte sagen, er darf nicht um seine Normalität wie um sein Leben kämpfen, sondern er muss tatsächlich lernen, dass sein Umgang mit Handlungsspielräumen eigentlich Varianten zulässt, die eben nicht körperlich begründet sind - und das heisst auch, dass bestimmte Formen des lohnenden Probierens, Versuchens, nicht gestaltet werden dürfen, als wären sie gewissermassen ein Kampf auf Leben und Tod oder um das Leben und Überleben. Das, worum er normalerweise kämpft, ist ja vielmehr nur das Überleben einer bestimmten, seiner aktuellen Verteilung von Handlungsspielräumen auf Aufgaben (und damit seinen Priroritätensetzungen...), bei denen er so tut, als wäre seine Reproduktion, sein Lebensunterhalt, sein Erhalt daran geknüpft, aber das ist nicht der Fall. Er müsste also viel freier damit umgehen können, er müsste wissen, was an seinen Plänen haltbar ist, was variiert werden kann, wenn es sich als vorderhand unhaltbar erweist, und was unhaltbar ist - also was tatsächlich sich so nicht aufrechterhalten lässt, ohne dass er dabei schon umkommt, ohne dass es ihn tatsächlich die Existenz kostet. Und diese Unterscheidung spielt sich auf der 2. Entscheidungs-Ebene ab, in der er va kalkuliert, welche Anstrengungen zur Aufrechterhaltung eines Normalplans, eines Details in einem solchen, sich lohnen, und welche sich nicht mehr lohnen und aufgegeben werden müssen. Und natürlich ist der Schritt, den ich da jetzt beschreibe, eine starke Erweiterung seiner Vorstellung davon, was geht, und was nicht, was haltbar ist und was nicht. Also dass er tatsächlich auch sieht: Bestimmte Pläne, die er versucht hat mit aller Entschlossenheit zu verfechten, als ginge es um sein (physisches Über-)Leben, sein Kernselbst - die sind nicht so nötig, das könnte er eigentlich aufgeben und es freier behandeln, da muss er sich nicht so binden, wie er gebunden ist an die tatsächlichen physischen Handlungsspielräume. Er darf die Störung einer Normalität nicht behandeln, als wäre das eine körperliche Krankheit. Aber als Normalplaner verhält er sich so.
3. Das dritte ist dann, dass er schliesslich sich auch freimachen muss von der bornierten Festlegung auf eine bestimmte Form von (Sub)Maximalzielen, die auf jeden Fall gelingen sollen, können, werden, aber keine darüber hinausführenden, und umgekehrt, auf ein (Sub)Maximum an Risiken, mit denen er rechnet konfrontiert werden zu können, aber keine darüber hinaus, das ist dann dieses "mit Schlimmerem brauche ich nicht rechnen" (bei den mehr-als-maximalen Gelingenszielen: "mit Besserem darf ich nicht rechnen"). Ebensowenig festlegen darf er sich auf ein bestimmtes Mass an "Versäumnisrisiko", in dem er eben seine Bemühungen zur Abwehr von Risiken ins Verhältnis setzt zur "wahrscheinlich lohnenden" Bemühung um Chancen (die die Risiken inkaufzunehmen gebieten oder gestatten), das ist diese ganz üble Kalkulation mit dem "(Nicht-)Lohnen" (Chancen, deretwegen man Risiken (nicht) inkaufnehmen kann), denn da kann man auf beiden Seiten was versäumen: Man kann einmal versäumen, eine Chance mit allen Kräften zu nutzen (es zumindest zu versuchen), aber man kann (deswegen) auch versäumen, für eine Gefahr vorzusorgen - da gerät man also in fürchterliche Widersprüche ("Zielkonflikte"), und da kann man die Grenzen hoch- und runtersetzen, wie man will, das borniert einen, es verweist einen auf solche Widersprüche, einerseits, und andererseits macht es einen tatsächlich anfällig für Überraschungen der verschiedenen Art, einmal die, dass man nicht eingestellt war auf den Fall, dass es einem viel besser gehen könnte und man dafür etwas hätte tun können, aber in seinen Kalkulationen zu pessimistisch und risikoscheu war, zum andern, dass man nicht vorgesorgt hat gegen eine Gefahr, die dann eben doch bestand, und eintrat - man war zu optimistisch. Diese nach beiden Seiten ständig fluktuierende Grenze müsste, damit das endet, gewissermassen starr auf ein jeweiliges Maximum gesetzt werden (der Raum des Möglichen, des schlimmen wie guten, auf die Weise ausgeschöpft werden). Aber wenn jemand als Normalplaner das macht, dann weiss er eigentlich garnicht mehr weiter, denn dieses Rauf- und Runtersetzen von Erwartungen im Bezug auf Risiken und Chancen ist gebunden an seine, also immer an EINE Normalität: die ist zugleich sein Kategoriensystem, es kann ausdifferenziert werden nach Bedingtheiten (das wären dann Bedingungen oder Regeln, die besagen, wann bzw wo man optimistisch(er) sein kann, oder pessimistisch(er) sein muss) - aber immer ist das gebunden an Bedingungen innerhalb DIESER Normalität, und wenn er die nicht mehr hat, dann hat der Normalplaner überhaupt keine Lernoption mehr. Das heisst also, das Maximieren der Erwartungen hinsichtlich der Chancen, und das zugleich Maximieren der erwarteten Risiken, dieses "mit allem jederzeit Rechnen", das ist etwas, das die Nrmalitätsvorstellung, die ja mit Erwartungen einhergeht, letztlich sprengt.
4. Diese dritte "oberste" Regelklasse: Pessimismus, Optimismus zusammen mit den Bedingungen, wann je das eine oder das andre, und in welchem Mass gerechtfertigt ist - dieses Rahmensetzen für Erwartungen generell (und somit die "Schätzung" des verfügbaren Gesamtbudgets an Handlungsspielraum) setzt auch den Rahmen für Erwartungen in den andern beiden Regelklassen. Also etwa für die mittlere, dh. für die Überlegungen, welche Handlungsspielraum-Verteilung auf Aufgaben(bereiche) die richtige und "am meisten lohnende" ist, wo, sobald dieses Hin- und Herschieben der Handlungsspielräume misslingt, die Frage auftaucht (man erinnert sich an 3a): Was hab ich falsch gemacht, worum hätte ich mich mehr kümmern müssen? worauf hab ich zuviel von meinem Gesamtbudget (=bedingter genereller Optimismus/Pessimismus!) an Handlungsspielräumen verwendet, und worauf zu wenig? - Also für diese Frage des Lohnens und seiner Grenzen, bezogen auf einzelne Praxis-Bereiche, ist der allgemeine Rahmen des Pessimismus und Optimismus die Vorgabe. So wie dies Lohnen wiederum die Vorgabe ist für das, was man auf der Ebene der Sachbezogenheit und der tatsächlichen Problemlösung entlang von Praktiken, praktischen Regeln versucht - also wie lange man da noch weitermacht und weiter rumprobiert. Dieses Probieren, nebenbei, hat auch eine kognitive Seite, indem nämlich nicht wirklich systematisch entlang von objektiven Bedingtheiten gesucht wird, sondern es sind Praxis-Abwandlungen - das ist das Resultat der Bornierung auf die aktuelle (Normal)Praxis, die das Vorbild liefert dafür, was man überhaupt versucht, denn die Versuche laufen entlang von Ähnlichkeitsbeziehungen, von Verwandtschaftsbeziehungen der Ausgangs- und der versuchsweise abgewandelten, aber der Ausgangshandlung in irgendeiner Weise ähnlichen Probierhandlungen - also wenn ich ein Problem habe, etwas funktioniert nicht, suche ich erstmal eine verwandte Lösung - und die Kreativität der Normalplaner besteht dabei darin, sich alle möglichen Ähnlichkeitskategorien ad hoc zu denken: Sie haben ein Exemplar, das "Vorbild" des momentan nicht mehr funktionierenden und zu ersetzenden Praxisteils, und fragen sich: In welchen Hinsichten könnte etwas mutmasslich dem gleichen Zweck dienendes dem gerade ausgefallenen Praxisteil ähnlich sein, und dann und darum gelingen? Natürlich haben sie auch noch Wissensreserven im Hintergrund, was vielleicht AUCH die Lösung bringen könnte, ABER man kann sagen, dass zu Zeiten, als zweckmässige Handlungen noch nicht so zahlreich wie jetzt zur Verfügung standen, und als soviel Wissen noch nicht (oder nicht in so systematischer Form) verfügbar war, diese Art kreatives Klassifizieren entlang von Ähnlichkeitsreihen der verschiedensten Art massiv benutzt wurde, um immer mehr, auch nachträglich verrückt erscheinende Rituale und magische Praktiken auszuprobieren. Die sind zwar nie endgültig sicher, weil es ja immer nur Versuche sind, die man macht, - aber besser, man unterlässt sie mal nicht, vor allem wenn es um etwas wichtiges geht. (Als Normalplaner hat man schliesslich immer was zu versäumen!)
5. Die ganzen Versuchsreihen von Naturvölkern - die in magische Praktiken führen, wenn sie normalerweise mit ihren tatsächlich sachbezogenen Erwägungen, wie man etwas machen könnte und ein Problem lösen könnte, nicht weiterkommen - stammen aus dieser ganz einfachen kognitiven Regel - also dieser Ähnlichkeitsbeziehung: Wenn ich ein Problem lösen möchte, schaue ich mal, was ist denn so ähnlich, und welche Regel wäre denn ähnlich, welche Ähnlichkeitsreihen könnte ich bilden, was ist in einer möglicherweise relevanten praktischen Hinsicht, der Praktik, die mal funktioniert hat, verwandt? Für all dieses Versuchen, das natürlich unendlich reichhaltig ist und Wirk-Möglichkeiten zu eröffnen scheint, sind vorderhand erst einmal die Normalitäts-begründeten Regeln des Lohnens, also wann sich was lohnt und wann nicht mehr, ausschlaggebend - also die zweite, die "mittlere" Ebene der "lohnenden" Aufteilung von Handlungsspielraum-Budgets, und darüber liegend, dann nochmal die Regeln des allgemeinen Erwartungsbildens, also wie optimistisch, wie pessmistisch ich sein kann unter bestimmten Bedingungen - all diese Regeln sind massgeblich. Und das heisst auch umgekehrt, dass die gesamte konkrete Praxis unter diesen höheren Budget-Regeln und ihrer Ausdifferenzierung steht - also was lohnt und was nicht - wann ich es aufgebe, um Aufrechterhaltung der "Berechtigung" zu einer bestimmten Normalerwartung zu kämpfen, als wäre das Erwartete Teil meines gespürt-physischen, meines "leiblichen" Handlungsspielraums, so wie ich eben umgekehrt auch meinen (eventuell bedingt, gebiets-bezogenen) Optimismus, meinen Pessimismus neu justiere angesichts beeindruckend-schwerwiegender Erfahrungen: All das sind RAHMEN-gebende Vorgänge auch für das praktische Handeln unmittelbar mit Sachen und entlang von Sachverhalten in der Reproduktion, und natürlich hat das weitreichende Folgen, wenn ich zB mit viel mehr Gefahr rechne als nötig, einerseits, aber andererseits auch mit viel mehr möglichen positiven Entwicklungen, zu einem Zeitpunkt, wo die sich nicht realisieren lassen.
6. Dies Rahmensetzen ist dann auch tatsächlich der wichtigste Ansatz für OPPortunisten, um sich schliesslich aus der ganzen Normalplanerei hinauszumanövrieren, vor allen Dingen, wenn das nicht alles in nur EINE Lebenserfahrung (nur einer Person, oder Personen EINER Generation) eingeht, sodass Leute immer wieder mit der gleichen Kultur starten und in ihr ernüchternde und/oder unerwartet ermutigende Erfahrungen machen, die dann aber immer wieder mit ihnen absterben, sondern wenn tatsächlich in gewissem Sinn ein tradiertes Lernen mit diesen weitreichenden Rahmensetzungen stattfindet - also wenn tatsächlich mit Pessimismus und Optimismus und den Bedingungen, woran sie geknüpft sind, Erfahrungen gemacht werden, die über Generationen-Grenzen hinaus tradiert werden. Es ist ja normalerweise nicht einfach irgendein Optimismus, sondern der ist natürlich auch begründet. Die Welt der Normalplaner - die urtümliche archaische Welt - ist voller Möglichkeiten - Klassifikations- wie Interpretationsmöglichkeiten - es hat sich etwas ereignet - und wenn man jetzt noch an Träume denkt, an mögliche Vergiftungen mit Halluzinationen ((Halluzinieren ist ohnehin eine physiologische Variante, und kommt bei bis zu 5% aller Menschen mehr oder weniger häufig vor, dazu kommen die Wachträume...)) - oder auch an Ausnahmezustände, Illusionen (es hat sich garnicht ereignet, man hat etwas nicht genau genug gehört, gesehen und darum fälschlich für etwas ganz andres gehalten, es fehl-beurteilt) - die Welt ist voller Sprachereignisse und Zeichensetzungen, Geschichten die man daraus spinnen kann - sodass man sagen kann, der Vorrat an Gründen dafür, optimistisch oder pessimistisch zu sein - an Gründen, etwas lohnend zu finden und weiter zu probieren oder es zu lassen, dieser Vorrat ist unendlich. Auf den ersten Blick.
7. Denn wenn tatsächlich nochmal eine Lerngeschichte "höherer Ordnung" mit diesen Praktiken des Lernens stattfindet - wenn man nochmal Erfahrungen macht, wie Erwartungen getäuscht wurden - eine Enttäuschungsgeschichte in beide Richtungen, positiv wie negativ, hinter sich bringt, und die Geschichten dazu tatsächlich reflektiert - wenn man die Lernregel der Normalplaner als Lernregel ernstnimmt - dann ergibt sich tatsächlich eine Tendenz: Die Normalplaner erwarten nämlich - wenn sie etwas erwarten - dass sie die Rahmenregeln für Pessimistisch- und Optimistisch-Sein, die Bedingungen dafür -. immer genauer bestimmen können - das ist eigentlich ihr Lernprogramm - natürlich auch feinkörniger - also im bezug auf ihre Normalität - was sich darin lohnt und was sich nicht lohnt, wollen sie genauso herausfinden - aber die tatsächliche Erfahrung geht in genau die entgegengestezte Richtung. Dh. WENN es so etwas gibt wie eine Konvergenz - eine Tendenz zumindest des Konvergierens auf einen Wert, bei Optimismus wie Pessimismus, über alle denkbaren unterschiedlichen Anwendungsgebiete weg - dann ist das in Richtung des Optimismus ein absolutes Maximum - das sind diejenigen Hypothesen, die am seltensten wenn überhaupt widerlegbar sind - die weitreichende Möglichkeiten offenlassen - also die etwas denken, was möglich wäre, im Optimalfall, daher ja auch Optimismus, ein Optimum, das möglich wäre, das man denkt, mit dem man rechnen kann, aber nicht so oft, nicht in kurzer Frist, und so, dass man davon was abhängig macht; andersrum, mit allem rechnen, also pessimistisch sein - oder in diesem Rahmen gewissermassen maximal vorsichtig-optimistisch in DEM Sinn vorgehen, dass man sagt: Ja - es kann alles vorkommen, aber es ist noch nicht bewiesen, dass man die Gefahr nicht bestehen könnte - und deswegen muss ich beständig meine Handlungsspielräume so gebrauchen, dass ich mir weitreichende, oder sogar immer und jederzeit die weitest-reichenden Reserven an Handlungsspielraum erhalte. Dieser ganz vorsichtig-optimistische Umgang mit dem Unbekannten, in das ich mich da hineintaste - die Welt im grossen ganzen ist ja unbekannt - dieser Umgang, diese beiden Grenz-Standpunkte zusammengenommen also SIND eigentlich die Konvergenzpunkte, auf die die Lern-Entwicklung zuläuft. Aber genau damit rechnen Normalplaner erst einmal ganz und gar nicht.
8. Was sich erst einmal ändert, ist ihr Umgang mit Normalreproduktion, in der Routinen regelmässig gelingen - ihr Umgang mit eben diesen Routinen ändert sich, und zwar fundamental, wenn sie diese tendenzielle Drift im Umgang mit Erwartungen und Handlungsspielräumen absolviert haben. Das was ich gerade beschrieben habe, nämlich das maximal vorsichtige, erwartungsfreie Umgehen mit Risiken (ausser dass man diese ganz defensive Haltung hat "es ist noch nicht bewiesen dass ich nicht überlebe, es steht noch nicht fest, dass ich mich hier nicht halten kann, und deshalb mache ich weiter") - diese maximal vorsichtige oder wie ich es manchmal nenne: minimal-suboptimale Einstellung, hat natürlich Konsequenzen, es ist ein Maximum an Reserven, das man dabei bereithält - aber das im Licht einer sehr weit reichenden (freilich nur noch hypothetischen!?) Erwartung, bei der dieselbe Logik greift, nämlich: "Es ist noch nicht ausgeschlossen, dass es nicht maximal gut ausgeht": Ich habe ein maximales Optimum, etwas absolut Ideales, gedacht - das mir eingefallen ist, oder eingegeben wurde, oder das ich in meinem Traditionsvorrat vorfinde bzw aus dort vorfindlichen Vorstellungen konstruiert habe - etwas, das gerade darum am wenigsten bis jetzt widerlegbar war, und darum alle andern Erwartungen überdauert hat - die andern Erwartungen werden gewissermassen in der Evolutionsgeschichte der Erwartungen eliminiert - genauer gesagt: WENN sie denn tradiert werden, wenn also nicht immer wieder Leute neu mit dem Versuchen anfangen, ohne mit der Erfahrung der Vorgänger bekannt zu sein - sondern wenn stattdessen tatsächlich die gesamte Enttäuschungsgeschichte oder Enttäuschungsevolution tradiert wird, dann werden die Erwartungen der nicht-maximal-optimistische Art langsam eliminiert. (Es ist genau dieser Prozess, der in "Glaubenskrisen" fortgesetzt wird.) Ich meine dabei mit "optimistisch" nicht Naherwartungen, sondern die idealen, optimalen Fernerwartungen- sie bleiben stehen - es sind die am wenigsten widerlegbaren unter denen, die stehenbleiben. Und umgekehrt, ganz "unten" in der Stufenreihe des Möglichen (im Guten wie Schlechten) steht gewissermassen das Nichtbeachtenmüssen, dieses "Berechtigtsein-dazu, mit etwas nicht rechnen zu müssen" - dies wird ebenfalls "evolutionär" korrigiert - immerfort weiter nach "unten" - ich muss mit immer mehr rechnen, man wird immer vorsichtiger (man sagt dazu dann auch "weise") - dh man weiss um Möglichkeiten, und so rücken die beiden Grenzpunkte für Erwartungsbildung, die zunächst mal einen gewissen Abstand hatten - es schien gerechtfertigt, mit bestimmten guten Ereignissen zu rechnen und darauf bezügliche Erwartungen zu haben, und ebenso gerechtfertigt, eine bestimmte Form von Risiken in Betracht zu ziehen, andere aber nicht - diese beiden Grenzmarken für Erwartungsbildung also rücken immer weiter auseinander - bis sie gewissermassen Maximal-Zustände erreicht haben - und das ändert was.
9. Die Bewegung, die so stattfindet, nenne ich: das Experimentell-Werden der Praxis. Die Praxis nimmt immer mehr den Charakter eines "blossen Versuchs" an - bei dem man weiss, dass es nicht sicher ist, oder man sich dessen bewusst ist, dass der Ausgang völlig offen ist, also die Erwartungshaltung generell wird abgebaut, und stattdessen rückt in das Zentrum der Überlegungen die Frage: Unter all den vielen Versuchen, die man machen könnte - was bietet sich als erstes an? Was sollte man eher als andres versuchen? - Nun ist das Versuchen durchaus auch im Horizont der Normalplaner, und natürlich haben sie ganz besonders unter der zweiten Entscheidungsebene und -regel einen riesigen Vorrat an Optionen, mal was auszuprobieren, das sich noch lohnen könnte, aber bei ihnen ist es ja immer gebunden an das Scheitern einer Normalitätsabteilung - die Normalität als ganzes wird NIE infragegestellt, weil ihnen dadurch ihre Lernregel aus der Hand geschlagen würde. Also versuchen auch Nomalplaner etwas, aber immer unter der Vorgabe dass sie wissen wie lang sich das lohnt und ab wann nicht mehr. Und im Mass, wie die genannten Grenzmarken auseinanderrücken, wird der Versuchscharakter auf immer mehr Abteilungen der Normalpraxis ausgedehnt - ich hatte ja gesagt, die Grenzmarken machen Vorgaben bezüglich dessen, was noch als lohnend angesehen wird, das Gesamtbudget wird dadurch festgelegt, anders gesagt, der Gesamt-Handlungsspielraum, das Erweiterte Selbst - also dieses Kernselbst, das in eine Normalität gestellt, quasi wie ein physischer Körper, der eigne Leib, behandelt wird mit neuen Bedürfnissen und Anforderungen. Und so als wäre es der eigentliche Körper, wird es dann auch verteidigt. In Wirklichkeit aber hat es sehr viel mehr Optionen als die, die es so verbissen aufrechterhält, als wäre es die eigne, leibliche Existenz. - Das ist eine Bornierung; denn das Erweiterte Selbst (oder seine Grenzen) wird bestimmt durch die wichtigen Grenzmarken: Womit kann ich im besten Fall rechnen und womit im schlimmsten Fall? - und danach wird eben dieses Erweiterte Selbst sehr stark in seinem Umgang mit Handlungsspielräumen bestimmt. Und das kann dann noch aufgezweigt sein nach Bedingungen. (Bedingungen der Art, als handelte es sich um Vermeidung von Krankheit, Siechtum, Tod...)
10. Wenn jetzt also diese Grenzmarken (und die mit ihnen sich verbindenden Optimal- und "Pessimal"-Vorstellungen) immer weiter auseinanderrücken, ich darum immer mehr mit "allem erdenklichen" rechnen muss, gleichzeitig aber für immer mehr Fälle, immer mehr Verläufe optimistisch bleiben kann, weil nicht ausgeschlossen ist, dass es doch noch so kommt: "ich hab mein Sach auf nichts gestellt" - und es sein könnte, und offengelassen wird, dass es doch noch gut ausgeht - dann hab ich eigentlich nichts mehr zu versäumen, die gesamte Praxis nimmt Versuchschakter an, man könnte es auch so ausdrücken, der Versuchscharakter, der zunächst nur gehaftet hat an bestimmten Fällen des Reparierens einer Normalpraxis, weitet sich zu einer Weise des in der Welt-Seins. Und in der ist die vorhandene reproduktive Praxis, die natürlich weitergehen muss, nur ein kleines Inselchen im Meer der Möglichkeiten, die alle funktionieren könnten - es ist nicht so, dass man umgeben ist nur von höllischen Abstürzen und heimtückischen Übergriffen einer bösen Welt, sondern es gibt auch Möglichkeiten, das ist genauso drin, die Festlegung auf Pessimismus pur wäre genauso verkehrt. Gleichzeitig kann man sagen: Ich teste durch dieses mich am Leben Erhalten auf maximal vorsichtige Art implizit die Reihe der "darüberliegenden" Hypothesen " der Stufenreihe abnehmender Optimalität mit, die von diesem Minimum bis zum absoluten Optimum hinaufreicht. Ich könnte diese meine (Versuchs)Praxis zunächst einmal vorsichtig besser, sicherer machen... ich könnte nach Bedingungen ihrer Absicherung suchen, und somit mich in diesem Sinn vorsichtig in die Welt hinein vortasten, im Rahmen dieser experimentellen Grunddisposition, in der ich aber noch an etwas gebunden bin, nämlich an diese Vorstellung, oder mindestens VorstellBARkeit des Optimums - dh ich bin tatsächlich weiterhin festgelegt darauf, dass es nicht auszuschliessen ist, dass ein bestdenkbares tatsächlich eintritt. Und diese Form von Experimentalität, in der die Vorsicht noch gebunden ist an eine bestimmte Form von Optimalität, oder Idealität, wie man auch sagen könnte - die nenne ich religiös. Und es ist die Erklärung dafür, warum genuin RELigiöse Menschen, die nur noch solche Ideal-Hypothesen, Optimalhypothesen (allerdings auch alle suboptimalen, darunter-liegenden) in ihrer "experimentellen", maximal vorsichtigen Lebensform testen, damit auch ihre Erwartungshaltungen völlig neutralisiert haben - warum sie sich nichts mehr erwarten, sondern erwartungsfrei eine solche Hypothesenreihe testen in ihrem experimentellen (Versuchs)Handeln. Diese genuin Religiösen haben dann auch jede Form von Aberglauben überwunden. Und das ständige Erwarten, das "Legitimiertsein etwas zu erwarten", ist bei ihnen beendet. Das eben macht Experimentalität aus - die experimentelle Form in der Welt zu sein und sich in der Welt zu fühlen - ständig mit allem rechnen zu müssen (bei genuin RELigiösen wird das zum Beispiel so ausgedrückt: "Wir sind in Gottes Hand - es kann jederzeit alles passieren" - Fatalismus hat man das genannt bei den Muslimen - aber es ist eine allgemein RELigiöse Einstellung, und man kann umgekehrt noch sagen, die Predigten der RELigiösen Menschen gegenüber den Normalplanern drehen sich in einem fort um genau diesen Punkt - also das Normalplanerische an den Andern, die das lassen sollen. Dass sie da den Graben nicht überwinden - dass ihre Predigten ins Leere gehen bei den Normalplanern, zeigt, dass die RELigiösen Menschen den Weg selbst an sich nicht überblicken und gangbar machen können für die andern, den sie selbst oder ihre Vorgänger zurückgelegt haben. Denn wahrscheinlich liegt hinter ihnen eine lange, ihnen selbst garnicht im einzelnen bekannte Reihe von Desillusionierungen, die in Richtung dieses Auseinanderweichens der Grenzmarken gezeigt haben.
11. Aus dem, was ich bis jetzt entwickelt habe, folgt etwas, nämlich dass es eigentlich zwei Entwicklungsreihen gibt. Die eine Entwicklungsreihe aus dem OPPortunismus, dem Normalplanen heraus, ist die zunächst beschriebene, also dass man auf diese Bedingtheit der Erfolgsgewissheit oder Misserfolgsgewissheit verzichtet, auf den Aberglauben, wenn man so will, und strikt nur noch Bedingungen für Erfolge und Misserfolge ableitet aus den dahinterstehenden Verwendungsweisen von Handlungsspielräumen im Rahmen der Selbst-bezogenen Diätregeln und Bedingungen für objektives Funktionieren von Sachverhalten, Dispositionen usw - also dass man das tatsächlich immer als so zusammengesetzt ableitet, und sich dann Erfolge und Misserfolge "rational" erklärt, indem man die aufspaltet in das, was tatsächlich körperlich bedingt ist, bzw. was man da selber als Handelnder eingebracht hat, ud was objektiv war und an Materialeigenschaften, Sachverhalten usw da draussen gebunden war, und was somit auf seine eigne Weise bedingt ist. Und nicht stattdessen abwechselnd auf die tatsächlich erlebten Erfolgs- und Misserfolgsverläufe Erklärweisen anwendet, die entweder aus dem Umgang mit dem Kernselbst oder Selbst einerseits, oder objektiven Sachverhalten andererseits stammen (so zu verfahren ist schliesslich die Quelle von Aberglauben), und die dabei auf dem Prüfstand stehenden, anders als erwartet sich darstellenden Praxisfragmente für etwas nicht weiter auflösbares zu halten - das ist vielmehr eine normalplanerische Borniertheit, die durch zunehmende Rationalität des Erklärens aufgehoben wird. Eine Bornierung auf etablierte Praktiken, die eben dann auch auf Erfolgs- und Misserfolgsträchtigkeit hin geprüft werden sollen, statt dass sie getrennt werden, und man Erfahrungen darin sieht mit Handlungsspielräumen, Reproduktionsanforderungen, Leistungsgrenzen usw einerseits, und objektiven Materialeigenschaften, Welteigenschaften, Weltverläufen andererseits.
12. Damit endet dann, nebenbei, auch dies eigenartige Reihen-Bilden aufgrund von "Ähnlichkeiten mit dem gescheiterten Praxisfragment in einer möglicherweise bedeutsamen Hinsicht", das dann auch in magische Praktiken führt, wo man Probleme löst dadurch, dass man eine etablierte (aber als solche infragegestellte) Praxis nach entsprechend zu klassifizierenden Ähnlichkeiten in einer Hinsicht, die vielleicht auch "so eine" Wirkung haben könnten, abwandelt. Man hat es dann also nur noch mit Objekt-bezogenen Abwandlungen und Praktiken, und mit Abwandlungen des Umgangs mit eigenen Handlungsspielräumen und Leistungsgrenzen zu tun, und das sieht dann schon mal erheblich rationaler aus - wenn ein Entwicklungsschritt dieser Art sich immer weiter ausbreitet auf immer mehr Teile der Praxis, dann sind das schon erheblich rationalere Leute. Und der nächste Schritt war dann noch rationaler, also dass man tatsächlich einsieht: Ich bin nicht festgelegt mit meinen Handlungsspielräumen auf eine bestimmte Form der Reproduktion, sondern ich kann mein Selbst, meinen Körper mit seinen Anforderungen in ganz andere Umstände versetzen, und bin also nicht angewiesen darauf, ihn so, wie er in der ursprünglichen Normalität war, verzweifelt zu verteidigen, und dazu entschlossen zu sein, auch was die Möglichkeiten von Reserven angeht. Es kann natürlich sein, dass ich in der Hinsicht borniert bleibe, auch auf der zweiten Stufe noch; trotz der bereits erreichten Rationalität der Trenung von Objektivem und Subjektivem, kann ich immer noch davon ausgehen, dass bestimmte Vorhaben gelingen "wie immer", oder wie gewohnt, weil ich so entschlossen bin - oder so überzeugt von bestimmten Sachverhalten, auf die ich mich dabei verlasse; und dann scheint es sich zu lohnen, dass ich um darauf beruhende Ziele kämpfe und mich durchsetze - in Wirklichkeit würde es (wie ich, oder andre, uU sehr viel später, merken), genauso gut anders, oder sogar besser gehen, wenn ich das lassen würde. Also die "getrennten" Abwandlungsmöglichkeiten haben noch nicht hinreichend Konsequenzen für meine Gesamtpraxis - ich bin immer noch festgelegt auf eine bestimmtr Existenzweise, eine bestimmte Art des Selbstseins (Erweitertes Selbst) - auch auf bestimmte Möglichkeiten und Zwänge, die darin enthalten sind (Möglichkeiten und Zwänge des leiblichen Könnens und Brauchens; Möglichkeiten und Zwänge des Sach(verhalts)-Aus/Benutzens und -Beachtens) - und das borniert mich unter Umständen weiterhin so, dass ich meine, etwas müsse unbedingt gelingen, ich bin festgelegt auf Pläne, bei denen ich einfach nicht glauben kann, dass das misslingt, und ich verhalte mich entsprechend. Und schliesslich also nun das Konvergieren der Grenzmarken auf bestimmte Werte: Pessimismus/Optimismus, vermeintlich je gerechtfertigt unter bestimmten Bedingungen, wird immer wieder neu justiert, aber das immer entlang einer Ausgangs-Normalität (und sei sie durch Dazulernen noch so ausgeweitet), das ist dann gewissermassen das Endstadium - darüber kommt man als Normalplaner kognitiv nicht mehr ohne weiteres hinaus. ((Die Sache wäre hingegen erledigt im Mass, wie Leute diese Grenzmarken von vorneherein in experimenteller Weise, also maximal, gesetzt haben - dann, wenn sie bereits den Schritt in die Experimentalität der RELigiosität gemacht haben (wenn auch immer noch gebunden an eine Optimal-Vorstellung (auf die sie angewiesen sind als Grund dafür, weiterhin maximal optimistisch zu bleiben - wenn auch mit Fernperspektive) - dann sind sie natürlich über all diese Querelen hinaus. Und trotzdem, muss man sagen, beinhaltet auch der beschriebene Aufstieg eine gewisse Fortschritts- und Entwicklungslinie, obwohl er sich entfaltet an den Bestandteilen einer zunächst ganz primitiv-archaisch normalplanerischen Umgangsweise mit der ererbten Normalität (die, in der man aufgewachsen, in die man hineingewachsen ist - und die sich dabei "bewährt" hat) - bis sie aufweicht in Richtung höherer, in dem Fall: politischer Rationalität.))
13. Das ist also nun eine Entwicklungslinie, die Leute zugleich im Durchgang durch Reifungsstufen ihrer politischen Verhältnisse, Verhältnisse zu andern, absolvieren. Diese Entwicklungslinie ist, so behaupte ich, auch für das Weltverhältnis derer, die sie absolvieren, relevant - dort werden die genannten Lernfortschritte 1 und 2 sogar hauptsächlich absolviert, dh die weltbezogenen Lernfortschritte (so behaupte ich) sind lange Zeit garnicht zu trennen von ihrer Einbettung in das politische Lernen der Normalplaner (ihr Lernen, wie sie sich zum Lernen der Andern verhalten können oder sollen) - dort machen sie schliesslich auch Erfahrungen im bezug auf das Eigene, denn natürlich geht das, was die Andern an Plänen hatten, und wie sie damit vorankommen oder scheitern, auch in meine Erwartungshaltungen (für mich, sie, uns) ein, ich bin beeidruckbar durch das, was andre erfahren haben - das ist nicht zuletzt der Grund, warum sich schliesslich auch eine Tradition, eine Lerngeschichte bilden kann im Umgang mit den Grenzmarken. Aber was dazu zu sagen ist, ist so umfangreich, dass ich das gleich zum nächsten Punkt mache, also die Frage: Wie wird diese (weltbezogene) Lerngeschichte eigentlich eingebettet in eine Entwicklungsgeschichte der Vergesellschaftungskonzepte, die sich daraus (den gereiften Stellungen zur Welt) ergeben? Darüber werde ich also als nächstes sprechen.
Die folgende These kann hier noch nicht wirklich verständlich sein, ich möchte sie dennoch vorstellen, denn die nächsten Abschnitte bereiten sie bzw ihre Begründung vot: Der Fortschritt in eine RELigiöse Kultur hinein, wo die Experimentalität nicht mehr die Errungenschaft im weltbezogenen Denken einer Einzelperson ist, sondern sich "gesellschaftlich" zumindest als "Wert" etabliert hat (auch wenn die Gesellschaft als ganzes dem Wert kaum gerecht wird) - dieser Fortschritt wurde, so glaube ich, historisch genau zu dem Zeitpunkt gemacht, als beide Entwicklungslinien in hinreichend vielen Einzelpersonen zusammengetroffen sind, nämlich einmal jene, die "rein" weltbezogen, aus dem Normalplanen heraus- und zur RELigiösen Experimentalität führte; und die andre, in die Vergesellschaftungsentwicklung eingebettete, in der zunehmend Mängel des Normalplanens sich zeigen (und zT sogar behoben werden). Also zu dem Zeitpunkt, so sage ich, in dem diese beiden Entwicklungen zusammentrafen - in Einzelpersonen - Im Mass, wie sie es taten - konnte das RELigiössein kultureller (Bildungs)Standard werden, und sich als Errungenschaft behaupten. Anders gesagt: Die Wanderung durch die normalplanerischen Vergesellschaftungskonzepte gelangt an den Punkt, wo normalplanerische Vergesellschaftung (mitsamt den je eingebetteten, bereits weniger mangelhaften (als zu Beginn) Versionen normalplanerischen Verhaltens zu Welt und Lernen) an der Art des Weltverhältnisses und Art des Lernens der Normalplaner scheitert. Und genau diese Erkenntnis stösst dann in den Köpfen der RELigiösen Pioniere auf ihr eigenes fortgeschrittenes neues Weltverhältnis mit den maximal weit auseinandergerückten Erwartungs-Marken (des Bestdenkbaren ebenso wie des Schlimmst-Denkbaren, als jederzeit möglich; die eigentlich auf ein Nichts-mehr-Erwarten hinauslaufen: experimentelles (Versuchs)Handeln unter einer (Optimal)Hypothese) - womit dann auch die von ihnen beobachtete Ausweglosigkeit der normalplanerischen Vergesellschaftung behoben wird. Genau das ist also der Punkt, so behaupte ich, an dem RELigiosität zum neuen kulturellen Standard wird, und was das wiederum heisst, Kultur, kultureller Standard, darüber wäre dann nochmal extra zu sprechen, es hat aber mit Vergesellschaftung zu tun. Darauf also möchte ich jetzt in den verbleibenden Teilen von 3 kommen.
Vortrag 3d: Gewalt - Vertrag - Staat; oder: (Miss)Erfolgsgewissheit - Entschlossenheit - Interesse
1. Es geht jetzt um die Frage, wie diese Reifungsschritte, die ich beschrieben habe, sich tatsächlich in der historischen Realität abgespielt haben könnten oder sogar müssen - und da geht es auch um die Verschränkung dieser Schritte mit Reifungsschritten des Vergesellschaftungskonzepts der Normalplaner. Darüber wurde ja bisher noch garnicht gesprochen. Also wie sieht eigentlich deren Verhältnis zu den Vorschlägen, den normalplanerisch abgeleiteten Vorschlägen anderer aus? Überhaupt muss ich kurz eingehen auf das Verhältnis von Weltverhältnis und Vergesellschaftungskonzept. Ganz einfach ist das Weltverhältnis deswegen führrend, weil wenn jemand einen - wie ich das nenne - kollektiven Plan entwirft, er dem seine Ableitungsregeln für praktisches Vorgehen generell zugrundelegt, und also erstmal die andern, mit denen er spricht, als mögliche Beiträger oder Hindernisse ansieht für etwas, das er befürwortet, das geschehen soll, und das natürlich immer im Rahmen einer Routine - das muss man immer dazu sagen - Normalplaner agieren ja aus einer Routine heraus, und da ist eigentlich normalerweise immer gesellschaftlich festgelegt, was jeder zu tun hat; aber wenn diese Normalität an bestimmten Stellen Freiheiten lässt, derart dass man sich von Fall zu Fall neu verabredet, oder wenn einer dieser unerwarteten Zwischenfälle eingetreten ist, die Änderungen nahelegen oder erzwingen, da kommt es dann zu Vorschlägen, die jemand macht - für sich hat er wohl auch etwas vorgesehen (er hat eine Absicht, in seinem kollektiven Plan spielt er selber uU eine Rolle, normalerweise ist das ja so), vielleicht verlangt er auch bloss was von andern - auf jeden Fall entwirft er einen Plan, in dem er selbst und solche, die darin mitwikren sollen, eine Rolle spielen, und das ist erstmal Inhalt von Anträgen, Vorschlägen Aufforderungen an andre.
2. Wenn nun darüber gesprochen wird, können andere, die darauf reagieren oder sich vielleicht selbst etwas überlegt haben, ihre Gegenvorschläge machen, es gibt ein Hin und Her, warum so oder anders, da können Zweckmässigkeitserwägungen eine Rolle spielen, aber eben auch im weitesten Sinn die Wünsche der Beteiligten und die Bedürfnisse, aber auch die Einschätzungen der je andern - all das wird da vielleicht wechselseitig ignoriert, vielleicht auch registriert und berücksichtigt, und spätestens nach einigen Debatten dieser Art verwandeln sich die ursprünglichen Vorschläge, unter Umständen in korrigierter Form, unter Berücksichtigung der Anträge oder Vorschläge der andern, in etwas wie Kompromisse, oder es gibt auch Passagen, wo ein Vorschlagender auf seinem ursprünglich Eigenen beharrt, und mit dem allen verwandeln sich die Vorschläge in wechselseitige Forderungen. Die andern haben Gegenforderungen, und normalerweise endet das Gespräch damit auch schon, denn normalerweise geht dann das Streiten los, man setzt sich unter Druck, droht, das will ich jetzt garnicht erst ausführen, sondern zunächst mal bloss darauf verweisen, dass die Ableitungsregeln für Vorschläge an andere natürlich nicht völlig verschieden sind von denen, die jemand in eigener Sache anwendet, sofern er nur überhaupt was weiss. Und wir haben ja inzwischen bereits festgestellt, dass Normalplaner gewissermassen schulterzuckend vor der Möglichkeit stehen, dass etwas weit ausserhalb ihrer Normalität stattfindet, wozu sie sich vielleicht erstmal garnicht stellen, das sie vielmehr ignorieren - normalerweise wird es kollektive Planung vonseiten Einzelner oder Vorstellungen dazu, was allgemein geschehen soll, überhaupt bloss im Rahmen einer schon eingerichteten Reproduktion und gesellschaftlich geteilten Normalität geben, die entweder Freiheitsräume vorsieht für Ver- und Aushandlungen, oder die überrascht worden ist, und das gilt dann wohl auch für mehrere, wenn sie überrascht werden. Im allgemeinen wirft eine funktionierende (und nicht etwa langsam zermürbende) gesellschaftliche Kooperation Streitfragen auf und fordert so zu einer Neujustierung der Pläne überhaupt nur dann heraus, wenn irgendwas Überraschendes damit und darin passiert ist, aber dann sind ja auch meistens mehrere beteiligt, und da entstehen dann auch meist schon die Konflikte, die dann zur Schlichtung herausfordern; sodass man sagen kann: Die geteilte Normalpraxis erfordert keine besondere Regelung, sie funktioniert eben, aber die Ausnahmefälle, die sinds, die in irgendeiner Weise sowohl kognitiv herausfordern im Rahmen des normalplanerischen Weltverhältnisses - es muss was neues gefunden, irgendwas ist passiert, das die Weiterführung im gewohnten Rahmen nicht erlaubt - als auch unter Umständen die Neujustierung der kooperativen Verhältnisse erzwingen.
3. Die wechselseitigen Forderungen gehen also in Streit über, am Ende gibt es unter Umständen eine Kompromisslösung, alle sind mit ihr unzufrieden, das ist möglich - es kann unter Umständen auch mal handgreiflich werden in historischen Zeiten - vielleicht gibt es auch strikte Gewaltvermeidungsstrategien in einer historischen Gesellschaft - in jedem Fall kann man aber sagen: dieses Aufeinandertreffen von Forderungen ist durchaus gewaltträchtig, und deswegen assoziiere ich den allerersten Modus im Weltverhältnis - den allerersten Standpunkt (ein anderer Ausdruck für "Vergesellschaftungskonzept") von Normalplanern (es ist der allernächstliegende, allernormalste überhaupt, wenn der jeweilige Normalplaner mit einer gewissen Erfolgs- oder Misserfolgsgewissheit antritt) - mit dem Wort GEWALT - dem Konzept "Gewalt". Das steht hier also für das immer wieder in Kämpfen Abgleiten und dabei "Gewaltverhältnisse" zu stabilisieren Versuchen in der Form: "Wir sind euch sowieso immer überlegen, seht es ein - oder umgekehrt, ihr seid uns immer überlegen, wir sehen es ein" - eine Ausdehnung der (Miss)Erfolgsgewissheit auf Kräfteverhältnisse, die also hier gewissermassen als Spezialfälle dem Weltverhältnis susbsumiert werden. Aus diesen stabilisierten und immer wieder infragegestellten Gewaltverhältnissen gibt es eine Bewegung hinaus auf eine höhere Stufe, die ich "das Rechts- oder Vertragsverhältnis" nenne, und von da aus geht es noch einmal höher, nämlich in den Staat, und das Verhältnis zwischen Menschen, das durch ihn hergestellt wird. Also:
Staat ^ Vertrag ^ Gewalt
Das wären also drei Standpunkte oder Reifungs-Stufen, die das Vergesellschaftungskonzept von Normalplanern durchlaufen kann, die ich jetzt genauer besprechen möchte - und die paarweise mit den Weltverhältnis-Stufen assoziiert sind, über die ich in 3c gesprochen habe:
Staat <--> Interessen (Trennung zwischen Erweitertem und Kernselbst) + Meinungen (Trennung zwischen Überzeugtheit und autoritär beglaubigten Urteilen) ^ Vertrag <--> Grade der Entschlossenheit (bzgl des Erweiterten Selbst und seinen "roten Linien") + Grade der Überzeugtheit (bezüglich "öffentlich zugänglicher Sachen+Sachverhalte" ^ Gewalt <--> Grade der (Miss)Erfolgsgewissheit bzgl der Gesamtpraxis und ihren (nicht nach Selbst und Sach(verhalt)en getrennt betrachteten) Praxisfragmenten
Der Weg aus dem Gewaltverhältnis heraus ist der, in dem auch zwischen Verhältnis zum Erweiterten Selbst, und den Regeln des Umgangs mit Objektivität (objektiven, subjekt/person-unabhängigen Sachverhalten) unterschieden wird - das ist also der erste Reifungsschritt, der würde in einem vollendeten Vertragsverhältnis enden. Der zweite Schritt wäre dann der, wo strikt und durchgehend unterschieden wird zwischen wirklich elementaren Kernselbst-Anforderungen, und denen, denen ein Erweitertes Selbst genügen muss oder besser: will, also ein "Selbst" (eigentlich nichts als eine "normalplanerisch denkende Einzelperson"...), dessen Kernselbst bereits investiert ist in eine Lebensform, und das sich insofern erstmal befreien müsste von den Borniertheiten, mit denen es da zu tun hat. Das wäre, aus Gründen, die noch auszuführen wären, der Schritt in eine Mediations- und im grossen Masstab Staats-begründende "Unparteilichkeit". Dann gibt es sogar NOCH höhere Vergesellschaftungskonzepte, die aber erschlossen werden, ohne dass es - sie begleitende weitere Reifungsfortschritte im Weltverhältnis gibt. Stattdessen werden dabei die auf seinen Grundlagen unüberwindlichen Mängel sichtbar. Das alles will ich jetzt genauer betrachten.
4. Aber vorher will ich noch eine weitere Verfeinerung der Kategorien einführen, um die es hier geht. Dazu möchte ich ausnahmsweise mal eine Grafik heranziehen, die mir sehr wichtig ist,und die Grafik habe ich diesem Vortrag beigefügt, das ist das Entscheidungsschema. Das, wovon ich bisher gesprochen habe, sollte den Lesern unmittelbar bekannt vorkommen, wenn sie auf die rechte Seite (rechts von dem nach unten zeigenden Pfeil) schauen - da sehen sie: Diejenige Stufe der Aufgabe von normalplanerischen Prinzipien, die als erste verschwindet und die somit gewissermassen als erste "reift" - diese Stufe ist die, die hier als die der Zwecke bezeichnet wird, oder wurde; darüber steht eine Stufe, da geht es um Prioritätensetzungen - da steht jetzt "Entscheidung über die zeitliche Reihenfolge der Prioritäten unter Berücksichtigung von Randbedingungen und Nebenfolgen" - und diese Randbedingungen und Nebenfolgen betreffen sehr stark das, was ich das Erweiterte Selbst (ES) genannt habe, also ein Kernselbst (handlungsfähiger, leistungsdisponierter, gespürter "Leib"), das schon investiert ist in bestimmte Abfolgen, in bestimmte Prioritätensetzungen, die uU geändert werden müssen - das betrifft also dieses ES sehr stark - und die Änderungen, um die es da geht, waren ja auch unter die Grübelfrage gestellt, wenn man sich erinnert: Was hab ich falsch gemacht? also: was an der Verteilung meiner Handlungsspielräume auf Prioritäten war uU falsch, welche Investitionen von Handlungsspielräumen waren ungut, soll ich das in irgendeiner Weise verändern? - aber eben immer unter einem (angenommenen/vorhersehbaren bzw tatsächlichen) Gesamtbudget. Und das verweist dann schliesslich auf die letzte Stufe, auf der für dieses Gesamtbudget Maximal-Marken angegeben werden für das, womit ich überhaupt rechne, was ich also überhaupt zu erwarten mich berechtigt finde, womit ich rechnen DARF, und womit ich rechnen MUSS als einem Risiko im schlimmsten Fall - das sind also die Negativ-Marken, Grenzmarken...Worauf muss ich mich einstellen und worauf brauch ich garnicht erst eingestellt sein - und darf ich auch garnicht, weil ich (wie ich fest überzeugt bin) so hoch nicht hinauskommen werde. Und das betrifft also hier nach meiner Einschätzung die Kategorie der Pläne - da steht ja auch schon: Entscheidung über die für lohnend befundenen Versuchshandlungs-Möglichkeiten. ((Zum Thema Versuch bei Normalplanern kann man noch sagen, ja, die können durchaus mit Versuchen umgehen, Versuchen gehört selbstverständlich zu ihren Handlungsoptionen, aber immer begrenzt durch diese Rahmenerwartungen, das heisst also, was lohnend ist zu versuchen, wird festgelegt durch die Rahmenerwartung, und wenn sich dann unerwarteterweise herausstellt, das etwas eben besser nicht versucht worden wäre, dann kann es durchaus sein, dass es zurückschlägt auf die Rahmenerwartungen, denn die waren dann schuld, ich hab dann (wie mir nachträglich auffällt) Dinge versucht, die nicht gehen, das werfe ich mir dann nachträglich vor mit Grübelfragen der beschriebenen Art, und dan ändere ich unter Umständen die Rahmenmarken. Aber ich BRAUCHE immer Rahmenmarken, die aktuell gültig sind, und es gibt dabei ja die Erwartung der Normalplaner, dass diese Marken irgendwie in Abhängigkeit von Bedingungen (anders gesagt, im Zusammenhang mit bestimmten Praxisfeldern) immer weiter konvergieren, und einen dadurch immer weniger überraschbar machen. Das ist eigentlich eine ihrer grundlegendsten Formulierungen für das, was sie überhaupt erwarten. Oder wie sie, und im bezug auf was, dazulernen: Sie sind nicht jetzt schon optimal aufgestellt, aber in der (unbestimmten) Nähe des Optimums, es ist nicht GANZ falsch, was sie erwarten (denn es hat sich ja bewährt), und durch die Erfahrung des Überraschtwerdens werden sie gewissermassen dirigiert in eine Richtung, vielleicht bedingt, und je eingeschränkt auf bestimmte Praxisbereiche, wo sie immer genauer wissen, mit was sie da zu rechnen haben und mit was nicht. Aber eben doch immer genauer in die richtige Richtung gehend. Das macht dann ihre sogenannte Lebenserfahrung aus, aus der sie dann eben eine durchaus hochdifferenzierte Regelstruktur ableiten können, bezüglich des Erwartbaren, wormit man also rechen DARF, und dessen, was nicht zu erwarten ist, womit man also zurecht nicht rechnen muss bzw womit man nicht zu rechnen braucht, weil das eben überhaupt nicht funktionieren wird (wenn es sich um Handlungen dreht) bzw was so nicht vorkommen wird (wenn um Nichthandlungen.))
5. Jetzt schauen wir uns das mal an: Pläne Ziele Zwecke - das ist natürlich eine Hierarchie - Pläne bilden einen Rahmen für Prioritäten, also eine spezielle Art der Plan-Ausführung, Plan-Realisierung unter Berücksichtigung von Randbedingungen und Nebenfolgen, solcher, die die Ausführung begünstigen, vielleicht aber auch behindern. Dafür steht dieses mittlere Feld ZIELE, und das hat zu tun hat mit solchen (va zeitlichen) Prioritäten und Abwandlungen bei der Planausführung. Und nun muss ich ja einen Plan haben, also ich muss eine Entscheidung treffen über einander ausschliessende Versuchshandlungs-Möglichkeiten, die hintereinander geschaltet sind und möglicherweise auch reproduktiv werden, sonst ist der Plan ein Fragment im Rahmen einer Reproduktion, aber auch die Reproduktion insgesamt in einer bestimmten Umgebung ist ja geplant. Und der Plan dafür, die Gewohnheit, wird abgewandelt spätestens wenn es Überraschungen gibt - ich muss nicht immer den ganzen Plan abändern, sondern unter Umständen nur eben die Prioritäten verschieben, und das heisst: ich ändere die Reihenfolge der in den Plan eingelagerten (Zwischen-)Ziele, ich verschiebe sie, ziehe zum Beipiel eines vor - das zu tun, haben günstige oder ungünstige Randbedingungen nahegelegt; oder ich verwende mehr Ressourcen als ursprünglich vorgesehen auf die Ausführung eines solchen Zwischenziels. Dann gibt es dann noch die Zwecke da ganz unten im Diagramm, das ist "das Nächst-zu Tuende, zu Suchende, zu Versuchende", in dem Normalplanerischen liegt es normalerweise immer fest, oder ist weitestgehend festgelegt, aber natürlich kann auch da etwas nicht funktionieren, ohne dass man gleich befürchten muss: Da bin ich jetzt grundsätzlich gescheitert. Sondern da die Priorität des der Zweck-Handlung vorgeordneten Ziels erstmal festliegt und damit auch, wie lange man versucht, bis man aufgibt und an den Zielen oder ihrer Reihenfolge etwas ändert, wird man da, auf der Zweck-Ebene, bei unerwartetem Nichtfunktionieren von etwas herumprobieren in Gestalt der erwähnten (situations-abhängigen) Abwandlungsreihen, und versuchen, etwas vergleichbar Wirksames einzusetzen an der Stelle - das kann auch durchaus sachgerecht sein, ein Werkzeug durch ein anders ersetzen.
6. Diese Struktur mit Plänen-Zielen-Zwecken untergliedert natürlich auch das, was man andern anträgt, und deswegen steht da unten auch "kollektiver Plan" - in den ist nicht einfach nur für mich selber was eingetragen, eine eigene Absicht, ein eigene Versuch, sondern ein kollektiver Versuch wird entworfen, es wird andern etwas vorgeschlagen: Lasst uns dasunddas machen, du machst das und der andre macht jenes, und die dritten und vierten sollen das machen, wenns nach mir geht usw. Die Regeln, nach denen das geschieht, sind die der Ableitung von Plänen Zielen Zwecken, die der normalplanerischen Lernregel generell folgen, das heisst, eine geteilte Normalität ist erstmal schon vorausgesetzt, ohne eine solche ist ein Normalplaner ziemlich hilflos, wenn er auf "Andere" im Sinne von "Fremde" trifft (selbst wenn er deren Sprache spricht) - mit denen er seine Anträge an sie und Vorschläge für sie verhandeln, sie ihnen nahebringen soll. All seine Vorschläge schliessen nun mal an seine eigene Normalität an, er hat ja keine andere. Vergesellschaftung auf der ersten Stufe bedeutet, dass jemand komplett die Handlungsspielräume anderer und bestenfalls noch von ihnen ins Feld geführte Anforderungen, die sie erfüllen müssen oder deren Erfüllung sie zur Bedingung machen, SEINEM Weltverhältnis subsumiert - als würden auch diese Handlungsspielräume seinem KS angehören. Und ebenso, dass er praktisch seine Erwartungen, seine Rahmenerwartungen zugrundegelegt. Es kann höchstens sein, dass er seinen Kollektivplänen eigene Rahmen-Marken und Prioritäten zugrundelegt - als Abwandlungen bedingende kollektive Sonderfalle: Krieg, Jagd - da zieht man unter Umständen "bewährte" Jagd- oder Kriegs-Erfahrungen heran, und nicht einfach nur die generellen Maximen der eigenen Lebensführung und -erfahrung. Zumindest, wenn ich über solche Sparten-Erfahrung verfüge. Normalerweise sind die Rahmenerwartungs- und Prioritäten-Sphären bei Normalplanern stark aufgegliedert nach solchen Lebens- und Entscheidungssituationen, also etwa kollektiv vs privat; nur ist es eben, auch wenn lebensbereich- und spartenbezogen, Jagd, Krieg, kollektiv, privat - immer die Normalität, also Rahmenwerte, Prioritäten, Knowhow des jeweils Vorschlagenden, mit der er seine Vorschläge an andre gestaltet. Und nur soweit sich da starke Überlappungen andeuten, wird es zu so etwas wie Verhandlungen, gemeinsamen Erwägungen, Einwänden usw der Angesprochenen kommen.
7. Wie steht ein Normalplaner zu den Ideen der Anderen? (Das ist jetzt die Ausführung zum ersten Vergesellschaftungskonzept des Normalplaners - jenem, das ich auch als "Gewaltverhältnis" bezeichnet habe.) Grundsätzlich ist es ihm vonseiten seines Weltverhältnisses (und deswegen ist mein Satz so wichtig: das Welt-Verhältnis ist immer das führende, das Vergesellschaftungskonzept ist nur ein Derivat davon) - anders gesagt, seiner Lernregel her, nicht möglich, sich in irgendeiner Weise anders zu verhalten zu dem Weltverhältnis der andern, da wo es ihm widerspricht, als indem er es eben seinem eigenen subsumiert: SEINE Rahmenwerte, generell oder in der je aktuell relevanten Bedingtheit (zB wenn und sofern sie sich beziehen auf "unser(e) Jagd-, oder Kriegsunternehmen" usw) sind da meist ausschlaggebend, SEINE Erwartungen. Gleichzeitig wird er das, was die andern machen - wenn es ihm nicht in irgendeine Weise zu denken gibt, also er es sich in irgendeiner Weise aneignet - ENTWERTEN. (In selteneren Fällen gilt auch das Umgekehrte: Wenn jemand die Autorität anderen anerkennt, fängt er uU an, seine eigenen Bedenken in der gleichen Weise zu entwerten... ein spezieller, aber eben nicht ganz unwahrscheinlicher Fall von Kognitiver Dissonanz - ohnehin eine der herausragenden Erscheinungsformen normalplanerischen Denkens.) Das erste WELT-Verhältnis, die Art und Weise, wie er seine normalplanerische Lernregel hier handhabt, läuft hinaus auf immer wieder, von Fall zu Fall, festgestellte Gewissheiten hinsichtlich Scheitern oder Erfolg (in der relativen Erfolgsgewissheit ist die Misserfolgsgewissheit eingeschlossen; es könnte auch sein, dass etwas ZU ungewiss ist, das wäre dann eine "Riskantheits-Gewissheit"). Diese je eignen Gewissheiten legt er als Rahmen auch seiner Beziehung zu den Vorschlägen der andern zugrunde, wobei in dem Diskurs, der zwischen ihnen stattfindet (sofern, solang er stattfindet), könnte es auch zu einer Änderung seiner Rahmenvorstellungen kommen - aber dann sind es eben die, die in seinen Augen gelten. Und wenn dann immer noch andere, Dritte, Vierte widersprechen (das können sogar die bisherigen Autoritäen sein, denen er an der Stelle beginnt zu misstrauen, und deren (Miss)Erfolgsgewissheit er sich eben nicht zueigen macht) - dann muss er in irgendeiner Weise eben diese Gewissheiten der andern abwerten. Und dieses Abwerten insgesamt - also die ERKLÄRUNG , warum die einfach "nicht einsehen wollen", was er einsieht - Resultate SEINER Lebenserfahrung einfach nicht annehmen wollen, die er aber, ohne sie vermitteln zu können oder wollen, nicht für eine bloss subjektive hält - dieses Abwerten und die Art der Erklärung der Differenz insgesamt kann man nennen: PSYCHOLOGISIEREN.
8. Psychologisieren ist etwas extrem alltägliches: das Räsonnieren darüber, was jemanden hindert, eine mir bereits hinreichend begründet erscheinende Einstellung, Einschätzung, Vorgehensweise, die ich ihm vorschlage oder die ich gar von ihm fordere, sich zueigen zu machen. ((Da ist also immer vorausgesetzt, dass nach MEINEM Urteil alles relevante gesagt ist. Noch kein Psychologisieren wäre, wenn man feststellt: die Verhandlungen sind nicht ausgiebig geführt worden, sind vorzeitig abgebrochen - die andern wissen etwas nicht, was ICH weiss (denken nicht an..., woran ICH denke.. usw). Dann ist klar, dass sie auch andere Vorschläge haben - vielleicht finde ich (und das könnte man jetzt als die mildeste Form des Psychologisierens bezeichnen) es sogar nachvollziehbar, dass sie die Verständigung abbrechen und sich von meinen Einwänden nichts erwarten, das ihre Forderungen oder Vorhaben (bzw die denen zugrundegelegten Erfolgsgewissheiten) ändern könnte. Allerdings gilt DIESE Zuschreibung wiederum nur unter der Vorausetzung, dass, wenn die andern das ausschlaggebende, das einen Unterschied machen würde, erfahren würden, sie auch anders entscheiden würden. Echtes Psychologisieren beginnt also erst, wenn jemand nicht auf Zustimmung stösst (oder das von vorneherein erwartet), nachdem alle aus seiner Warte relevanten Gründe vorgebracht wurden.)) a) Die simpelste Version dabei ist die globale Abwertung der andern: Sie sind sowieso unmündig, nicht zurechnungsfähig, dumm, schwachsinnig, verrückt, pathologische Charaktere - und alle solche schliesst man mal bis auf weiteres oder auch endgültig von jeder Verständigung aus. Das nächste ist ein an sich behebbarer Mangel bei ihnen, den sie als solchen aber nicht wahrnehmen, sich bewusstmachen, oder nicht zugeben oder offenlegen WOLLEN (daher die abkürzende Formulierung: Sie WOLLEN nicht einsehen.). Man muss dann also nach solchen VERSTECKTEN Gründen suchen bei den andern, und das ist dann eine mehr oder weniger ausgeprägte relative Abwertung von deren Entscheidungsfindung - die unterliegt eben diesem von ihnen zuzugebenden Mangel. Die erste, globale Abwertung wird dabei noch nicht vollzogen, vielmehr grundsätzlich erst noch aufgeschoben: Die andern gelten also als grundsätzlich ernstzunehmen, verhandlungs-und zurechnungsfähig, erwachsen, nicht krank, verrückt, berauscht, in irgendeinem emotionalen Ausnahmezustand. Sondern: b) Sie sagen nicht alle ihre Gründe, sind nicht offen - da rate ich dann, was es sein könnte, was sie abhält mir zuzustimmen, sie mir aber nicht offen sagen wollen (warum nicht? da braucht es also noch ein Motiv...), ihre ausgesprochenen Gründe hingegen sind vorgeschützt (womöglich ist ihnen das noch nicht mal bewusst: "Rationalisieren"), deswegen leuchten sie mir auch nicht ein - ich muss dann - im Extremfall sogar ihnen selber "unbewusste" - Motive finden und erfinden, und sie zwingen, sich dazu zu bekennen. c) Die dritte Möglichkeit des Psychologisierens ist, dass ich unterstelle, dass sie die Berechtigtheit meiner Forderung an sie zwar einsehen, aber gewisse momentane oder dauerhafte Schwächen aufweisen, die ihnen die Erfüllung meiner Forderung, entgegen jedweder Einsicht, erschweren. Diese Schwächen müssten dann womöglich zusätzlich, aber auch getrennt vom konkreten Anlass, angegangen werden, zb dass man ablenkbar ist, dass man seinen Entschluss (dessen Begründung vielleicht vergessen wurde, weil auch nicht aufmerksam zugehört wurde) nicht durchhält, weil man "willenschwach" ist, oder sich an Belastungen oder gewisse Praktiken noch nicht gewöhnt hat usw. Spätestens also, wenn unterstellt wird, dass die andern eigentlich nichts mehr einzuwenden haben (zumindest nichts, das der Psychologisierende für relevant hält - und das ist schliesslich, was zählt; für ihn), nicht lügen, unaufmerksam, unernsthaft sind und auch nicht grundlegend gestört - spätestens dann ergibt sich ein weites Feld von Beeinflussung, wo die ihnen zugeschriebenen Schwächen und inneren Hindernisse der andern in einer ähnlichen Weise bearbeitet werden sollen (von aussen, oder von ihnen selbst), wie man sie auch bei sich selber bearbeiten würde: die Gewohnheiten ändern - sich disziplinieren; auf die gestellte Aufgabe konzentrieren - die Bedürfnisse und Leistungsdispositionen ändern, so dass man fähig wird, etwas, das man als wünschbar, als durchzuführende Massnahme eingesehen hat, auch tatsächlich KANN , und da nicht unterwegs schlapp macht.
9. Jetzt hat man also eine solche normalplanerische Art von Deutung einer sozialen Situation, die ganz und gar dem eigenen Urteil subsumiert ist - als Normalplaner hat man ja kein andres. Dabei kann es sein, in solch einer Situation des Konflikts ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass man selber von "den andern" psychologisierend interpretiert bzw behandelt wird, wie man es auch mit ihnen macht - was man aber unter Umständen, angesichts der Kräfteverhältnisse, nicht sagen kann - man kann nicht offen sein, kann es allenfalls heimlich hintertreiben, was sie da machen oder von einem fordern, sich entfernen von der Truppe - all solche Sachen eben. - Normalerweise herrschen solche Verhältnisse zwischen Gruppen, die früher oder später tatsächlich in Kämpfe geraten, also wo die Auseinandersetzung in Gewalt übergeht - oder Zwang - und wo man auch die psychologische Deutung noch versucht einander aufzuzwingen: "Jetzt gib doch mal zu, du hast gelogen - gib doch zu, dass du nicht willst, du hast doch insgeheim was dagegen usw - also mach es gefälligst - aber du machst es ja nicht, dann werd ich dich jetzt zwingen, drohe dir was an" usw. Zusatz 1. Ein Äquivalent für das, was hier Psychologieren (jemand psychologisierend behandeln) genannt wird, ist: VERACHTEN (verächtlich, verachtungsvoll behandeln). Wie die letzte Bemerkung zum "Aufzwingen der psychologischen Deutung" zeigt, ist das keineswegs bloss eine innere, und schlimmstenfalls verbal geäusserte Einstellung; vielmehr werden die andern, so wie beurteilt, auch behandelt: Als Unmündig-Unfähige, Lügner, Schwächlinge usw. Das Geringste dabei ist noch, dass die so Titulierten diese ihre Beurteilung als ihre eigne aussprechen sollen, und dem Verächter in seinem jeweiligen Urteil rechtgeben sollen. Härter ist dann schon, wenn ihnen zugemutet wird, sich in ihrem Tun und Lassen nicht mehr nach eignen Einsichten (unter normalplanerischen Vorgaben heisst das dann meist: entsprechend den eignen Normalitäts-Regeln und Erwartungen), sondern denen des Verächters, FÜR SIE MIT, entworfenen Zwecken, Zielen, Plänen zu richten, maW seine Anordnungen zu befolgen - also etwa einfach Befehle auszuführen, aber auch die unterstellten und angeblich nicht ausgesprochenen eignen Einstellungen "gestehen" und anschliessend entsprechende Korrekturen an und über sich ergehen zu lassen, denen (womöglich mit überschiessender Eigenaktivität: "Selbstkritik") geheuchelte Einsicht, Reue und Schuldbewusstsein, Einsicht in Strafbedürftigkeit, Geloben von Besserung, schliesslich gesteigerte Konformität (unter Aufsicht) im Sinne des Verächters zu folgen haben; schliesslich sich auch mehr oder weniger "realistisch" ausgeführten, demonstrativ-"energisch" wirkenden Selbst-Verbesserungs-Übungen zu unterziehen - alles im Sinne der je von aussen diagnostizierten "Schwäche". All diese Zwangsausübung ändert natürlich an der Einstellung des Verachteten nicht das geringste, erzwungen werden so einzig äussere Gehorsamsleistungen, bis sich die Kräfteverhältnisse ändern - und die bis dahin gehegte Gegenverachtung offen gezeigt werden, es überhaupt dem und den Verächtern "gezeigt" werden kann, in einem Kampf um RESPEKT. Psychologisieren ist auch im Verhältnis zu sich selbst möglich - dann, wenn einer Person ihre Projekte oder Lebenseinrichtungen fragwürdig geworden sind, die betreffende Person dies aber - aus welchen Gründen immer - nicht zum Thema machen will, stattdessen an ihrer Zielsetzung scheinbar ungebrochen festhält, und ihr "Versagen" daran grundsätzlichem Unvermögen, "unbewussten" Motiven, oder abtrainierbaren Charakter-"Schwächen" bei der Ausführung zuschreibt. Zusatz 2. Ein weiteres Derivat des Psychologisierens ist der Übergang von der Selbst- wie Fremd-Zuschreibung von Schwächen, dem Zurückbleiben gegenüber einem Normal(wie könnte es anders sein!)-Standard, zur Konstruktion einer Skala der Bewunderungs- und Verachtungswürdigkeit, in der man den Grad des eigenen wie anderer Leute "Selbstwerts" bestimmt (meist "fühlt") - unterhalb gewisser Normal(einmal mehr!)-Anforderungen wird die eigne Unzulänglichkeit als SCHAM-Gefühl, ganz besonders subtil sogar mit Bezug auf andre als "Fremdschämen" empfunden. Das Konstrukt "Wert" wiederum bezieht sich nicht auf einzelne soloche Episoden gesteigerten oder geminderten Ernst-zu-nehmen-Seins, sondern soll eine übergreifende Disposition der Person sein, die sie in all ihre Lebensäusserungen hinein begleitet. Fundament sowohl der episodischen wie der prinzipiellen Wert-Zuschreibung ist das Nicht-Unterscheiden von aktuellen Kräfte-Verhältnissen, die auf kontingenten, aktuellen Potentialen der Normalpraxis (oder auch Überraschtheits-Reaktionen) der bewerteten Parteien beruhen, einerseits, und unterschiedlicher Urteilsfähigkeit, unter Normalplanern ist das gleichbedeutend mit: Fähigkeit zur "korrekten" (nicht überraschbaren, alles kommt wie erwartet) (Miss)Erfolgsgewissheit - in Summe könnte das bezeichnet werden als die Disposition einer Person (verstanden als der Person angehörende Fähigkeit), die von ihr für sich selbst bekundeten wie andern vorschlagenen, angetragenen, aufgezwungenen (kollektive) Pläne, Ziele, Zwecke im wesentlichen zuverlässig umzusetzen wie erwartet - so, als wäre ihre (Miss)Erfolgsgewissheit das Resultat eines ausserhalb ihrer leiblichen Fühlsphäre angesiedelten Empfindung der Erfolgsträchtigkeit ihrer Vorhaben (der ernsthaften; bei denen sie also auch scheitern könnte); oder (alternativ) Resultat von Bedingungen, über die Kontrolle auszuüben gleichbedeutend wäre mit der Kontrolle über das Mass des Gelingens eigener Vorhaben wie solcher anderer Personen. Die Wert-Skala mit Blick auf diese Disposition reicht von völliger (selbst- wie fremd-zugeschriebener) Hilflosigkeit (hier gleichbedeutend mit kompletter Unmündigkeit, Urteils-Unfähigkeit) bis zu absoluter, "übermenschlicher" Übermacht, uU das alles wieder "bedingt" dh eingeschränkt auf bestimmte Praxisbereiche. Selbstverständlich bilden REALE Dispositionen, sowohl Motivationen, Entschlossenheiten, Affekte, Antriebe..., als auch Verfügung über objektive Mittel und Fähigkeiten (auch als Kollektiv...) den robusten Kern derartiger (Miss)Erfolgsträchtigkeit, die sich womöglich von entsprechend eingeordneten charismatischen, genialen, heiligen usw. Personen auf mit ihnen verbundene Gruppen ausdehnt. Nur orientiert sich die Bereitschaft, mit solchen Eigenschaften ernsthaft zu rechnen, und sich davon mit seinem Erwarten, negativ (jemandem nichts zutrauen) vor allem aber positiv abhängig zu machen, an "Erfahrungen" mit faktisch erlebten Verläufen, die womöglich ais Sicht des Normalplaners seinen Ansprüchen an "Bewährtheit" genügen. (Ein Spezialfall sind die in diesen Rahmen zurückgefallenen optimalhypothetischen Ideal-Dispositionen, deren Vorkommen ein OPP(REL)-Normalplaner an realen Exemplaren in seiner Umgebung für möglich hält, wenn nicht gar erwartet.) Zusatz 3. Bereits hier, auf dem noch ganz ursprünglich eingenommenen ersten Standpunkt, kann man fragen, wie eigentlich je zwei Normalplaner ihre "Horizonte verschmelzen" sollen - anstelle einander konfrontierend gegenüberzutreten und sich bestenfalls gegeneinander, in wiederum symmetrisch geteilter gegenseitiger Miss- und Verachtung, abzuschotten. Bei Lebzeiten ist da eigentlich nur ein gemeinsames Katastrophen-Ereignis denkbar, das die bisherigen Normalitäten im grossen ganzen vernichtet, und die Überlebenden zur Kooperation bei stark reduzierten Ressourcen, also auch Optionen, zwingt. Mit anderen Worten, sie ihrer durch ihre jeweilige, vormalige Normalität bestimmten Freiräume beraubt. Es ist ja überhaupt, dem bislang Gesagten zufolge, sehr viel wahrscheinlicher, dass Normalplaner, erst recht ihre Nachkommen, UMLERNEN, als dass sie in ihrem Leben, oder ihre Nachfolger, unter Anknüpfung an die (ihnen zugänglichen) Resultate der Vorgänger, DAZULERNEN (das Stichwort hierzu lautete: Ausdifferenzieren der Regelsysteme nach Bedingungen bzw Anwendungsfällen/-gebieten). Die Horizont-Verschmelzung findet also dann meist im Aufwachsen in einer der Herkunftsfamilie fremden Umgebung (auch am selben Ort) statt, in die sich Eltern nicht eingewöhnen, wohl aber die Kinder (allgemeine Schulpflicht kann das fördern), die dann vielleicht eine gewisse Syntheseleistung, hoffentlich im Sinne des "Besten beider Welten", zustandebringen. Eine Normalität kann ja durchaus heterogene bis widersprüchliche Elemente aufweisen, und die Erben einer solchen Konfliktlandschaft können uU mehr als ihr halbes oder auch mal das ganze Erwachsenenleben damit verbringen, halbwegs Ordnung in das überkommene Chaos zu bringen. Die widersprechenden Elemente werden wohl am häufigsten zu finden sein in Gestalt von: "tatsächlich (Routine)Praktiziertem und Geplantem", "(als gültig, umsetzbar) proklamierten Idealen und Begründungen/Erzählungen", "enttäuschten Erwartungen, Scheitern an den Einstellungen der (veränderten) sozialen Umgebung". Bei dem zweiten Punkt, Idealen, ist eigentlich alles gemeint, was über "Präferenzen und Prioritäten-Setzungen" entscheidet - und das gilt immer erstmal für den Horizont des eigenen Lebens, also den Lebensentwurf; aber der kann natürlich auch durch "Höheres" bestimmt sein. Die Arbeit der Integration von normalplanerischen Erben einer "gestörten" Normalität besteht darin, Praxis (und Nächst-zu-Tuendes), Lebensentwurf(s-Prioritäten), das nach ihrem menschlichen Ermessen zu Erwartende, und, falls sie derartiges haben, auch ihre Normen und Begründungsweisen einander anzupassen, und die Widersprüche zwischen diesen ihren (Zeit)Horizonten abzubauen. Sonst wachsen sie eben nicht in eine Normalität hinein, und wenn ihnen kulturell nicht mehr angeboten wird, um das zu verarbeiten, als eben das, womit alle anfangen, das Inventar der Normalplanungs-Kategorien - dann ist ihre Praxis KRANK, und sie werden daran, früher oder später, zugrundegehen; womöglich nicht ohne ihre Konflikte weitergegeben zu haben, auch als Anschauung, und Lebensform, der sich die Nachwachsenden, die das mitbekommen, nach Kräften (als einem gescheiterten Normalitäts-Versuch) zu entziehen versuchen. Zusatz 4. Grundsätzlich gehören im Aufwachsen die sämtlichen Verhältnisse zu andern, in der engeren und weiteren Umgebung, zur Ausgangsnormalität, die sich anschliessend entlang den bekannten Anlässen weiterentwickelt. Ohne besondere Bildungsanstrengungen wird da also nicht differenziert zwischen "sozialen" Elementen dieser Normalität, und "weltbezogenen" - geschweige, dass die Weltbezüge der andern in Gedanken ständig mitgeführt, geprüft und für korrektur-bedürftig gehalten werden. Entsprechend dem "natürlichen" Autismus des Normalplanens können dabei Beziehungen zwischen Personen und/oder Gruppen aus unterschiedlicher Perspektive grotesk unterschiedlich aufgefasst werden - zumal eben Abgleich, Verständigung, Kritik und Gegenkritik in beiden Normalitäten nicht vorgesehen sind. Eine ganz elementare Einstellung dabei ist die FREMDHEIT der andern, das kann schon begründet durch andere soziale und/oder regionale Herkunft; diese Fremdheit ist im Leben von Normalplanern notgedrungen bereit sein (uU schmerzhaft empfundener) Fremdkörper; und wo die Einstellungen der andern unbekannt sind, ist dann auch nichts, oder nicht viel, was unter die eigenen Prioritätenregeln und Rahmenwerte subsumiert werden könnte - das Psychologisieren dürfte entsprechend grobschlächtig ausfallen (die andern die, mit denen man nicht rechnen (und sich darum auch nicht verständigen) muss, oder umgekehrt, die IMMER erfolg- und siegreichen, gegen die man nichts machen kann usw). Angesichts dieser Engführung von sozialer und weltbezogener Normalpraxis sollte es nicht verwundern, wenn auch die ersten Reifungsstufen über dieses ganz archaische Ausgangsniveau hinaus im Verbund stattfinden (was in den folgenden Abschnitten zu zeigen sein wird). Zusatz 5. Für die korrekte Anwendung der hier entwickelten Kategorien und die nachfolgenden Reifungsschritte muss noch darauf hingeweisen werden, dass unterschiedliche Praxis- und Vergesellschaftungsfelder (-aufgaben...) meist unterschiedliche Reifegrade aufweisen. Zu einem "Standpunkt" fortgeschritten sind solche Einzel-Entwicklungen, wenn die betreffende Differenzierung sich auf alle Praxisfelder ausgebreitet hat und zum "Prinzip" des Denkens, Planens, Handelns geworden ist. VOR einer solch prinzipiell verfestigten Reifung auf wenigstens ein höheres Niveau haben alle stabilen Vergesellschaftungs-Zustände nur etwas vorläufiges - zumal alle Sozialverhältnisse (auf dem ersten, dem Ausgangs-Standpunkt) durch inner-weltliche Verläufe und, darauf beruhend, geänderte Wirkregeln, sich völlig neu gestalten können. Wieviel historische und als solche tradierte Erfahrung, wieviel Bildungsanstrengung des Vermittlers und Tradierenden, wieviel der Nachkommenden, ist erforderlich, um über diese archaischen und trotzdem so allgegenwärtigen Einstellungen hinauszukommen!
10. Die Frage ist jetzt: was Gewalt ist bzw was sie eigentlich bewirken soll, in diesem normalplanerischen Praxis-Aufbau. Und da bediene ich mich gerne eines Wortwitzes, der anknüpft an die deutsche Formulierung: "Euch werd ichs zeigen!" (lat. quos ego!) Das, was man versucht, in einem Krieg zu zeigen, der also auch tatsächlich in einem dauerhaft stabilen Verhältnis enden soll, wo die andern was ein für alle Mal anerkennen sollen - das also, was man tatsächlich in einem solchen Krieg versucht zu zeigen, ist: - dass UNSERE Erfolgs- und Misserfolgsgewissheit, UNSERE Beurteilung von Chancen und Risiken (und daraus resultierende Prioritäten) immer die richtigen sind - und daher für uns alle gelten sollten. Genau das zeigen wir euch in der Auseinandersetzung (der ja der Widerspruch gegen unsre Einschätzung vorausgeht) - wir zeigen euch, dass ihr immer Unrecht habt, wenn ihr noch gegen uns aufbegehrt, denn, wenn wir die Stärkeren sind, gibt es ja letztlich nur dann Gewalt, wenn ihr euch uns nicht fügen wollt, und wir euch (einmal mehr) zeigen, dass wir auf jeden Fall überlegen sind - sofern wir es nicht sind, können wir nichts zeigen, sondern müssen erstmal die Mittel sammeln, um was zeigen zu können - müssen also auch ein (Beurteilungs-)Material haben, an dem wir unsere Erfolgsgewissheit und unsere überlegene Erfolgsgewissheit und Misserfolgsgewissheit überhaupt vorführen können. - Haben wir da nichts - denn es ist ja normalerweise so, dass die Widersprechenden, Gegner, Leute sind, die an der eigenen Normalität, der eigenen Reproduktion, nicht mehr teilhaben, es sind also zugleich Fremde, womöglich uns fremd Gewordene... Weshalb dann ein Feld der Auseinandersetzung, ein "Kriegstheater", wo man sich das zeigt, ein Kriegsschauplatz, erstmal gewählt werden muss, ein Feld der Auseinandersetzung, die dann auch nach Regeln abläuft (wir haben Wirkmittel (Waffen), die andern haben auch welche oder irgendwelche Abwehrmöglichkeiten, und wenn es auch nur das ist, dass sie uns immer wieder überraschen und dann flüchten und für uns unerreichbar werden). Der entscheidende End-Punkt, nachdem das Sich-Auseinandersetzen angefangen hat gewissermassen System zu bekommen - er wäre, dass das zuläuft auf einen stabilen Zustand der ACHTUNG vor uns, derart dass man uns nicht mehr einfach subsumieren (und die Differenz psychologisieren) kann, sondern, ganz im Gegenteil dass man sich seinerseits unter unsere Urteile (Begründungen, Einwände...) subsumiert (dh sie anerkennt, sich daranhält und sie übernimmt in sein eignes Begründen) - dass der oder die andern, spätestens, wenn wir ihn, sie psychologisch beurteilen, daraus Konsequenzen zieht, und sich das zu Herzen nimmt: Indem er tatsächlich sagt, ich kann das wirklich nicht, die haben recht, was die vorgeben, ist verbiundlich und ich muss mich darauf einstellen - das sind alles solche Ausdrucksformen der Unterordung unter unser Urteil, die wir erwarten - der andre, die andern ordnen sich immer wieder dieser unserer überlegenen Einsicht unter - und dieses Verhältnis herzustellen, ist also Anlass zu einer systematischen (Gewalt)Anstrengung, die münden soll in ein stabiles Verhältnis, wo sich andere subsumieren lassen - regelmässig, zuverlässig subsumieren lassen unter meine/unsere Erfolgs- und Misserfolgsurteile für uns alle.
Zusatz: Kräfteverhältnis als Voraussetzung für Gewaltkonkurrenz - Schein der Asymmetrie, ungleiche Gegner usw (auszuführen!)
11. Also nehmen wir an, wir sind dann als Autorität anerkannt, und zwar als eine, die nicht nur immerzu drohend mit Gewehr (oder früher: mit gezogenem Schwert) da steht, als Sklaventreiber und -eigner. Sondern da soll ein Herrschafts-Verhältnis stabil funktionieren, das heisst, der Krieg soll in etwas systematisch-systemisch Asymmtrischem enden - spätestens, wenn die Verhältnisse grossräumiger werden, also grössere Menschengruppen tatsächlich ins Verhältnis zueinander getreten sind und Konflikte dieser Art aufgetreten sind, oder weitreichende Arbeitsteilungs- und Produktionszusammenhänge abgesichert, oder Übergriffe endgültig abgewehrt werden sollen - die Nomadenüberfalle sollen endlich aufhören, ein Exempel soll statuiert werden usw. Dieser systematisch-systemische Endzustand (zu unsern Gunsten) wäre also: Wir haben uns Respekt verschafft, wir haben die andern unterworfen, aber im günstigsten Fall ist da sogar mehr als Respekt, die andern unterwerfen sich diesem unserem Urtel und zwar als einem, das jederzeit gegen sie durchgesetzt werden kann - die Gewalt ist ÜBERLEGEN - ich hatte ja schon gesagt, das Urteil kann noch so gut sein, wenn es nicht auf Dauer mit dieser demonstrierbaren Erfolgsgewissheit "wir können euch immer zeigen, dass wir die besser urteilsfähigen sind" verbunden ist, dann ist es nicht viel wert. Es sei denn, die andern bekommen mit (das gehört auch ein bisschen dazu), technisch: ich bewirke etwas, und bin mir dessen sicher - oder mache immer richtige Prognosen, meine (Miss)Erfolgsgewissheiten erweisen sich im nachhinein als richtig - dann bekomme ich natürlich auf die Weise Prestige, und das ist dann auch ein Mittel, mich durchzusetzen, es kann zwar auf Zufällen beruhen - aber die andern glauben es nun mal - das gehört also alles immer noch zu diesem "Ich habs euch gezeigt", oder "wir zeigens euch, dass wir rechthaben (immer wieder)". Die Überzeugungsgrundlage, dass man sich subsumieren lässt mit seinen eigenen Vorstellungen davon, was zweckmässig wäre, die ist da eigentlich immer ähnlich strukturiert, und das ist alles Normalplanerstoff, wie er originaler nicht gedacht werden könnte, weil es die Überlegenheit, diese Art der Asymmetrie ist, die sich bewährt und einen überzeugen soll, übrigens jetzt nicht bloss aufseiten der Unterlegenen: Diese andern - die haben immer recht, die gewinnen immer - sondern auch aufseiten derer die sich ihrer Sache immer sicher sind und versuchen, ein Kriegs- oder Gewaltsubstrat zu finden, an dem sie "es" andern zeigen können. Also das ist jetzt hier eine Analyse der Logik von Gewalt- bzw stabilen Unterwerfungsverhältnissen, Versklavungs- , Untertanen- und Herrschaftsverhältnissen, die komplett aus der Logik des Normalplanens folgen. Anmerkung. Eine bewährte Normalität ist normalerweise nicht Gegenstand von Gewalt-Auseinandersetzungen, es sei denn, es ist eine die immer weniger fortschreibbar ist wie bisher. Die Anlässe, bei denen dann eben die Herrschaft der Herrscher oder derjenigen, die da eben was festlegen für andere - bei denen die dann eben tatsächlich zum Zuge kommen - sind immer Ausnahmesituationen - sind genau diese Situationen, in denen es drauf ankommt, die Prioritäten neu zu setzen, und festzustellen, da ist aber etwas überraschenderweise DOCH lohnend, oder jetzt nicht mehr lohnend, es wird abgebrochen, oder die Rahmenwerte werden verändert. Oder es wird eben tatsächlich mal darüber entschieden, dass die ganze Mannschaft mal eine neue Sache ausprobiert, weil etwas bisher nicht funktioniert hat, und dann sagt jemand, was zu tun ist, dass es doch gelingt (als Pendant zur Ausnahmesituation). Man könnte in solchen Situationen natürlich immer warten, bis man sich auf das anstehende Unternehmen geeinigt hat - das ist natürlich auch möglich. Aber sofern solche Verhältnisse tatsächlich angestrebt werden und es Routine werden soll, dass man IMMER derjenige ist, der in einem umfassenden kollektiven Praxiszusammenhang sagt, was in Ausnahmesituationen zu geschehen hat (was jeder zu tun hat usw) - dann das ist DAS der Vergesellschaftungsmodus, den man durch das "Es-Zeigen" als endgültig und ein für alle Mal stabilen, anstrebt: Das Anerkanntwerden als überlegene Autorität. Das Charisma der Führer und Herrscher besteht wesentlich darin, dass ihre Massgaben in nichtnormalen Situationen sich BEWÄHRT hat (fehlt es an solchen, dann eben an künstlich arrangierten Gewalt-Wettbewerben, Kriegen als Kunst-Substraten der Auseinandersetzung, an denen dieses Sich-Bewähren zuverlässig vorgeführt wird), und, ihnen da überall zu folgen, den Charakter einer Art Normalität für den Ausnahmefall, einer Normalität zweiter Ordnung, annimmt.
12. Wie geht es von da aus weiter? - Ich hatte ja schon gesagt, das Kriegführen ist normalerweise nie ein "nebeneinander her sich einer Sachherausforderung Stellen", wie etwa bei einem Holzfällerwettbewerb, und wer gewinnt, der hat ab dann das Sagen - Wettbewerbe von Experten und speziell Geübten sind schliesslich keine Herrschafts-Bewährungs-Situationen - wo einfach deutlich wird: Leute können etwas Sach-bezogenes deutlich besser, da könnte man sich das ja einfach abschauen - wie machen die das, warum können die was besser, und schon könnte man sich diese Wirkroutine aneignen und lernen. (Das kann sogar eine neue Kampf-Technik oder -Taktiksein!) Mit solchen Wettbewerben darf man Kriege und auf Herstellen von Herrschaftsverhältnissen zielende Gewaltaktionen also nicht verwechseln. Vielmehr wird da, wie gesagt, ein Feld bereitet, wo man "es sich wechselseitig zeigt" - und dabei die eigne Erfolgsgewissheit, wenn nicht (magisch!) die unerklärliche Erfolgs-Herbeiführungsfähigkeit BEWÄHRT. Das hat immer etwas Künstliches - es ist eine künstliche Welt des Krieges - trotzdem ist dies immer noch eine objektive Welt, und zwar eine, in der dann auch noch ganz viele Ausnahme-Situationen entstehen (darauf wird es ja von seiten der Kriegsparteien geradezu angelegt, den Feind zu überraschen), die man dann nur noch mit Ausnahme-Massnahmen bewältigen kann - die andern haben sich was einfallen lassen, und jetzt müssen wir mal schnell eine Verteidigung improvisieren, und dergleichen. Dieses Sich-Messen anhand von Nicht-Routine- und Überraschungssituationen, mit denen man die andern konfrontiert, möglichst solche, auf die sie eben nicht gekommen sind - diese Proben des eigenen "überlegenen" Erfindungsreichtums und Urteilsvermögens den andern Vorführen und damit Zeigen, dass man IMMER derjenige sein wird, der zurecht in solchen Überraschungs- und Ausnahme-Situationen der Gesamt-Gemeinschaft die Führung auferlegt, weil er es (dann) einfach immer besser weiss und immer besser bestimmen kann, was wie geht und was nicht - der also auch die Rahmenmarken für die (Routine wie Ausnahmesituationen übergreifenden) kollektiven Pläne setzt und die Prioritäten - dieses überlegene Sich-Bewähren in fortlaufenden Ausnahme-Fällen wird - getrennt von der Routinepraxis, aus der man heraustritt - vorgeführt auf einem eigens dafür geschaffenen "Ausnahme"-Praxis-Feld. Nichtsdestotrotz ist dieses Feld aufgebaut aus objektiven Tatbeständen und Herausforderungen. Zum Beispiel, wir machen was mit Booten, und dann kommt ihr an und habt Flösse, und die sind garnicht bemannt, sondern da habt ihr Brandsätze drauf und lasst sie auf uns zutreiben, das hätten wir vorhersehen können, haben wir aber nicht... Wir stellen uns dabei also in einer Sphäre, in der "alles möglich" sein könnte, zugleich einer Sphäre von Nicht-Routine-Wirkmöglichkeiten (beides zusammen: einem "Raum von Möglichkeiten") in OBJEKTIV gleicher Weise. Das Projekt einer dauerhaften Überlegenheit als Grund von Herrschaft, eines in Ausnahmesituationen bewährten Es-IMMER-Besserwissens oder sogar Besser-Machens als die andern, wird nun aber genau dadurch unterminiert, dass die beteiligten Parteien zu dem Ergebnis kommen, es gibt nichts, was man dauerhaft andern voraushaben könnte - es gibt nicht die für andre unzugänglichen, unerklärlichen Bedingtheiten einer bestimmten Art des Erfolgs. Es ist vielmehr so: Man kann machen, was man will - die andern kommen auch auf was, und sie können auf alles antworten - was WIR antizipieren können, können sie auch - so dass es also tatsächlich drauf hinausläuft, und das könnte man mit einigem Recht als die Sphäre des Explorierens unter Normalplanerischen Gesichtspunkten schlechthin bezeichnen: In der Kriegführung, diesem Ausnahme-Feld, das da eröffnet wird, stellen sich wirklich einmal alle beteiligten Normalplaner ausnahmsweise einmal dem Unbekannten der Welt - mit diesem überragenden Zweck, die dauerhafte Herrschaft über die andern oder umgekehrt deren Unterwerfung zu gewinnen durch das Bewähren von Erfolgswissen und -Bewirken (Misserfolgs-Ahnen und ihm Vorbeugen).
13. Wenn sie das ständig aneinander ausprobieren, vielleicht mit längeren historischen Pausen dazwischen (das kann schon vorkommen; dann müssen die zugehörigen Geschichten erinnert und tradiert werden!), wenn sie also tatsächlich als, sagen wir einmal: zwei Herrschergruppen (das kann ebenfalls so vorkommen, und kam auch so vor) zu dem Ergebnis kommen, es gibt einfach nichts, was wir können, was die andern nicht dauerhaft durchschauen, vorwegnehmen, nachmachen können, also wo sie gleichziehen oder sogar prophylaktisch irgendeine Verteidigungsmassnahme finden, das entwerten, zunichtemachen können - es gibt einfach nichts, wir sind uns ebenbürtig im Umgang mit der unbekannten Welt, mit dem Sie-in-Dienst-Nehmen (für Kampfzwecke) - dann ist jetzt genau der Schritt erfolgt, das Erweiterte Selbst, also die eigene Normalität und Prioritätensetzung, die daraus resultieren, werden konfrontiert mit einer Objektivität, auf die sich zwar die andere Gruppe auch beziehen kann, von der vor allen Dingen aber wir sagen müssen: Das Objektive setzt sich durch - jenseits all unserer Festgelegtheiten auf Regeln für "bewährt"-bedingte (Miss)Erfolgs-Erwartungen - es ERKLÄRT sie. Vor allem kommt "das Objektive" jetzt nicht mehr vor, als etwas das wir ausschliesslich unter Bezugnahme auf UNSERE Normalität reflektieren, also nur in bezug auf die andern reflektieren wir, also zumindest diese Kämpfergruppe - das sind welche, die sind uns ebenbürtig, da hats keinen Sinn, die zu unterwerfen zu versuchen, sondern die ANERKENNEN wir einfach grundsätzlich sondern als eine mit den Andern GETEILTE Sphäre - obwohl sie unsere Normalität nicht teilen. Indem wir ihre Züge vorwegnehmen, und unsere Gegen-Massnahmen vorausplanend entwerfen, verhalten wir uns GEMEINSAM zu einer Welt an objektiven Dingen, Sachverhalten, Dispositionen - aus denen wir planend etwas machen. Zwar etwas, das die Pläne der andern durchkreuzt; aber eben auch etwas, das den Gedanken der Kontrolle über die Dinge usw (hier nur als Mittel... für beliebige Zwecke) anschaulich macht. Ihn... und den, dass diese Kontrolle beidseits für Nützlicheres verwendet werden könnte, als sich maximal zu schaden und dabei bestenfalls wechselseitig zu behindern. In Richtung auf den anstehenden Übergang in einen nach-abergläubischen, nach-magischen Zustand wirken hier also drei Momente: a) das Eintreten in einen von der sonstigen Normalität getrennten Dauer-Ausnahmezustand, die Nicht-Normalität schlechthin, in der "alles möglich" wird; b) ebenso das Eintreten in eine Art der Kommunikation mit dem Gegner, worin durch wechselseitiges Reagieren oder Vorwegnehmen an den Umgang der Andern mit den Dingen angeknüpft wird, und jede Besonderheit und besondere Errungenschaft der Andern teils wiederholt wird, teils neutralisiert (durch Gegenmassnahmen), teils durch noch leistungsfähigere, aber vergleichbare oder "der Herausforderung gewachsene" Errungenschaften überboten wird. Was man sich wechselseitig zeigt, ist die gleiche Fähigkeit in allen, erst einmal grenzenlos praktisch zu lernen, bzw Praktiken zu lernen. c) Die so (kollektiv) erworbene Souveränität und vor allem auch Rationalität und Vielseitigkeit im Umgang mit Dingen bricht nach zwei Seiten hin die archaische Tendenz zur Optimierung von Praktiken (immer nur zu gegebnen Zwecken) auf: Einmal tritt an die Stelle von simplen Abwandlungsreihen gegebner und gut eingeübter quasi-leiblicher "Normal"-Praktiken (behandelt wie Körperbewegungen) entlang von entsprechend klassifizierten Ähnlichkeitsreihen (wie: versuchen, eine ähnliche Körperbewegung zu machen, wenn die ursprüngliche Ausführung behindert ist) die souveräne freie Auswahl aus einer Vielzahl von technischen Optionen und Lösungen für ebenso souverän und frei erdachte Zwecke und Probleme. Zum andern werden Überraschungen und enttäuschte Erwartungen nicht mehr einfach wie quasi-leibliche Zustände der Normalität bzw Praxis genommen, sondern mit nachträglich festgestellten Fehlurteilen, Fehlhandhabungen, Nichtgewussthaben, Nichtgedachthaben-an usw ERKLÄRT. Nicht immer - aber eben immer häufiger, und zunehmend als Regel, nicht als Ausnahme. (Umgekehrt treten abergläubische und magische Interpretationen zurück...)
14. Und damit ist im Mass, wie die beschriebenen Veränderungen in Personen und Gruppen eintreten, ein stabil neues Vergesellschaftungs-Konzept (oder -niveau, zwischen solchen, die dies Konzept teilen) erreicht - ähnlich stabil (aber erschütterbar), wie das ursprünglich angestrebte Herrschafts- bzw Unterwerfungsverhältnis. Es lautet: "Die andern werden für instandgehalten, so wie wir alles in gleicher Weise wissen, denken, nutzen, vorhersehen zu können, und deswegen sind sie uns dauerhaft ebenbürtig - es gibt kein prinzipielles Gefälle zwischen uns (und das ist das neue Prinzip). Wenn wir ihnen nicht zustimmen, dürfen wir ihren Standpunkt bzw sie als Person nicht einfach psychologisieren, sondern wir müssen es hinnehmen, dass sie eine Eigensphäre haben, in der ihre eigenen Urteile, Einsichten, Wunschvorstellungen jeweils gelten, und darum müssen wir uns da alle abgrenzen voreinander, können nicht umstandslos auf Handlungsspielräume und Besitz fremder "Eigentümer" dauerhaft zugreifen, sondern müssen die Grenze beachten. Zumindest denen gegenüber, die sich auch uns gegenüber so verhalten - sofern, solang sie es tun. Zusatz 1. Das (absurde) Gespräch, das die Kämpfenden in Gestalt der abwechselnden, aufeinander Bezug nehmenden Benutzung der zwischen ihnen stehenden und zu beliebigen Schad- und Abwehrmitteln und -praktiken umgeformten Objektivität ÜBER diese Objektivität führen - es ist, wei sehr sie sich einander dabei auch zuwenden, und wieviel Zeit auch immer sie damit zubringen, zumindest, solang es nicht zu Routine oder Ritual (ritueller Wettbewerb, Sport...) gerinnt, ein kommunikatives Handeln im Ausnahmezustand. Die Heimat auf beiden Seiten, die jeweilige Normalität, wird zwar verlassen, auch mental in den Hintergrund gerückt; aber sie existiert weiter. Das inter-subjektiv Objektive, das sich Kämpfer über viele Generationen weg erarbeiten, führt also am Ende noch lang nicht zu einer geteilten Betrachtung und kooperativen Bearbeitung der Welt, nur dazu, dem je andern und den Seinen ihre Eigensphäre zu lassen, so wie man selbst seine behält: Jene Sphäre, in der die EIGNE Erfahrung, Einsicht, Praxisregeln, Wünsche, Hoffnungen, Ängste, Erwartungen und Skeptiken gelten, mit einem Wort: die ungehemmte bornierte normalplanerische Normalität, in der dann womöglich auch noch die schönen alten Gefälle-Beziehungen des ersten Standpunkts patriarchal ausgelebt werden dürfen, gegen Kinder, Frauen, Familie, Untergebene, Untertanen - als unentbehrliche Begleiterscheinungen des Ur-Eigenen und verbliebenen Eigentums, später dann auch der Privatsphäre. Obwohl der Krieg also auf potentiell ALLES ausgreift, erstreckt sich die dort gemachte Erfahrung und Einsicht nie auf die Lebenswelt zurück - die wird der Indienstnahme für den Krieg entzogen, und da, wo sie in nutzbare Kriegsmittel verwandelt wird, zerstört, nicht in objektive, allen verfügbare, "öffentlich-intersubjektive" Einsicht überführt. Darum kann die Krieger-Einsicht dem Normalitätsidyll nichts anhaben; wäre es in der genannten Weise zerstört, hätte der Krieger das verloren, wofür er kämpft, und damit seinen Grund zum leben. Zusatz 2. (noch auszuführen!) Die Gegensphäre Öffentlichkeit, Recht, Verhandlungen etc: Aussen vs familitär
15. Die neu erarbeitete Aussen-Beziehung des prinzipiellen Einander-Anerkennens zweier solcher Eigentümer aber wäre nicht prinzipiell, wenn sie nicht (wie beschrieben) einherginge mit ihrer in blutigen Bildungsprozessen erworbenen neuen praktisch-kognitiven Grundlage. Erst dann wird sie zum "Standpunkt" (2.OPP) - zur Vor-Einstellung gegenüber allen andern Personen (Sprachfähigen, Zurechnungsfähigen, Erwachsenen...), als solchen. Anders gesagt, es muss die Überzeugung bruchlos, durchgängig ausgebildet sein: Die sind, eben weil Personen, ebenbürtig - auch wenn sie vorübergehend zurückbleiben hinter meinen (erlernten, anhand fortgeschrittner Erfahrung und deren kollektiver Verwertung ausgebildeten) fortgeschrittenen Kompetenzen: weniger wissen, gedacht haben an..., schwächer, weniger und vereinzelter, untrainierter sind - all das lässt sich aufholen. Und darum gilt, eisern: Sie haben und sollen zugestanden bekommen eine Sphäre, wo sie ihre eigenen, unter Umständen ganz anders lautenden Urteile geltend machen, und ihre Normalität entsprechend abwandeln, einrichten, und da greifen wir nicht ein ausser... es wird verabredet, also sie haben zugestimmt, sich verpflichtet usw (umgekehrt genauso). Und diese prinzipielle Anerkennung der andern (unter Umständen: der Gruppe, des grösseren Verbands, zu dem und der sie gehören, und der sie schützt usw) als prinzipiell ebenbürtig im (kriegs-technologischen) Umgang mit und Verwertung von Objektivität setzt aber auf meiner Seite genau die Trennung, die ich als den ersten Reifungsschritt im Weltverhältnis bezeichnet hatte, voraus, nämlich: Es gibt - ausserhalb der nicht-gemeinsamen Normalität (des je Eignen!) - Bezugnahmen auf Objektivität, die wir, je unabhängig vom andern, jeder für sich ausbilden und gegen einander wenden könnten, das macht die Ebenbürtigkeit aus - und dann kann man trotzdem aufgrund verschiedner erweiterter Selbste, also Lebenseinrichtungen, Reproduktionspraktiken und -techniken, Prioritätensetzungen, Rahmenregeln für sein Leben ganz andere, eben eigene (normal)planerische Konsequenzen ziehen*) (wo ist die Fussnote???) - die dürfen bloss eben nicht übergriffig werden und für ihre Verwirklichung auf fremde Handlungspielräume zurückzugreifen versuchen. Zentrale Voraussetzung dafür, dass man zu einer solch grundsätzlichen Ebenbürtigkeits-Feststellung kommt, ist, dass man tatsächlich seine eigenen Erfolge und Misserfolge (zumindest im Kampf; oder allgemein im Aussenverhältnis) so wie die der andern nach der Seite hin erklärt, dass diese (Miss)Erfolge resultierten teils aus (verkehrten) Realitätseinschätzungen und (in)adäquaten Umgangsformen mit Realität, zu denen die andern dann eben grundsätzlich für fähig gehalten werden - andererseits aus Entschlüssen, Vorstellungen, Erwartungen, was geht und was nicht, was lohnt und was nicht, also (unter Umständen unangemessenen) Entschlossenheiten auf der eigenen Seite, die aber nicht auf das Feld der andern übergreifen dürfen. Das wäre dann tatsächlich ein Wandel hin zu einer Ausdifferenzierung der kognitiven Struktur, die dem Reifungsschritt, den ich beschrieben habe als den ersten weg vom Normalplanen, entspricht. Also das muss man geleistet haben, um stabil, ohne ständig nochmal Übergriffe zu versuchen, andere als Eigentümer einer Eigensphäre anzuerkennen, diese ihnen auch zuzugestehen, und ansonsten Wechsel von Eigentum, Wechsel von anerkannten Verfügungsberechtigungen nur noch im Einverständnis zuzulassen. Und deswegen heisst das ganze ein Rechtszustand oder ein Vertragsverhältnis - Rechtszustand deswegen, weil jetzt die Vorstellung, jemand VERGEHE sich gegen diesen Grundsatz der Ebenbürtigkeit, es begründet, dass man gegen ihn da grundsätzlich um sein RECHT kämpft. Wobei das, worum man da kämpft, im allgemeinen ein an eine bestimmte Verletzung dieser Gleichheits- oder Ebenbürtigkeits-Vorstellung geknüpfte Massnahme ist: Etwas ist strittig, normalerweise sind das dann Vertragsauslegungen, die nicht beachtet worden sind, oder man hats nicht schriftlich oder vor Zeugen festgehalten, der eine hat sich dies gemerkt und der andre jenes, und dann wird tatsächlich um ein Recht (dessen "Wiederherstellung") gekämpft, und dieses Kämpfen um ein oder DAS Recht findet statt im Rahmen dieses neuen Verhältnisses, das an das frühere Herrschaftsverhältnis erinnert, ebenfalls ein Zustand, der gedacht wurde als ein STABILES Verhältnis besserer und schlechterer Erfolgs- und Misserfolgsgewissheiten an einem Substrat, das man extra dafür hergerichtet hatte - daraus ist jetzt ein Verhältnis von Entschlossenheiten geworden, um sein Recht, und damit die Wieder-Herstellung des rechts- und Anerkennungszustands, zu kämpfen.
16. Die andern mögen ja tatsächlich die Vorstellung haben, dass ihre Deutung des Vertragsinhalts, der jetzt strittig ist, die einzig mögliche und gültige ist (zB. wir haben einen Eigentumsübertrag, und da war eine bestimmte Bedingung noch gedacht, von den einen, und die andren haben sich dabei was andres gedacht - "DAS ist ja jetzt was ganz andres -wenn das SO eingeschränkt gewesen wäre, hätte ich die Entscheidung so nicht getroffen, wenn ich gewusst hätte, dass... usw") - das sind bekanntlich übliche Formen, in denen Verträge oder Vertragsausführungen nachträglich angefochten und unter sie ausdifferenzierende, stillschweigend mitgedachte Bedingungen gestellt werden, - und da gibt es jetzt das Verhältnis nur noch der Entschlossenheiten, das einen Unterschied begründet: "IHR mögt ja vielleicht genau dieselben MIttel haben wie wir und auf alles kommen können, ebenso wie wir - aber wir sind gerade viel empörter als ihr, und deswegen müsst ihr uns jetzt ein Zuegständnis machen, andernfalls..." Eine ähnliche Kategorie ist übrigens auch schon die Bereitschaft, im Rahmen einer Vertragsabsprache eigene Leistungen zu erbringen - ich verspreche etwas, verpflichte mich zu etwas. Auch das ist eine Entschlossenheit angesichts einer in Aussicht stehenden Gegenleistung, ich will was, so sehr, dass ich dafür bereit bin soundsoviel zu geben, und diesen Entschluss muss ich dann durchhalten, und es ist dann immer so die Frage: Hält jemand seine Versprechen, seine Selbstverpflichtung zu einem früheren Zeitpunkt so durch? und auch da spielt die Entschlossenheit, das Erweiterte Selbst, eine Rolle - das begrenzt wird durch das Kern-Selbst KS, wo man sich fragen kann: Wie KANN er das überhaupt durchhalten (wollen) - ist das überhaupt sein Bedürfnis, kann er das überhaupt auf Dauer so sehr wollen, oder will er es bloss im Augenblick so stark, wird sich das aber durchhalten , wird er seine Leistung daran bemessen, die zu erbringen er versprochen hat, oder wird sie irgendwann zu gross erscheinen - also: Kann er das unter seinen (letztlich: leiblichen) Voraussetzungen (in Anbetracht seiner Gesamtbeanspruchung) durchhalten wollen?
17. Hier beginnt sich also die zweite Unterscheidung abzuzeichnen, die nämlich, die ich als den zweiten Reifungsschritt beschrieben habe, dass man sich fragt: KANN jemand überhaupt, aufgrund seiner Kern-Selbst Grenzen - seiner sonstigen Beanspruchtheit auch - das leisten: Ein entschlossen zugesagtes Versprechen, auch das Versprechen, um etwas zu kämpfen, sich etwas zu holen, für eine Forderung in den Kampf zu ziehen und zu kämpfen, sich einzusetzen dafür, und dem andern mehr schaden, als dass es für den noch lohnend sein könnte? - Diese Unterscheidung, in die auch dritte und vierte sich einmischen können, zumindest gedanklich, und sich fragen können: Zwei Konfliktparteien - halten die überhaupt, was sie da einander versprechen oder androhen - diese Kategorie, von der man sagen kann, dritte und vierte wissen es unter Umständen besser oder können darüber genauso mitreden, weil es etwas Objektives hat, wiel es vom Kern-Selbst der betreffenden handelt, soweit die es bereits dauerhaft unter Beweis gestellt haben - diese Kategorie, von der man zumindest hypothetisch annehmen kann, dass sie die bestimmende ist - der Handlungsfreiheit, also auch der langfristigen solchen, Grenzen zieht - die Kategorie, die das beinhaltet im Gegensatz zu den Entschlüssen, die jemand hat, und die er stützt mit seiner Entschlossenheit (oder Empörtheit) - diese Kategorie heisst: das INTERESSE. Das ist etwas objektives; und damit habe ich in gewissem Sinn auch schon die Vergesellschaftungsform benannt, in der diese Kategorie auftaucht, in Wirklchkeit aber hängt sie mit mit etwas ähnlich Objektivem zusammen, nämlich eben diesem Kern-Selbst, das den Entschlüssen vorausliegt, dem also, was man an Reserven mobilisiert, im Rahmen einer bereits eingerichteten Normalität, aus er man herkommt, und was man im Gegensatz dazu (vor allem, wenn man aus ihr heraustritt, in den Ausnahmezustand, an den Berührflächen mit anderen und deren "Normalitäten") tatsächlich durchhalten kann - und was man Leuten zutrauen kann an Versprechen, die sie halten werden, weil eben entweder ihr Antrieb, da was zu erreichen, erwartbar stark genug ist, oder aber, weil man feststellen muss: Das werden sie nie tun, ihnen wird damit zuviel abverlangt (sie selbst verlangen sich zuviel ab), als dass das noch irgend lohnend erscheionen könnte: das werden sie nicht durchhalten. Sie haben ihr Versprechen gegeben, das hat vielleicht eine sehr grosse Reichweite, eine sehr lange Frist, oder sie versprechen womöglich noch für ihre Kinder, Nachfolger, Erben mit, das soll alles durchzuhalten sein, aber wer jetzt urteilt darüber, stellt fest: das halten die nicht durch, oder sie werden was anderes wollen auf Dauer - normalerweise kennt man ja diese Erwägungen aus politischen Vertragsverhältnissen - wo etwas zugesichert wird, und das daraufhin nochmal begutachtet wird gerade auch von Unterhändlern, Diplomaten, ob das durchzuhalten ist, ob die zusichernde Partei das ernstmeinen kann - und dieses Limitierende, also das Erweiterte Selbst einer Person, die jetzt wirklich in ihr momentanes Zweckgefüge, ihr momentanen Zielgefüge eingebunden ist, gemesen an dem, was überhaupt diese Person im Laufe ihres Lebens gezeigt hat - dieses Relativieren ihrer momentanen Absichten uind Entschlossenheiten an dem, was langfristig von ihr zu erwarten ist - das ist der Grund für die Kategorie und Zuschreibbarkeit von Interessen im Gegensatz zu dem, was die Betreffenden momentan an Zielen und Entschlüssen bekunden.
18. Dieses rationale, kühle Interessen-Abschätzen, wo man selber sich zwar noch einfühlt in eine momentane Affekt-Situation, aber statt Partei zu ergreifen, immer schon darüber hinaus ist - das lässt sich jetzt natürlich ausdehnen auf ein immer umfangreicheres Gefüge von momentanen Forderungs-, dabei aber auch langfristigen Interessenträgern - bei denen man (als Regierender oder mit-denkender Staatsbürger) anfängt zu rechnen, was denn eigentlich von diesen Forderungen aneinander stabil ist, und was in Wahrheit untragbar ist, im Sinn von: "Da können sie jetzt noch so sehr zusagen, dass sie das mitmachen, aber das werden sie auf Dauer nicht durchhalten, da wird man ihnen auf Dauer weitere Zugeständnisse machen müssen" - diese Art von Räsonnement ist typisch für politische Menschen, die es allerdings eben auch mit einer Pluralität von Interessenträgern zu tun habe3n, die momentane Entschlüsse bekunden, die also mit mehr oder weniger Entschlossenheit in mehr oder weniger stabilenVertragsverhältnissen zu andern stehen, also einer Rechts- und Eigentumsordnung (das ist dann schon eine sehr weit fortgeschrittene Form von Vergesellschaftungs-Normalität (Arbeitsteilung, regulären Begegnungen, möglichen Konflikten und Forderungen aneinander), die womöglich hoch differenziert ist. und wo die ganze Normalplanung nicht mehr selbstbezogen sein kann, und die Berührung mit andern ein Ausnahmefall, sondern wo man nicht einmal nur "im Interesse" seiner Familie oder Stammes denkt, sondern - weil man sich selber als Mitgleid einer grossen Gemeinschaft weiss - "im Interesse" (an Selbsterhaltung, Propserieren usw) dieser ganze Gemeinschaft - denkt, was die tun und lassen sollte - und ob deren faktische Führung richtig entscheidet oder falsch, ob da Rechte berechtigt, legitimiert sind und als solche berücksichtigt werden, oder ob jemand (womöglich man selbst, oder die eigne Gruppe) auch unter Wägung aller Umstände "zurecht" weiter empört ist, dass das jetzt so verlaufen ist usw. All diese Verhältnisse werden jetzt nochmal überboten mithilfe von langfristigen Verlaufs-Erfahrungen zur Beantwortung der Frage, was eigentlich Menschen im allgemeinen, und diese Leute im besonderen wohl durchhalten werden von dem, was sie aktuell versprechen oder androhen. Und was uU künftig von ihnen an Versprechen und Androhungen zu erwarten ist, weil sich das notgedrungen in eine bestimmte Richtung entwickelt. Dass man das besser wissen kann ja muss als sie selbst - das gehört alles mit zur Kategorie "Interessen erkennen" (sich nicht mitreissen lassen von Affekten, nichtmal eigenen; "unparteiisch" bleiben und urteilen) dazu. Natürlich kann man sowas auch individuell, in einem Rechtsverhältnis, in dem man selber steht, reflektieren, und also dann klüger sein als die andern, der klügere sein der nachgibt - aber so richtig betätigen wird sich dieses reife Räsonnieren und Messen von bekundeten Absichten an Erwartbarem,... ((denn so könnte man die Unterscheidung zwischen Entschluss und Interesse auch beschreiben: was Leute voneinander fordern, wird gemessen an dem, was von ihnen dauerhaft in diesem ihrem Forderunugsverhältnis zu erwarten ist - es ist also kurz gesagt der Unterschied zwischen Forderung eines Gefordertem, und dem, was daran zuverlässig erwartbar haltbar ist)) ...erst in der Staatsverwaltung, und sich erst dort bemerkbar machen; und deswegen wäre das also das Betätigungsfeld, in dem diese Kategorie: Interesse, Interessengefüge, erst so richtig zur Entfaltung kommt - in einer Eigentumsordnung von Interessenträgern (stabil Berechtigten Verpflichteten), deren Interessen in allfälligen Konfliktlagen ständig neu stabilisiert, "ausgeglichen" werden müssen untereinander, Klassen, Kompromisse usw - das gehört alles zum STAAT dazu.
19. Im Zusammenhang mit dem allen kann man eine letzte Überlegung anstellen, und die betrifft eine weitere Triade, eine Dreizahl von Stufen, die zu tun hat mit BEFRISTUNGEN. Erfahrungen, die Zwecke, Ziele, Pläne ändern, die ein punktuelles Entgleisen einer Zielausführung, an einer Stelle betreffen - oder die dazu herausfordern, die Prioritäten oder sogar die Rahmenwerte zu ändern - diese Erfahrungen haben sehr unterschiedliche Dauern. Das eine passiert einem irgendwie im Alltag - da liegen die dem über- und vorgeordneten Pläne und Ziele fest, und damit natürlich die Rahmenmarken und die Verteiluing von Budgets auf Ausführungsroutinen. Aber wenn es um diese Ausführungsroutinen geht, und das Hin- und Her-Schieben und Verteilen von Ressourcen-Teil-Budgets zwischen ihnen - dann braucht man schon eine längere Erfahrung - und einen längeren Plnungshorizont. Pläne sind ja oft solche, in denen man es auf etwas anlegt, das nicht sofort erreichbar ist, wo man vielleicht vieles versuchen muss, und dann - so kann man sagen - geht das weit über die Alltags- und Lebens-Horizonte hinaus, es sind womöglich Zielsetzungen berührt, die zumindest aus Sicht des Einzelplanenden sein ganzes Leben ausfüllen können - und schliesslich, soweit es Pläne betrifft, kann es sich um Zielsetzungen handeln, und natürlich auch Rahmensetzungen und Erwartungswerte, die Biografien-übergreifend formuliert sind, wo man also sagen kann: da haben Leute schon dran gearbeitet, da hat es dich noch garnicht gegeben - du bist also in eine Reihe von Generationen gestellt - das Projekt wird weitergetrieben, es wird dich persönlich überleben, es wird an dem Ziel weitergearbeitet werden, und es ist unbestimmt, wieviele, welche Leute wie lang daran weiter arbeiten werden. Für diese drei "existenziellen" Zeithorizonte hatte ich bereits Namen vorgeschlagen, ich wiederhole: Ich nenne also die Alltagseinrichtung von Leuten in dem Zeithorizont, in dem sie sich da bewegen (quasi von Episode zu Episode), also die langfristige Alltagseinrichtung, die sie sich zulegen im Rahmen einer Normalität, ihre IDENTITÄT, das was sie im weitesten Zeithorizont, für den sie überhaupt planen können, maW was sie in ihrem Leben erreichen wollen (oder als erreichbar vorstellen), ihren LEBENSENTWURF... - der natürlich in entwickelten Gesellschaften sich abspielt ...IM RAHMEN EINER... Gemeinschaft, einer Gesellschaft, also einer kollektiven ...LEBENSFORM. Die Leute, mit denen ich potentiell, als meinen Zeitgenossen, überhaupt je zusammenkommen kann oder Berührung haben, sind die ungefähr Gleichaltrigen meiner "Generation", aber auch die noch lebenden Vorgänger, und die in diesser Zeit geborenen Nachkommenden, die mich überleben - der ganze Generationsbegriff ist also die Verzeitlichung der Vorstellung, mit wem ich überhaupt noch zu tun haben werde oder hatte, sodass es präziser heissen müsste: Lebensentwurf im Rahmen der Lebensform meiner Generation - was ich in diesem Rahmen versuche selber beizutragen für mich und andre, ist mein Lebensentwurf, den ich mir vorstelle (während ich zeitgleich bestimmtes (nicht) erwarte, in diesem Zeitrahmen). Das Übergreifende schliesslich, in das diese Lebensentwürfe eingestellt sind, ist eine INDIVIDUALITÄT - so sage ich dazu, weil es gewissermassen immer noch ein Singuläres ist - an dem zwar ganz viele Leute beteiligt sind, die diese Individualität teilen können - unbestimmt viele können diesen Plan, biografien-übergreifend, teilen und ihre Lebensentwürfe darauf ausrichten. Das kann aber zur Not ein Projekt sein, dem sich jemand verpflichtet fühlt, das sonst überhaupt niemand andres teilr (noch nicht; oder niciht mehr) - auch so kann eine Individualität sein. Sie ist also wiederum etwas, das zunächst nur der Einzelperson angehört, aber im allgemeinen, "unter Normalbedingungen", ist es natürlich etwas Gesellschaftliches, das von Gruppen vertreten wird, die sich erwarten, dass andre das fortsetzen, was sie begonnen haben, und die vielleicht auch ihrerseits fortsetzen, was andre begonnen haben vor ihnen.
Soweit für heute.
Vortrag 3e: Formen des Autoritären. Die speziell kognitive Seite der Standpunkte
1. Jetzt möchte ich zunächst ein paar Kommentare sprechen zu den entwickelten drei Stufen, denn so wie das bisher dargestellt wurde, ist es natürlich nicht ausreichend. Ich hatte gesprochen von den beiden Reifungsschritte, zum einen, dass tatsächlich die Bedingungen für Objektives und die für subjektives Überrascht-werden-Können, getrennt behandelt werden - das war der erste Fortschritt in den 2.Stp, und dass eben diese auf die Erweiterten Selbste, diese Verfasstheiten von Leuten, die in eine bestimmte Normalität eingespannt sind, und deswegen eine bestimmte Budgetverteilung haben, zurückgehenden Selbst-Verpflichtungen und Forderungen reduziert werden auf das, was sie tatsächlich halten können - das war der 2.Fortschritt. Vor allen Dingen möchte ich darauf hinweisen, dass man nicht überbewerten sollte, was die Rationalität der Sachurteile dabei betrifft. Nach wie vor sind diese Sach-Beurteilungen nur erst einmal von mehr oder weniger grosser Überzeugtheit begleitete "Meinungen" (eigentlich: Hypothesen), die sehr stark zu tun haben mit einer Fortschreibung der jeweiligen Normalitäts-Erwartungen derer, die sie vertreten - oder aber Ausdruck sind ihrer Beeindrucktheit durch das "Ausmass" ihrer Überraschtheit durch unerwartete Entwicklungen - nur, dass dies Meinen jetzt verbunden ist mit dem Zugeständnis, dass es eine Eigensphäre für die Andern, Fremden, nicht zur eigenen Binnengruppe Gehörenden geben soll, wo DEREN Meinungen uneingeschränkt gelten dürfen. Man geht also davon aus, dass niemals prinzipiell die "eigene" Autorität (im Normalfall die Autorität der eigenen Gruppe) oder die Geltung der eignen Erwartungen bezüglich Erfolgen und Misserfolgen grundsätzlich, "ein für alle Mal", gegenüber einer andern Gruppe oder Einzelnen durchgesetzt werden kann. Zu solchen, denen gegenüber man diesen Versuch prinzipiell aufgegeben hat, hat man dann ein "Rechts- bzw Vertragsverhältnis". Natürlich kann man, ausgehend von seiner Eigensphäre, Verträge im Einverständnis mit andern abschliessen, sich verbindlich zu etwas verpflichten (darum der Titel Vertrag, Vertragsverhältnis, unter dem dieser 2.Stp läuft); ein bestimmtes Vertragsverhältnis, also dass man etwas fordern darf, dazu berechtigt ist, die andern verpflichtet sieht oder aber auch sich selbst - dies Verhältnis kann auch einseitig von einem selber etabliert werden, ohne dass die andern zugestimmt haben, weil etwa aus der eigenen Sicht etwas die andern verpflichtet, was "schon an sich" so überwältigend ist, dass man eben tatsächlich dazu legitimiert ist, es zu fordern (so dass es Priorität haben muss vor jedem andern Vertragsinhalt.) ((Übrigens: Der 1.Stp. so könnte man sagen, beruht auf der Erlaubnis oder Lizenz, bestimmtes erwarten zu dürfen und mit anderm nicht rechnen zu müssen - dies Rechthaben von vorneherein soll von Aussenstehenden, die für dazu nicht imstand/bereit erklärt werden, anerkannt werden. Wohingegen der 2.Stp sich komplett darum dreht, von andern Verwendung eines bestimmten Teils ihres Handlungsspielraums oder Ressourcenbudgets auf bestimmte Aufgaben (die man ihnen zur Not von aussen stellt) fordern zu dürfen, und umgekehrt bestimmte Forderungen zurückweisen zu dürfen und nicht verpflichtet zu sein - die andern verpflichten zu dürfen, oder selbst sich verpflichtet zu fühlen, die andern nicht zu verpflichten. Im 3.Stp. wird das dann weiter eingeschränkt auf die (Selbst)Verpflichtungen, die nachvollziehbar, auf Dauer realisierbar und durchhaltbar erscheinen: Gefordertes, dessen Realisierung erwarten werden KANN...))
2. Sofern sich aus Wahrheit oder Falschheit einer Sachverhalts-Behauptung einer der beteiligten Parteien eine Verpflichtung ergibt - oder eben keine - , folgt daraus dann auch, dass man sie verpflichten "darf" - nicht nur zur Zustimmung zu dieser Einsicht, spätestens, nachdem man alles gesagt hat, was einem selber dazu einleuchtet (gern aber auch ohne das, einfach unmittelbar die Zustimmung fordernd), sondern gleich anschliessend ihr auch noch das (nach eignem Urteil) daraus resultierende Handeln abverlangen darf. Das ist - so könnte man sagen - der Kernbestand des autoritären Forderns: unmittelbar wird eine Erkenntnis gefordert, unabhängig davon, ob und warum der andere sie einsieht oder nicht - er soll es einfach anerkennen, dass es stimmt, was man sagt. Das Interessante ist, dass man sich ansonsten auf diesem Standpunkt so wenig wie auf dem ersten Standpunkt um eine wirkliche Vermittlung mit den Standpunkten der andern, mit den Einsichten und dem Wissen der andern bemüht. Sondern immer nur das wird von mir gesagt, was mir jetzt unmittelbar einleuchtet als Differenz - als das, was ihnen gesagt werden muss, weil sies vielleicht noch nicht wussten - alles andere ist schon zuviel. Das war früher, auf dem ersten Standpunkt der Auftakt zum Psychologisieren - jetzt, auf dem 2., ist es der Auftakt zum verpflichtenden Fordern, und dies Fordern hat seine Quelle ganz und gar im eigenen Budget! Das ist also jetzt Thema, dass ich nämlich zwei Konsequenzen ausrechne, die eine, wenn ich nichts tue, dich gewähren lasse, weil ich dich bei deiner (wie ich glaube) falschen Einsicht belasse - was hat das für Konsequenzen, also solche, mit denen ich einfach so nicht gerechnet hatte oder jetzt rechnen würde - damals, bei Vertragsabschluss, oder bisher habe ich nicht damit gerechnet, und jetzt wird mir das deutlich, und ich sehe jetzt tatsächlich die Konsequenz, wenn ich dich zwinge oder tatsächlich den Aufwand treibe, dich unter Druck zu setzen, und ich setze das jetzt auch noch ins Verhältnis dazu, dass du dich wehren musst, und dann vielleicht Konsequenzen tragen musst, und wenn da das Missverhältnis ganz stark ist, dass nämlich meine Empörung deine Gegenempörung und deine Faulheit und deine Weigerung, die Konsequenzen dieser Einsicht zu tragen, bei weitem überwiegt - dann sehe ich mich erst recht legitimiert - das ist natürlich alles eine Frage der subjektiven Empörtheit, die mich dazu bringt, meinen ganzen Handlungsspielraum darauf zu verwenden, dir diese Forderung nahezubringen, und die ganzen Bemühungen zu unternehmen in möglichst dramatisch-zuspitzenden und drohenden Formen, also dich zu sanktionieren usw. Das ist das Mass, das ich ins Verhältnis setze zum Ausmass der von dir zu erwartenden Reaktion, und das ist es, was mich zugleich legitimiert, die Legitmation liegt in dem Fall am oder im Mass des Überwiegens meiner Empörtheit - also meines Gefühls, dass du verpflichtest bist oder dass man mich nicht verpflichten darf - das ist dann schon gleich die Gegenreaktion, also ich unterstelle durchaus, dass du dich wehrst, dass du auch eine Vorstellung hast, aber die ist soviel geringer mit "Gefühlen" unterlegt, und deshalb überwiegt meine Bereitschaft, für diese Durchsetzung einer Verpflichtung dir gegenüber, einer Forderung, und zwar einer legitimen Forderung, auch zu kämpfen. Und deswegen - das ist jetzt endgültig die Schleife - ist das natürlich auch gewaltträchtig, auch wenn man hier um etwas anderes kämpft, als auf dem eigentlichen Gewalt-Stp., dem 1.Stp - man kämpft hier nicht mehr um Anerkanntwerden als prinzipielle Autorität, der immer zu folgen ist bei allem, weil die andern diese Einsicht nicht haben und sich nicht einfach unterwerfen, und auch nicht in diesem speziellen Punkt meine Erwartung übernehmen - aber man kämpft um die Anerkennung einer Forderung als legitim, oder einer Einsicht als glaubwürdig, und somit um Anerkennung aller daraus erfolgenden Verpflichtungen (mit der Konsequenz, das pflichtmässige Handeln dann auch auszuführen). Das ist hier also zur Not immer noch gewaltträchtig, und findet in dieser Form in historischen Zeiten zwischen entsprechend eingestellten Personen statt, die sich zunächst und grundsätzlich wechselseitig respektieren. Wobei es den Nichtrespekt, gegenüber Dritten, die man garnicht erst verpflichtet (sondern denen man einfach befiehlt) immer auch noch gibt. Je gegenüber verschiedenen Einzelpersonen oder Gruppen kommen die beiden Standpunkte bzw zu ihnen je eingenommenen Standpunkte gleichzeitig vor. (Mit dem Unterschied, dass Legitimierungen von Forderungen für nötig gehalten werden gegenüber solchen, die man IM PRINZIP anerkennt...)
3. Wenn der prinzipielle Respekt verloren gegangen zu sein scheint (was sich daran zeigen könnte, dass die einem selber glasklar gegenüber "den Andern" legitimierte Forderung nicht befolgt wird nach Anerkennung (Beherzigung, mit praktischen Konsequenzen) eines Inhalts, von dem ich überzeugt bin, oder gleich einer Forderung, die ich erhebe) dann fällt man sowieso in den ersten Kampf zurück, dann kämpft man erstmal wieder oder erstmals um Respekt - dann kämpft man für Wiederherstellung seiner Ehre, und dafür, das man in diese Art Diskurs des wechselseitig Sich-Verpflichtens aufgenommen wird. Also dass man einer Erörterung seiner Pflichten und Forderungen überhaupt wert ist. Sonst sind die andern bloss Befehlsempfänger, zu denen ich das Verhältnis aus dem 1.Stp habe (oder herzustellen versuche): Ihr seid garnichts, ihr habt sowieso zu gehorchen, weil ich derjenige bin, der sagt was zu erwarten richtig ist,und zwar grundsätzlich immer. (Oder wir, als Gruppe, Verband, Regierung...) Was man vielleicht hier auch noch anmerken muss, ist: Selbst wenn jetzt auf diesem zweiten Standpunkt die Debatten über die Budgets gehen, und wie die zur Not umverteilt werden sollen entsprechend den legitimen Forderungen einer der Parteien - gilt natürlich immer noch, dass es sich um eine Vorgabe handelt im Rahmen dieser Normalplanerischen Denkform, hinsichtlich dessen, was zu versuchen ist. Also die Routine, die da eingerissen ist unter den Leuten, die sich zu solchen Debatten und solcher Art von Forderungen nur noch vorarbeiten und auf Forderungen nach Art des 1.Stp grossenteils oder ganz verzichtet haben - ist nach wie vor intakt, nämlich dass sie jetzt Praxisentwürfe, eben vor allen Dingen ausserhalb einer Routinepraxis, aber zur Neueinrichtung einer solchen, konstruieren aus ihrer Realitätseinschätzung - eine Bedingung ist eingetreten, die Neujustierung einer Regel erfordert, oder eine Befindlichkeit ist anders, und auch daraus resultiert Veränderung (zb Ausdifferenzierung, je nach Bedingungen) einer Regel, und aus diesen beiden Erlebnissen bzw darauf beruhenden Regelanpassungen setzen sie etwas zusammen, was eben tatsächlich im bezug auf das (immer wieder) Nächst-zu-Tuende, -zu-Wissende, -zu-Könnende usw einen Unterschied macht. Nach wie vor, wie man sieht, bewegen wir uns dabei in den und durch die drei Stufen des Entscheidungsschemas, wir sind immer noch erstmal an den Modifikationen einer Routinepraxis, soweit sie Neugestaltung von Zwecken betrifft, also auch von Zielen ((ich bitte darum, das Entscheidungsschema nochmal neu aufzuschlagen, und sich das zu vergegenwärtigen)). Das heisst, mit den neu zu justierenden Zielen, an denen mitzuwirken eben Gegenstand der legitimen Forderung auf dem 2.Stp ist, wird natürlich auch die Gestaltung der darunterliegenden Zwecke mit beeinflusst. Und natürlich hat jemand, der auf dem 2.Stp Forderungen erhebt und Verpflichtungskonstrukte durchsetzen möchte - auch noch auf der Stufe darüber seine jeweiligen Grenzmarken für das zu Erwartende, bezüglich dessen, was geht, was nicht geht, was man auf jeden Fall berücksichtigen muss als Gefahr, als Risiko und was nicht - diese Grenzmarken also bestimmen obendrein auch noch alles, was "unter" ihnen stattfindet.
4. Und nun kommt also der 3. Stp dazu. Der ist zunächst*) komplett darauf angewiesen, dass überhaupt irgendwo in der Welt "legitime" Forderungen erhoben werden - weil das, was daran tatsächlich nachvollziehbar Interesse-begründet ist, und was emotionaler, auf Dauer unhaltbarer Überschuss, voraussetzt, dass es überhaupt Material gibt, an dem man diese Unterscheidung machen kann. Vielleicht kann man etwas wie eine Randzone an erwartbaren Empörungs- und Berechtigtheits- und Verpflichtungs-Debatten erwarten, aber im grossen ganzen bezieht sich das alles auf ein Material, das aus der zweiten Stufe stammt. Sogar diejenigen, die hier selber Auswahlen des "Interesse"-begründet Haltbaren treffen, können (oder müssen sogar) im bezug auf ihre eigenen Forderungen sagen: Ich mag momentan noch so empört sein, es ändert aber nichts daran, ich kann es von den andern nicht verlangen, sie werden es nicht tun, ich erwarte schon im vorhinein, dass sie meiner Forderung nicht nachgeben. Oder aber, umgekehrt: Da werden sie nachgeben MÜSSEN, egal wie, denn das ist eben tatsächlich mein Interesse, und jenes ist ihr Interesse, und so ausbalanciert ist das gewissermassen haltbar. All das ist eben nicht mehr bloss ein reines Empörungsverhältnis, mit den wechselseitig sich aufbauenden "Empörungsüberschüssen", die eben gewissermassen die in die Sache investierten Budgets der Erweiterten Selbste, der naiven, politisch unreifen Bürger, die aufeinander losgehen, oder der Rechtssubjekte verkörpern. Sondern da ist in der Tat etwas, das (auch nach reiflicher Überlegung und der Betrachtung der wirklichen Anforderungen, die die Leute zwingen, sich zum Ausfechten ihrer Ansprüche umstellen, ihren Alltag darauf abstellen zu müssen) sie überallhin mitnehmen werden, es sind ja gewissermassen ihre anthropologischen Konstanten, ihre Kernselbste eben - etwas, das es begründet, warum auf Dauer erwarten kann, dass sie dieser Forderung (der andern) auch tatsächlich entsprechen, oder sie (als eigne) durchsetzen werden. Und das verrückteste an der ganzen Sache ist: Dass genau das wiederum beinah eine Lüge ist, weil man durchaus erwarten kann, dass die andern unvernünftig sind, und gegen ihre Interessen (und gegen den Kompromiss, im Interesse von uns beiden) handeln, dass sie also mit ihrer Empörung zur Not sterben, und man selber (als Vertreter seines Interesses, oder, als Vermittler, bezüglich des "höheren" Interesses ihres Konfliktpartners, das ihrem entgegensteht) zur Not auf dem Standpunkt stehen muss: Du warst zwar extrem empört, aber deine Forderung ist dennoch nicht haltbar, im Vergleich zu dem, was der andere fordert, und ich als Schlichter muss nun dazwischengehen und dir das abverlangen. Da mag also einer weiter empört sein über eine Mediations-Entscheidung, einen Vergleich, oder etwa über ein Gerichtsurteil, das die involvierten Interessen, aber (hoffentlich) nicht seinerseits interessengeleitet, unparteiisch ausfindig gemacht und zu bestimmen versucht hat, dass eben eine Forderung eben nicht in dem Ausmass, wie die Empörtheit der Partei das nahelegt, berechtigt war und aufgestellt werden konnte, und wenn sich die Parteigänger dieser Forderung noch so aufregen. Es können über einen solchen Richtspruch sogar BEIDE Parteien gleich stark empört sein, wenn auch eben aus entgegengesetzten Motiven, vor allem, wenn nun diese dritte Partei dazwischengeht und die Streitbeilegung im Sinne ihrer Entscheidung erzwingt. *) zu dieser Einschränkung vgl. Anm. am Ende von §6
5. Die Denkweise dieser Art Mediation, Richtspruch, ist natürlich, ins Allgemeine verlängert, die des Staats. Zunächst einmal ist es die der unparteiischen Rechtsprechung, die zwischen zwei empört vorgetragenen Anliegen vermittelt, und darum kommt eben tatsächlich diese relative, unaufgeregte Vernünftigkeit ins Spiel, wo geschaut wird, was von einer für berechtigt gehaltenen Forderung denn eigentlich überhaupt haltbar sein wird, es sind also wieder die beiden Zentral-Kategorien von Forderung und Erwartung im Spiel - der Unterschied zwischen Forderungen, bei denen man erwarten kann, dass sie auch erfüllt werden, und die, von denen man das nicht erwarten kann. Wir hatten, wenn man sich erinnert, am Anfang die "eignen" Erwartungen, bezüglich deren man (vermeintlich) fordern /oder eben gleich mit-erwarten) konnte, dass andre (die als solche für in der ein oder andern Hinsicht unmündig erklärt wurden) sie sich grundsätzlich (spätestens nachdem sie unsere Befähigung zu "überlegener" strategischer Erfolgsschätzung erfahren haben) zueigen machen werden, und dann verwandelte sich das in die Forderungen (und die begründende Behauptungen und empörte Anliegen), die man einfach für legitim hält, sodass sie den Adressaten, sogar gegen deren Willen, einleuchten MÜSSTEN; und nun kommt das Nachdenken darüber, was an einer Forderung (wie legitim auch immer) denn eigentlich überhaupt durchsetzbar sein wird, auf Dauer. Dieses "auf Dauer" mag dann tatsächlich dem Reifezustand derer entsprechen, die so herumräsonnieren -. aber das muss nicht eine Resonanz finden aufseiten derer, die so beurteilt werden (womöglich sind das sogar gleich zwei Konfliktparteien, die sich eigentlich streiten, aber erst recht gemeinsam gegen den von uns vertretenen Schiedsspruch Front machen) - sodass da schon wieder eine Gewaltursache, eine Quelle für Auseinandersetzungen entstanden ist (noch dazu eine, die es ohne diesen Interesse-Abgleichs-Standpunkt garnicht gäbe), weil die fortgeschritten-reifen, die interessegeleitet kühl Forderungen auf ihren Interesse-Gehalt prüfen und gegenseitig abwägen, irgendwelchen Hitzköpfen gegenübertreten, die empört auf ihrem Recht beharren, und Kohlhaas-mässig das grosse ganze, in dem auch ihr Anliegen bloss eins unter vielen ist, nicht berücksichitgen. Die Grössenordnung des Anwendungsgebietes für diese ganze Logik ist eigentlich im Grund genommen zweitrangig für das Prakitizieren dieses Mediations-Standpunktes, der besteht auch meist garnicht in echtem Aushandeln (ausser zwischen offensichtlich ebenbürtigen Gegnern, dann muss die Mediation "diplomatisch" vorgehen...), sondern es ist nur immer wieder ein Neujustieren, Neubewerten von Forderungen und Empörtheiten und Überzeugtheiten im Angesicht dessen, was daran wohl haltbar ist. Trotzdem muss man sagen, es geht ab da eine Art von Klugheit, Wissen, reifem Verständnis und Urteilsvermögen ein, das natürlich auf einen Erfahrungsbestand zurückblickt, zurückgreift, der nicht mehr selbstverständlich allen, etwa allen Erwachsenen einer Bezugsgruppe, zugänglich ist. So wie nebenbei natürlich schon das Anerkennen einer Eigensphäre, und dass man die andern nicht einfach unterwerfen, überrollen, übergehen kann, auch auf eine gewisse Erfahrung zurückblickt, die natürlich auch wieder verlorengehen kann, oder nicht weiter tradiert wird. Es sind also zwei Bildungstufen, die hier erreicht werden, die durchaus Unterricht, durchaus Vermittlung etwa in einer herrschenden, einer Aristokratenklasse, voraussetzt, deren Nachwuchs da diplomatisches Benehmen und Achtung und Respekt für die betreffenden Gegner, mit denen sie es zu tun haben werden, gelehrt bekommt, und auch die eindrücklichen Gründe, die Geschichten und Geschichtserfahrung, die dahinter stehen, also was passiert, wenn man sich über die Vernunftschranken hinwegsetzt - etwa die endlosen Kriege der Vergangenheit. Und das wiederholt sich natürlich, wenn es zum dritten Standpunkt, zur "Staatsräson", weitergeht.
6. Das hat Konsequenzen: Auf dem 2.Stp hatte jede Partei ihre optimistischen und pessimistischen Grenzmarken - sie sieht Chancen für das Kollektiv insgesamt, das sie bildet mit denen, an die sie "berechtigte Forderungen stellt, und die orientieren sich an den subjektiv vorgegebenen optimistischen und pessimistischen Grenzmarken, Erwartungen, was ginge, wenn die andern jetzt hier meiner Forderung genügen würdest, da würde ich oder wir soviel weiterkommen, und/oder wir wenden eine Gefahr ab, die wirklich gross ist, und dies Setzen der Grenzmarken kann man natürlich nochmal anders denken, wenn tatsächlich das Gefüge aus Interessen vieler verschiedener Gruppen berechnet wird. Das sind dann wirklich die endgültig unüberbietbar "höchsten", alle andern umfassenden Grenzmarken, die letztlich einzig berechtigt sind, und das im grossen Masstab gedacht, ist dann so etwas wie die Staatsräson. Anm. Hier immer im Gedächtnis behalten: Interessen sind Derivate von auf dem 2.Stp. begründeten Forderungen - tatsächlich vorgebrachten, oder solchen, mit denen gerechnet wird - die auf ihre "Haltbarkeit auf Dauer" im Rahmen des Gesamt aller andern solchen Forderungen geprüft werden. Bei Haltbarkeit geht es dann leider nicht nur um Dringlichkeit der Anliegen, sondern auch um die DurchsetzungFÄHIGKEIT, auf Basis des "Eigenen", über das ein Durchsetzungswilliger (Empörter, Entschlossener) verfügt. Die Erfahrungsbestände, die solchen Reifungsschritten und den dafür zu vermittelnden Kenntnissen zugrundeliegen, haben unterschiedliche Länge und Themen: Wer nur überhaupt (um jemand andern vom 1.Stp. wegzubringen) erstmal erzählen will, dass ein Krieg (zumindest gegen bestimmte Gegner) einfach nicht zu gewinnen ist, der erzählt nunmal sehr viel von Kriegen, kriegerischen Situationen und Schlachten - wie man sich gemessen hat, und das immer zu nichts führte, Episode reiht sich an Episode, wo überraschenderweise, für Normalplaner sehr wichtig!, die anderen doch noch einen Ausweg gefunden haben, oder ganz anders, die waren so überlegen und dann sind sie doch geschlagen worden... diese Art Geschichte wird da erzählt. Man erzählt Episoden aus einem längeren Verläuf, und malt damit ein Gemälde von nichtgewinnbaren Auseinandersetzungen grundsätzlicher Art - also wenn sie dieses Ziel haben, ein für alle Mal die andern unterdrücken, wehrlos machen, zu "beherrschen". Und die nächsten malen dann im Vergleich dazu ein Gemälde aus solchen Verläufen, wo Hartnäckigkeit sich ausgezahlt hat, wo tatsächlich diejenigen, die berechtigt waren, schliesslich sich durchgesetzt haben, weil andere sich ihnen angeschlossen haben, die Berechtigtheit eingesehen haben usw - und schliesslich kommt dann noch der Erfahrungs-Bestand, der der (Interessen-bestimmenden, Interessen-abwägenden und -vergleichenden) Staatsräson zugrundeliegt, oder einer solchen, einer Rechtsprechungsweisheit zugrundeliegt, und in dem wird beispielsweise erzählt, wie das eigentlich ausgegangen ist, wenn Leute versucht haben, legitime Ziele durchzusetzen oder ein Versprechen gegeben haben, das hat immer was zu tun mit Lohnen, es lohnt sich für mich soviel mehr als für dich - so schien es; und dann stimmt das am Ende eben doch nicht. Am Ende heisst: spätestens am Ende des Lebens; und da werden also durchaus ganze Biografien verglichen, und das ist der Grund, warum ich auch eine Liste von Zeithorizonten mit dieser Dreistufigkeit des Entscheidungsschemas verbinde, und dann eben sage, die Erfahrungen, die zu Änderungen auf dieser ersten Stufe der Zwecke und auch der mit anderen im Grundsatz geteilten Erwartungen führen, die sind sehr kurzfristig, das sind blosse Einzel-Episoden, herausgehoben aus einem ansonsten unbestimmt bleibenden Verlauf. Das zweite sind Entscheidungen und Forderungen, die eine Zukunft unterstellen, die man erleben wird, wo man etwas verspricht oder etwas durchzusetzen sich vornimmt gegen den andern, wo es durchaus erwartet wird - man könnte das mal ganz grob verlängern und sagen: also historisch ist das schon verlängert worden, dass Leute für ihre Gruppe, etwa ein Adelsgeschlecht, etwas durchsetzen wollten, und forderten, und ihre Nachkommen haben es dann am Ende auch durchgefochten - aber Versprechen werden von Einzelpersonen zumindest zurechenbar nur für sich, also die Dauer ihres Lebens gegeben, da müssen sie auch erfüllt werden, jemand anderes kann da nicht so ohne weiteres eintreten. Dafür muss das Versprechen erneuert werden, und dazu ist jemand vielleicht verpflichtet, weil er tatsächlich "der "ist und damit die Verpflichtungen "erbt", aber das ist dann ein eigener Schritt, und deswegen würde ich sagen, die Haltbarkeit oder Unhaltbarkeit einer Forderung, Verpflichtung oder des Zurückweisens einer solchen, erweist sich innerhalb der Schranken der Biografie des Fordernden, Verpflichteten, innerhalb der Schranken also eines Handlungszusammenhangs, der eben nur irgendwann in einem Leben zu realisieren ist, und wenn das dann vorbei ist, dann kommen diejenigen, die Konsequenzen ziehen und sagen, das hat er also doch nicht halten können, es ging einfach nicht (und das war womöglich absehbar, oder wird in künftigen Fällen dieser Art berücksichtigt werden müssen), und deswegen könne man mal schliessen darauf, dass nicht alle Empörungen, Forderungen, Entschlüsse und Entschlossenheiten haltbar sind, und es darum etwas gibt wie einen harten Kernbestand des tatsächlich Haltbaren und Durchgehaltenen, nämlich eben die Interessen. Anm. Auch das Nichterheben einer Forderung kann als Ignorieren eines Interesses aufgefasst werden. Dh es geht nicht nur um die Frage der Haltbarkeit tatsächlich erhobener Forderungen, sondern auch um die des Nichterhebens solcher. Die Frage, genauer die Sorge wegen der (Un)Haltbarkeit einer Ausgangsverteilung von Verpflichtungen und Berechtigungen (Eigentumsordnung etc) rückt damit zunehmend ins Zentrum der "Staatsräson", die damit ihrerseits in Richtung einer "gerechten" Neuordnung der Verhältnisse, ideal haltbar gedachter solcher, vorrückt; und sich zugleich mit dem Problem der Nichtdurchsetzbarkeit dieser eigentlich erst stabilen (haltbaren) Ordnung konfrontiert. Die immanenten Widersprüche des moralischen Denkens selbst kommen da freilich nur sehr gefoltert in den Blick - der Gedanke, dass es gerade angesichts ungleicher Ausgangsvoraussetzungen gerecht zugehen, und darum die EIGNE Forderung be-vor-rechtigt sei, taucht ja bereits in den Streitereien des 2.Stp auf, die vom 3.Stp, der Staatsräson aus, geschlichtet werden sollen. Die erweist sich damit als ein permanentes Lavieren zwischen "realistischen" Zugeständnissen an mit entsprechenden Empörtheiten auftrumpfenden autoritären Überzeugtheiten und als legitimiert vorgetragene Forderungen einerseits, und eigenen, besseren Einsichten in mutmassliche Haltbarkeiten auf Dauer andererseits; oder anders gesagt, als ein breites Übergangsfeld zwischen ganz und gar subjektiven Vertrags-Stp.en und autoritären Überzeugtheiten einerseits, und "universalisierbar"-egalitären, wenn auch nach wie vor einzig autoritär begründbaren moralischen Gleichverteilungs-Vorstellungen ("soziale Gerechtigkeit" usw). Dies trübe und überaus breite Übergangsfeld mag man das unter einen "Gesellschaftsvertrag" fallende nennen, und kann dann sehen, was man daran hat. Das Weltverhältnis ist das Problem...
7. Und deswegen ist die Art von Geschichte, die die Politiker, die politischen, wirklichen Staatsmenschen, die Herrschenden und ihre Berater oder auch Beobachter und Bewerter dann lernen, erheblich länger. Das sind Aneinanderreihungen von Biografien, auch von grossen Personen, von Vorgängern und Vorfahren, die dies und jenes durchgesetzt haben, gegen Angriffe aufrecht-erhalten haben oder auch nicht, und dann in grossem Stil gescheitert sind, und das lehrt eben tatsächlich in vielfältigen Formen solche Begrenztheit von Budgets zu berücksichtigen beim Setzen von Grenzmarken, könnte man jetzt sagen, optimistischen und pessimistischen, hinsichtlich des Staatshandelns insgesamt, denn das ist immer noch ein Handeln, es ist nur eben die aggregierte Routine von unzähligen Leuten, Staatsangehörigen, Untertanen - da rede ich jetzt natürlich über historische Zusammenhänge, die einen Handlungsspielraum (eine MACHT...) konstituieren, für den (dessen Verwendung) etwa ein Herrscher spricht, gegenüber andern solchen Monarchen. In solchen Zusammenhängen, Verhältnissen wird dann die Gesamtheit der "Interessen" Thema, die langfristig als Quelle für Forderungen haltbar erscheinen. Und darum weiter den Antrieb (Zustimmung und MIttel der Beherrschten) rekrutieren werden, den man dafür braucht, weil sie zu verfolgen einfach vital ist und notwendig usw Und auch hier, auf dem dritten Standpunkt, ist der Sachgehalt von Urteilen - es geht ja darum, veränderte Erwartungshaltungen zu schaffen, veränderte Regeln, die Bedingungen berücksichtigen für das Setzen von Grenzmarken, etwa... das sind ja die politischen Entscheidungen im wesentlichen - völlig untergeordnet diesem Interesse-geleiteten Urteilen. Das heisst also auch bei den Meinungen, die in das Staatshandeln und seine Begründung einfliessen, also die Erwartungen letztlich (darauf reduziert sich das ja sehr oft, also was überhaupt erwartet wird, es geht ja nicht um kleine Dinge, es geht um die grossen Linien, die grossen Ziele und Pläne des Staats) - da, beim Setzen der Grenzmarken, gibt es Bedingtheiten, die für relevant und einen Unterschied begründende gehalten werden und andre, die nicht für relevant gehalten werden, das ist schon mal eine wichtige Unterscheidung, und dann kann man da noch Meinungen haben über Sachstände und was angemessen ist und was tatsächlich eine Bedingung oder Anlass für einen Unterschied in der Grenzmarken-Setzung wäre, und welcher Art die ist - aber insgesamt ist das alles sehr stark der Logik dieses Interesse-Bestimmens und -Konstruierens unterworfen. Und das heisst also... auch beim Anerkennen einer solchen sachlichen Grundlage eines Interesses, eines Interesse-geleiteten Staatsprogramms etwa, geht es um die Frage, ob man mit guten Gründen erwarten kann, dass der Forderung, diese Meinung anzuerkennen, genügt wird. Also genau dieselbe Forderung, weil genau dieselbe Formel verwendet wird wie für das Anerkennen des "haltbar" erscheinenden Willensinhalts des Plans, also dessen, was der Plan will, gilt auch für die Sachgehalte (also Festsetzungen (von Grenzmarken) etwa über Ressourcen-Budgets für das, was eigentlich nötig ist, um Sachvoraussetzungen dafür, ob man so oder anders entscheidet, zu ermitteln, wobei man zunächst feststellt, welches die relevanten solchen Voraussetzungen wären, und dann die Ermittlung oder Feststellung, ob die tatsächlich bestehen - es gilt dieselbe Formel wie für diese (haltbaren" Willensinhalte, also die Interessen, die Interessengefüge, die man aufeinander bezieht, und die stabil sein sollen - so dass nichts entsteht, was den Staat entgleisen lassen könnte.
8. Also dieselbe Formel gilt auch für die Meinungen, die für die Ableitung von Plänen angesichts bestehender Interessengefüge von Belang sind: Da werden letztlich einfach nur die ursprünglichen Überzeugunguen und Überzeugtheiten, formuliert in autoritären Forderungen (womöglich widersprechenden) nach Anerkennung eines bestimmten Befundes, der jetzt praxis- und planrelevant wird oder sein könnte, nochmal daraufhin begutachtet, inwiefern man diese Anerkennung auch so von den meisten Beteiligten erwarten kann, aber dann spätestens wird dieser autoritären Forderung als einer nicht etwa "nur" berechtigten, sondern mittlerweile durch Staatsräson legitimierten, stattgegeben. Von dem wirklichen Sachstand ist da nicht etwa garnicht die Rede - aber doch relativ zweitrangig. Also das heisst, nicht nur schöpft diese Staatsräson oder der Umgang damit und das ganze politische Getriebe bis in die frühe Neuzeit (Staaten in der frühen Neuzeit) aus diesem wabernden Sumpf an für legitim gehaltenen empört vorgetragenen Forderungen, die da an die Gerichte und die Regierungen herangetragen werden, um sie daraufhin abzuklopfen, ob sie denn tatsächlich legitime INTERESSEN sind, sondern das gilt eben auch für die Sachüberlegungen. Dh also auch da gibt es solche groben Peilungen, und die stammen tatsächlich in letzter Instanz aus dem Bestand, der die Marken bzw die Bedingungen für die Markensetzungen liefert, also ob man erwarten kann, dass was richtig ist.- Da wird so über den Daumen gepeilt - ach komm, das ist doch DIE WISSENSCHAFT, das ist sorgfältig peer-reviewed... so in der Art; und das ist genau die Art und Weise, wie da Marken hoch und runter gesetzt werden - wie gross ist das Risiko, dass die Wissenschaft sich geirrt haben könnte (verglichen mit dem, dass man ihr nicht glaubt) - hat man das schon irgendwann mal gehabt - und dann wird da so abgeschätzt, inwiefern eine empörte Forderung nach Anerkennung einer Einschätzung (empört angesichts des Grades an Überzeugtheit des Fordernden) tatsächlich unter Berücksichtigung aller Interessen und anerkannten Meinungsbestände berechtigt ist und daher von politischer Seite anerkannt werden sollte, weil eben doch tatsächlich erwartet werden kann, dass das sich als berechtigt erweist (entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen liegt im Interesse solcher, die im gesamten Interessengefüge zählen) - oder eben nicht.
9. Was mir jetzt nach dieser Darstellung nochmal wichtig ist herauszuheben, ist: In welchem Ausmass das Lernen dieser so verfassten - also sich an Normalitäten orientierenden Gruppen und Einzelpersonen - sich auch weiterhin und durchgehend auf die typisch normalplanerische Weise vollzieht. Also sie lernen grundsätzlich nur eine Routine (zB Konfliktschlichtungs- oder Interessengefüge-Stabilisierungs-Routine) verändern entlang von überraschenden Erfahrungen, etwas ist anders gekommen als erwartet - und das gibt das Ausmass vor entlang den drei Fragestellungen, wie man da was verändert - wie man sich neu aufstellt - ganz neu kann man sich nicht aufstellen, sondern es sollte immer irgendwo was erhalten bleiben. Die weitestreichenden Eingriffe sind dabei die Änderungen der Grenzmarken, also was man sich überhaupt zutraut zu erwarten (speziell: von welchen Forderungen zu erwarten ist, dass sie erfüllt werden), wieviel Reservespielraum man da überhaupt mobilisiert, wie ängstlich und vorsichtig man ist usw - das sind natürlich die Eingriffe mit den grössten Konsequenzen für das Gesamtbudget und die Beurteilungsweisen hinsichtlich dessen, was lohnend erscheint - aber eine Sachbeurteilung (schauen wir nochmal auf das Entscheidungsschema!) unabhängig von einer vorgegebenen Normalität - findet da nicht statt, oder nur im Ausnahmefall. Und deswegen gibt es auch überhaupt keine Erörterungen unter Normalplanern, wie die Welt eigentlich beschaffen ist - also was man sonst mit dem Konzept "Wissensgrundlagen für Planen und Entscheiden" verbindet - maW. alles was auf der linken Seite steht von diesem Pfeil, kommt bei Normalplanern allenfalls als untergeordnete Operation vor im Rahmen der Bereinigung einer Normalität, die besser angepasst wird an irgendwelche Umstände, die überraschend anders ausgefallen sind als erwartet. Anders herum gesagt: Dass man sich grundsätzlich, so wie das im Schema steht, von Begriffen über Hypothesen über sich selbst und die Welt, subjektiv und objektiv, zu irgendwelchen Handlungsentwürfen, Strategieentwürfen vorarbeitet - im Rahmen einer Umgebung, für die man überhaupt was vorsehen will, deswegen heisst das ja: Raum der Möglichkeiten - es ist ein Raum normalerweise, irgendwann, wenn man mal genug informiert ist, erweitert er sich zur Welt, und dann trifft man da eine Auswahl, eine Reihenfolge der denkbaren Pläne, und verabredet sich kollektiv - aber NICHTS DERGLEICHEN findet sich bei Normalplanern - sie haben kein WELT-Bild - ausser das, was sich in ihrer Normalität vorfindet, und da könnte man in gewissem Sinn sagen, ihre Normalität, ihr Regelsystem, IST die Welt, in der sie sich bewegen, und die hat nur sehr periphere Berührpunkte mit der tatsächlichen Welt. Das muss man sich vor Augen halten, wenn man darüber nachdenkt, wie hier eigentlich die Bevölkerung, und überhaupt die ganze Weltbevölkerung, funktioniert - eine einzige Katastrophe! Warum? weil dieses Lernen im Vergleich zu dem, was an Änderungen und an möglichen Überraschungen in Gang gesetzt worden ist in der Moderne, viel zu langsam ist - das Normalplanen als Lernstrategie können wir uns übnerhaupt nicht mehr leisten. Das heisst also, diese Art von Denken MUSS VERSCHWINDEN. Aber wir wissen nicht, wie. Normalplanung habe ich sie genannt, nicht nur, weil sie mit einer Normalität plant, sondern weil sie die allernormalste, allerverbreiteste überhaupt ist, wenn sie nicht in irgendeiner Weise korrigiert wird, und wie sie korrigiert werden kann - wie sie historisch korrigiert wurde - das wissen wir jetzt noch garnicht, wir haben es nur gerade mal kurz angesprochen, kurz geahnt im Zusammenhang mit dem Übergang in das RELigiöse Denken. (Das seinerseits problematisch genug ist...)
10. Aber was wir sagen können, ist: Mit dieser Art Lernen gleiten gewissermassen die Gesellschaften durch den Erfahrungs-Stoff hindurch, der ihre Geschichte ausmacht - eine Geschichte von enttäuschten Erwartungen, veränderten Erwartungssystemen, nicht immer bloss natürlich negativ-enttäuschten, es gibt ja auch überraschend positives, Chancen, die sich eröffnen, ein Kontinent auf der andern Seite des Ozeans, völlig unbewohnt angeblich - und solche Sachen... Sie ändern Normalität, das ist durchgehend in den letzten 10T Jahren erfolgt - sie ändern Normalitäten - kollektiv besprochene und justierte Normalitäten - mit diesen mittleren und höheren Führungsetagen - die mittleren sind dann die, wo immer über Budgets verhandelt wird und was legitimerweise gefordert werden kann, die unten führen bloss aus, und haben dann vielleicht eine eigene Budgetvorstellung, die aber gedeckelt oder verzerrt wird von denen, die das gesellschaftlich (koordiniert, koordinierungs-orientiert!) vorgeben - und dann die ganz oben, die die eigentlichen grossen bedingten Zielmarken setzen - die sich allerdings nur noch um die Bedingtheiten drehen, wann Gefordertes, auch demnächst erwartbar Gefordertes, erwartbar ausgeführt wird - wenn diesunddas, dann darf man hoffen, und dannunddann hat man besser keine Erwartungen usw, oder man muss sich daunddarum kümmern, und das alles zusammen macht dann die Staatsräson und die letztlich obersten Grundsätze der Herrschaft aus (Mit dieser Struktur also bewegt sich die Menschheit, zerfallend in Gesellschaften (Gruppen, Einzelpersonen) mit unterschiedlichsten je geteilten (oder auch nicht geteilten) Normalitäten, durch die jeweiligen Erfahrungshorizonte, und lernt - lernt auf diese schwerfällige, affektiv getönte Weise, und verschiebt dann auch entsprechend ihre Grundsätze des Legitimierens und des Formulierens von Interessenordnungen.)
11. Jetzt noch ein oder zwei letzte Bemerkungen. Ich will nur sagen, die Ansprüche von der Art, dass etwas als unmittelbar gültig gefordert werden kann als Erwartung, die ich habe, und regelmässig habe, oder jetzt auch mal punktuell dir gegenüber: Das ist jetzt einfach korrekt und du hast das jetzt einzusehen - diese Art der unmittelbaren, barschen "Befehls-Autorität" auf der ersten Stufe kann natürlich zurückgenommen werden in Richtung einer berechtigten Forderung, dass du diesunddies tust und dies auch einsiehst als berechtigt, obwohl dir ansonsten eigene Einsicht zugestanden ist - nur hier einmal nicht (warum, sage ich dir, immerhin; es sind MEINE Gründe... vielleicht sage ich dir noch, warum ich DEINE Gegen-Gründe nicht legitim finde...) - das kann ein sehr eingeschränkter Bereich sein, wo überhaupt noch etwas von den andern in dieser Weise gefordert wird, und dann kommt nochmal eine Einschränkung in Gestalt der Bewertung von Forderungen als im Interesse der Fordernden liegend.. Aber diese Reifungsschritte können ohne weiteres rückgängig gemacht werden - sie sind ja nur mühsam erarbeitete Bildungsresultate, und dann kann natürlich etwas, das eigentlich Interesse-Inhalt ist, auch einmal "legitim-empört" und garnicht mehr kühl eingeklagt und gefordert werden - "der Staat darf beanspruchen dass man ihm gehorcht!" - da gehts um so wichtige Dinge - und das am Ende noch nicht einmal in irgendeiner Weise begründet, sondern dann wird zuletzt autoritär gefordert und befohlen: Schluss der Debatte, wir haben recht, keine Frage, da muss man garnichts erklären, da müssen wir nicht gross legtimieren, das wird jetzt einfach durchgesetzt und fertig, ihr seht das jetzt bitte ein, weil wir die Stärkeren, die Gewaltmonopolisten und die gewählte oder sontwoher legitimierte Regierung sind, und an der Gewaltauseinandersetzung sich ganz nebenbei auch unser Urteilsvermögen betätigt und bestätigt - unser Urteil, wann ein Erfolg unserer Forderung eben tatsächlich zu erwarten ist. Deswegen ist das also immer in Gefahr zu degenerieren, und auf die primitiveren Begründungsweisen und Standpunkte zu anderen zurückzufallen. Umgekehrt gilt das auch - wenn überhaupt einmal die Kategorie der legitimen Forderungen und des Interesses in der Welt sind, dann können natürlich die Autoritäten, die hier etwas mit Gewalt durchsetzen, immer sagen: Und, nebenbei, ist das auch in deinem Interesse, und die Forderung an dich ist absolut legitim, ich werde dir das nur nicht erklären im Moment. Das gibts dann auch.
12. extrem schwacher paragraf - dringend zu überarbeiten; der angesprochene Sachverhalt ist weit komplexer als hier angedacht... Logik von Drohung und Zwang hätte eigentlich längst unter Psychologisieren abgehandelt werden müssen - die psychologisierenden Zuschreibungen bzw Deutungen sind der Leitfaden für die Praxis des Umgangs mit den so Eingeordneten. Eine allerletzte Bemerkung noch. - Ich hoffe, dass jetzt klar ist, wie die Belegung der drei grundsätzlich immer vorhandenen, weil rationalen Planungs- und Entscheidungsstufen auf der rechten Seite des Entscheidungsdiagramms (Zwecke Ziele Pläne) mit normalplanerischen Kategorien - nach Situationen differenzierte Handlungen, also das praktische Regel- und Erwartungssystem; die Verteilung von Handlungspielräumen und Budgets auf Aufgaben im Rahmen der Routine; das Setzen der Rahmenwerte für das überhaupt Erwartbare (angesichts erhobener Ansprüche und Forderungen) im guten wie im schlechten, womit man rechnen muss und darf - durchschlägt auf die zugehörigen Vergesellschaftungsformen - also etwa, dass das Durchgesetzte auf der untersten Planungs-Stufe das praktische Regelsystem und die aus ihm abgeleiteten Zwecke sind, die die Kämpfer und Krieger den Verliereren und Unterworfenen aufzwingen - IHRE Einsichten und Zwecke sollen bestimmend sein für das kollektive Handeln - IHR Regelsystem soll gelten - im Zweifel reichert der Befehlsgeber, Machthaber die Situation, die Regel der andern, genauer: ihr Erwartungssystem, mit seinen Gewaltdrohungen an, sodass sie spätestens durch diese Anreicherung motiviert sind, die ihren Plan verzerrenden Regeln zu übernehmen und die Zwecke Ziele Pläne, die Praktiken und Erwartungen, die denen zugrundeliegen und die ihnen im Rahmen der fremden kollektiven Planung aufgedrängt werden und Umsetzung ihrer eignen Vorschläge und Vorstellungen behindern, müssen sie sich zueigenmachen. Das heisst, das Regelsystem wird durch die überlegenen Gewaltandrohungen im Sinne des Gewalthabers verzerrt - das Vorschlagssystem der andern wird modifiziert, aber das führt unter Umständen zu einer unmittelbaren Gegenverzerrung, wo dann die Kämpfe ausbrechen, und an allen Ecken und Enden, statt dass nach aussen, im Verhältnis zur Welt, kollektiv produktiv (aber im Sinne welcher Pläne? wenn sie nicht geteilt werden?) gehandelt wird, nur noch Sanktionsdrohungen, Gegendrohungen und tatsächlich Gewaltmassnahmen der einen gegen die der andern stehen: Quasi eine Wendung nach "innen" des kollektiven Handelns (Fortsetzung des Redens, Verhandelns, Argumentierens "mit anderen Mitteln"; daher das "Künstliche" - die Drohung und Zwangsanwendung, Gewalt, der Versuch, dem Feind die MIttel dazu zu nehmen, ist die Imitation eines Naturzwangs, dem er nicht ausweichen, und dessener sich nicht erwehren kann. Hier ist auch ein Paradox versteckt, zumindest solang ich den andern nicht überhaupt, als Quasi-Naturhindernis für mich, aus der Welt schaffen (zumindest aller Gewalktmittel berauben) will - solang bedeutet alle Schwächung seiner Gegenwehr auch Minderung des Nutzens, den er für mich erbringen könnnte...)). Das aber unter Vorgaben, die jeweils die entscheidenden sein sollen - Beurteilungen, was überhaupt praktisch zu tun ist, wie vorzugehen ist auf der ersten Stufe, und was dann an Budgets und Grenzmarken von dem Gewalthaber oder Kämpfer jeweils für richtig gehalten wird, denn das möchte er ja prinzipiell gemacht sehen, er möchte es zur Regel für alle machen - das ist immer noch auf der ersten Plan-Stufe - und diese Ausführungen sind dann eigentlich im Grunde genommen schon nur noch sehr punktuell Gegenstand von Auseinandersetzungen, wenn es darum geht, dass Leute ihre Budgets im Rahmen des 2.Stp und von legitimen Forderungen anders gestalten sollen, und da zu etwas verpflichtet werden sollen, wozu sie von sich eigentlich keine Handlungsspielräume zur Verfügung stellen wollen, es soll ihnen aber aufgezwungen werden, weil es angeblich legitim ist das zu fordern - und verlangt werden darf, dass sie das einsehen - im Rahmen des bestehenden "Vertragssystems" und Eigentums- (Rechte-, Verpflichtungs-, Berechtigungs-)Verteilung. Das dritte ist: im Dienst der Haltbarkeit der gesamten Interessenordnung, oder Eigentumsordnung, der Stabilität der gesamten Ordnung - werden Anforderungen formuliert (nichtmal mehr Forderungen, die eingehalten werden müssen - die bilden nur noch das Material der Beurteilung und der Ableitung der "Anforderungen"). Aber die betreffen dann nur noch die Grenzmarken, die aber eben in ihrer Gesamtheit die dafür gehaltenen Bedingungen der Stabilität dieser Eigentums- und Interessenordnung sind. Das eben ist die Staatsräson.
13. Was bis jetzt erörtert wurde, kann man sagen, hat eine Realität, und seis auch eine vorgestellte in dem Sinn, dass man eben Forderungen erhebt, etwas zum Inhalt von Interessen erklärt und das nachvollziehbar findet - und das kann noch so subjektiv und strittig sein, aber die Kategorien, mit denen da gearbeitet und gedacht und gehandelt wird, sind bezogen auf Staatshandeln mit der Absicht, dass da wirklich etwas geplant, beschlossen, ausgeführt wird. Hingegen, wenn wir nun zur nächsthöheren Stufe kommen - zum 4.Stp, dem der Moral - da wird es idealistisch - das heisst, es geht jetzt darum zu sagen. was sein soll, egal was ist, und egal, ob erwartet werden kann, dass es ausgeführt wird wie gesollt - es sieht ab und geht weg von dem ganzen bedingten Interessengedöns, dem Staat und dem momentan Haltbaren (das aber sich immer orientiert an faktischen Bedingungen, solchen, die dasind, als auch solchen, die sich überraschend neu gestalten) - von da aus geht man also hier über zu etwas, das sich zwar auch bezieht auf Situationen, die dasind, weil sie überhaupt das Material liefern für moralische Herausforderungen, aber was da gesagt wird, hat gewissermassen absoluten Bestand, egal was ist - das, was ist und stattfindet, darf man jetzt konfrontieren mit dem, was sein soll oder sollte. Dann kann man immer noch schauen, inwiefern man das in das Interessengefüge einbringt (in die Realpolitik: vgl. Anhang §6)) - da gibt es dann dieses Spannungsgefüge, dass die soziale Gerechtigkeit das eine ist, die bestehende Interessenordnung aber - um ihrer Stabilität willen - Kompromisse und Anpassung an "Realitäten" erfordert, um haltbare zu bleiben, wenn man sich anschaut, was die Staatsräson weiss vom Handeln der Bürger und Untertanen - die hat dann eben auch Bestand und ist halt das Stärkere - die soziale Gerechtigkeit ist schön und ideal, aber funktioniert nicht. Dem Idealismus wird also der Realismus entgegengesetzt, dem Idealismus was sein soll oder sollte oder schön wäre, wenns funktionieren würde, doch die Verhältnisse - sie sind nicht so. Die Frage ist also: Warum gibt es diese Stufe überhaupt?
14. Es gibt eine Ableitung von Gerechtigkeitsforderungen, die ist von einem bekannten Rechtsphilosophen namens John Rawls vorgetragen wurde, und die ist so ein bisschen ähnlich wie die von Kant, und der goldenen Regel, und die sagt: Die Interessenordnung ist am stabilsten, bei der alle Beteiligte in ihren jeweiligen Plänen gleich weit fortgeschritten sind. Die ausgleichende Gerechtigkeit sorgt erst einmal dafür, dass alle auf den gleichen Stand kommen, und ab dann werden alle Güter, die noch zur Verteilung anstehen, gleich verteilt, jeder kriegt gleichviel, und das ist dann die austeilende Gerechtigkeit, das sind zwei Begriffe, die man schon bei Aristoteles findet, und dieses Ausgleichen, das ist eigentlich das entscheidende dabei, also die Interessen- und Eigentumsordnung ist eben tatsächlich bedingt, durch alles Mögliche, was in der Normalität so vorzufinden ist, durch die Grenzmarken, was funktioniert, hat sich bewährt usw - und jetzt taucht schon wieder die Orientierung an dem auf, was die Einzelnen tatsächlich an Wünschen und an Plänen und an Vorschlägen in ihrer Existenz, in ihrer höchst bedingten Existenz, haben und ausgebildet haben - und da sollen sie nun in ihr (absolutes) Recht eingsetzt werden, sollen also tatsächlich gleichviel haben wie der andere in ihrer Umgebung, und dann gibts keine Streitigkeiten mehr - wenn alle gleich gestellt sind, also Gleichheit herrscht. Und diese Gleichheit wird abgeleitet daraus, dass doch alle irgendwie Menschen sind, alle sind Personen, alle sind wie es bei Kant heisst: Gesetzgebende, und können als solche diesen Universalisierungsschritt machen, dass etwas verallgemeinbar ist, denken, und Rawls hat das in die nette Formel gepackt, man denkt sich eine Verteilung, ohne zu wissen welche Position man anschliessend in dieser Verteilung dann einnehmen wird, und das ist dann ja gewissermassen die Rückstufung auf die Kategorie des Interesses - wenn ich so ein Gesetzgeber, ein vorgestellter, "ideller", bin, der sich ein Positionengefüge ausdenkt, wo ich nicht weiss, welche Position ich dann einnehme - werde ich wohl alles so gestalten, dass ich mit jeder denkbaren Position, die ich erlosen könnte (denn ich soll dann ja durch Losen auf solch eine Position geraten), gut leben kann. Und das heisst dann auch, alle, die überhaupt Interessen haben und beurteilen können, sollen (weil das verallgemeinerbar sein soll), wenn sie Gesetzgeber sind, zu dieser Vorstellung imstand sein: Es ist dann (im Zustand der Gleichverteilung) egal, wo du bist, du kannst mit jedem tauschen, oder, wenn du dich in die Situation des andern hineinversetzt, dann willst du auch nicht mehr oder weniger, als dem da jetzt zugestanden wird - also diese Universalisierbarkeit und Gleichstellung aller, die soll gewissermassen unbedingt gelten, wenn man eine bestimmte subjektive Ausstattung mit Wünschen, die natürlich wieder normalitätsgebunden ist, bei den Einzelnen unterstellt. Das heisst: auch diese gedankliche Operation ist wieder höchst bedingt, aber sie tritt mit einem unbedingten Idealgrundsatz auf, und das ist der Gedanke, alle sind Menschen, und deswegen müssten, sollten ihre Situationen eigentlich auch grundsätzlich vergleichbar sein - also man kann, wenn man die Entscheidungsgrundlagen der Einzelnen anschaut, verstehen, warum manche bei Verwirklichung ihrer Wünsche und Ansprüche zurückgeblieben sind gegenüber andern, und das kann man ausgleichen. Diese grundsätzliche Ausgleichbarkeit folgt daraus, dass alle, die in gleicher Weise Person, zurechnungsfähig usw sind, einsehen können, warum andre in ihrer jeweiligen Lage zurückgesetzt, und was da jeweils das Delta ist ist, das aufzuholen wäre für die andern, und wann da Gleichstand erreicht wäre. Das ist also die Forderung. Und darüber werde ich dann beim nächsten Mal sprechen.
Vortrag 3f: Aporien des moralischen Legitimierens und Vermittelns (4.5.OPP Stp.)
Es soll jetzt also um Moral gehen - zunächst habe ich aber noch ein paar Nachträge bzw. Korrekturen zu dem bisherigen...
1. Der erste Anlass zu einer Präzisierung bzw Korrektur ergibt sich aus der Tatsache, dass die moralisch Denkenden bereits deshalb nichtmehr ins Geschehen involviert sind, und deswegen auch keine Realisten, sondern Idealisten sind, weil sie sich in der Tat über die Bekundungen der andern stellen, und sie REFLEKTIEREN. Also der Moral-Standpunkt ist tatsächlich derjenige, in dem das Ganze der bisherigen Argumentation und daraus folgende Auftreten von Konfliktparteien (egal, ob man selbst eine ist oder nicht) durchgearbeitet wird, und die Standpunkte zur Gänze der einen mit denen der andern verglichen werden. Das haben wir in einem gewissen Umfang auch bei den drei bisherigen Standpunkten, und zwar schon aus einem ganz entscheidenden Grund: Die fortgeschrittenen Teilnehmer einer Kooperation (in der Beteiligte Forderungen aneinander stellen), die zB auf dem Rechts-Standpunkt stehen und ihre Argumentation, ihre Legitimation (einer Forderung an Kooperationspartner) nicht mehr mit einer unmittelbaren Erfolgs-Gewissheit begründen, die sie gegen die andern geltend machen - die treffen leider nicht nur auf ihresgleichen, sondern auch auf diese andern - und die fügen sich der fortgeschritten-legitimierten Forderung nicht. Das heisst, es gibt eine extreme Asymmetrie, die gibts zwar auch noch zwischen solchen auf dem Rechts-Standpunkt, aber natürlich erst recht zwischen Trägern verschiedener Standpunkte, die einen begründen völlig anders als die andern; genauer, begründen in einer überlegenen Weise, das ist das entscheidende - und diese Überlegenheit wird von den andern, den "Erfolgs-gewissen" Kontrahenten, nicht gesehen - diese andern haben einen Differenzierungsschritt, einen Bedingungsschritt noch nicht gemacht, den nämlich: Man erhebt nur noch Forderungen, die sich begründen, wenn überraschend eine unvorhergesehen neue Situation eingetreten ist (zumindest in der "öffentlichen", der Rechts-Sphäre), die sich entweder auf das KS bzw das investierte solche, das ES, oder aber auf die Randumstände beziehen - aber nicht mehr auf ein Praxisfragment (bei dem man sich darauf beruft, dass man es "anders erwartet hat als es nun gekommen ist"). Und dieser Ent-Differenzierungs-Schritt, der da stattfindet und die Asymmetrie begründet, zwingt den Fortgeschrittenen ein Auftreten auf, das sie eigentlich hinter sich gelassen hatten: Einen Kampf um prinzipielle Anerkennung, "Respekt". Das gilt generell: Die primitiveren Standpunkte, die undifferenzierteren, bestimmen das Verhältnis. Das ist tragisch. Aber es ist eine historische Tatsache. Die Fortgeschrittenen können in dieser Differenz, in diesem Gefälle natürlich den Unterschied sehr genau wahrnehmen, sie können ihn uU deshalb auch sehr viel genauer erklären und verstehen als die andern - aber die wollen ja nicht auf sie hören. Diese Reflexion findet also auch schon vorher statt, indem die Fortgeschrittenen die Differenz mehr oder weniger klar erkennen, würden sie die unmittelbar zum Inhalt einer Forderung machen, und sagen: Überwinde die Differenz doch endlich! (du Zurückgebliebener...) - dann wären sie natürlich genauso naiv wie die andern, wären schon zurückgefallen in ein unvermitteltes, aber aus ihrer Warte höchst-berechtigtes Fordern - aber ihren Fortschritt können sie eben auch nicht vermitteln. Das, was sich an den späteren Weltverhältnissen in noch zugespitzteren Formen zeigen wird (etwa im Verhältnis von genuin experimentell-religiös Eingestellten zu Normalplanern): dass nämlich die Fortgeschrittenen sich nicht vermitteln können - das haben wir hier bereits auch. Wir haben es hier mit einer Entwicklungsreihe der Vergesellschaftungs-Standpunkte in Richtung Politisierung und dann weiter zur Moral zu tun, den 4 Standpunkten also, die bisher betrachtet wurden - einer Stufenreihe, die eine ganze Riesenepoche ausmacht. Man könnte sagen: die gesamte Frühantike und Antike dreht sich um DIESE Fortschrittsreihe. Und sie ist ja - das ist das verrückte - nicht einfach nur eine politische Fortschrittsreihe, sondern die politischen Fortschritte, die Vergesellschaftungskonzepte, die reiferen, gehen einher mit einem Fortschritt, einer Ausdifferenzierung des Weltverhältnisses, oder seiner "Reifung".
2. Und noch etwas zweites muss nachgetragen werden: Es hat ja seinen Grund, dass diese Schritte so lange brauchen, um sich zu konsolidieren - die "fortgeschrittenen" Konzepte sind virtuell schon im ersten Standpunkt da (spätestens in fortgeschrittenen, historisch gebildeten Schichten und Epochen). Also es ist gut möglich, dass jemand nicht nur sagt: ich bin, wir sind überlegen, sondern eben auch ein Bewusstein davon hat und es auch so ausspricht, dass er doch AUCH legitim fordert, dass das Geforderte doch AUCH im (langfristigen) Interesse des andern liegt, ja sogar moralisch geboten ist - all das kann in Auseinandersetzungen und Begründungen, bevor es dann gewaltsam zur Sache geht, zwischen Kontrahenten auf dem ersten Standpunkt vorkommen ((und nur in GANZ archaischen Verhältnissen vielleicht noch nicht)). Also man kann sich fragen, inwiefern die höheren Standpunkte da wirklich schon ganz ausgebildet sind als Konzept, und wann, unter welchen Umständen sie es dann tatsächlich sind - aber sagen wir mal, als Denk- und Redemöglichkeit schon in Friedensverhandlungen könnte schon vorkommen: Ihr könntet uns doch auch hier dies und das zugestehen, könntet das lassen gegen uns vorzugehen, und uns zu unterwerfen versuchen - es ist da ja immer schon präsent, dieses "Liebäugeln" mit dem zweiten Standpunkt, wo man das Prinzipielle des Unterwerfenwollens der Andern aufgegeben hat, oder des dauerhaft Beherrschen- und sie-Bevormunden-Wollens. Man muss sich klarmachen, wie ungeheuer viel Geschichten erzählt werden müssten, und plausibel sein müssen, wie ungeheuer viel erlebt sein muss, damit sich dieses Resignieren im bezug auf die Durchsetzung, diese prinzipielle Selbst-Durchsetzung, tatsächlich konsolidiert und zum Standpunkt verfestigt, den man ab da dauerhaft einnimmt - zumindest gegenüber DIESEN bisherigen Feinden. Wer sich so auf den 2.Stp. gestellt hat, wird ja sofort wieder herausgefordert - er hat ja als quasi Insel unter lauter Gewaltkonkurrenten wenig Chancen - die Legitimierer denken sich zwar ihr Teil, aber sie müssen sich gleichzeitig ständig der Versuche anderer erwehren, sie eben doch noch dauerhaft zu unterwerfen. Das heisst, diese ganze Reifungsbewegung ist historisch unendlich in die Länge gezogen. Wir reden hier mit dürren, abstrakten Worten über Schritte, die natürlich WIR mit grosser Geschwindigkeit zurückgelegt haben - da komme ich noch drauf - also heute ist das natürlich schon Kindern angesichts einer bestimmten kulturellen Umgebung geläufig - es sind heute Schritte, die zumindest Kindern nahegelegt werden - ob sie sie dann auch wirklich vollzehen, als Erwachsene in einer Gewaltkonkurrenz von Staaten, ist eine andre Frage (und eine andre Ebene, als die persönliche; obschon die gleiche Logik!) - aber die Kategorien sind auf jeden Fall reif ausgeprägt und tradierbar vorhanden - und das ist natürlich in archaischen Gesellschaften nicht so ohne weiteres zu erwarten. Und nochmal gesagt: Bis sich der Standpunkt auf alle Felder möglicher Konflikte mit allen möglichen Gruppen, beliebiger Grössenordnungen, ausgedehnt hat - da können schon mal ein paar tausend Jahre vergehen. Das wirklich Komplizierte daran ist, dass die Geschichten, die man erzählen muss, um da etwas zu begreifen - als Nachwachsender, Angehöriger etwa einer Führungs- oder Kriegerschicht etwa - , erst einmal gesammelt werden müssen, das findet ja normalerweise garnicht in nur einer Völkerschaft statt, die kriegerisch agiert, sondern da sind unter Umständen Geschichten zu erzählen von vielen verschiedenen Kriegsschauplätzen, Kriegsverläufen - Geschichten ohne Ende... und das Tradieren, Immer-Wieder-Weiter-Erzählen muss ja noch dazukommen, damit tatsächlich ein so weit reichendes Lernen stattfinden kann - obwohl es sich immer nur um Episoden handelt, Episoden im Leben von Kriegern, etwa (das Leben selbst ist davon meist getrennt)... müssen viele solche Episoden erlebt UND tradiert worden sein, damit später Nachkommende diese weitreichende, konsolidierte Konsequenz ziehen können, und zumindest mal unter sich zB als eine (mehr oder weniger grosse) Binnengruppe (etwa als eine Kriegerkaste) dieses Verhältnis aufbauen des wechselseitigen "Respekts" und des somit nur noch "legitimen" Forderns. Und natürlich das zugehörige Auseinanerweichen, das Auftrennen der Bedingtheiten, der bedingt-subjektiven nach der einen, der bedingt-objektiven nach der andern Seite; dh es kommt eben diese eine, die bedingte Praxisregel-Form, wo das Lernen Aberglaube und Magie zur Folge hat, nicht mehr vor. Dies Auseinanderweichen muss absolviert sein, als Konsequenz seis von Erfahrungen, eignen und berichteten, aus Kriegen;, aber vielleicht auch nach gezieltem (abergläubisch-magischem) Suchen und Herbeiführen von Bedingungen für Erfolg und Misserfolg (im Krieg oder beim Zaubern, wo auch immer), überall da kann man ja gewisse Enttäuschungen erleben, die in ihrer Summe allerdings in eine andere Richtung weisen, nämlich dass man am Erkennen von, und Umgang mit Bedingungen und Bedingtheiten generell arbeitet: getrennt denen für leibliche Handlungsspielräume und Motive; und denen für objektive Sachverhalte, Dispositionen, Anzeichen, Verteilungen...
3. Jetzt haben wir also diese Ebene der Legitimation erreicht, und der schwierige Aufstieg zur nächsten Stufe wiederholt sich nach oben noch einmal, durch die Abtrennung der Interessen und des Haltbaren in empört bzw überzeugt vertretenen Positionen, und es ist wichtig sich klarzumachen: Das sind Differenzierungsschritte, die prekär sind; einmal, indem sie diese asymmetrischen Verhältnisse begründen, in denen die Zurückgebliebeneren den andern das Verhältnis im Zweifel aufzwingen. Und zum andern, weil die Allgegenwart dieser zurückgebliebenen Standpunkte auch ein Grund dafür ist, warum (ausser, die zu erzählenden Geschichten und Erfahrungsberichte weisen felsenfest in eine ganz andere Richtung) die Träger fortgeschrittener Standpunkte wieder in die früheren zurückfallen können - das dann sogar mit ihren fortgeschrittenen Standpunkten als "Inhalt", etwa so: "Das Respektieren und Kämpfen ausschliesslich für legitimierbare Forderungen ist so überlegen, das zeigen wir euch jetzt ein für alle mal!" - Und schon sind sie wieder in die absolute Gewaltkonkurrenz abgestiegen. Auf diese Geschichte also blicken solche zurück, für die das moralische Fordern und die Gleichbehandlung aller mehr ist als eine bloss rhetorische Floskel, eine rein verbale Zusatzlegitimation " ...abgesehen davon, dass wir die Stärkeren sind und sowieso mit unseren Einschätzungen und Plänen immer erfolgreich - ist alles, was wir von andern verlangen, jetzt auch gerecht und GUT, denn es ist IMMER (starrgestellt, "a fortiori") zu ihrem Besten, wenn sie auf uns hören (und gehorchen)". - Das Konzept der gerechten Verteilung etwa kommt natürlich auch schon viel früher vor. Das Ungerechte - dass welche mehr bekommen, als ihnen zusteht - geht immer da los, wo etwas Knappes aufgeteilt werden soll, das soll gerecht geteilt werden, es gibt keinen Grund, warum die einen mehr bekommen sollen als die andren - also diese Art von Gerechtigkeit gehört ja, wenn Verteilungsprobleme zu lösen sind, zum Standardrepertoire auch schon des Legitimierens auf dem zweiten Standpunkt. Es kann sogar Anlass zu Kämpfen sein, wenn es da irgendwo krass ungerecht zuging - weswegen man sagen kann, dass dieses Gerechtigkeitskonzept natürlich immer schon vorhanden ist - auch in einer Normalvergesellschaftung, in Binnengruppen kann schon lang durchgesetzt sein "es soll gerecht zugehen, warum bekommt der mehr als ich (oder sowas).. das soll nicht sein..." unabhängig davon, was eigentlich sonst grundsätzlich an Vergesellschaftungsprinzipien nach aussen vertreten wird. So ist also das Gerechtigkeitsdenken an sich schon da, Gleichbehandlung aller - neu ist, wenn es sich auf Fremde, Ungekannte, ausdehnt - etwa als Räsonnement von Menschen, die eigentlich sich um den Staat sorgen ((um seine Stabilität und die endlosen Verteilungskämpfe der Art "Die haben was bekommen, und wir nicht"... in einer Konkurrenz von mehr oder weniger kampf-entschlossenen, "empörten" Interessenträgern)) - und die also immer schon konfrontiert waren mit solchen Kämpfen, und sich fragen: Wann ist das eigentlich endlich mal stabil? Wie sähe denn eine "Gleichverteilung" aus? Dass sie damit die Grenze des Realistischen und Realisierbaren unter normalplanerischen Gesichtspunkten überschreiten, hat damit zu tun, dass sie konfrontiert werden mit der bis zuletzt, (also auch unter Staatsbürgern mit dem dritten Standpunkt, oder Staatsmenschen, die über die andern "herrschen" mit diesem Staatsgesichtspunkt) anhaltenden Bedingtheit aller Forderungen und Erwartungen. Die Forderungen und Erwartungen sind gebunden an Situationen einerseits, die überraschend sind, die ungewöhnlich sind... und andererseits an die Normalität der Betreffenden, und da kann man immer nur hoffen, dass sie einigermassen in derselben Welt leben und ihren Platz darin haben, der gut bewährt und eingerichtet ist, denn sonst haben sie völlig unterschiedliche Vorstellungen davon, was normal ist, und was sie wie sehr überrascht.
4. Diese Bedingtheit aller Interessenlagen ist es, die jetzt im moralischen Denken auf den Prüfstand kommt. - In diesem Denken wird tatsächlich in einem gewissen Umfang das normalplanerische Verhältnis zur Welt überhaupt reflektiert: Es wird darum zum Gegenstand gemacht bzw reflexiv, weil tatsächlich diese gesamten Kategorien (bei verschiedenen Interessensträgern, die unterschiedliche Vorteile und Privilegien haben, oder fortgeschrittener sind in ihren Projekten (Individualitäten) als je andere, die darum jetzt gefördert werden sollen), weil all die Momente, die in die Interessiertheit einfliessen, und sie begründen, jetzt plötzlich verglichen werden zwischen verschiedenen Subjekten. Weshalb die Begrifflichkeit enorm ausdifferenziert wird und geschärft, mit der man so etwas überhaupt beschreibt. Natürlich können auch Staatsmenschen das schon tun - sich die Gründe der Interessiertheit anschauen. Aber bei ihnen ist das ist alles noch immer eingebettet in eine Situation, in der auch die Staatsvertreter selbst Interessen- und Meinungsträger sind (nämlich der Staatsmeinungen;und des abstrakten Staatsinteresses an Stabilität und Haltbarkeit... unter den gegebnen Umständen - die (obwohl höchst bedingt und voraussetzungsreich) zu erhalten sind auf all die Weisen, die sich politisch "bewährt" haben... solang, bis sie nicht mehr haltbar sind.. (und sich das mal wieder auf affektiv schlagende Weise zeigt..). Als Inhaber dieser "Staatsräson" erheben sie sich nicht über diese Voraussetzungen, und fragen somit auch nicht: Wie sähe das eigentlich aus, wenn alle im Rahmen ihrer Bedingungen - da kommt jetzt das unvermeidlich Eigene wieder rein (Vorwegnahme, Spoiler: verschiedene, nicht ineinander überführbare Individualitäten!) - gleich weit fortgeschritten wären - und niemand, keine Gruppe, mehr sich darüber beschweren kann, dass ein anderer in seinem Rahmen (dh seiner, ihrer Individualität) soviel besser gestellt ist. Dieses SEINE, das Eigne des einen und des andern, das da moralisch verglichen wird - die gleiche Fortgeschrittenheit im je eignen Projekt - das ist das Irreduzible schlechthin im normalplanerischen - das ist im ersten Standpunkt aufgetaucht in Gestalt MEINER Einsicht in Erfolgsträchtigkeit und Misserfolgsträchtigkeit von Versuchen. Und die gedachte (idelle, bloss vorgestellte) Erhebung darüber geschieht nicht umsonst im - grammatischen Irrealis. Zu diesem "Eignen" der Normalplaner nochmal kurz dieser folgende Rückblick auf das bisher dazu Entwickelte: Meine Entscheidungen aufgrund MEINER Schätzungen solcher Erfolgssicherheiten sollen letztlich gelten, und die sind unvermittelt-unvermittelbar, im Zweifel kann ich sie dir nur aufzwingen, wobei du dann auch noch anzuerkennen hast, was ich an Psychologismen und psychologisierend über dich und den Grund des Mangels in DEINER Erfolgsschätzung sage: Ja stimmt, ich bin blöd, du bist sowieso und immer besser als ich usw. Oder: Ja ich bin unwillig, muss mich bessern usw - Wie nun mal entweder glaubhaft gelogen-geheuchelt wird gegenüber momentan Überlegenen und Herrschern - oder aber ehrlich deren Anspruch als Autorität anerkannt. Aber "das Eigne" (auch des Andern; das mit dem eignen Eignen verglichen werden kann oder könnte) ist natürlich spätestens ab dem 2.Standpunkt thematisch, als ein Nicht-Vermittelbares - also es gibt eine eigne Sicht der Dinge, deine und meine (das ist entscheidend), und da rede ich dir auch nicht rein, ich anerkenne dich als einen Eigentümer, und wenn wir mehr sind, das Gefüge der Eigentümer oder deren konflikträchtige Gemeinschaft. Aber da wird man das Eigne, das Unvermittelbare der Überzeugtheit des Normalplaners von seinen Einschätzungen, ja nicht los. Es sei denn, man lebt sowieso schon in einer geteilten Normalität, das ist dann was anderes. Aber sobald die Lerngeschichten ein bisschen differerieren, gehts ja schon los mit der Unterschiedlichkeit der Meinungen, man wird also dieses eigene nicht los, und auch der Moralist hat es zum Ausgangspunkt seines Räsonnierens - denn die moralische Reflexion setzt normalerweise erst ein, wenn es tatsächlich einen Unterschied der zumindest gedachten Ansprüche aneinander gibt - also wenn der eine mit der Lage zufrieden ist, und der andere Grund hat, sobald "gleich verteilt" sein oder werden soll, eine Forderung zu stellen.
5. Ich will jetzt an der Stelle kurz nochmal zurückkommen auf die Zuweisung von existenziellen Zeithorizonten an die Standpunkte. Wir haben es jetzt beim Moralisieren, moralischen Betrachten mit einem 4.Stp zu tun, der über alle Zeithorizonte hinaus ist; also er will gewissermassen für alle Zeiten gültige Normen und Vergesellschaftungsformen finden, und das hat dann einen eigenen Namen bekommen in meinem Privatjargon, ich habe das eine Mentalität oder eine Begründungsweise genannt. Das soll also alles umfassen, was Menschen einer Zeit als normativ verbindlich, als nicht mehr hintergehbare Norm, auch für rationales Handeln, ausgeben. Das heisst, es reguliert auch noch, was für einer Individualität (bei gegebnem Erfahrungsstand) man sich mit welchen guten Gründen anschliesst, also was für einer Art Gruppe mit biografien-übergreifenden Projekt. Anders gesagt, was man als rational und geboten und eventuell moralisch geboten, moralisch richtig ansieht. So dass man da wählt oder sich auch mal gegen was entscheidet, weil das moralisch untragbar geworden ist - man erinnert sich ja vielleicht, dass ich gesagt habe, dieses biografien-übergreifende nenne ich die Individualität, das Projekt, dem man sich anschliesst, und das möglicherweise zu diesem Zeitpunkt schon eine Geschichte hat, und das unbestimmt viele unter den Zeitgenossen sich gleichzeitig zueigen machen können, das aber die eigene Biografie überdauern kann oder wird, wo ich also etwas werde tradieren müssen. - Das also habe ich "Indiviualität" genannt; hingegen was man selber in seiner erwartbaren Lebensspanne sich vornimmt zu erreichen, hatte ich Lebensentwurf genannt, im Rahmen der Lebensform der eigenen Zeitgenossen, die mit einem zusammenleben, das sind natürlich dann auch verschiedene, aber das nennt man dann auch die eigene Generation, das überschneidet sich natürlich mit denen, die vor uns schon, als Erwachsene, da waren, und uns instruiert haben, und die uns haben aufwachsen lassen und uns etwas tradiert haben und uns ausgebildet haben, und andererseits denen, die wir selbst aufziehen, die uns mutmasslich überleben, und denen wir unsere Errungenschaften tradieren. Und die von Tag zu Tag zu lösenden Aufgaben stehen dann noch einmal eine Stufe tiefer, die Alltagseinrichtung, die Art der Lebensführung; und wenn DIE sich orientiert an einer langfristigen Aufgabenstellung, der man sich verschreibt, resultierend "von oben her" aus dem Lebensentwurf und aus der Individualität, die einem (vielleicht einfach im Rahmen der aktuellen Gesellschaft, Normalität) als "Rolle" zugewiesen wurde, dann nenne ich das Identität. Identität, Lebensentwurf im Rahmen der Lebensform der eigenen Generation, Individualität: das sind dann die drei grossen existenziellen Entscheidungsräume, formell gesprochen, es sind freilich weniger Entscheidungsräume als vielmehr FRISTEN, für die man etwas festlegen MUSS als Erwachsener: aber auch nur, wenn man soweit kommt, denn das gilt natürlich nicht für Leute, die sich in ihrem Alltag durchschlagen und von Woche zu Woche, oder sogar nur von Tat zu Tag leben können, und nicht wissen, wie es danach weitergeht. Also die Zeithorizonte müssen schon sehr sicher sein und perspektivisch sehr weit in die mutmassliche eigene Lebens-Zeit hinein ausgedehnt, wenn man meinen kann, da Entscheidungen treffen zu sollen - und die Freiheit zu haben, das zu tun.
6. Und jetzt kommt also noch mehr Luxus dazu, Reflexion auf die Art und Weise, wie man da wählt, und nach welchen Gesichtspunkten man da wählen sollte, und da ist man also vielleicht mit seiner Individualität (im Rahmen der Gemeinschaft, der man angehört, die vielleicht auch schon staatlich organisiert ist, in der auf jeden Fall Interessen berücksichtigt werden, und die Kategorie Interesse jedenfalls bereits existiert) bei der Frage gelandet: Wieso eigentlich diese Interessen immerzu nur bedingt sind, was sie bedingt, und wie man diese Bedingtheit überwinden könnte zugunsten eines unbedingten Prinzips? Das wird hier gesucht - wie kann eine Forderung aussehen, der eigentlich alle zustimmen können, weil sie ein dauerhaft stabiles Verhältnis aller zu allen begründet, und da ist es eben naheliegend zu sagen: Alle sollen gleich behandelt werden, gleich gut dastehen - und ich hatte das etwas präziser SO gefasst: Alle sollen in den Hinsichten, die sie als ihre EIGENEN, nicht mit andern vermittelbaren oder teilbaren ansehen, gleich weit fortgeschritten sein. In dieser Formulierung taucht schon dieses ewig moralische Sich-am-Konflikt-Orientieren auf, nämlich so: Es sind zwei Subjekte in Betracht gezogen, von denen jedes ein eigenes (Teil)Projekt hat, das es mit dem andern nicht teilen kann. Das hierdurch Ausgeschlossene wäre also: ein geteiltes Projekt (iSv Individualität) - da tauchen auch keine moralischen Fragestellungen auf - wenn alle (oder beide) das in gleicher Weise wollen, ist noch nicht mal von Interesse, ob sie in gleicher Weise dazu beitragen, weil sie wollen es ja, und dann macht halt jeder soviel, wie er kann und will - wenn das Projekt dann nicht vorankommt, es auch sein Schaden. Da gibt es also noch nicht einmal Trittbrettfahrerei, dh also da ist der Ausgangspunkt jeden moralischen Denkens bereits überwunden, und umgekehrt, wenn moralisch raisonniert wird, wäre erstmal zu fragen: Haben diese Leute überhaupt einen Interessengegensatz? Also der Begriff des TEILBAREN und GEMEINSAMEN INTERESSES ist offensichtlich hier nicht universalisierbar, sondern er trifft auf Grenzen, und da geht dann das moralische Reflektieren los, und stellt sich die Frage, wie die Bedingtheit der momentanen Interessenlagen überwunden werden kann zugunsten eines UNbedingten Prinzips, das, selbst wenn es ständig korrekturbedürftige Abweichungen von ihm gibt, die Richtung vorgibt, wie vorgegangen werden soll: Gerechtigkeit - Gleichverteilung - Gleichweit-Fortgeschrittensein in dem je eigenen Projekt, das man mit den andern nicht teilen kann. Diese Forderung nach Gerechtigkeit, Gleichheit, Vergleichbarkeit richtet sich also jetzt spätestens an Vertreter des Interessenkonzepts, tritt ihnen gegenüber und sagt: Das müsste euch doch einleuchten, dass diejenige Ordnung von Interessen im Interesse aller ist, in der es überhaupt kein Gefälle mehr gibt. Also nicht nur, dass ich mich mit Ungleichheit abfinde, weil das immer noch eine bessere wäre als jede andere Ordnung, weil ich da doch auch noch einen Vorteil habe - dieses ständige Zusammenkratzen von interessierten, aber minderbemittelten Verbündeten gegenüber den deutlich schlechter Gestellten, die durch Umverteilung gewinnen würden, während wir verlieren (Pareto-Optimum) wird aufgegeben, und es wird einfach schlichtweg alles an Ressourcen gleichverteilt, oder genau das nicht, sondern so, dass "alle gleich gut" dastehen. So wird es vorgeschlagen. Und warum ist das jetzt unrealistisch? Warum funktioniert das Prinzip des Gleich-Dastehens nicht, das als Ideal doch allen unmittelbar einleuchtet - also zumindest allen, die als Personen doch gleich sind und vergleichbar als solche sein sollen?
7. Der Vergleich, hatte ich gesagt, ist etwas, das ungeheuer naheliegt - etwas soll gleich verteilt werden - das ist normalerweise der Ausgangspunkt, der zu den ausgleichenden Gerechtigkeitsideen führt - der normale Ausgangspunkt ist ja die Herausforderung durch und für die "austeilende Gerechtigkeit" - es steht etwas zur Verteilung an, und es wird gleich aufgeteilt - ein Erbe, etwa; und das ist ungerecht, wenn ungleiche gleiches bekommen - also muss man ausgleichen. Diese Vorstellung ist ganz archaisch, ganz elementar, kann auch unter überaus kooperativen Menschen vorkommen, Geschwistern etwa, die die Erb-Verteilung gemeinschaftlich regeln wollen - und jetzt soll das zum Prinzip erhoben werden - und die Antwort darauf lautet - dass die Streitigkeiten dadurch niemals beigelegt werden können (sobald sie überhaupt auftauchen), weil die Vorstellungen von Vergleichbarkeit genau wieder ansetzen an der individuellen Anspruchshaltung, die begründet ist durch die eigne Normalität, die eigenen Bedürftigkeiten, die sich zeigen in Überraschungssituationen kurz zuvor - und/oder grundlegender, wenn Leute ohnehin ihre Normalität nicht teilen, das war ja der Ausgangspunkt der Möglichkeit des Streits, dass sie die nicht teilen - sie haben da verschiedene Projekte, in denen sie gleich weit fortgeschritten sein sollten - aber die Beurteilung, was bei dir "gleich weit fortgeschritten sein wie ich" hiesse, mache ich mit meinen Kriterien. Ich kann mich zwar hineindenken in DEIN Fortschrittskonzept (der empathische Vermittler kann mir DEINE Geschichte erzählen, deine Normalität nahebringen, in die DU hineingewachsen bist...) - aber die Präferenzen, die du haben solltest, aus meiner Warte - das sind natürlich MEINE, und deine anerkenne ich nicht - sonst hätten wir ja, wenn wir gleiche Präferenzen hätten, und auch noch gleiche Vorstellungen davon, was geht und was nicht (der Rahmen des Normalplanens ist ja noch nicht verlassen) - auch keinen moralisch zu lösenden Konflikt, sondern unsere Ausgangs-Individualitäten zu EINER verarbeitet, unsre Lebensentwürfe zu einem gekoppelten, unsre momentane Lage zu einer grundsätzlich kooperativen - wir hätten dann also garkeinen Interessenunterschied, der moralisch reguliert werden muss, sondern dann hätten wir ja dieselbe Vorstellung von dem, was getan werden soll. Das heisst, die Bedingtheit von Beurteilungen relativer Fortgeschrittenheit durch das eigene Plankonzept wird nicht aufgehoben, wenn man sagt, alle sollen vergleichbar sein - dass sie vergleichbar sind, heisst eben genau nicht, dass sie das gleiche Projekt auch wirklich HABEN, in das sie jeweils gleiche Handlungsspielräume einbringen nach gleichen Kriterien, oder in das sie überhaupt Handlungsspielräume einbringen - sondern sie haben eben VERSCHIEDENE Projekte - und es ist unmöglich, dass sie die als IHRE anerkennen. Anm. Das eingangs in diesem Abs. als Ausgangspunkt angeführte formell Gleiches Verteilen - jeder bekommt gleich viel von einem aufzuteilenden Vorrat an was immer - erscheint, wie ausgeführt, sofort ungerecht, wenn der Zuwachs für jeden schon wieder ungleich viel bedeutet, in seinem Kontext. Und das kann sich sogar dann noch so darstellen, wenn alle zuvor sich im gegenseitigen Einverständnis für momentan gleichgestellt, also in ihren Projekten, Individualitäten für gleich weit fortgeschritten wie "die Andern" erklärt haben, und niemand mit irgendeiner andern solchen Partei "tauschen" wollte - in dem Sinn (das ist ja die Grundoperation, die hier ständig zur Anwendung kommt), dass es diesen Andern AUF IHREN GRUNDLAGEN (im Rahmen ihrer Individualität) besser zu gehen scheint, als uns, auf unseren (im Rahmen unserer Individualität). Das Mass des Vergleichs scheint hier also zu sein: "wie gut es einem geht". Und wenn durch Zuteilung des selben, selbst auf diesen Grundlagen, aufgrund dieses Zuwachses dein Wohlergehen (Fortschritt in deinem Projekt) grösser ist als meins - muss statt austeilender schon wieder ausgleichende Gerechtigkeit walten. Man entkommt ihr einfach nicht...
8. Der Vergleich funktioniert nicht, weil der Masstab des Vergleichs, das Kriterium des Vergleichs nicht dasselbe sein KANN. Sobald die Frage auftaucht - sobald der Konflikt auftaucht - und obwohl der Begriff des Gleichweit-Fortgeschrittenseins (in der je eigenen Individualität, Lebensentwurf, Lebensepisode...) grundsätzlich von allen Beteiligten gebildet werden kann, und die Vergleichbarkeit zu fordern ist, ist nach den Masstäben der normalplanerischen Plan-Rationalität diese Vergleichbarkeit nicht herstellbar: Darum, weil die Forderung der Universalisierbarkeit zwar besteht, aber nicht eingelöst wird - das normalplanerische Vorgehen, die EIGNE Individualität (den Lebensentwurf, den Alltag.. ) ist in einem solchen Mass perspektivisch angebunden an die Bedingtheit durch die Ausgangs-Normalität, und bestenfalls noch die Überraschungs-Geschichte, die man damit und darin zurückgelegt hat, dass sie einfach nicht an andere angelehnt und auf andere angewendet werden kann, die eine eigene Geschichte haben, so dass sich das vermitteln lässt. Und dieser Gedanke der Vermittlung - die Frage was FEHLT denn da, dass man etwas nach der eigenen Einsicht Gleiches den andern nicht als solches nahebringen kann - sodass man sagen muss: Du kannst Gerechtigkeit garnicht sinnvoll fordern von Leuten, die diese Differenz nicht überwunden haben - diese Einsicht: Da muss es was geben, was die erfahren müssen, sodass sie dann doch zustimmen - führt zu dem sog. Vermittlungs-Standpunkt des Normalplanens. Das heisst: Ausser der ganzen bisher schon entfalteten Verfahrensgeschichte, dem ganzen Erfahrungsmaterial, das man ohnehin kennen müsste, um bestimmte Einzelmassnahmen sinnvoll zufinden, zumindest wenn man überhaupt zu den jeweiligen Differenzierungsschritten gelangt ist - ausserhalb und abgesehen davon, gibt es also etwas, das noch hinzukommt. Und ich habe dieses Hinzukommende ja eben bereits zugespitzt auf diese Vorstellung: Der Nicht-Zustimmende weiss etwas nicht, was dem Andern zugestossen ist - dem Nicht-Kooperationswilligen sollte diese Gefühls-Intensität, wie sich das für den Andern angefühlt hat, deutlich gemacht werden. Derjenige, der ihm das deutlich macht, derjenige, der das vermittelt, als Mediator womöglich - der muss sich natürlich eingefühlt haben - er muss sich in BEIDE EINGEFÜHLT HABEN - und jetzt fängt er an, diese seine Einfühlung, in das, wie sich was angefühlt hat derart, dass der eine seine Forderung so gestaltet, und der andere so, ihnen zu vermitteln. Weshalb ich das übrgens auch den Empathie-Standpunkt nenne. Und er bezieht sich da jeweils auf das dynamische Element, das auch meistens in den Vordergrund tritt bei den Verständigungsversuchen über die Gleichbehandlung, der Lösung eines moralischen Probelms, wo es immer heisst: Ich bin aber SO bedürftig, und der andre: Ich aber so... und darum hab ich mehr zu kriegen oder du... Da treten als Grund auf Bedürftigkeiten aufgrund von Überraschungen, aufgrund einer bis dahin funktionierenden Normalität, die etwas entscheidend modifizieren - die einen Unterschied machen. Die will der empathische Vermittler der jeweils andern Partei nahebringen. Und die andere Partei kann sich da vielleicht rühren lassen, durchaus, aber... das was modifiziert wird, wird nicht mehr vermittelt: Das ist die Normalität der andern - deren Normalerwartungen. Da kann der andre sagen: "Der andre mag schon enttäuscht sein und aus allen Wolken gefallen, aber schau dir mal an, mit was für einer Anspruchshaltung der in die ganze Auseinandersetzung reingegangen ist, und wie der überhaupt gelebt hat - das kann ich nicht anerkennen, ich hab diese Anspruchshaltung nicht - der hat schon sein ganzes Leben lang Förderung bekommen, das war schon immer ungerecht - der hat Normalerwartungen, die ich nicht habe, und die sind viel zu gut."
9. Die Forderung, die der empathische Vermittler an seinen Adressaten richtet, hat eine paradoxe Färbung. Man wird gleich feststellen, an was für ein berühmtes Vorbild damit auch erinnert wird. Diese Forderung hat nämlich die Färbung: Behandle die Normalerwartungen des andern so, als wären es deine eignen, obwohl du die ja nicht hast. Und das berühmte Vorbild ist die Nächstenliebe der Christen. Also die Aufforderung, die Sache des andern so zu betreiben, als wären seine Normalerwartungen die eignen, den Nächsten so lieben wie man sich selbst liebt, so gut behandeln wie sich selbst, obwohl seine Sache nicht die eigne ist - der Horizont, in dem der sich bewegt an Erwartungen, das Elementarmaterial, mit dem er als Normalplaner seine Vorschläge, seine Absichten und Pläne für sich und Vorschläge an die andern nun mal bestreiten - obwohl man das alles nicht gemeinsam hat, soll da zur Überbrückung nun dieses "als ob" eintreten - und das ist verrückt - eine verrückte Forderung. Solange man Erwartungen und Risiken- und Chancen-Schätzungen grundsätzlicher Art, was in der Welt möglich ist, zugrundelegt, und davon abhängig macht, wieviel man investiert in ein Projekt, wie lohnend man etwas findet oder nicht, und wieviel Gesamtspielraum man überhaupt für Projekte aufwendet, was man sich maximal erhofft usw - solange, sage ich, man das nicht alles teilt - eine Normalität teilt - solange ist die Forderung schon im Ansatz paradox und irreal. Du sollst so tun als ob - warum soll man? Warum soll man den andern anerkennen, der etwas erwartet, was ich für verrückt halte? Der ist für mich wie ein Kind, oder ein Irrer - wenn man es ganz hart sagen will - letztlich fällt das auf mich zurück, weil man sagen kann: Meine Erwartungen sind auch nicht besser - wir haben diese Struktur, diese Bedingtheit durch das, worin wir aufgewachsen sind, was uns geprägt hat, mitsamt der Affektgeschichte, den überraschenden guten und schlechten, schrecklichen und glücklichen Änderungen der urprünglichen Normalität, die uns beeinflusst, beeindruckt haben - und wenn wir die nicht mehr haben, haben wir garnichts. Und darüber soll ich mich jetzt hinwegsetzen? das ist MEINE Entscheidungsgrundlage - es scheint ein irreduzibel Eigenes zu sein. Und angesichts der Art und Weise, wie da entschieden wird - wenn man anfängt, sich da zu vergleichen, kann man sich nochmal in eine Metaposition begeben, sich darüberstellen, und sagen: Eins ist so gut wie das andre. Es ist eine Normalität so gut wie die andre... der andre hat aber eine andre... und es ist nun mal eine Geschichte des Überhaupt-Überraschtwerden könnens - und die andre ist halt eine andere solche Geschichte - aber Überraschtwerden und überhaupt mit etwas bestimmtem affektiv rechnen - als etwas, das gehen könnte, und was einen bedrohen könnte, kann soundso ausgedehnt sein, und im Grund genommen kann man sagen, es ist eins so gut wie das andre, es ist indifferent gegeneinander - der letzte Schritt wäre zu sagen: Es ist alles gleich falsch. Aber dann haben Normalplaner, wie es scheint, garkeine Grundlage mehr, auf der sie lernen können. Weil sie sich eben tatsächlich auf eine Art der Planung einlassen, in der vorab das Vorurteil besteht, dass man mit bestimmtem nicht rechnen muss. Und was das ist, womit man nicht rechnen muss, bestimmen sie nur indirekt aus dem heraus, womit sie rechnen. Mit allem anden eben nicht. Das ist ihre Normalität. Das ist dann das, an dem und mit dem sie dazugelernt haben, um es immer mehr zu verfeinern: "Aber ab JETZT ists normal, ab jetzt werden all meine Erwartungen erfüllt werden - jetzt wirds nicht mehr anders! Natürlich kanns anders werden. Man braucht sich ja nur die ganzen Geschichten der Leute ansehen, die unterschiedlich weit fortgeschritten sein sollten - Doch! Es kann anders sein! Und hier wird das Prinzip ganz kurz sichtbar, was eigentlich Normalplanung so borniert macht: Wieso soll man nicht (im Prinzip zumindest) mit allem rechnen müssen?
10. Genau das aber rückt das Normalplanen an eine Grenze, die für Normalplaner eigentlich kurz vorm Verrücktwerden steht. Da taucht auf einmal die Möglichkeit auf, dass man mit garnichts mehr RECHNET. Die Kategorie des Erwartens, an der entlang sie im Grund genommen ihr Lernen organisieren, mal abgesehen von der Regel, mit der sie diese Routine entlang neu hereinkommende Erfahrungen anpassen, und zwar so (und das ist ihre übergreifende Erwartung), dass da was konvergiert - dass da vorerst überzogene oder zu niedrige Erwartungen immer besser den passenden Werten, den zur Welt passenden Werten, angepasst werden - diese Art, seine Routine zu verbessern entlang hereinkommender Erfahrungen und auf diese Weise zu lernen - die soll aufgegeben werden? Das ist erstmal verrückt. Es ist ein absoluter Grenzfall, denn es wird jetzt nicht dazu aufgefordert aufzugeben - sondern ohne Erwartungen zu arbeiten - nicht mit garnichts zu rechnen, sondern versuchsweise mit etwas zu rechnen - und da ist natürlich die Frage: Womit? Das ist die Frage, die jetzt bleibt: Womit... wenn ich noch keine Anhaltspunkte habe... wenn ich etwas noch nicht weiss (Normalplaner wissen ja immer schon alles Relevante; und gehen immer davon aus: jetzt reicht es, jetzt weiss ich genug, nein JETZT - jetzt spätetstens hab ichs korrigiert usw); wohingegen die Grundeinstellung jetzt hiesse: Wie stelle ich mich ein, wenn ich noch nicht weiss? Und man könnte sagen, die Grenze der Verrücktheit ist für die Normalplaner dadurch erreicht, dass sie den Blick wenden von dem Inselchen Normalität, mit dem sie operieren und dessen Ausdehnung sie erforschen, und sich stattdessen dem Horizont zuwenden des Meers an Unwissen, in dem dieses Inselchen liegt. Also die Wende, die hier vollzogen wird, besteht darin, sich zu fragen, wie man vorgeht, wenn man noch nicht weiss. Und natürlich geben Normalplaner zu, dass sie nicht alles wissen; aber die Art ihres Unwissens bestimmen sie tatsächlich als: Noch nicht ganz korrekt bestimmte Erwartungswerte - die Marken dessen, was bestenfalls und schlimmstenfalls passieren kann, was lohnt und was nicht mehr... und wie Handlungen abgewandelt werden könnten, sodass sie wieder lohnen (und erfolgreich sind).- Es gibt aber VIEL mehr zu wissen, und damit auch ist der Horizont des Unwissens viel weiter gezogen; und in dieser Situation des universellen Unwissens, des Alles-kann-jederzeit-passieren - da brauche ich eine ganz andere Art von Lernregel. Das wird an dieser Stelle deutlich, wenn der Blick gewendet wird - in diese Verrücktheit, in dieses Nichtmehrfeste, dieses Nichtmehr-Festland-artige, wo man meint sich ständig an etwas festhalten zu können - wenn man da hin schaut. Wie orientiert man sich da - dann? Es kommt jetzt, nochmal gesagt, darauf an, seinen Versuch zu wählen; und da können Normalplaner nun sagen: Wir machen doch auch einen Versuch!? Aber wie macht man einen Versuch, unter dem Gesichtspunkt, dass ALLES eigentlich sein kann? Ich brauche offenbar eine Hypothese, was sein könnte. Also es kann so viel sein, es kann besseres und schlechteres sein in der Welt - es geht aber zunächst um ein Bestdenkbares, das bis zum Beweis des Gegenteils noch nicht auszuschliessen ist. Und darunter liegt ein hypothetisches Zweit-Best-Denkbares, das auch noch nicht auszuschliessen ist, undso weiter - immer weiter die Reihe zu den je nächst-schlechteren Bestdenkbaren entlang herunter. Und man könnte sagen, der schlechteste Fall, unter diesen immer noch bestdenkbaren wäre, dass ich mich bis auf weiteres erhalte in meiner Umgebung, aber meine Situation auch noch verbessern kann (und die Versuche fortsetzen). Also die Reproduktion, die bis jetzt gelingt, maximal vorsichtig aufrechtzuerhalten, fortzuführen und zu verbessern - genau das testet immer zugleich auch die Hypothese, die unterstellt, dass es immer noch besser werden kann, ja sogar bis hinauf bis zu einem Bestdenkbaren, es sei denn, es würe widerlegt. So etwa kann man diese Hypothesenlogik auf eine offene, völlig unbekannte Situation anwenden. Also das: Wir sind existenziell grundsätzlich in einer experimentellen Situation - könnte sich so präzisieren. Und genau das ist die Form für einen Inhalt, der auf ganz andere Weise sich aus dem Normalplanen heraus entwickelt - nämlich das Finden von RELigions-Inhalten, typischen solchen - das Wort ist natürlich schwierig, weil es aus unserem Rückblick immer sich mit der institutionalisierten RELigion verbindet - aber die Überlegenheit dessen, was eben auch im nachhinein noch Religion genannt wurde, gegenüber dem, was magisch-abergläubisches Denken heisst - die kann man tatsächlich präzise so darstellen, und man kann sagen, wie es vom einen, vom magisch-abergläubischen, zum andern kommt. Und das möchte ich gerne in der nächsten Vortragsgruppe darstellen. Das ist dann die Gruppe 4.
Vortrag 4a: Grundsätzliche Überlegungen zum Übergang von OPP in REL (OPP Scheitern)(Forts. von 3c)
Jetzt geht es um den Übergang in ein neues Weltverhältnis, und die Frage, wie dieser Übergang historisch im Prinzip zustandegekommen sein kann. Das Problem ist hier in einem gewissen Sinn noch stärker ausgeprägt als beim OPPortunismus in der internen Entwicklung der Normalplaner, weil es tatsächlich eine unendliche Vielfalt an Formen gibt, in denen sich dieser Übergang abspielt, und es hat mit Sicherheit tausend oder zweitausend Jahre historische Entwicklung gebraucht, um das einigermassen zu absolvieren. Ich werde jetzt gleich sagen, worum es geht.
1. Es geht darum, dass die Einbettung des Regelsystems der Reproduktion in eine empirische Fragestellung aufgehoben wird - , wo gefragt werden kann, unter welchen Bedingungen dieses Regelsystem aufgezweigt werden kann, einerseits, und andererseits gesucht werden kann nach dem richtigen und vollständigen System der Erwartungen, in letzter Instanz dessen, womit überhaupt zu rechnen sein soll, im guten wie im schlechten - zumindest in einer bestimmten Umgebung. Diese Art Fragen also sollen so nicht mehr gestellt werden. Anders gesagt: Das Abhängigmachen der "Normalität (oder bewährten Regularität) der Reproduktion" von Bedingungen, und das Erwarten-Dürfen und Nicht-Erwarten-Müssen, soll komplett ausgeschaltet werden Man muss sich vor Augen halten, dass die Entwicklung der Vergesellschaftungskonzepte von Normalplanern letztlich an der Peripherie ihrer Reproduktionsweisen stattfindet - also immer nur, wenn etwas Ausserordentliches passiert. Das kann zwar recht eingreifend oder umstürzend sein, aber es wird eben nie die ganze Normalität aufgelöst, und in welchem Umfang das eben KEIN Weltverhältnis ist, merkt man im Rückblick, wenn man bedenkt, dass die Regeln, mit denen etwa Interessen und (das müsste man jetzt gleich noch dazusagen) das Pendant zu den Interessen auf dem kognitiven Feld, also die "zulässigen" Überzeugungen.. oder eben MEINUNGEN, die zu haben opportun, zumindest nicht anstössig ist ("Overton-Fenster"!) beurteilt und behandelt werden angesichts all dessen, was bereits oder noch so alles gewusst und gedacht wird - dass diese Regeln der Staatsräson, die die elaboriertesten sind, zu denen sich Normalplaner vorarbeiten können - allein schon thematisch komplett determiniert sind durch das, was in ihrer Gesellschaft an - dem gegenüber unausgereiften - Plänen, Projekten, Forderungen usw unterwegs ist. Das heisst, da gibt es überhaupt kein(e Regel für ein) Weltverhältnis, es verhält sich indirekt zur Welt als das, was man befürwortet im Sinne der Staatsräson, etwa, wenn die Gesellschaft gross genug ist, des grössten Glücks der grössten Zahl usw - es bezieht sich nur indirekt überhaupt durch die unreifen und emotional aufgewühlten (entsprechend empört auch mit "berechtigten" Forderungen an andre einhergehenden) Pläne und Überzeugtheiten der Andern auf "die Welt". Also deren, wenn man so will: aufsummierte Welterfahrung wird da auf eine höchst prekäre Weise aufbereitet, indem man eben auf das Haltbare in ihren Entschlossenheiten und Überzeugtheiten zurückgeht, und auch das lässt man sich nur aus Anlass von und langdauernder Erfahrung mit Ausnahmesituationen zeigen. Es gibt garkeine Regel für den Regelfall, der ist ja (ganz ohne irgendeine Regel für seine Ableitung) immer schon da für jemanden, der überhaupt (an seiner Normalität) einen Masstab und ein Regelwerk hat, auch wenn er ihn und es im Laufe seines Lebens oder des Lebens der Andern abgeändert hat.
2. Das, nebenbei, ist auch der Grund, warum ich in meinem internen Konzept das Kürzel OPP für OPPortunismus benutze - das ist nicht so bösartig, wie es klingt, nur einfach dem lateinischen Wortsinn entsprechend gewählt: Die oberste Lernregel, die diese Normalplaner benutzen, ist keine allgemeine; es ist eine, die sich anlehnt an Anlässe, Anstösse, Gelegenheiten des Lernens, denn genau das sind die Ereignisse, in denen etwas anders kommt als erwartet - und da und nur da soll also (dazu)gelernt werden; das wurde ja bereits zur Genüge dargestellt. Dieses OPPortunistische Lernen verbietet es, gewissermassen ins Zentrum der Normalität zu schauen, und sich zu fragen: Wie ist denn das zustandegekommen, und ist das rational? Es muss vielmehr angenommen werden, dass da jedenfalls etwas schon sehr, sehr Optimales, dem Optimum Nahes vorliegt, das durch weitere Erfahrung allenfalls noch weiter optimiert werden kann. Aber diese Normalität selber infragestellen darf man nicht, die im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende natürlich eine komplett andere ist als irgendwann davor; nur die jeweils letzte - die ist auf jeden Fall die der Welt best-angepasste. Vorläufig. Also das ist natürlich ein - wenn man so will - Verfahren des UMLERNENs, und Sich-Anpassens, an jeweils natürlich auch vorfindliche gesellschaftliche Realitäten, es entspricht also auch in vielen Hinsichten dem, was etwa normale Geschichtstheoretiker, Historiker, bis hin zu historisch-materialistischen, uns sagen: Die Leute, die nachkommen, stellen sich auf das Entwicklungsresultat der Generation vor ihnen ein, und somit auf die fertigen Verhältnisse, in die sie hineinwachsen. Aber in gewissem Sinn gibt es da relativ wenig DAZULERNEN, ausser in Gestalt des immer weiter ausdifferenzierten Regelsystems, an dem sich davor dann Generationen abgearbeitet haben, zu dem aber nur im Ausnahmefall mal eine Erfahrungsgeschichte gehört, in der erzählt werden könnte, welche Ereignisse welche Konsequenzen gehabt haben. Sodass man sagen könnte, es ist eine Geschichte des Dazulernens in der Generationenfolge - alternativ wird im Lauf einer Generation umgelernt - es wird auch ausdifferenziert, das kann man schon sagen - aber es gibt keine durchgehende solche Dazu-Lern-Geschichte - und jedenfalls ist wenig darauf angelegt, dieses Durchgehende zu erzählen und es dabei auch zu ERKLÄREN (im Licht einer rationalen Lernregel und der historischen Erfahrung, auf die diese Regel kollektiv angewendet worden wäre: das alles gibt es ja nicht) - stattdessen gibt es natürlich jene Spezialgeschichten ("Narrative"?), mit denen etwa nachfolgende Führungsschichten erzogen werden, an denen sie lernen können, die ihnen nahezubringenden Kategorien ausbilden bzw nachvollziehen können - aber das gesamte Weltverhältnis ist bestimmt nicht aufbewahrenswert - es ist eben implizit enthalten im jeweiligen (kollektiven) Regelsystem. Und das hat Folgen...
3. Eine allgemeine Lernregel existiert da also (noch) nicht. Das, worauf hier gezielt wird - in einem wahrscheinlich viele Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende dauernden Übergang - ist die Ausbildung einer Lernregel, und zwar einer universellen Lernregel; "universell" heisst: sie ist nicht bedingt. Damit ist schon das erste Stichwort gefallen - ich glaube, dass es schon mal vorgekommen ist im Vortrag 3c - : Die Lernregel kann nur universell sein, wenn dieses andauernde Bedingen (iSv Abhängigmachen von eier Zahl spezieller Fälle, statt allen möglichen) von befolgten Regelsystemen (das unter dem Vorbehalt steht, auch noch weiter durch Bedingungen aufgespalten werden können) endlich aufhört. Das heisst, es muss eine absolute Lernregel gefunden werden, vor allen Dingen eine für den Fall, dass man etwas noch nicht weiss (bzw dass etwas noch nicht vorgekommen oder erforscht ist) - derart dass man tatsächlich etwas VERSUCHT, und versuchen MUSS. Was ja, wie schon gesagt wurde, durchaus im Horizont von Normalplanern liegt; nur leider immer so, dass das Erwarten, die Kalkulation, die erwartete Relation von Versuchs-Aufwand und -Ertrag, das Lohnende des Versuchens (und auch sein Gegenstand: das was überhaupt versucht wird) auf jeden Fall schon einmal vorgegeben ist durch den Rahmen und Horizont der jeweiligen Normalität. Und dieser Rahmen muss somit (zusammen mit dem Übergang in eine un-bedingte Versuchs- und Handlungsregel) AUCH aufgelöst werden - diese Erwartungsklammer, die im Zweifel alles zusammenhält, für die Normalplaner - ihre Normalität. Die ist ja im wesentlichen charakterisiert durch die klammernden, und zwar bedingt klammernden, Rahmen- oder Spezialerwartungen, wann was lohnen könnte (das war die mittlere und obere Ebene der Erwartungen) - diese Klammer und diese Art Rahmenwerte muss aufgelöst werden.
4. Diese zwei Schritte könnten auch nacheinander stattfinden: Also das ganze 'Bedingte' könnte schon mal wegfallen, und dann immer noch unbedingt-kategorische "submaximale" Masse für Rahmenerwartungen stehenbleiben. An denen könnte dann gearbeitet werden, also das kategorisch zu Erwartende, womit man rechnen muss, aber auch darf, könnte tatsächlich die erste Form eines Unbedingten sein. Aber natürlich ist es dann immer noch bedingt durch die abzuwartenden Erfahrungen, und wahrscheinlich wird es (weil auch dieses Unbedingte anfällig ist dafür, wieder irgendwelchen Bedingungen zu unterliegen und somit "je nachdem erwartbar" sein zu dürfen) wieder in den Bann von Bedingungen geraten - weswegen wahrscheinlich die "Auflösung der Klammer" besser beschrieben wird als das Aufhören oder Abbau dieses Gebildes der bedingten Erwartung, in das die gesamte Reproduktionspraxis eingebettet ist - anders gesagt, das System der Regeln, die man in dieser Praxis befolgt. Aber das ist noch nicht alles, sonst hätten wir uns ja auch diese Entwicklung sparen können durch die mühsamen Unterscheidungen hindurch: von subjektiv und objektiv und Interessen und Erweitertem Selbst usw. - Ausser Bedingungslosigkeit und Erwartungsfreiheit käme als drittes hinzu: dass jederzeit die Reproduktionspraxis neu zusammengesetzt werden kann einerseits aus Kernselbst- also leiblichen Anforderungen, die man in jede Situation einbringt, in die man sich jeweils neu begibt, und andererseits dem bekannten "Raum an Möglichkeiten", die man in einer bestimmten Umgebung vorfindet - dem Teil der Umgebung, "mit dem zu tun zu haben man überhaupt rechnet"((jeder (geografische) Raum ist auch ein (praktischer) Raum von Möglichkeiten, ein Raum des Wirkens - ...eine Gegend, ein Siedlungsort, an dem man sich niederlässt)). Dieses Zusammenfügen, dieses, genauer gesagt: versuchsweise Zusammenfügen ergäbe dann bestenfalls eine VERSUCHSWEISE Normalität, in der keinerlei Erwartungen oder wenn, dann nur versuchsweise solche, den Rahmen abgeben - abgeleitet aus rahmen-gebenden HYPOTHESEN. Also kein (bedingtes oder kategorisches) Erwartungssystem - weder generell-rahmend, noch bereichs-bezogen! Und dieser klare Begriff von Zusammenfügung: dass jede(r Versuch einer) Reproduktion, jede Reproduktionsweise nur eine solche versuchsweise Zusammenfügung ist, dass sie letztlich eine Ableitung ist aus Regeln des Umgangs mit der eigenen Physis, dem eigenen Körper, einerseits, und den bekannten Regularitäten ausserhalb des Körpers, in der Umgebung, in der man sich überhaupt bewegt, andererseits, ist - dieser klare Begriff geht einher mit dem durchgehenden Bewusstsein, dass diese Zusammensetzung ständig gefährdet ist, und nur als eine prekäre und insofern versuchsweise gehandhabt werden kann - Das wäre also der dritte wesentliche Entwicklungsschritt, der zurückzulegen wäre. Und natürlich bleibt die Frage dann: Unter welcher Art Hypothese geschieht das alles? Darauf werde ich jetzt gleich zu sprechen kommen.
5. Das Verwirrende an dieser ganzen drei-schrittigen Entwicklung ist, dass sie ja nicht mit diesen hoch-abstrakten Kategorien, die kaum UNS im Rückblick zur Verfügung stehen, wie "Wegfall aller bedingten und auch unbedingten Erwartungen", arbeitet. Sondern stattdessen erst einmal nur implizit immer weiter ausladende Variations-Breiten von Bedingungen auslotet, in dem, was einem begegnet und begegnen könnte. Um klarzumachen, mit was für Stoff man es da zu tun hat, muss man sich nur mal daran erinnern, was Menschen in vergangenen Zeiten, die noch nicht so lang vorbei sind, also vormodernen Zeiten, für möglich gehalten haben - als etwas, das eine Chance oder ein Risiko für sie darstellt, oder ein Anzeichen für mögliche bestehende Dispositionen in der Welt, und dazu gehört beispielsweise der gesamte Bestand an Mythen, aus denen sie sich irgendetwas ableiten, mit denen sie auch in ihren Halluzinationen, Träumen, denen vor allen Dingen, in ihren Eingebungen, Visionen usw konfrontiert sind, und an und mit denen sie anschliessend weiterarbeiten, sodass diese Quellen auch den Stoff liefern für weitere, oder sogar gänzlich neue (Anschluss)Mythen. Erzählungen können auch direkt durch einen Traum eingeflüstert werden - oder es handelt sich um verballhornte Real-Geschichte, die ihnen erzählt wurde - Erzählung von dem, was an einem Ort (angeblich) schon möglich war, und was ab dann geglaubt wurde usw. Für sie ist das auf jeden Fall ein ganz authentischer Stoff, und zwar einer mit viel mehr Inhalt als die robusten historischen Traditionen, die ihnen vielleicht in mündlicher Tradierung auch mitgeteilt wurden, mit denen sie auch gearbeitet haben, und aus denen sie auch Schlüsse ziehen konnten, und das so, dass eben viele aktuelle Erlebnisse Fortschreibungen sind von etwas, von dem sie als einem (womöglich "idealen") Vorbild sie schon mal gehört hatten, und dem sie in der aktuellen Situation nacheifern. Wenn wir diese Art von "Erfahrung" als Quelle für die Bedingungs-Klassifikation praktischer, aber auch für Budget- und Rahmenerwartungs-Regeln zulassen, dann ist da natürlich der Blick enorm geweitet. Da ist erst einmal alles möglich; und im Mass, wie nun Leute tatsächlich so etwas ernstnehmen und davon wirklich etwas abhängig machen, angefangen bei den für sie existenziell entscheidenden Alltagspraktiken, Jagd, Krieg, bei denen ein Scheitern die weitestreichenden Folgen hätte, aber zugleich durchaus nicht unwahrscheinlich ist: Da bringen sie ihre "irregulären" Erfolge oder Misserfolge mit anderm Irregulären in Verbindung, und machen ihr Handeln von Anzeichen oder Bedingungen eines Erfolgs abhängig (freilich auf einem höheren Kontrollniveau, als wenn sie sich völliger Zufälligkeit und Unberechenbarkeit ausgeliefert sähen). Aber indem sie sich abhängig machen von An- und Vorzeichen und sie ernstnehmen (im Sinne einer abergläubischen Deutung solcher An- und Vorzeichen) - womöglich bis hin dazu, dass sie unterstellte Kausalbeziehungen benutzen, um Erfolgs-Bedingungen für sich, oder Misserfolgs-Bedingungen für Feinde herzustellen, was dann in Richtung Magie geht - in dem Mass also, wie sie das ernstnehmen, werden sie natürlich auch anfällig für Enttäuschungen. Die Enttäuschungen können zb die Form annehmen, die man von "alternativen" Heilmethoden her kennt, dass Ratschläge, Regeln, Rezepte, die sich um solche Bedingungen drehen, abergläubische Anzeichen, Talismane, magische Rezepte, es geradezu darauf anlegen, so komplex zu sein, dass man sie nie zuverlässig ausführen kann - sodass es immer eine Erklärung gibt, warum es nicht funktioniert hat - weil man immer etwas falsch gemacht hat (da kommt jetzt das "Was hab ich falsch gemacht?" der Budget-Ebene herein: Wie lange noch, bis man den Versuch, die Abwandlungen, die versuchte Rezeptbefolgung, das immer wieder Neu-Interpretieren von Anweisungen und Zeichen, aufgibt?) Das alles ist erst einmal bodenlos - aber "Ernstnehmen" heisst tatsächlich, vom Zutreffen solcher Versprechen, solchen Erwarten-Dürfens oder -Müssens (das ist schon schwieriger) etwas abhängig zu machen. Das mit dem Erwarten-Müssen ist von der Art, dass man dann Vorkehrungen trifft zur Abwehr eines Übels, die können recht umfangreich werden, und das zu widerlegen, ist natürlich ein bisschen schwieriger, aber nicht ganz unmöglich - etwa dann, wenn man feststellt: Man hatte vorübergehend die Mittel zur Abwehr nicht, es drohte das Schlimmste, und es passierte - nichts. Auch das kommt vor... Zusatz: Die Anspielung auf die Budget-Ebene sollte weiter ausgeführt werden. Schon weiter oben tauchten die Formulierungen auf: es WIRKLICH ernstnehmen, es sind existenziell entscheidende Alltagspraktiken usw. Das "Ernstnehmen" kann (wie in der Anspielung auf die Budget-Ebene geschehen) nun geradezu definiert werden als Hartnäckigkeit, mit der man versucht, ein unerwartet aufgetretenes Problem (das klassifiziert wird als eines einer bestimmten Sorte) mit einer solchen Alltagspraktik (Rezeptregel), einer bewährten zumal, zu lösen, und für die Erklärung, woran das Versagen, Ausbleiben, der Verlauf anders als erwartet gelegen haben könnte, erst noch naheliegende, "bekannte", dann aber immer "exotischere" Möglichkeiten, eben solchen vom abergläubisch-magischen Typ, erwägt - und daraus praktische Experimente ableitet (deren Scheitern oder Teil-Wirksamkeit zu neuen, speziell auf die betreffende Technik oder Prognostik gerichtete ad-hoc-Interpretationen bzw -Klassifikationen einlädt). Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendeine dieser Nothilfe-Praktiken "erfolgreich" wirkt, ist um so grösser, als alles Fehlschlagende, das im Rahmen des Budgets probiert wurde, als quasi widerlegte Hypothese behandelt wird (insofern durchaus rational) - und (abgesehen vom Aufwand, der freilich langsam kumuliert, bis uU die Verzweiflungsgrenze erreicht wird und man die Problemlöse-Versuche aufgibt) "nicht zählt". Im Kontrast dazu das ansatzweise hilfreich Erscheinende - wenn die Not am grössten ist, erscheint es nicht nur als der Beginn der Rettung, sondern eben auch als vielversprechende Spur in Richtung noch besserer, noch wirksamerer Mittel dieser Art: fertig ist der confirmation bias, und die Bereitschaft, mit verdoppelter Anstrengung sich auf die Weiterentwicklung dieser neuen (magischen) "Technologie" zu stürzen. Das ist durchaus nicht so verschieden vom Vorgehen "der Wissenschaft" (soweit sie sich den System-Bereichen der Wirklichkeit zuwendet, vgl. 1,21ff). Es hängt also von Budget- und Rahmenwerten ab, zugleich von der Verfügbarkeit "robuster" Wirk-Hypothesen (die zunächst einmal mit handfestem Wissen um tatsächliche Material-Eigenschaften oder "objektive" Regularitäten der Umgebung erschlossen werden und insofern näherliegen), ob das quasi weiter "aussen" gelegene kognitive Feld (der lunatic fringe, gewissermassen) der "magisch-abergläubischen" Klassifikations- und Hypothesenbildungs-Optionen betreten und "bis zur Verzweiflungsgrenze" ausgeschöpft wird. Und natürlich hängt wiederum von "dramatischen" Erfolgen in Bewährungssituationen (das können gern auch singuläre solche gewesen sein! wenn der Bedarf nur gross genug war - denn an dem wird die "Kraft" eines Hilfsmittels eben immer auch gemessen, in der OPP Kategorienwelt: ALLES andre hatte versagt - NUR das konnte noch helfen usw) ab, ob magische Praktiken es schaffen, in den Routine-Bewältigungs-Apparat an Praktiken zur Problemlösung aufgenommen und als solche womöglich "forschend, probierend" weiter-entwickelt zu werden. Das freilich immer nur, solang Budget und Rahmenwerte das hergeben. Ansonsten... wird am Ende aufgegeben, und die Misserfolgs-Erfahrung (die uU eben AUCH beeindruckend war!) wird in Neu-Bewertungen von Chancen und Risiken, zur Not der gesamten Existenz, übersetzt. (Zur epistemischen Kategorie des Probierens, und der Subsumtion der "Erforschung" magisch-abergläubischer OPP-Problemlöse-Versuchspraktiken unter diese epistemische Kategorie, vgl. die einschlägigen Abschnitte in "Normalität, oder die Begründung durchs hinreichend Bewährte").
6. All diese Möglichkeiten des Scheiterns, des Enttäuschtwerdens, stellen eine Art von Selektions-Mechanismus dar, und im Mass, wie Leute magische und abergläubische Praktiken tatsächlich ernstnehmen, weil sie von deren Richtigkeit und Wirksamkeit etwas abhängig machen (vgl. Zusatz zu §5), wächst natürlich ihre Enttäuschbarkeit. Das heisst, je mehr sie sich mit diesem Bereich beschäftigen, vielleicht sogar als Spezialisten, Schmanen, Hexer, Zauberer - in dem Mass werden sie wahrscheinlich einige Erfolge feiern, ansonsten auch sehr viele Misserfolge erleben. Und da ist natürlich immer die Frage, wie weit reicht die Frustration, und wie weit wird sie auch tradiert - denn wenn jeder nochmal von vorne anfängt, gibt es keine anwachsende Erfahrung, aus der man lernen könnte. Aber wenn dieser normalplanerische Ansatz ausgebaut wird zu einem ernsthaft und über längere Zeit verfolgten Forschungsprogramm zur Beantwortung der Frage, was denn nun eigentlich zutrifft - dann sieht das schon anders aus. Also wenn das nicht hier und da einmal von "Zauber-Nutzern" angewandt wird, wo sie aus ihrer Normalität heraustreten und den ein oder andern Zauber oder eine Vorhersage brauchen - sondern, wenn das tatsächlich die wirklich Zuständigen und Praktiker planmässig untersuchen, die auch regulär von Hilfsbedürftigen darum angegangen werden - dann, kann man sagen, ist da schon eine ganz andere Form von kognitiver Ernsthaftigkeit (denk an Budget und Rahmenwerte der Spezialisten!) im Spiel. Und da setzt also nun ein, was ich eingangs Selektions-Mechanismus nannte - eine nicht ganz bewusste Evolution der Art, dass die weniger enttäuschungs-anfälligen Erwartungen und Hypothesen, mit denen abergläubische und magische Praktiken erklärt und Erfahrungen gedeutet werden, diejenigen sind, die zunächst einmal übrig bleiben. Im Mass, wie die Praktik nicht jedesmal neu beginnt, sondern tatsächlich auch ihre Erfolgsrate tradiert wird, würde da natürlich im Laufe der Zeit ein immer grösseres Auseinanderweichen der Erwartungswerte zu bemerken sein. Denn: ein Extrem-Gutes, ein Best-Mögliches, das passieren könnte, ist fast immer zugleich ein Fernes, Unverfügbares - man kann darauf eingestellt bleiben, dass es eintrifft, aber nicht bald. So etwas ist allen klar, die schon enttäuscht worden sind: Dass man etwas nicht ausschliessen kann, und bis auf weiteres, in diesem stark abgeschwächten Sinn, weiter erwarten kann - von der Art ist vieles, das bleibt, nachdem man schon viele Enttäuschungen erlebt hat. Dh es geht zusammen und muss zusammengehen mit der sehr weit reichenden Erwartung, dass zumindest die zeitnahe Erreichbarkeit eher infragegestellt ist. ((Es sei denn, man hätte es zu tun mit so einer Art Naherwartung, wie die Zeugen Jehovas sie zeitweise praktiziert haben, also es wird etwa auf ein Datum gehofft - und, gut, das war jetzt nicht richtig, aber dann suchen wir nach dem Fehler und bestimmen das nächste Datum usw. Wenn man das fünf- oder zehnmal gemacht hat, ändert das natürlich auch die Art der Erwartung - dann schaut man nochmal nach im Mythos, und findet vielleicht eine Neudeutung,wie das eigentlich beschaffen ist mit diesem Datum, und hat dann den Erwartungswert zwar immer noch bewahrt, aber die Konkretisierung in Gestalt eines Datums, Zeitabstands verschwindet wieder. Anm.: Das könnte auch als Paradigma für das Bewältigen von "Glaubenskrisen" dienen...)) Natürlich muss das lange Warten sich am Ende auszahlen - es nützt nichts bzw lohnt nicht, eine relativ bescheidene Wunscherfüllung immer weiter hinauszuschieben, und davon etwas abhängig zu machen, statt sich mit der Nichterfüllung der Aussicht abzufinden. Weiträumigkeit, unbestimmte und im Zweifel lange Fristen bis zur Erfüllung der (mutmasslichen) Erwartung erfordern also auch entsprechende Steigerung in der Grössenordnung des Lohnens - nur Best-Vorstellbares übersteht seine (hypothetische) zeitliche Entrückung unbeschadet. Dh also: Solche best-denkbaren Fälle (die zu diesem Zeitpunkt meist noch nicht "philosophisch" konstruiert, ge- und be-dacht sind, sondern fürs erste weiter geschöpft werden aus den Erzählungen, die sich gespeist haben aus den vielen genannten, mehr oder weniger trüben Quellen sind zugleich diejenigen, die, weil sie weiträumig, zeitlich unbegrenzt sind, das Rennen machen: Die ihnen zugrundeliegenden Annahmen sind nicht widerlegbar. Nicht in absehbaren Fristen, zumindest.
7. Es wird sich - allerdings erst viel später, und nach schier endlosen Reflexionsaufwänden - herausstellen, dass genau das auch ihr entscheidender Mangel ist, und welche Art Hypothesen dafür anfällig sind. Hier wollte ich nur festhalten: Der Selektionsprozess findet nach dieser Seite hin SO statt. Nach der andern Seite hin, also der Seite des Erwartungswerts, der die erwartbaren Risiken betrifft, sieht die Enttäuschung, Enttäuschbarkeit (der Erwartung nämlich, dass man gegen bestimmte Risiken gesichert ist) anders aus - da sucht man ja nur nach der Bedingung für die Sicherung, und nach der Bedingung für das Eintreffen eines schlimmen Falls, den man u.a. dadurch berücksichtigen möchte, dass man ihn umgeht (ausser, man will ihn, als Kriegsmittel, gegen Feinde, aktiv herbeiführen, wenn man das kann; die wirklich grossen Gefahren drohen freilich von Naturkatastrophen, über deren Stattfinden oder nicht man keine Kontrolle hat). - .Also es geht hier normalerweise nicht darum, dass man die Realisierung des Risikos erstrebt, wie im best-denkbaren Fall - wobei auch das, solchen Chimären nachjagen, in der Normalplanung tunlichst vermieden werden soll (es doch zu tun, stellt seinereits ein (Versäumnis)Risiko dar...) - sondern hier geht es normalerweise wirklich darum, dass man Risiken vermeidet, und die Enttäuschung bzw Enttäuschbarkeit sieht hier so aus, dass es eigentlich nichts gibt, was es nicht geben kann, und dass einem wirklich alles jederzeit zustossen kann, einschliesslich (das ist dann die Verbindung zwischen diesen beiden Rahmen-Erwartungswerten) der Absturz aus einer glücklichen Ausgangssituation. Das heisst also, diese Art der Enttäuschung, die Schutzbedingungen, oder die Vorhersehbarkeits-Bedingungen, die ja auch eine Kontrollfunktion haben, lösen sich an diesem Ende der Erwartungsbildung auf. Und insgesamt rückt also das System der Erwartungswerte, der höchsten, also der Erwartungen des Best-Denkbaren, einerseits, und der Erwartungen der schlimmsten Fälle andererseits, immer weiter auseinander. Der End- und Grenzzustand nach der "Risiko"-Seite wäre dann quasi ein Maximum an Blanko-Pessimismus: Jederzeit ist mit allem zu rechnen - aber nicht sicher. Letzteres ist gewissermassen die Trostkomponente darin - es ist nicht sicher, dass das Schlimmste tatsächlich eintrifft. Nach der andern Seite hin ist es dieselbe Formel: Das Bestdenkbare könnte auch NICHT eintreffen, was aber im Moment kein allzugrosser Schade ist, weil man bis auf weiteres so tun kann als ob. Und wenn man sich in diese Position vorgearbeitet hat, mit diesen maximal weit reichenden Erwartungsvorstellungen hinsichtlich des Besten und des Schlimmsten - dann ist man eigentlich fast schon in einem RELigiösen Weltverhältnis angekommen.
8. Man muss sich klarmachen, dass diese hypothetische, im Grund nicht mehr auf Erwartungen beruhende bzw zu solchen berechtigende Einstellung sich an beiden Enden der normalplanerischen Erwartungs-Werte-Skala bildet - in beiden Fällen ist die entscheidende Formel: Es ist noch nicht bewiesen, dass es (nicht) so kommt. Ich stelle mich auf ein Bestdenkbares, ein sehr weit reichendes ein, und tue so, als wäre das möglich - es ist noch nicht bewiesen , dass es nicht so ist - ich mache das so lange, bis es bewiesen ist - so wäre also gewissermassen alles, was ich unter dieser Hypothese tue, ein Experiment - es ist zugleich experimentell in der andern Richtung - unter der Annahme, dass mir alles zustossen kann, aber noch nicht bewiesen ist, dass ich das nicht bewältigen kann, und das kann ich "experimentell" doch, bis der Beweis geliefert wird, versuchen. Deswegen könnte man sagen, das Wesen dieses Weltverhältnisses ist diese experimentelle Grundeinstellung: Das Leben ist ein Experiment - worauf es vor allem ankommt, ist die Hypothese, unter der man es einrichtet. Wenn man das mit dem Draufgängertum von Normalplanern, aber auch - als Gegenstück - ihrer ebenso gut möglichen Verzagtheit vergleicht, dann ist das ein unglaublicher Zugewinn an Rationalität und an Möglichkeiten, obwohl doch das Ganze so eingeschränkt erscheint - man ist eingeschränkt auf nur noch eine ganz vorsichtige Form der Reproduktion - es kann ja immerzu alles passieren - aber es ist eben auch dieses ganz vorsichtige Ausweiten damit verbunden - denn es ist ja noch nicht sicher, dass das Schlimme passiert - deswegen kann ich auch ganz vorsichtig meine Ausgangssituation verbessern. Daran können meine Kinder weiterarbeiten - und so können wir also ganz vorsichtig, immer auf der sicheren Seite - immer mit dem Schlimmsten rechnend, aber nicht als dem endgültigen - weiterarbeiten am Ausbau unserer Reproduktion. Das also ist der materielle Gehalt RELigiöser Lebensformen; als solcher wurde er bisher - leider auch von eher materialistisch orientierten Analytikern - komplett übersehen. Man schaut ständig auf die mehr oder weniger illusionären Formen dieser Erwartungshaltung - dieser starr auf ein - freilich nur hypothetisches - Optimum ausgerichteten Erwartungshaltung - und die ("Glaubens"-)Inhalte, die dort eine Rolle spielen, und die natürlich, wenn man so will, Überbleibsel sind der normalplanerischen farbigen Mythologien, mit denen die ihre Bedingungen für die Erwartung von dem oder jenem ausgestaltet hatten. Aber der ernüchtert-rationale Boden, auf dem man da steht, wird gern übersehen. Das hängt natürlich damit zusammen, dass diese historisch sehr reife Form eines Weltverhältnisses kaum je einmal von einzelnen Individuen einfach für sich erschlossen wird (die sich des Weges, den sie da zurückgelegt haben, bewusst sind - was sie aber nicht weitergeben können, weshalb dieser Weg dann schnell wieder in Vergessenheit gerät), sondern sie ist meist das Resultat der Arbeit vieler Generationen daran, die die von ihnen erreichten Zwischenstadien, und die Einstellungen, die sie zwischenzeitlich hatten, meist erst recht nicht für künftige Generationen festhalten. Genau darum ist diese reife Form dann auch in Gefahr, wieder verlorenzugehen, und zurückzusinken in eine unangemessene, weil normalplanerische Aneignung der Praxis, die sie darstellt. Aber darüber möchte ich gerne später mehr sagen.
9. Jetzt wäre noch eine Überlegung anzustellen hinsichtlich des dritten Schritts. Es ist keine Selbstverständlichkeit, selbst wenn diese Experimentalität der Lebensführung (als alles bestimmende Grundlage des Weltverhältnisses) bereits eingetreten ist, dass die Kategorien, die sich andeutungsweise in der politischen Entwicklung der Normalplaner aufwärts gezeigt haben: Kernselbst, das Restunbekannte, also das Sich-Stellen zum Gewussten und Unwissen bezüglich der Umgebung - ihrerseits schon zu bewussten, Praxis-bestimmenden Kategorien geworden sind (soweit diese beiden Kategorien praxis-bestimmend werden können: indem sie ein - prekäres - Erweitertes Selbst, in einer gegbenen Umgebung, mit gegebnem Hypothesen-Wissen über Kernselbst und objektive Welt hier und generell, zu konstruieren gestatten). Sondern jetzt beginnt eine andere Art von Entwicklung auf dieser Stufe, und das ist, wenn man so will, die Geschichte auch des experimentellen Lebens und der Lebensform, dass man nämlich die Variabilität von Lebenformen durchspielt. Man lernt sie vielleicht auch bei andern kennen, aber bei sich selber eben auch, in der eigenen Geschichte - und in dieser Erfahrungs-Kette von Abwandlungen erst kristallisieren sich tatsächlich die Momente "Kernselbst, und seine Bestimmungen", einerseits, und "die objektive Welt, zu der man sich (an der Grenze des Gewussten zum Restunbekannten) verhält", andererseits, heraus. Freilich in einer ganz andern Weise als bei den Normalplanern, weil die Experimente dieser RELigiös-experimentellen Einrichter und Verbesserer ihrer immer nur vorläufigen Existenz ja tatsächlich flexibel sind: Sie können tatsächlich ihre Normalität jederzeit bei Bedarf neu zusammensetzen, die Reichweite ihrer möglichen eigenen Neueinrichtung ist viel grösser als bei irgendeinem Normalplaner. Das macht natürlich, dass sie in ganz anderem Umfang als Normalplaner, unbefangen, über Neuzusammensetzungen ihres Lebens, neue Lebensmöglichkeiten, ganz andere, auch in ganz anderen Umgebungen, nachdenken können, und natürlich erschliesst sich in einer Kette von solchen Neuanfängen, wenn sie denn tradiert wird, auch der Kategorienapparat, mit dem man ein Kernselbst beschreibt, also die leiblichen Mindestanforderungen an ein gutes Leben (immer unter experimentellen Voraussetzungen), also eines Lebens, in dem man sich maximal vorsichtig, aber doch minimal zuversichtlich verhält, und zugleich die objektiven und wissbaren Regularitäten beachtet und nutzt, mit denen man in gleich welchen Umgebungen konfrontiert sein kann. Deswegen auch ist, was später Naturwissenschaft heisst, solchen Geistern nicht fremd, und es ist durchaus möglich, im Rahmen einer solchen RELigiös-experimentellen Kultur sich mit der Umgebung in einer durchaus forschenden Weise auseinanderzusetzen. Durch die Vorsicht, mit der man sich da bewegt, gibt es immer wieder auch Reserven aller Art - die Reproduktion ist nicht so fordernd, nicht so ausgereizt und auf Kante genäht wie bei Normalplanern, wo einfach meist garkeine Zeit bleibt, um frei und spielerisch zu denken und zu forschen (es gibt zu viel, das dabei versäumt werden könnte). Stattdessen gehört gerade das auch zur experimentellen Lebensform dazu, dass man sich umtun kann, reisen, erkunden, untersuchen, versuchen und somit auch im engeren Sinn experimentiert - einfach weil man freie Zeit und Mittel dafür hat. ((Anm. Damit das jetzt nicht zu idyllisch klingt: Dieser Wegfall innerer Hemmungen oder besser, Abhaltungen, Ablenkungen, von Musse-Optionen, aus kulturellen Gründen bzw aufgrund des Weltverhältnisses, ist natürlich bloss eine notwendige Voraussetzung für tatsächliche Freistellung und Musse: Erheblich mehr experimentell Eingestellte WÜRDEN ihre freie Zeit so nutzen, haben aber - ihrer ganzen Zurückgenommenheit zum Trotz - keine...))
10. Wenn man nun nach der andern Seite schaut, also nach der Gestalt der RELigiösen Glaubensvorstellungen, dieser das Experiment (an)leitenden Hypothesen - dann muss man sich fragen: Welchen Stellenwert sie (und ihre besondere Formulierung) eigentlich im Leben dieser RELigiös-experimentell Lebenden haben? Ganz gleichgültig kann ihnen dieses Element ihres Weltverhältnisses nicht sein - schliesslich hängt davon, dass sie da überhaupt etwas Haltbares haben, bis auf weiteres die überaus wertvolle Experimentalität ihrer Lebenseinrichtung ab. Das heisst, von dem Inhalt ihres Ideals, des Optimal-Möglichen, mit dem sie rechnen, hängt natürlich die Möglichkeit ab, sich hier unten minimal zuversichtlich zu verhalten. Hingegen wenn das wegfällt, dann ist allem Anschein nach auch für sie "alles aus". Darum hat ihr Glaube, diese Hypothese, die er ist, eine so grosse Bedeutung in ihrem Leben, und diese Bedeutung ergibt sich auch noch aus einem andern, einem KOGNITIVEN ("epistemischen") Grund. Dafür müssen wir jetzt noch einmal kurz etwas präziser sagen, welche Art Inhalt die Enttäuschungs-Selektion am wahrscheilichsten übersteht. In den Ur-Glaubensinhalten wohl aller bekannten grossen und Kultur(raum)-bildenden Religionen erinnert bekanntlich einiges an die unreiferen historischen Vorstufen, von denen sie herkommen: einen Ahnenglauben, schamanistische Praktiken, eine Gottesfigur, in der irgendwas sehr archaisches, Feuer, Sonne usw zusammengeflossen ist usw - Derartiges steht da ja oft am Anfang, und bildet Vorstufen, wo noch sehr viel von Bedingungen, Aberglaube, und Naherwartungs- wenn nicht gar magischer Wirk-Zuversicht zu sehen ist, und noch nichts von dem fatalistischen "Seine Sache auf nichts stellen", dem Credo-quia-absurdum - das man bis auf weiteres annehmen kann, aber auch muss, weil es das Best-Denkbare ist (wenn es sich realisieren würde; und ansonsten momentan keinen Unterschied macht), unter dem, was noch nicht widerlegt ist - und zugleich das als in und hinter allem Wirkende einleuchtendste. Aber so reden ungefähr reif-REL-experimentell Denkende. Übrigens gibts die auch unter Zeugen Jehovas (solche hab ich selbst schon getroffen...) Auch Amish - alle genuin RELigiös Denkende reden so über ihren Glauben; aber das sind natürlich bereits historisch extrem fortgeschrittene Zustände, die darf man so 500 in einer früh-eisenzeitlichen, oder gar 1000 vuZ und davor, in einer bronzezeitlichen Gesellschaft nicht erwarten. Jetzt also eine Aussage oder Prognose (im nachhinein) über die Wahrscheinlichkeit, welche Hypothesen, welche Mythologien den Enttäuschungsprozess am ehesten überleben: Ich werde darüber sicher noch sehr viel mehr sagen müssen. Aber ich will doch kurz andeuten, was in der Formel, die ich für mich selber in meiner eigenen theoretischen Entwicklung benutzt habe, hinweist auf die Art dieser Inhalte. Und zwar habe ich gesagt: RELigiöses Glauben stellt dar eine Optimalhypothese - ein anderes Wort für hypothetisches Ideal, und zwar ein Ideal, das einen sehr speziellen Inhalt hat: Ein spezifisch RELigiöses Ideal unterstellt in und hinter der Welt mentale psychische Qualitäten - solche Eigenschaften, Zustände, Vorgänge, Dispositionen, die man sinnvoll nur "Personen" zuschreiben kann - personale Qualitäten, könnte man auch sagen**; die aber einer unbestimmten Steigerung für fähig erklärt werden.** Da kann man sich jetzt mal an die christlichen oder generell monotheistischen Versionen erinnern, an sowas wie personale ALL-Dispositionen: ALL-wissen, -macht, -güte, -verstehen, -weisheit usw - das sind also unbestimmte Optimalausprägungen von persönlichen Eigenschaften. Wenn man sich mit diesen persönlichen Eigenschaften systematisch beschäftigt, dann findet man (das ist vielleicht etwas, das wirklich noch genauer zu besprechen ist in nachfolgenden Vorträgen) eine Abstufung oder Stufenreihe der zuschreibbaren Eigenschaften oder Einstellungen einer Einzel-Person, aufgrund deren sie ihr Handeln begründet (bzw die ihr Handeln, zumindest die von ihr bekundeten (Versuchs)Absichten, als durch diese Gründe begründet verstehbar erscheinen lassen.). Mit anderen Worten: Die Begründungsstruktur des Handelns liefert das Inventar an RELigiösen Kategorien, die einer unbestimmten Steigerung für fähig erklärt werden. Und davon wird jetzt also behauptet, - das ist vorläufig meine Arbeitshypothese - : Das ist die Art Hypothesen über die Welt (zunächst auch die Art Erwartungen, bevor das ganze endgültig ins Hypothetische abkippt), die den Enttäuschungsprozess am ehesten überleben.
11. Aber warum? Warum tun sie das, warum sind sie dazu imstand? Die allgemeine Form einer solchen Erklärung dessen, was in der Welt geschieht, oder wie die Welt überhaupt beschaffen ist, mit etwas, womit man sonst Handeln erklärt - diese Art der Erklärung lässt etwas zu, was man so im allgemeinen bei Naturvorgängen und natürlichen Zusammenhängen nicht vorfindet, und das ist eine INTERPRETATION. Das heisst: Irgendwie steckt hinter allem, was geschieht, etwas von der Art einer Absicht, oder dessen, was Absichten begründet, Pläne begründet, und das erklärt nebenbei auch, warum es einen Sinn hat. Nur: der Sinn erschliesst sich nicht unmittelbar. Und jetzt kann ich mit dieser unterstellten Sinnhaftigkeit des Geschehens in und hinter der Welt anfangen, Deutungen (Interpretationen) zu machen: Warum ist es sinnvoll - im Sinne welcher (guten) Absichten oder Zwecke ist das, was geschieht, sinnvoll, zweckmässig, GUT? - also das Geschehene als Quasi-Handlung begründend (oder erklärend)? Die Kategorie Sinn kann man zusätzlich so heranziehen, dass man sagt: Die Sinnhaftigkeit der Welt erklärt auch, WARUM sie so ist, wie sie ist, das heisst, die Tatsache, dass die Welt nach denselben Prinzipien funktioniert wie ein Handeln, oder seine Begründungen, wie jemand Pläne begründet - erklärt auch, wie die Welt ist und warum sie so ist. Ich will kurz sagen, was das für Vorstellungen sind - zum Beispiel: Die Welt hat einen Zweck, oder: die Welt gestaltet sich nach den Absichten von allmächtigen Einzelfiguren, das wäre jetzt so etwas wie ein Götter-Pantheon, das aber abgeschlossen und vollständig ist, die mit Weltvorgängen, in die wir auch eingreifen, interagieren (u.a. auf UNSER Tun sinnvoll reagieren...) - und das erklärt, was geschieht. Nicht in allen Einzelheiten - das können wir nicht durchschauen, das ist immer der Punkt - aber doch im Prinzip. Und dieses IM PRINZIP erklärt eine weitere typisch RELigiöse Bestätigungsfigur, nämlich: Man konzentriert sich extrem stark auf die Fälle, in denen man schon mal was hat erklären können, so auf diese Weise: Schau wie sinnvoll DAS ist, und wie schlagend es unsere Glaubensüberzeugung bestätigt - und das lässt sich verallgemeinern, nur bei dem andern wissen wir es noch nicht, wie es und warum es Sinn macht, das ist uns noch verschlossen, aber das wird sich uns schon auch noch erschliessen (denn: auch das ist ein wichtiger Bestandteil dieser Optimalhypothese: Es ist ja noch nicht bewiesen, dass wir es nicht verstehen können oder werden.) Also können wir immerfort weiter deuten; und dieses Fortbilden unseres Begriffs dessen, was Sinn machen würde, und was Handeln erklärt (das Handeln etwa einer solchen allmächtigen Figur, oder der Realisierung eines Weltzwecks, der sich in der Welt geltend macht - oder einer Art Stimmungsschwankungen, die in der Welt sich bemerkt macht und eine jeweilige Gefärbtheit des Geschehens erklären würde, das aber immer sinnvoll ist und bleibt (durch alle Wechselfälle hindurch), oder Botschaften sind in der Welt, die uns erklären, wie etwas zu gebrauchen wäre - die Welt ist gewissermassen voller Gebrauchsanweisungen, und "Signaturen" - das ist so eine Paracelsus-Religion) - all diese Grundkategorien lassen es zu, dass man an ganz vielen Stellen etwas erklären kann, so wie es ist, also eine Welterklärung, durchaus im Sinn einer Kausalerklärung, anbringen kann, dadurch, dass man es unter eine solche ideal gedachte Sinn- oder Handlungs-Erklärungs-Kategorie subsumiert.
12. Und diese Sinnkategorie, also die Art und Weise, wie man (Ideal)Handeln erklären kann, reichert sich nun an mit dem spätestens zwischenzeitlich beim Immer-wieder-Neugestalten der eigenen experimentellen Existenz erworbenen und mittlerweile perfekt ausgebildeten Kategorienapparat. Und was ist das für ein Apparat? Wenn man auf das Entscheidungsschema (Ende 3d) schaut, wird man feststellen, dass die ganze Abteilung links vom Abwärts-Pfeil betroffen ist: Begriffe, Hypothesen (bzgl dessen was möglich ist), Strategie-Entwürfe, und dann die Auswahl der Strategieentwürfe für eine gegebne Umgeung, das wäre dann schon der Plan, der sich noch in seiner Ausführung orientieren muss an Nebenumständen, Zeitumständen, und dementsprechend abgewandelt werden muss - Prioritäten müssen vorübergehend gesetzt werden bei seiner Erreichung, und bei der Einzelausführung muss ich noch dies und jenes (in Feinanpassung an die gegebne Arbeits-Situation) zusätzlich können und zustandebringen, wobei ich aber keinen Zweifel habe, dass es gelingen wird, ich muss es nur erkunden, muss es wissen, was wo ist, muss was suchen usw. Diese insgesamt 5 Stufen machen das Gefüge der Begründung einer konkreten Einzelhandlung (die kann auch kollektiv sein) und eines konkreten kollektiven Plans aus, unter experimentellen Bedingungen; Begründung eines VERSUCHs, so könnte man sagen - eines Einzelversuchs. Und aus diesem Material, das sich aus der Erfahrung der stetigen Neu-Zusammensetzung der eigenen Reproduktion aus Kernselbst-Hypothesen und -Kenntnissen vom Funktionieren des eigenen Kernselbst, den Bedingungen seines Normalfunktionierens, den förderlichen wie den hindernden und krankmachenden, einerseits, und den Bedingungen der Regularität von Bestandetilen der Realität, mit denen ich arbeite, in der Umgebung in der ich lebe, andererseits, zusammensetzt - dieses ständige oder immer wieder stattfindende Neukomponieren meiner Reproduktion liefert mir das Anschauungsmaterial, aus dem ich die mir and andern zuschreibbaren Arten von Gründen erschliesse, mit denen ich - allerdings eben in unbestimmter Steigerung - mir meine Welt erkläre mit der Tatsache, dass sie mutmasslich bis zum Beweis des Gegenteils sinnvoll ist (also ganz entfernt etwas so Zusammengesetztes wie meine Reproduktion, wenn auch in idealer Form), und dass etwas Sinnvolles in und hinter ihr wirkt. Von der Art also sollen die Inhalte von Erwartungen sein, die schliesslich in hypothetischen Modus übergehen, die gegen alle Enttäuschungen immun sind und deswegen übrig bleiben aus dem historischen Zerrüttungsprozess des Aberglaubens und des magischen Denkens... ((wo nämlich nicht solche sinnhaften Beziehungen unterstellt werden, sondern empirische, also: was war vorher? was könnte es sein, das einen Unterschied macht - welche Klasse von Ereignissen könnte mit jener Klasse von Ereignissen assoziiert sein?, das ist also grob empirisch bzw. statistisch ermittelt, es ist das Material des Aberglaubens und magischer Wirkversuche - und das übersteht eben im allgemeinen historisch diesen Selektionsprozess nicht.)) ...Der grösste Vorteil dieser RELigiösen Glaubensüberzeugungen, nämlich dass sie gegen solche Enttäuschungen und Widerlegungen immun sind, ist aber zugleich verrückterweise ihr grösster Nachteil. Wie sich nämlich noch zeigen lässt, machen sie in der Welt keinen Unterschied. Das herauszufinden ist aber bereits Gegenstand der - wenn man so will - "Kritik" der RELigion und des RELigiösen Denkens, und des Begriffs von Person, der dort unbestimmt bleibt, und deswegen nur überhaupt diese Steigerungen zulässt. Und davon wird denke ich ein späterer Vortrag handeln. Für heute soll es damit erstmal genug sein.
Vortrag 4b: OPP Scheitern als Grund des Übergangs in REL
Dieser Vortrag behandelt ein schwieriges Thema - im Anschluss an den vorangehenden. Es geht um die Frage der Entstehung von entwickelter RELigion, oder wie ich lieber sage, RELigiösem Denken und Lebensformen - die den OPPortunismus hinter sich gelassen haben. Die Schwierigkeit ist hier, nicht nur zu sagen, wie man aus dem OPPortunismus herauskommt - das war ja schon ein wenig im letzten Vortrag Thema: das Verlassen der bedingten Erwartungen; sondern zusätzlich ist die Frage zu beantworten, wie man zu dem kommt, was wir als RELigiöses Denken in den bekannten, entwickelten RELigionen kennen - zu Glaubensvorstellungen. Da gab es diese vage Idee mit der Evolution, der Selektion, und dem Selektionsvorteil - das bedarf aber weiterer Erklärung - wie geht es genau? Ich will dazu zweierlei sagen. Das eine ist: Mir war dieser Übergang bis jetzt nicht klar, ich hab darüber nicht wirklich nachgedacht, ich wusste, dass das Thema immer noch aussteht, aber ich hatte dazu nur ein paar sehr vage Ideen, und ich musste das in den Tagen seit dem letzten Vortrag - anders als früher in diesen vagen Ideen angedeutet - mir selber klarmachen. Das zweite ist: Die Vorgänge, die ich hier jetzt wieder in relativ dürren abstrakten Kategorien rekonstruieren werde, sind mit Sicherheit solche, die viele Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende in Anspruch genommen haben für ihre Entwicklung. Das ist also ein ganz breites Übergangsfeld von Entwicklungsvorgängen, und bedarf der Arbeit vieler Generationen und Kulturen, die dazwischentreten, die einen Stand erreichen, der dann anderswo - vielleicht auf andern Grundlagen - weiter bearbeitet wurde... Es haben also viele Kulturen, viele Regionen mitgearbeitet, bevor so etwas wie jene Religionen zustandekam, die später im Mittelalter einen ganzen "Kulturraum" prägten. Und irgendwann werden sie sich ja auch wechselseitig beeinflusst haben - grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es eigentlich keine wirkliche Besonderheit der einzelnen bekannten hoch entwickelten, also Kulturräume bildenden RELigions-Vorstellungen in der Welt gibt, sondern dass sie wirklich - wenn sie reich ausgebildet sind - jede alle Formen aufweisen, alle Denkmöglichkeiten ausgelotet haben, wie die andern auch, und deswegen einander auch nicht so viel voraushaben, ausser dass sie noch die Spuren ihrer Entstehung aus bestimmten primitiveren Vorstufen tragen, die spezifischer waren - also zb eine Orakelpraxis, eine Götterverehrung mit einem Götter- Pantheon, von mir aus auch eine Art philosophischer oder kosmologischer Betrachtung - aber im grossen ganzen können sie eigentlich alle andern Formen auch ausbilden. (Ich will nur anekdotisch anmerken, dass man etwa um die Zeit von Christi Geburt in China durchaus ernsthaft erwogen hat, ob Konfuzius (wie er bei uns heisst) nicht tatsächlich göttliche Eigenschaften hat, eigentlich ein Gott ist oder sogar DER Gott. Also das zeigt, es gibt eigentlich nichts, was nicht überall vorkam, und in einer einzelnen grossen RELigiösen Region (Tradition) nicht gedacht worden wäre, das nicht auch in den andern grossen RELigions-Räumen vorkam.) Das was ich hier beschreibe, sind also Vorgänge, die viele Anläufe brauchen, sehr lange dauern, das Tradieren von sehr viel Erfahrung benötigen und in gewissem Sinn "die gesamte bekannte Antike", sofern sie, und da, wo sie überhaupt "ganz" durchlaufen wurde, speziell auf dem eurasischen Kontinent, in Indien, in China, in Europa und im Nahen Osten, in Anspruch genommen haben.
1. Die entscheidende These in diesem Vortrag lautet: Die Entwicklungsstufen (Stp.e) des Normalplanens leisten wesentliche Beiträge zur Entstehung reifen RELigiösen Denkens. Das heisst: Die wirklich reifsten Stufen des genuin RELigiösen Denkens werden nur erreicht von Pionieren, die zugleich hohe bis höchste Stufen in der politischen Entwicklung zurückgelegt haben (oder ihnen tradierte Bildungsinhalte in diese Richtung sich angeeignet haben) - die also in der Moral und der Empathie bereits angekommen waren, und dort Konsequenzen gezogen haben - etwa aus dem Scheitern dieser Standpunkte. Zunächst einmal beginnt es noch einfach - das hatte ich ja schon angedeutet, wie eine eher epistemische Vorgehensweise, also das Wandeln und Beeinflussen-Können von Erfolgschancen und das Abwenden von Risiken für eine existierende Normal-Praxis, wenn es als Forschungsprogramm ernstgenommen wird, in eine tiefe Resignation führen kann. Es beginnt damit, dass die Erfolgschancen nicht konvergieren - man also dadurch, dass man tatsächlich etwas korrigiert an seinen Erwartungen entlang von eingetretenen Erfahrungen, an den vorhandenen oder verbleibenden Chancen und Risiken nichts ändern kann: Der Versuch, seine Überraschbarkeit zu minimieren und die relevanten Bedingungen dafür zu finden, trifft auf immer neue Enttäuschungen und unerwartet bessere Verläufe (die beide aus dem gesetzten und an Bedingungen geknüpften Erwartungsrahmen ausbrechen) - man stellt verzweifelt fest: Egal, was man macht (und worauf sich einstellt; welche Erwartungen man ausbildet) - es gibt keine wirkliche Korrelation zwischen etwa den Vorzeichen bzw vermeintlichen Ursachen und den eingetretenen Erfolgen und Misserfolgen. Das kann speziell, wie schon gesagt, ein Verzweifeln sein an den magischen Praktiken, die man sich da zurechtgelegt hat (die ja immer auch etwas zu tun haben mit diesem Analog-Handeln, also dem Klassifizieren relevanter Einflussgrössen auf den Erfolg und Misserfolg, und dem Denken in Klassen-Ähnlichkeiten, dh. eine Praxis wird abgewandelt entlang von Ähnlichkeitsbeziehungen, die natürlich in alle Richtungen weisen können - wie kann man Schadursachen beikommen? da kann man verschiedenstes ausprobieren, und die Methoden können schnell - weil sie auch so zusammengesetzt sind - Levi Strauss spricht vom bricolage (dem sich was Zusammen-Basteln) der Naturvölker - hochkomplexe Rezepte erzeugen - und dann kann man natürlich ewig zweifeln, ob das Rezept korrekt ausgeführt war - jemand der es ernstnimmt, kann an dieser ganze Praxis irre werden - und daran verzweifeln.) Also vor allen Dingen, wenn das etwa wirklich mal über einige Magie-Experten-Generationen hindurch (vielleicht genügt aber auch schon ein langes Leben als Magier, Schamane, Druide usw dafür) als empirisches Forschungsprogramm ernstgenommen wurde, kann es sein, dass Leute das am Ende einfach aufgeben. Und WENN sie es aufgeben und nicht über sehr viel mehr Wissen verfügen, kann es in einem gewissen Sinn zu einer sehr unentwickelten Vorstufe von RELigiösem Sich-Verhalten zur Welt führen, nämlich zu dem Gefühl des Ausgeliefertseins: "Ich kann nichts für mich oder andre tun. Ich bin in einer Welt, in der ich wenig kontrolliere. - Aber ich habe uU Chancen - es ist nicht sicher, dass ich jetzt gleich untergehe deswegen - ich bewege mich also entsprechend VORSICHTIG weiter..." - Ob ich da dann noch eine Normalität habe, ist eine andere Frage, in jedem Fall rechne ich aber auch in dieser Normalität mit allem möglichen, und das nähert sich dann schon sehr stark einer experimentell arrangierten Lebensform an. Zusatz 1. Der Vortrag ist hier ungenau, was dazu führt, dass der Unterschied zum Scheitern mit dem 2.Stp. (bzw der dort entwickelte Begriff eines Erweiterten Selbst) nicht genau genug herausgearbeitet wird. Es ist nicht so sehr die selbst zugeschriebene Kontrollfähigkeit an sich, die man hier lernt sich abzusprechen, sondern die "Fähigkeit", ihr Mass - womöglich unterschiedlich für verschiedene Praxisfelder - bestimmen zu können; und dabei selbstverständlich auf bestimmte, mehr oder weniger bekannte (spätestens durch Abwandlung von Bekanntem "wiederherstellbare") Normal-Praktiken zurückgreifen zu können. (Das schliesst relativ explorierendes Handeln in für unsicher erklärten und zugleich relativ peripheren Praxisbereichen nicht aus.) MaW was hier verlorengeht, ist die Gewissheit, in bestimmten Grenzen (unterschiedlich für verschiedene Praxis- oder Alltagsbereiche) Normalitäts- oder "Normal"-Erwartungen haben zu müssen bzw zu können. Der 2.Stp. bzw sein Scheitern wird eingenommen (oder eben im Scheitern aufgegeben), wenn die Erzielbarkeit von "angesichts bekannter (oder für - aufgrund Erfahrung - herstellbar gehaltener) Wirk-Chancen für möglich gehaltenen Resultaten" nur mehr am WILLEN (der Entschlossenheit) festgemacht wird, sie zu erreichen. Die Erwartung ist hier nicht, dass es auf eine bestimmte Weise gelingt, sondern nur, dass es mit bestimmten Maximal-Aufwänden gelingen wird, die sich zugleich lohnen. Die Ausführungsroutine ist - wieder gebunden an bestimmte Praxisfelder (zB Krieg, aber es kann auf die reproduktive Praxis übergreifen) verlorengegangen; hingegen die Budget-Aufteilungs-Routinen (Regeln mit "Lohnens"-Erwartungen, oder Erfolgs-Gewissheiten angesichts eigner Entschlossenheit und bekannter Wirk-Optionen) sind, zusammen mit den "bewährten Rahmenwert-Setzungen für das "Gesamtbudget" an Handlungsspielraum (uU wieder aufgefächert nach Praxisbereichen) erhalten geblieben auf diesem Stp. Das bedeutet auch: dass alles - und sei es noch so ergebnisoffene - Explorieren hier immer dem Vorbehalt unterliegt, dass es der Verfolgung eines für lohnend gehaltenen Ziels dient. Analog: die autoritäre Forderung, die Andern sollten eine Einschätzung übernehmen, die (wenn und da (von einem selbst hinreichend beglaubigt) zutreffend) einer wegen ihrer überlegenen Lohnensqualität legitimen Zielsetzung nützt. Zusatz 2. Die RELigiosität oder Experimentalität, die aus dem "Scheitern" des 1.Stp. resultiert, ist zwar bei denen, die dies Scheitern durchgemacht haben, hinreichend auch für das Unterlassen von "entschlossenen" (und insofern nicht mehr experimentellen) Versuchen zur beschleunigten Besserung der eignen Situation; das ist aber hier erstmal nur Folge des Zusammenbruchs von "Normalität"im Sinn von: Erfolgserwartungen bzgl. einer Normalpraxis. Da "jederzeit alles passieren kann", wird auch das Gesamt-Budget und die Budget-Aufteilung maximal vorsichtig sein. Aber ohne die spezifische Erfahrung des Scheiterns mit "Entschlossenheiten" (und in diesem Rhamen "lohnendem Explorieren") wird, spätestens bei Nachkommen und Erben der "Zusammenbruchs"-Praxis, der Zweifel wachsen: Ob man nicht - bei aller Vorsicht! - durch für lohnend gehaltene "Willensanstrengung" Risiken abwenden und/oder Chancen (dafür) nutzen kann (spätestens durch Geltendmachen mit entsprechender Entschlossenheit durchgesetzter Forderungen an andre). Es sei denn... dass ihnen auch hier entsprechend erinnerte Scheiterns-Erfahrungen (oder Glaubensvorstellungen; als deren Ergebnis) eine Schranke ziehen. Mehr dazu in den Zusätzen zu den nachfolgenden §§.
2. Diese Desillusionierung und dieses Zusammenstürzen der einem selber kraft bewährter Normalität zugeschriebenen Kontrollfähigkeit, die Enttäuschung daran, ist ein wesentlicher Bestandteil, wenn man so will sogar der erste und vielleicht wichtigste, des RELigiös-Werdens. Also das ist ein durchaus nicht zu verachtender Übergang, der - wie auch all die Übergänge, über die ich in diesem Vortrag noch sprechen werde - , einmal eingetreten, sich später an andern Personen (die womöglich schon von früheren Fällen dieser Art erfahren haben) wiederholen kann, derart dass eine Art und Weise der Desillusionierung, der Ernüchterung, des Vorsichtig- und Experimentell-Werdens, des Aufgebens aller Erwartungen an eine haltbare Normalität zur tradierbaren Routine des Aufwachsens und Lebensgestaltung wird - wenigstens sporadisch, wenigstens in einer Teil-Bevölkerung. (Es heisst, nebenbei, ja nicht, dass man die Praxis oder das Produzieren, Sich-Reproduzieren aufgibt, sondern nur die daran geknüpften Erwartungen - das wäre aber immerhin ein sehr weit gehender Schritt, den man dann immer wieder absolviert findet.) Die Frage, die wir nun aber auch zu behandeln haben, ist: Wie kann es sein, dass eine solche Bewusstseins-Karriere sich massenhaft ausbreitet und Kultur und das Leben vieler oder aller in grossen Kollektiven (zB Klassen...) oder schliesslich "die Normalität" ganzer Gesellschaften zumindest mit-bestimmt? Dazu sind solche Erfahrungen, selbst wenn sie zuverlässig tradiert werden und sich ausbreiten, natürlich noch viel zu schwach. Selbst wenn ganze Bevölkerungen solche Erfahrungen machen würden, oder sehr viele Einzelne darin - steht dem Zurückfallen (mit diesem Inhalt) in die Ausgangs-Denkform zu wenig entgegen, das es verhindert - das heisst, das Ganze ist auch sehr instabil, und wir müssen uns im folgenden umsehen nach den stabilisierenden Faktoren. Zusatz. Resultat von Ernüchterungserfahrungen aller Art (incl Magie-Versagen bzw Aberglauben-Vorzeichen-Fehldeutungen, die in Notlagen keine Abhilfe schaffen und glückliche Entwicklungen nicht vorhersehen, geschweige denn herbeiführen konnten) ist zunächst der Übergang auf Erwartungen nur noch bezüglich dessen, was geschehen KANN, nicht was geschehen WIRD. Also womit als einer Möglichkeit zu rechnen ist, im guten wie schlechten (vgl. "die Sterne machen (bloss) GENEIGT"...). Das wäre dann ein (durch entsprechende Abstürze und Aufschwünge belegtes) Immer-weiter-Auseinanderweichen der Extrem-Rahmenwerte des Erwartbaren. Die Bedingungen (die sich ja meist auf sicher oder wenigstens wahrscheinlich Erwartbares richten) haben sich dann meist davor schon im Rahmen der abergläubischen und erst recht magischen Kontrollversuche entweder zu vage und/oder unübersehbar-komplex entwickelt, als dass sie noch länger Gelegenheit bekämen, sich zu "bewähren" (da weder "beherrschbar" noch irgend mit erschwinglichen Mitteln "bewältigbar"...). Auf die Weise stellt sich Unbedingtheit als erstes her, gefolgt vom Eingestelltsein auf ALLES Mögliche (bebildert mit einschlägigen Erzählungen von ungeahnten Überraschungen und Umschwüngen, in beide Richtungen. Auch hier ist der KRIEG das vermutlich wichtigste Mittel, um zeitlich verdichtet mit diesem "Erkenntnisinteresse" (wie und in welchem Mass mit vorhandenen Mitteln erschwinglich beherrschbar ist die für unsere Praxis relevante Umgebung, und das so, dass wir es zuverlässig beurteilen können, weil es sich bewährt hat?) reichlich Überraschbarkeits-Erfahrungen zu sammeln (und sich der Unzuverlässigkeit von Magie und Aberglaube zu vergewissern). Angemessene Tradierung vorausgesetzt, stehen die Erben solch einer langen Erfahrungsgeschichte aus Krieg, Magie, Wahrsagerei usw da mit grosser Schicksalsergebenheit und eben Ernüchterung; aber noch ohne einen RELigiösen Glauben, der diese ihre Erfahrung methodisch sicher immunisiert gegen ein Umlernen in die andere Richtung: "Aber... solange ist nun nichts mehr derart schlimmes geschehen - warum damit noch rechnen? Und... ja, gewiss, man KANN grosses Glück haben, aber da man damit nicht rechnen kann - könnte weniger nicht mehr sein, das aber (bewährtermassen, wie sich mittlerweile heraustellte) SICHER?" Und schon ist man zurück beim normalplanerischen Versäumnisrisiko, und dem Suchen nach Bedingungen, mehr an Sicherheit und Fortschritts-Beschleunigung für sich herauszuschlagen. Es ist die Aufgabe im Rest dieses Vortrags bzw Kapitels, die Eingangsthese zu erhärten: Dass es die Kategorien sowohl als die Erfahrungen des Scheiterns auf höheren Stufen der OPP Vergesellschaftung sind, die (sofern tatsächlich eindrücklich und nicht nur punktuell ausgebildet bzw erworben) zur Konstruktion echter REL Optimalhypothesen führen - und zur generalisiert-methodischen Einsicht in die Notwendigkeit, seinen ernüchterten, experimentellen Alltag unter einer solchen Hypothese, als das dazu passende (und gegen die Verführung oder Beängstigung durch Versämnisrisiken immun gemachte) Experiment anzusehen. Alle Glaubenskrisen, mithin alle fortschreitenden Enttäuschungen an allzu ambitionierten Welt-Erklärungs- und Sinn-Versprechens-Konkretisierungen der jeweiligen Glaubens-Ideale, dienen der systematischen Annäherung und Bekräftigung dieser Art Illusionslosigkeit: Du MUSST glauben, weil du nicht weisst; und 'dies' (oder 'etwas dieser Art') anzunehmen, ist das sinnvollste - da bis auf weiteres best-anzunehmende (dabei wenigst-widerlegbare...). Man wird sehen, dass aus dieser immer hoffnungsloseren, zugleich aber auch immer angstfreieren Stellung zur Welt nicht mehr gemacht werden kann als ein Bollwerk der Unbeeindruckbarkeit durch jedwede normalplanerische Versäumnisangst in beide Richtungen. Nicht mehr - aber wenig ist das nun auch wieder nicht. Immerhin ist es (im Mass wie der Standpunkt eingenommen wird) vereinbar damit, spielerisch die Welt zu erkunden und eine experimentell fundierte technische Naturwissenschaft zu entwickeln... Der erste Standpunkt, auf dem also nun eine Kategorie mitsamt denkmöglicher Optimalhypotheseninhalt geliefert werden kann, ist der 2.Standpunkt (Eigentum/Recht/Vertrag). Sehen wir zu, wie sich aus welchem Scheitern auf diesem Standpunkt Kategorie und Glaubensinhalt ergeben:
3. Zur Erinnerung: Die zweite Stufe, die man auf einer OPPortunistischen, normalplanerischen Basis erreichen kann, wenn auch nur mit sehr viel Kämpfen und Krämpfen, wie ich versucht habe darzustellen, also der 2.Stp. mit der Trennung von Erweitertem Selbst, also dem, das ((mit allen möglichen Bedürfnissen, Handlungsbereitschaften, Vorstellungen von dem, was lohnt, was ihm droht, und womit es auch nicht rechnen muss, natürlich)) bereits investiert ist in eine Praxis mit (Lohnens-, auch auf das Lohnen von ergebnisoffenen Explorationen bezogenen) Erwartungen - und andererseits, davon abgetrennt, einem selbständig auf diese Praxis zumindest bezogenen Wissensbestand, der auch mit andern, ja sogar Gegnern, geteilt werden kann (man bezieht sich auch im Krieg auf eine geteilte Wirklichkeit, die die andern genausogut beurteilen können wie man selbst - sie nur mit dezidiert andern Zielen, Forderungen, Praktiken, dh. andern erweiterten Selbsten) - diese 2.Stufe (in der natürlich trotzdem weiterhin immer daran gearbeitet wird, dass eine im wesentlichen bestehende Normalität höchstens ausgebaut wird) liefert uns doch immerhin ein Bewusstsein davon, dass eine Normalität zusammengesetzt ist aus diesen beiden Bestandteilen - dass man sie nicht immerzu nur als eine unauflösbare Praxis behandeln darf, wo die Bedingungen für Gelingen und Misslingen eben ausserhalb liegen, sondern man schon noch die zweite Möglichkeit in Betracht ziehen muss, nämlich Erfolge und Misserfolge sich zu erklären durch ein Nichtbereit-Gewesensein, Nicht-Vorbereitetsein, und ein Nichtwissen. Dieses Zusammengesetztsein der Praxis zu denken - wenn man auf diese andere Art seinen Erfolg und Misserfolg zu suchen verzichtet hat; also verzichtet hat auf die Suche nach magisch-abergläubisch nutzbaren Bedingungen, stattdessen die Bedingungen tatsächlich nur noch in der eigenen Kraft sieht, und in den Sachverhalten - das ist natürlich schon ein ganz erheblicher Schritt. Der Punkt ist nur, dass natürlich unter normalplanerischen Bedingungen die Praxis niemals so weit aufreisst, dass man gewissermassen einem Wissensbestand, einer Menge von Chancen und Risiken gegenübertritt, die sich in einem Raum darstellen, und sich dann fragt: wie baue ich mir daraus eine Praxis? Das ist so ziemlich das Un-Normalplanerischste, das man sich vorstellen kann. Das heisst also, für Normalplaner, auch solche auf dem 2.Stp, bleibt IMMER, bei allen Katastrophen, ein Teil der Praxis erhalten, und den Rest versuchen sie eben wieder herzustellen, entlang dem Muster, das bleibt, oder den Mustern, wenn etwas weggebrochen ist, und dann versuchen sie, diesen Ausschnitt einfach funktionell, als Problemlösung, die er war, zu ersetzen, aber nicht was völlig neues zu bauen. Das machen sie nur im äussersten Notfall. Aber wenn sie auf diesem 2.Stp stehen, dann machen sie das - dann bilden sie nicht einfach Ähnlichkeitsreihen unter bestimmten Aspekten, Mustern, die an dem ausgefallenen Routine-Praxis-Bestandteil und den Aufgaben, die es löste, als einzigem Musterexemplar anknüpfen. Das KÖNNTEN sie in dem Fall zwar auch machen, denn sie konstruieren sonst Ähnlichkeitsreihen, die anschliessen an Techniken, mit denen sie den Sachen zugewandt sind, und Lebensformen und eingeübten Handlungsbereitschaften, die sie auch in andere Umgebungen mitnehmen können. Also unwahrscheinlich, dass die Praxis ganz aufreisst, dass kein Routine-Bestandteil intakt fortgesetzt werden kann; aber ganz ausgeschlossen ist es auch nicht. Genauso, wie es zu der Ernüchterungskatastrophe auf dem 1.Stp kommen kann, kann es hier gewissermassen zur völligen Tilgung jeder Normalität kommen, in dem Sinn, dass nur noch gewusst wird, wie man vorgehen KÖNNTE, ein Inventar an Techniken vorliegt, und ein Inventar an Handlungsbereitschaften, auf die man schon eingestellt ist, ein Lebensentwurf eben auch, denn das war ja die Ebene, auf der wir uns damit auch bewegen - zeitlich im bezug auf diese existenziellen Fristen - und dann kann man das uU neu zusammensetzen. (Dann wohl der zusammengebrochenen Praxis so ähnlich wie möglich. Anders gesagt, man stellt das "Erweiterte Selbst" unter neu eingetretenen Randbedingungen wieder her. Unterscheide hier ES in der öffentlichen Sphäre, und der privaten Eigensphäre (wo Normalerwartungen noch lange massgeblich bleiben, bevor die Erfahrungen aus der "öffentlichen" Sphäre darauf zurückschlagen...)
4. Das heisst, die über ein ganzes Leben hinweg bestehende Möglichkeit rückt da, auf dem 2.OPP Stp. in den Horizont des Denk-Möglichen, dass jederzeit die bisher gelebte Lebensform - das Erweiterte Selbst - nach einem Zusammenbruch, allerdings auch erst dann, neu zusammengesetzt werden muss (unter Einsatz für lohnen gehaltener "Willensanstrengung") . Das Scheitern auch noch mit diesem 2.Stp. ("alle Entschlossenheit hilft nichts..."; letztlich kontrolliere ich meine Umgebung nie endgültig...) wäre dann ein Schritt in die Richtung, von der ich im vorangehenden Vortrag gesagt hatte: Wenn sonst alles erledigt ist, dann entwickeln die experimentell-RELigiös Gewordenen die Bereitschaft, die Zusammensetzung ihrer experimentellen Praxis aus Handlungsbereitschaften (eigentlich Kernselbst...) und Wissen um Umgebungsbedingungen abzuwandeln - die Zusammensetzung abzuwandeln und immer neue Zusammensetzungen zu finden und zu erfinden. Und diese beständige Abwandelbarkeit ihres Experiments der Reproduktion soll ein weiteres Charakteristikum des RELigiös-Experimentell-Gewordenseins sein. Soweit sind wir nach dem Scheitern mit dem 1.OPP-Stp. freilich noch nicht - weil wir ja zunächst bloss eine gewisse Borniertheit auf diesem Standpunkt beobachten, die einen dort auch anfällig macht für (erneutes) nicht-experimentelles Vorgehen - wir haben die Borniertheit des Erweiterten Selbst, es ist eben kein Kernselbst, es gibt da kein Wissen um oder Achten auf die allgemeinen Körperfunktionen und die Bedingungen ihrer Reproduktion, oder auch Wissen um Krankheits- oder auch Gesundheits-förderliche Faktoren... Faktoren, die diese Normalität der Handlungsbereitschaften, der Handlungsspielräume beeinträchtigen oder sie fördern, sie erweitern. Stattdessen ist da eine selbstverständliche Erwartung, bestimmte Dinge zu können, vor allem, wenn man sich anstrengt (alternativ: nicht zu können, obwohl man sich anstrengt...), und auch reflexhaft, routinemässig bereit zu sein dafür, weil das eben in der ursprünglichen Normalität bzw aufgrund eingegangener Verpflichtungen und Bereitschaften, Forderungen abzuwehren, so verlangt war, weshalb man dauerhaft darauf eingestellt und eingerichtet bleibt, und diese Art von Zurichtung, Ausbildung der eigenen Körperfähigkeiten, auch der geistigen von mir aus, wird somit immer weiter betätigt und allem Planen zugrundegelegt. Und es wird nicht einmal ansatzweise in Betracht gezogen, dass oder inwiefern man auch ganz anders - anders als "irgendwie SO" (mit diesen berechtigten Forderungen und Pflichten) - leben könnte. Allerdings wird das betätigt angesichts eines Bestandes an Wissen-wie/dass, auf den man losgeht mit diesen eingefleischten Bereitschaften, Erwartungen und Zwecken - das heisst, man erwartet sich einfach, dass bestimmte Dinge gelingen (weil man das WEISS... naja zu wissen GLAUBT), und ist jederzeit bereit, dafür Reserven zu investieren ("Wetten einzugehen" - als Ausdruck und Beleg der Überzeugtheit). Da geht es also um die Kategorie des Lohnens, und des "lohnenden Sich-Verlassens" darauf, dass bestimmte Kausalverbindungen, bestimmte Dispositionen usw bestehen - und das kann man ja Überzeugtheit, also subjektive Überzeugtheit von etwas (einem Sachverhalt, den man kennt; alsonicht einfach eine bewährte Normalpraxis...) nennen - die natürlich wiederum enttäuscht werden kann. Der Umgang mit Sachverhalten ist da noch keineswegs experimentell, prüfend, sondern man verlässt sich da noch ganz gewaltig drauf (alternativ: zweifelt, ist sich NOCH NICHT oder NICHT MEHR sicher,...), "dass das stimmt" - auch und gerade dann, wenn etwas noch nicht, oder nicht mehr funktioniert, gibt es Vorgaben (oder die Suche danach), was man eigentlich für Aufwände treiben sollte, um etwas wieder herzustellen oder überhaupt herauszufinden, und das möchte man dann auch von Andern (von denen womöglich Mitwirkung an solchem Bemühen gefordert wird; zumindest Unterlassen des Widersprechens...) anerkannt bekommen (mit der Konsequenz, dass sie mitwirken und von ihnen Gefordertes tun). Also dass man überzeugt ist und eine gewisse Entschlossenheit an den Tag legt, ist dann spätestens etwas, das einen legitimiert, andere einzubeziehen, ihnen Forderungen zu stellen, vor allen Dingen dann, wenn deren Anliegen in den eigenen Augen zum Scheitern verurteilt ist, sie werden es nicht durchhalten, .. man selbst hat ein viel stärkeres Lohnen, ein überwältigend erfolgversprechendes, verglichen mit ihrem, und das sind dann auch die bekannt autoritären, Zustimmung fordernden Auftritte entsprechend Überzeugter, die man immer wieder erlebt. Die Pandemie etwa war voll von Leuten, die extrem überzeugt waren, dass das gefährlich ist, und deswegen meinten, anderen auch etwas abverlangen zu dürfen, weil ihre Überzeugung so stark war und weil das Risiko, um das es ging, so gross war, und die Sache schon so sicher zu sein schien, weshalb sie auch garnichts mehr prüfen mussten (das lohnte nicht).
Zusatz 1: Um das zu verstehen, müssen wir den 2.Stp noch etwas genauer aufschlüsseln: Er setzt sich - spätestens im "öffentlichen" Auftreten - eigentlich aus zwei Normalitäten zusammen, einmal dem Erweiterten Selbst - ergänze: dem ES dieses 2.Stp, einem also, das sich in und mit seinen Rechten und Pflichten ("im Rahmen der Lebensform der eigenen Generation") eingerichtet hat, seiner sozialen Stellung, dem Grad des Ansehens, das es geniesst (oder das es sich erkämpfen will, oder das es zu verlieren fürchtet: Skala der Übergänge in den 1.Stp, den sowohl andre ihm gegenüber als es selbst diversen andern gegenüber einnimmt, spätestens in einer "familiären" Eigensphäre) einerseits; und zum andern den Überzeugungen, die es sich, ausgehend von dem in seinem Umfeld allgemein gültigen und akzeptierten Bestand an Sachverhalts-Einschätzungen, zusammen mit andern, oder auch nur aufgrund eigner Erfahrung und Weiterdenken (auch als Bildungsgang), zugelegt und dann weiterentwickelt hat. Was in dem Zusammenhang an (Re?)Produktiven Zwecken verfolgt wird, oder wie (vorübergehend oder dauerhaft) Routinen eingerichtet werden, ist durch erheblich prekärere und flexiblere praktische Regeln bestimmt, als die "Normalität" des 1.Stp - für die und den es IN diesem Praxis-Umfeld ja noch immer einen Platz im Zentrum gibt, das Heim, Familie, das Zuhause, die Heimat, eventuell auch die durch Zugehörigkeiten, Loyalitäten, geteilte Glaubenssätze und Pläne (Individualitäten) bestimmte Bezugsgruppe (Schicht, Stand, Landsmannschaft, Konfession usw), zu der man gehört (ev auch Pluralität solcher, viele Zugehörigkeiten). Aber anders als diese heimatliche Rest-"Eigen"-Sphäre (ohne die ein OPP Mensch in der Tat nichts mehr zu verteidigen hätte), ist die öffentliche Sphäre der Kämpfe ums (eigene) Recht, um Anerkennung eigner Forderungen und gegen Verächter, die einem die "Rechtsfähigkeit" (psychologisierend, s.d.) absprechen wollen) nicht durch eine Normalität und Normalerwartungen "geklammert". Nicht, dass die Bildung von Routine-Praktiken und dazu gehörende Erwartungssysteme aus dieser Streit-Praxis verschwunden wäre. Es ist nur eine Praxis, die gewissermassen das NEGATIV der ursprünglichen Normalität darstellt: zum einen ist diese Praxis quasi der Ausnahmezustand in Permanenz, wo man (als Person, aber eben auch der eigne Kampf-"Verband") zum einen jederzeit durch Übergriffe und abzuwehrende Fremdforderungen herausgefordert werden kann - wo zum andern aber (vgl. 2.Stp. in 03d/e) der rationalere Weltbezug der Nutzung jedweder Regularität ausschliesslich für Schad-Wirkungen genutzt wird (ebenso wie der Feind es tut) (hingegen das Überleben der Kombattanten durch Versorgung aus den Ressourcen ihrer jeweiligen Heimat-Sphäre, mit den dort "normal" eingeführten Reproduktionsweisen, womöglich von Andern als sie selbst, Helfern, Knechten, Frauen..., sichergestellt wird). Dieser Primat der Durchsetzungsabsicht verschwindet nicht einmal in den Rechtsstreitigkeiten vor Mediatoren und Richt-Instanzen, als die - falls nicht beidseits anerkannte Dritte die Aufgabe übernehmen - notgedrungen die Parteien selbst auftreten: Sachverhalts-Feststellungen im Streit sind WAFFEN, die den Gegner seiner Argumente berauben sollen und ihm mit seinen eignen Gründen, dem von ihm selbst Anerkannten also, das Geforderte abzwingen sollen. Sach-BEHAUPTUNGEN sind in dieser Sphäre keine konstruktiv-produktive Einsichten, die reproduktive Zwecke anleiten, sondern betreffen mehr oder weniger für Durchsetzung der Parteien relevante Sachstände, deren So- oder Anders-Ausfallen, nicht anders als bei Behauptungen über Vertragsinhalte, verbindliche Zusagen, ausserordentliche Kündigungsanlässe und Ungültigkeits-Erklärungen, einzig für das relative Gewicht der Forderungen einer Partei im Verhältnis zu demjenigen der Gegenforderung der Gegenpartei sorgt. Der rechtende Sachbezug ist somit ganz und gar der entschlossenen Selbstdurchsetzungsabsicht untergeordnet - sie verpflichtet den zur Anerkennung Gezwungenen (mit oder ohne Einsicht) in jedem Fall zur Erfüllung alles Forderbaren, das (nach ebenfalls von ihm anzuerkennenden Regeln) aus der von ihm bestätigten Richtigkeit der Sach-Behauptung folgt. Begründungen, "Argumente" dienen da, nicht anders als grundlegende Rechts-Regeln im Zusammenhang mit Forderungen, nach "anerkannten" Beweisführungs-Regeln, als Waffe zur Brechung des Widerstands der Gegner, mit fliessenden Übergängen zur drohenden Bezugnahme auf militärisch verwertbare Abhängigkeiten der andern ("Sanktionen"!) oder auch - Kräfteverhältnisse in Krieg oder Kampf (um Anerkennung des Geforderten) begründende - Kausalbeziehungen und Regularitäten - ein Krieg und ein Kampf, in den das Neu-Verhandeln und Aushandeln von Vertrags-Verhältnissen jederzeit zurückfallen kann. Wenn auch mit einem anderen "Zeige"-Inhalt als im 1.Stp.: nämlich um die Stärke der eignen Entschlossenheit (oder als Spezialfall einer Entschlossenheit: "Überzeugtheit") im Verhältnis zu derjenigen der andern vorzuführen (die Kräfteverhältnisse sind dabei nurmehr Multiplikatoren der vorzuführenden Entschlossenheiten...), und ihnen auf die Weise das Opfer, das das Nachgeben für sie bedeuten wird, zu "erleichtern": Widerstand, Widersprechen, sich der Forderung Entziehen soll sich für sie nicht länger LOHNEN. Und das.. selbst nach Verrechnung mit ihren Gegenmassnahmen (und dem eignen und ihrem Aufwand, den sie und man selbst je zu treiben bereit ist; unsre Entschlossenheit macht das Missverhältnis für sie untragbar...) Der berechnende, der gnadenlos parteiische Umgang mit den "objektiven" Daten fällt also ausgerechnet da noch am sach-gerechtesten aus, wo diese Daten (Kausal-Dispositionen, Regularitäten) technisch in Kampfmitteln und -taktiken verwertet werden könnten. Ressourcen-Budgets sind hier ALLES - sie, und die Kräfte-Verhältnisse (Entschlossenheiten gekoppelt mit "objektiven" Kampfmittel-Überlegenheiten, deren Bestehen auf ganz eigene Weise, nämlich durch militärische Aktion ("calling the bluff") "angezweifelt" oder gar "widerlegt" werden kann), die über Lohnen oder Nicht des Geltendmachens von Forderungen an Andere bzw des Abwehrens solcher von ihrer Seite entscheiden. Von daher ist nicht zu erwarten, dass die Objektivität beim Umgang mit Kampfmitteln so ohne weiteres zurückschlägt auf die "Normalität" der Reproduktion, die die Grundlagen liefern soll für Kampfkraft und Kampfmittel. Es sei denn, die Produktivität dieser vorausgesetzten Normalpraxis würde selbst zum Kampfmittel... Allein diese abstrakte Überlegung begründet schon hinreichend, warum sich auf dem 2.Stp "funktionale" Arbeitsteilungen einschleifen, die die produktive Rest-Normalität, und die kriegerische Objektivität (mitsamt zugehörigem Krieger-Selbstbewusstsein alias Entschlossenheiten und Kampfbereitschaften) an verschiedene Bevölkerungsklassen verteilen. Was vor allem die "Normal-Reproduzenten" schnell entlang der oben erwähnten Skala der Achtung in die Position der 1.Stp-mässig verachteten Befehlsempfänger (der "arbeitenden Knechte" bei Hegel..) zurückfallen lässt... Es dauert, zur Not einige Jahrtausende, bis die Heraustrennung des Bezugs auf eine von allen in gleicher Weise einschätzbare, weil "objektiv" (im Ernstfall militärisch) nutzbare Realität von einem (meist kollektiven) Erweiterten Selbst, und damit die Notwendigkeit der wechselseitigen, grundsätzlichen Anerkennung ALLER (zunächst zB: aller Angehörigen einer Adelsschicht, "herrschenden" Klasse; oder auch von "Ständen"gegeneinander..) als Eigentümer (ihrer Privatsphäre; ihres Privateigentums) kategorial festgeschrieben wird. Und damit eine öffentliche Rechts-Sphäre ihres Verkehrs, ihrer Eigentums-Wechsel-Verträge und der Sicherheit all ihrer (Arbeitsteilungs)Verhältnisse gegen "unberechtigte" Übergriffe geschaffen ist. Von derartigen Übergriffen "Aussenstehender" noch ganz abgesehen. ((Die Wechselseitigkeit der Anerkennung solcher, die zur Not für ihr Recht zu kämpfen bereit und in der Lage sind, wird später ersetzt durch die komplexeren Gegenseitigkeits-Verhältnisse von Eigentümern und dem ihr Eigentum garantierenden Staat...)))
Zusatz 2: Das in Zusatz 1 Stehende hat, zugegeben, etwas leicht Verworrenes; das ist freilich den verwirrenden Konfliktlagen des 2.Stp selbst geschuldet. Es beginnt damit, dass die Zweck-Ebene, deretwegen der ganze Streit-Aufwand getrieben wird, aus einer Versorgungs-, Ausgangs- und Ziel-Einheit, sich zunehmend in ein blosses Mittel verwandelt: Das Ur-Eigne (ein kollektives Erweitertes Selbst) darum als Mittel seiner eignen Mehrung, und da eben vor allem Mehrung der Mittel zur Behauptung und Durchsetzung gegen andre ebensolche, die aber (nächster Widerspruch) für genau diesen Zweck benutzt werden sollen, da man sie sich doch nicht einfach unterwerfen kann: Dass sie das (mit derselben Absicht!) zulassen, man selbst aber eben auch, gibt allen Beteiligten die Hebel, speziell in Gestalt von beständigen Streitigkeiten um Forderungs-relevante Sachverhalte (wer hat was getan? wer ist aufgrund welcher Sachverhalte verpfflichtet etwas zu tun?), den Gegnern, auf Basis mehr oder weniger genereller Zugeständnisse, mehr abzuverlangen als die (im Moment des Zugeständnisses) für möglich hielten; weshalb die Zugeständnisse oft im Moment ihrer In-Anspruchnahme, wieder einkassiert werden, was im gegnerischen Lager für je nachdem passende Empörtheit sorgt. Allein aus dieser leicht paradoxen Ausgangslage ergibt sich die Tendenz der (Macht)Konkurrenz (der "öffentlichen" oder Rechts-Sphäre), sich zu verselbständigen und von jedem besonderen Zweck loszureissen (der ja eigentlich nur in der "Heimat"- und "Eigen"-Abteilung der ganzen Planung angesiedelt sein kann). Das Eigne ist leider nie unbestritten solches, und in Gefahr, durch unabweisbare Ansprüche gegnersicher Parteien an- und weggenagt zu werden - zugleich das entscheidende Mittel, solches zu verhindern. Die Stellung zur "objektiv-instrumentellen" Sphäre der Ressourcen wiederum, die ja ein Nicht-Eignes, Öffentliches ist, muss beständig argwöhnisch daraufhin begutachtet werden, ob sie Quelle von (objektiv nutzbaren) Vorteilen der Konkurrenten werden könnte, weshalb man sich, in hoffentlich rechtzeitig einsetzender Voraussicht, möglichst viel Anteile, am besten auch gleich alles, für EIGNE Verwendung, sichern sollte. Da auch die Ressourcen für die Aneignung und Verwertung öffentlicher Ressourcen knapp sind, ist strategisches Denken, unter ständiger Erwägung der möglichen Aktionen der Andern, strikt geboten - durch diese "Rücksicht" auf die Andern wird der Zugewinn an rationellem Umgang mit "instrumenteller" Objektivität vergiftet und beinah wieder (wie schon in Zusatz 1 angedeutet) zunichtegemacht. Letzteres gilt erst recht für alles, was mit Verständigung über Sachverhalte, oder auch nur schlichte Weitergabe von Information und Nachrichten zu tun hat: Alles berechnend, alles verlogen, geheimgehalten, entstellt - nicht immer wider besseres Wissen - dem kann durchaus ein Nichtwissen-Wollen, das gnadenlose Beschönigen, die Gewöhnung an schrankenlose Parteilichkeit entgegenstehen. Von Objektivität und "Intersubjektivität" bleibt auf die Weise wenig übrig. Obwohl die Kategorie selbst sehr wohl bewusst ist.
Das sind typisch normalplanerische Überlegungen auf dieser 2.Stufe: Bin ich mir noch unsicher, oder bin ich es nicht mehr, was meine Entschlüsse (zu versprechen, zu verlangen), aber eben auch meine Überzeugtheiten betrifft (aus denen ihrerseits Zusagen oder Forderungen resultieren.,..). ((Das ist also nicht mehr einfach (Miss)Erfolgsgewissheit oder -zweifel, die Gewissheit, dass etwas Geplantes (nicht) gelingen wird (oder könnte) - so lauten ja Inhalte auf der 1.Stufe. Sondern hier bildet sich die Stärke der Gewissheit aus hinsichtlich eines bestimmten Inhalts, also es gibt nicht wie auf dem 1.Stp diese zwei Stufen: Ich habe eine Wahrscheinlichkeitsschätzung für einen Erfolg (oder Misserfolg), maW ich stelle mich zu einer mutmasslichen uU bedingten (Miss)Erfolgschance (oder einem Chancen/Risiko-Verlauf entlang von bestimmten, für relevant und durch eignen Aufwand für kontrollierbar gehaltenen Einfluss-Parametern; denk hier va an militärische Planungen!) - und hinsichtlich dieser Schätzung bin ich mir dann mehr oder weniger sicher (also doppelte Unsicherheit, 2 (Un)Gewissheitsstufen!). Sondern hier habe ich ("1-stufig") die Bereitschaft, nur von der Richtigkeit einer Einschätzung (besser vermutlich: dem Zutreffen einer Hypothese, Eintreffen einer Prognose...) oder von der Ernsthaftigkeit einer Absicht (der Durchsetzung einer Forderung, des Erbringens einer (Gegen)Leistung in Zukunft...). etwas abhängig zu machen (Wetten funktioniert auch so) - und das ist also sehr stark, aber der Inhalt ist nicht nochmal ein Gewissheitsgrad, sondern es ist ein Sachverhalt oder ein Plan, Ziel, Zweck. Und das heisst also auch: dafür gelten jeweils eigne Bedingungen. Bedingung ist hier übrigens eine Vokabel, die genauer erklärt werden müsste, also dass sich das alles auffächert, hat natürlich etwas zu tun mit Gegenstandsbereichen - mit Themen - so könnte man genauso gut statt "Bedingung" sagen - wenn es also um Dinge derundder Art geht, dann bin ich mir sicher, und bei andern Dingen bin ich mir unsicher, oder bei Vorstellungen, Möglichkeiten derundder Art usw - also thematisch fächert es sich auf, und es geht somit immer wieder um diesen Punkt: Ich habe einerseits bestimmte Entschlossenheiten, die ich sowieso schon in mir trage, weil das die Zielsetzungen sind, auf die ich mein Leben eingerichtet habe, oder die Art Zielsetzung (mein ES) - und das andere sind eben Überzeugtheiten, dass ich mich dabei auf bestimmtes (Randbedingungen, Ausführungs-Voraussetzungen) verlassen darf, selbst wenn es vorübergehend schief geht, hab ich überhaupt keine Zweifel, dass ich das reparieren kann und andere dazu auffordern kann mir dabei zu helfen usw)) Natürlich heisst das auch, dass diese Gewissheiten unter einer darüber schwebenden Erwartungshaltung stehen, was, wieviel insgesamt an Budget zur Verfügung steht - also wieviel ich mir überhaupt zutrauen kann - und wie gefährdet ich dabei bin - also die "Rahmenwerte" sind auch auf dieser Stufe immer noch präsent, wie sie übrigens selbstverständlich auf der ersten Stufe auch präsent sind. Aber hier habe ich spezielle Rahmenwerte, solche nämlich, die mir sagen, wann ich etwas endgültig abbrechen muss: ENTWEDER ich verteile es anders, ich verteile neu im Rahmen dessen, was ich überhaupt kann, und bis ich überhaupt resigniere, zusammenbreche usw - und dann muss ich uU andere Dinge hintan stellen - beim Planen gehts ja hier auch immer um die Prioritätensetzung - ich erinnere an das Entscheidungsschema; wir sind ja hier auf der zweiten Stufe - und es geht (wenn man sich an die Frage erinnert: Was hab ich falsch gemacht?) um die Auf- und Verteilung von Handlungsspielraum auf Aufgaben, wie gross dies Gesamtbudget an Ressourcen ist, wird hier immer noch festgelegt durch eine Erwartungshaltung mit diesen Parametern Gesamt-Zuversicht, -Vorsicht, -Ängstlichkeit... Optimismus, Pessimismus - das sind so etwa die Basis-Erwartungs-Qualitäten, die man da mitbringt aus seiner Normalität, also dem, was man insgesamt überhaupt sich ausrechnet an Chancen-Niveaus und Gefahren-Niveaus, mit denen man rechnet; und entsprechend muss man dann Reserven haben - ODER man hat eben keine, ist stattdessen bereit draufgängerisch zu sein, etwa weil (wie man meint) einem ohnehin nichts schlimmes passieren kann... Und diese Art von übergeordneter Einschätzung des Gesamtbudgets im Angesicht der kumulierten Gefahren, mit deren möglicher Realisierung man überhaupt rechnet - die ist also hier weiter fest weit über allen Details etabliert, und auch Gegenstand von vermeintlichen empirischen Fortschritten - man war ZU zuversichtlich oder ZU ängstlich, hatte keine Reserven für bessere Entwicklungen und ändert seine Rahmenerwartung bzw Budget-Aufteilung entsprechend ab.
Zusatz 3. Die Besonderheit der Rahmenwerte und somit die spezielle normalplanerische Borniertheit der Träger des 2.OPP-Stp ist hier im Vortrag nur ungenügend herausgearbeitet. Das Erweiterte Selbst (kann auch ein kollektives sein) ist, wie bereits dargestellt, "investiert" in eine Position ("soziale Rolle") in der "öffentlichen" oder Rechtssphäre - und hat zugleich seine "reproduktive Verwurzelung" in einer familiären Eigen-, Heimat- oder Privatsphäre, mit dort nach eignem Gutdünken und "ihm gehörenden" Mitteln realisierbaren Privat-(Miss)Erfolgs(un)gewissheiten und einer zugehörigen Normalität (Normalpraxis plus -erwartungen, (Gesamt)Budgetverteilungen, darauf bezügliche, bedingte= thematisch aufgefächerte Rahmenwerte...). Das "zugleich"-Sein der beiden Sphären verlangt natürlich eine an bewährten Vorgaben ortienierte oder überrascht-affektiv nach-justierte Regulierung ihres Verhältnisses; die Eigensphäre ist ja auf dem 2.Stp (nur so kann er überhaupt gedacht werden) Quelle der Ressourcen für die Selbstbehauptung und Durchsetzung des ES in der öffentlichen und Rechtssphäre (im Notfall auch für anstehende Kämpfe/Kriege um "Respektierung"). Ich wiederhole, das Erweiterte Selbst ist in sehr vielen Hinsichten festgelegt, nicht zuletzt durch "sein" Eigentum als Basis für dessen Mehrung (auf welchem Weg auch immer), zusätzlich durch eingegangene Verpflichtungen und (durchzusetzende) Forderungen, Respekts- und Verachtungsverhältnisse, Abhängigkeiten, Vertrags-Kooperationen usw., aktuelle Kampf-, also Durchsetzungs- bzw Abwehr-Herausforderungen usw. - und all das kann in einem gewissen Umfang vorkommen im Rahmen einer ererbten oder im Rahmen der eigenen Biografie zugewachsenen Rolle - aber auch, herkommend aus einer "bewährten" Ausgangssituation (in dem Sinn: Normalität) durch affektiv wirksame Wendungen modifiziert. Das kann auch in Chaos und Zusammenbruch enden - was abe kein Scheitern des Stp selbst bedeutet, sondern als individuelles Schicksal verstanden werden kann. Wichtig ist, dass die Regulierung des VERHÄLTNISSES der Sphären, soweit die Budgets in der öffentlichen Sphäre festgelegt werden sollen, die Grenzen für Sachverhalts-Prüfungen, neues Know-how/that (Forschung, Entwicklung) usw als (angesichts des "Primats" der Entschlossenheiten) untergeordnete, aber durchaus eigne Sphäre, mit eignen Ressourcen-Budget-Abteilungen (im Rahmen eines "entschlossen" verfolgten Selbstbehauptungs- und Durchsetzungsprojekts) behandelt. Das ÜBERHAUPT verteilbare, entlang von Versäumnis-Ängsten und Normalerwartungen global geschätze Rahmenwert-, also Gesamt-Budget muss also zwischen insgesamt DREI Gross-Orientierungen aufgeteilt werden; dabei ist durch Wegfall der "Normalitäts"-Praxis-Klammer in der öffentlichen Sphäre eine gegenüber dem 1.Stp erheblich erweiterte Flexibilität im Umgang mit möglichen Techniken, egal auf welchem Sach-Gebiet, zu erwarten - das ist die Lektion, die durch lange Erfahrung mit Krieg und Wechselfällen darin gelernt wurde. Grob gesagt, bestehen Ausgangs-Normalität und ihre überraschungs-motivierten Modifikationen auf dem 2.Stp vor allem im erwartungs-basierten Gesamtbudget und den Prinzipien seiner Aufteilung auf die drei Sphären, die - abgesehen von seinem zerklüfteten Erfahrungs-Wissen (incl darauf basierenden Ausgangs-Überzeugtheiten) zusammen das "Erweiterte Selbst" ausmachen - im Extremfall eines einzelnen, vereinzelten Eigentümers, häufiger aber wohl von Kollektiven, die durch ihre "Führer" (Sprecher, Krieger usw) vertreten sind. Es ist dann genau diese "entschlossen" verteidigte Struktur, auf die wiederum sich die "politisierte" und politisch gereifte "Räson" der Mediatoren und später der Staatsbürger und Regierungen bezieht, um sie auf ihre haltbaren Kerne hin zu prüfen und zur Not zurechtzustutzen. (Zum Scheitern der Politisierten s.u. §9ff)
Zusatz 4. Gerade wenn und weil die gesamte Eigen-Sphäre als Ressourcen-Quelle im Fall der Anspannung aller Kräfte im Krieg ihrerseits militärischer Logik unterworfen wird, und es im Rahmen von kriegerischen Auseinandersetzungen zugleich zu weiträumigen Zerstörungen auch in dieser Sphäre kommen kann, ist es möglich, dass die relative Rationalität der öffentlichen und Rechtssphäre, also die Trennung der Planung und Prioritätensetzung nach Erweitertem Selbst (wie bewährt und vorgefunden bzw anschliessend entlang affektiver Überraschungen verändert) und Überzeugtheiten von instrumentell bedeutsamen Sachverhalten (ebenso: "wie bewährt und vorgefunden bzw ...usw") sowie die sich darüber etablierenden Regulierungs-Maximen der Einteilung, sich schliesslich auch auf die gesamte Eigensphäre ausdehnt. Sodass der 1.Stp eigentlich nur noch als "Verächtlichkeit" gegenüber Schwächeren oder dafür Gehaltenen auftritt, nicht mehr hingegen "in eigener Sache", weshalb die kognitive Grundlage für das Praktizieren von magischen Techniken und prognostischem Aberglauben allein schon darum zunehmend verschwindet.
5. Auch hier kann natürlich eine gewisse Enttäuschung eintreten, dh alles, was für lohnend gehalten wurde, schlägt fehl - die Überzeugtheiten erweisen sich als hinfällig, die Ziele, die man verfolgt hat, die ganzen draufgängerischen Projekte, in die man meinte "entschlossen" reingehen zu können, schlagen fehl - all das sind natürlich Betrachtungen, wie sie Leute erst anstellen nach einer gewissen Lebenszeit, einer Kette von Misserfolgen, nachdem sie ganz anders gestartet waren - und dieser Prozess ist natürlich dem sehr ähnlich, der auf der ersten Stufe zu bemerken war - auch dieser ist ein Desillusionierungs- und Ernücherungsprozess; und auch er ist natürlich geläufig als Quelle von Übergängen in allerdings da meist schon vorhandene RELigiöse Rückzüge. Also "es ist alles vergeblich" - das sind so depressive Prediger-Salomo-Sprüche - "es ist alles eitel", das sagt man ja nicht von vorneherein, sondern erst, nachdem man solche Ernüchterungserfahrungen gemacht hat. Es können durchaus grosse Gruppen sein, die das so erfahren, und auf einmal eine gewisse "Reife" an den Tag legen, indem sie einfach vorsichtiger werden, weniger herausfordernd, und dann insgesamt auch verträglicher, denn natürlich ist diese ganze Selbstlegitimation, Selbstermächtigung, und das autoritäre Auftrumpfen (neben der eigenen Berechnung, wie lohnend es wohl sein mag, da jetzt noch mal nachzuforschen angesichts der Einschätzung "was für ein Quatsch - wir WISSEN es doch längst") immer auch Quelle für ein entsprechendes Auftreten gegenüber andern, denen man dann diese eigenen Standpunkte als legitime Forderung präsentiert, auf die sie sich einzulassen hätten, weil IHRE Entschlossenheiten und Überzeugtheiten soviel geringer sind, in jedem Fall aber unberechtigt. Leute, die das alles tatsächlich lange Zeit praktiziert haben, und dabei immer wieder vor den Kopf gestossen wurden und unerwartete Rückschläge erlitten haben, stehen natürlich irgendwann mal ganz anders da, nur dass ihr Ausgeliefertsein eine andere Färbung annimmt als seinerzeit beim Scheitern des 1.Stp.s - also es ist jetzt nicht so sehr das "ich weiss nichts, mir sind die Mittel aus der Hand geschlagen, Kontrolle ausserhalb des ganz engen Bereichs, den ich so gerade eben beherrsche, auszuüben" - das war die erste Resignation - sondern hier geht es, wie gesagt, eher um eine Ressourcenbudget- und Kräftefrage; dh. sie wissen ja tatsächlich, was sie wissen, vielleicht ist auch einiges ungewiss gewesen, aber vor allen Dingen geht es hier um das Zurücknehmen ihrer selbstgewiss-zuversichtlichen Bereitschaft, in bestimmte Projekte Ressourcen zu investieren, die gelingen müssen, das weiss man schon - auch wenn sie entstanden sind durch Zusammensetzung aus einer vermeintlichen, "Überzeugtheit" begründenden Sicherheit über Sachverhalte und Kausalregularitäten, die man betätigen kann und auf die man sich verlassen kann, einerseits, und Entschlossenheiten, gegenüber andern Forderungen durchzusetzen oder abzuwehren, andererseits.
6. Da geht es jetzt also hauptsächlich um die Reduktion der Einsatzbereitschaft, der Entschlossenheit (mit Überzeugtheit als Spezialform), die immer stärker reduziert wird auf ein Ressourcen-Budget, bei dem man prinzipiell seine Kräfte zusammenhält - das läuft also auf etwas sehr ähnliches hinaus wie auf der erste Stufe bei den scheiternden Zauberern - es sind hier nur, wenn man so will, die scheiternden Krieger und Autoritäten, die kleinlaut werden, die sehr stark zurückgeschlagen und widerlegt wurden, und trotzdem auf dieser Grundlage irgendwie weiterleben und dann wenigstens noch ihren neugewonnen Standpunkt an andere weitergeben wollen (das ist in der Form wahrscheinlich sogar der Normalfall) - die Kinder oder die Jugendlichen, die nachwachsen, werden instruiert, dass man so wie die Gescheiterten nicht in die Welt gehen darf, sondern man sich viel, viel vorsichtiger verhalten muss, und natürlich werden die entsprechenden Lebensgeschichten dann auch erzählt. Auch da sieht man wieder die Annäherung an das, was in RELigiösen Lebensformen dann tatsächlich zur Regel wird: dieses experimentelle, vorsichtige "es kann jederzeit alles passieren - ich muss meinen Handlungsspielraum zusammenhalten" - nur ist es hier ein Übergang in eine betont "energetische", die Handlungsspielräume betreffende, ökonomische Zurückhaltung und Sparsamkeit, ein vorsichtiger Umgang mit Ressourcen, egal wie verführerisch Chancen auf Durchsetzung und Unnachgiebigkeit sein mögen, und andererseits können auch Gefahren nicht mehr so sehr schrecken, einmal weil man schon viel erlebt hat, und neben dem Versäumnisrisiko auch das Risiko des "Selbstmords aus Angst vorm Tod" kennt - das Risiko des Übermasses an Sicherheitsbedarf; und zweitens, weil man ohnehin einen grossen Reservenspielraum hat, weshalb dann auch allerhand passieren kann, das einen dann nicht mehr so sehr überwältigt. Diese experimentelle ist also auch eine recht robuste Einstellung. Was der nun fehlt, weswegen sie natürlich enorm anfällig ist genau wie auf der 1.Stufe, rückfällig zu werden - ((Nachwachsende, die sich das erstmal als ihre Normalität zueigen gemacht haben, sehen nicht ein, warum man nicht ein bisschen zuversichtlicher sein darf, sie sehen andere, denen was gelingt, und fragen: warum denn nicht wir auch?)) ist das kognitive Gerüst, das BEWUSSTE und nicht nur implizite Praktizieren der Experimentalität, das das RELigiöse Leben ausmacht, und das entwickelt sich natürlich erst auf den folgenden Stufen und den Übergängen, die von dort aus kommen.
Zusatz 1. Das Konzept zur Erklärung der Entstehung dieses"kognitiven Gerüsts", neben der Ausbildung existenzieller "Experimentalität" - dieses Konzept, wie es hier in diesem und dem folgenden Vortrag angedacht wird, behauptet ein Stp für Stp wiederholtes SCHEITERN der normalplanerischen Vergesellschaftungs-Standpunkte. Hand in Hand mit diesem Scheitern einhergehen soll die Ausformung von Ideal-Vorstellungen darüber, wie die Welt sich idealerweise verhalten müsste, um dieses Scheitern jeweils endgültig zu verhindern: Und genau diese Vorstellungen sind es (diesem Erklärungsansatz zufolge) dann auch, die den Raum der RELigiösen Optimalhypothesen allmählich entfalten bzw ausschöpfen. Wichtig ist daran zu erinnern, dass die Kategorien, die hier einer Optimalität für fähig erklärt bzw so gedacht werden, Welt und Handeln, Kausalität und Sinn, enggeführt behandeln, im Sinn der Formel: Die Welt ist so, wie wir sie uns idealerweise denken (wir nehmen es bis zum Beweis des Gegenteils an), WEIL sie unter Einschluss unseres Handelns (gewissermassen: ganz gleich, was wir (vorübergehend) tun) Sinn macht. Mit diesem vorab vermuteten Muster als Ausgangspunkt, könnte man fragen, welchen Beitrag ein Scheitern auf dem 2.Stp für das BEWUSSTE Zustandekommen reifer REL Experimentalität leistet. Das Scheitern mit Magie und Aberglaube findet statt in Situationen, wo unerwartete Einbrüche in eine Normalität abgewehrt und/oder zumindest vorhergesehen werden sollen; das Scheitern besteht darin, mit diesen Einbrüchen als möglichen immer mehr zu rechnen, und SO die Überraschbarkeit aufzulösen. Das wäre also der Beitrag des Scheiterns auf dem 1.Stp zur späteren reifen REL Experimentalität - noch ohne die damit im Verbund entstehende Optimalhypothese. Scheitern auf, an und mit dem 2.Stp hingegen hat zu tun mit expansiven Unternehmungen, meist kollektiven, Durchsetzung von Forderungen; Erfüllung von eingegangenen Verpflichtungen; Abwehr empört bestrittener Übergriffe und Verpflichtungsversuche anderer. Obwohl auch diese Expansion noch immer der allgemeinen Normalplaner-Logik folgt - eine Chance tut sich auf, und mit ihr ein Versäumnisrisiko - , und obwohl natürlich auch im Leben der Menschen auf dem 2.Stp unerwartete Einbrüche und Schicksalsschläge vorkommen, machen hier "im Normalfall", durch Anhäufung von Mitteln in den Händen von "rechtsfähigen" Subjekten (meist Gruppen mit ihren Anführern, die nicht einfach verächtlich überrannt werden können, sondern sich Respekt verschaffen; nur Gruppen-Angehörige mit solcher Mittelhäufung können den 2.Stp aktuell praktizieren, und Erfahrungen damit machen) die Chancen, also Hoffnungen, auf "entschlossene" Durchsetzung der EIGNEN Position sowohl bzgl Sachverhalten als auch Verpflichtungen/Berechtigungen, die Mehrzahl der massgeblichen Projekte aus. Das eindrückliche Scheitern an der Erwartung, hier durch das Mass der Entschlossenheit "Erfolg" und "Misserfolg" berechnen zu können, wäre dann der spezifische Beitrag DIESES Scheiterns zu einer REL Experimentalität. Auch hier erst noch ohne die dazu gehörende Art Optimalhypothese. Zusatz 1a zu diesem Zusatz: Psychologisierendes Verachten und Übergehen Anderer bis hin zum Krieg zum Zweck der endgültigen Unterwerfung (zumindest solang die Verachtungs-Gründe fortbestehen) ist ganz und gar ein Resultat ungebrochener NORMALITÄT, der die Verachteten, genauer ihre Handlungsspielräume (als wären es zusätzliche Kräfte zu den eignen des Verächters, die ihm da zuwachsen; der begründete, bekundete Wille der Andern hingegen kein Hindernis - so als gäbe es ihn garnicht), als der selbstverständlichen, geltenden, fraglos subsumiert werden. Der Krieg der Verächter beruht nicht auf einer Entschlossenheits- und Empörtheits-begründeten Erwartung, sondern entspringt ihrem Normaldenken, ihrer Erwartung, dass Bestimmtes selbstverständlich und ohne ausserordentlichen Einsatz von Ressourcen gelingt. Von zwei solchen, die Krieg gegeneinander führen, ist dann mindestens einer überrascht, und entweder fügt er sich (uU heuchlerisch, um bei Gelegenheit den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen und den vorübergehenden Sieger doch noch zu unterwerfen), oder er gerät auf den 2.Stp, wenn er nicht schon von vorneherein darauf stand, und beginnt, um die Anerkennung als Rechteinhaber, um"Respektiertwerden", zu kämpfen. Der Rechtszustand wird auf dem 2.Stp als Normalität betrachtet, der Weltbezug der "reproduktiven" Eigensphäre ist da nur noch ein Moment. Zu den normalen Berechtigungen gehört dann auch der Weltbezug in der öffentlichen Sphäre, das, was man dort entschlossen als mit allen Konsequenzen anzuerkennenden Weltbezug (der objektiven Tatsachenbehauptungen) Aller durchzusetzen versucht (weil "berechtigt"). Die Normalität, mit der man auf dem 1. oder 2.Stp scheitert, ist also anders zusammengesetzt, das Unerwartete auf dem 1.Stp ist VORWIEGEND (wenn auch nicht ausschliesslich) Misslingen, Einbrüche von Schadereignissen, die die Routinepraxis behindern, aufhalten, zurückwerfen usw, auf dem 2.Stp die in bestimmten Hinsichten "berechtigte" Erwartung, kollektiven Handlungsspielraum (der eignen Leute wie der momentanen Gegenspieler) den eignen Vorstellungen von Verpflichtungen entsprechend zu nutzen, und sich mit dieser Vorstellung durchsetzen zu können (Entschlossenheit bzw Empörtheit als Mass). Zusatz 2. Auch das Übergehen in einen "höheren" Stp kann als eine Art des Scheiterns des voraufgehenden angesehen werden; vom endgültigen Scheitern und Übergehen in eine RELigiös-experimentelle Stellung zu Welt und Andern ist dieser Prozess zunehmend "reiferer Politisierung" dadurch unterschieden, dass den davon Betroffenen die Kategorie Normalität, als Basis für ihr Verhältnis zu Welt und Andern, nicht verlorengeht, sondern nur in einen kategorial aufwendigeren, weil ausdifferenzierten Rahmen eingebaut wird. Für Verständnisse aller Art bleibt sie aber massgeblich, und ist weiter Kennzeichen einer grundsätzlich normalplanerischen Einstellung zur Welt, an der auch die Einstellungen anderer gemessen werden - auch wenn unterschieden wird zwischen dem im eigenen Weltverhältnis (theoretisch-objektiv, wie praktisch-vollziehend), dessen Anerkennung von ihnen mit allen Konsequenzen erwartet wird, und jenem, wo ihnen eigne Positionen, nämlich in ihrem, dem nicht-geteilten, nicht-öffentlichen Praxisteil, zugestanden wird. Und so weiter für die zunehmende, erfahrungsbasierte Filterung von Entschlossenheiten (Versprechen, Forderungen...) auf das "bewährterweise" Haltbare in ihnen - dass es sowas aber durchaus gibt, wird da nicht bezweifelt (im Kern ist das dann die von den Mediatoren, Richtern, Staatsmenschen nach bewährt-angemessener prüfung für "richtig" und gültig befundene Einschätzung bzw Verpflichtungs-Verteilung), sowie die Beurteilung von gleichoder unterschiedlich weit gediehener Fortgeschrittenheit fremder und eigner Individualitäten, bzw die affektive Bedeutung von unerwartet eingetretenen Entwicklungen IN den Fortschritten dieser Projekte.
7. Ich hatte ja jetzt im Zusammenhang mit dem 1.Stp (also dem zum Scheitern verurteilten, experimentierend-forschenden Ausloten der Möglichkeit, für seine Zwecke zu zaubern, Magie auszuüben, sich auf abergläubische Vorzeichen zu verlassen) bereits gesagt: Da spielt Tradieren eine gewisse Rolle - die Erfahrung damit aus nur einem Leben reicht dafür nicht aus, da muss es geradezu ein biografien-übergreifendes Forschungs-Programm geben, in dem auch die Zwischenergebnisse weitergegeben werden, etwa in einer Gilde von Zauberern, Druiden, Schamanen - Ergebnisse dessen, was die Vorgänger im einzelnen versucht haben - und womöglich war das auch geografisch ausgebreiteter, die mussten sich treffen und einander erzählen, was sie da gemacht haben - und es ist ja nicht so, dass die da nicht auch Erfolge hatten - das ist die andere Seite - dass es also auch in die andere Richtung ausschlagen kann. Hier, auf dem 2.Stp und seinem Scheitern, ist es ähnlich, dh auch hier müssen Geschichten, Lebensgeschichten genauer, erzählt werden über Figuren, die unerwartete Misserfolge hatten, die mit ihren Forderungen gescheitert sind, und natürlich gibt es die Gegen-, die Erfolgsgeschichten hier auch. Derartiges wird dann beispielsweise in Kriegerkasten breit berichtet werden, in herrschenden und Kämpfer-Familien werden solche Geschichten erzählt werden, und da bilden sich jetzt natürlich auch Begriffe und Vorstellungen, womit eigentlich in solchen Autoritäten-, Krieger- und Anführer-Leben zu rechnen ist. Also die ganze Weite der Möglichkeiten wird da etwa einem jugendlichen Angehörigen einer solchen Kaste oder Dynastie, der sich sowas anhört, eröffnet. Dazu hatte ich ja bereits früher angedeutet, dass allein schon der in der Normalplanung stattfindende Übergang zu einer realistischen Einschätzung von Versprechungen, von Drohungen usw von der Frage her: Entspricht es, so wie vorgetragen, eigentlich tatsächlich den Interessen der Beteiligten?, ein solches Inventar an historischen Erzählungen voraussetzt. Zwangsläufig assoziiert mit der Kategorie INDIVIDUALITÄT (als dem Biografien-Überschreitenden in und an möglichenProjekten) ist das deswegen, weil tatsächlich das gesamte Leben (die Biografie) abgeschlossen vorliegen muss, damit man sagen kann, was darin gelungen ist und was nicht - Handlungsspielraum einer Einzelperson ist ja nicht nur, was sich auf den nächsten Tag bezieht, sondern man kann den ja auch dehnen, im Sinn von: Was ist dem Einzelnen in einem Jahr möglich, oder in einer Lebenshälfte, was ist bis zu demunddem Alter möglich, oder in demunddem Lebensalter schon oder nicht mehr möglich.. und schliesslich, was ist überhaupt in einem ganzen Leben möglich, was kann sich jemand sinnvollerweise vornehmen bei Lebzeiten durchzusetzen oder als eine vertragliche Leistung zuzusagen, und wieviel Energie, Lebensenergie steht ihm überhaupt im Laufe seines Lebens zur Verfügung? Und dass da sich jemand verkalkuliert, also sein Erweitertes Selbst einfach ständig ihn verleitet, seine Möglichkeiten zu überschätzen, führt ja schliesslich zum Herausarbeiten der Kategorien Interesse und Kernselbst. Angesichts dessen kann man sich vorstellen, wieviel Erfahrungsmaterial in eine derart abgeklärte Stellung wie den 3.Stp eingeht; die wird darum normalerweise auch nur verbunden mit Herrschern, Richtern, Experten, die auf ihr Amt auf diese Weise vorbereitet (und uU Prüfungen unterzogen) werden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt - denn es geht da ja nicht bloss um die Erfolge mit eigenen Projekten, sondern es geht auch um die Verhältnisse zwischen Leuten, die sich wechselseitig mit Ansprüchen beharken, und einem Dritten unterwerfen als Richter. Was da nun wirklich funktioniert und was nicht, setzt somit ein enormes Mass an Wissen, an Lebenserfahrung, Lebensweisheit voraus - zur Not historischer, die eben ihrerseits tradiert und in anschaulich-exemplarischen Geschichten aufbereitet werden kann, und schliesslich mündet in die Klugheit der Herrscher und der Machtausübung, wobei sehr viele Episoden mit fatalen Entschlossenheiten, die nebeneinander her und gegeneinander existierten, erzählt werden können, und man also viele Geschichts-Beispiele dieser oder jener Art ausgebreitet vor sich hat. (Am Ende verdichtet sich diese Erfahrung in Rechts-Prinzipien, Verfahrens-Regeln, speziell auch zur Sachverhalts-Ermittlung bzwBewährung von Sachverständigen-Meinungen...)
8. Dass man auf sehr viele abgeschlossene Lebensläufe zurückschauen können muss, um zu wissen, was eigentlich haltbar ist - die Kategorie der Erbschaft spielt eine Rolle - der erblichen Funktionen, wie geht das eigentlich weiter in der nächsten Generation - ist das dort noch haltbar? - dies Zurückblicken-Können also, so sage ich, spielt eine entscheidende Rolle bei der Bildung robuster Vorstellungen davon, was in jemandes Interesse liegt, und dass man das besser bestimmen kann als ein "Betroffener" selber, weil der immer noch in Entschlossenheiten und Überzeugtheiten befangen ist, die eigentlich nicht haltbar sind in den Umständen, in die er geraten ist oder noch geraten wird. Und natürlich ist es eine Weitung des Blicks, wenn man sagen kann: die Zeiträume sind grösser, die Räume natürlich auch, in denen Geschichten erlebt werden und berichtet werden können, in denen Leute in ganz andere Umstände geraten sind, und gewissermassen das nackte Leben, das nackte Kernselbst gerettet haben, und man sehen kann, was das eigentlich bedeutet - sein Erweitertes Selbst reduzieren zu müssen auf die eigentlich wirklich vorhandenen physischen Fähigkeiten, die man aber eben dann auch in andere Umgebungen mitnehmen kann. Solche Schicksalsumschwünge gehören auf jeden Fall zum Bestand dessen, was da berichtet wird, also die Frage, was ist eigentlich haltbar, was ist unhaltbar - die fängt da langsam an routinemässig aufzutauchen - und gleichzeitig dieses Nebeneinanderliegen bzw -legen (sich vor Augen halten, damit rechnen) von verschiedenen Normalitäten, von verschiedenen Berufen und Lebensformen, und die Menschen, die sich dieser Vielfalt zuwenden, haben natürlich eine ganz andere Weite des Blicks, auch wenn sie selber immer noch unter einer "Haube" (alias bedingte "Rahmenwerte") an Rechtsregeln und Prinzipien leben, mit der sie nun tatsächlich auch die verschiedenen ihnen angetragenen Forderungen (entschlossen und mit Pochen auf Legitimität vorgetragene Forderungen) zueinander ins Verhältnis setzen. Da sind also lauter Kernselbste im Idealfall oder sowas in der Richtung, also lauter Personen, die in irgendwelchen Umständen leben und zu andern ins Verhältnis treten, und die Aufgabe der Schlichter und Richter lautet: Rahmenwerte und Budget-Prioritäten setzen für Andere - Budgets, das ist die Stufe unten drunter, auf der bewegen diese Andern sich alle, die da an den Herrscher oder an die Weisen Richter herantreten, und die wollen alle was, im allgemeinen mehr, als (von den andern aus) geht, und der Richter muss nun sagen, was tatsächlich vereinbar ist mit dem, was andere wollen. In dieser Form hat man bestenfalls mal Paare solcher Streithähne (das ist ja auch der Normalfall vor Gericht), aber natürlich kann man sagen: Das verallgemeinert sich, sobald eine Herrscherfigur, vielleicht auch ein Beamter oder bestallter Vermittler es zu tun bekommt mit Klassen, oder Gruppen in der Bevölkerung, zwischen denen er etwas ausgleichen muss, oder vielleicht auch schon nur in seiner Gefolgschaft. Er muss sehen, was ist da haltbar auf Dauer - was ist vielleicht AUCH haltbar, und deswegen sind wir auch da im Bereich der Individualität, also der biografienübergreifenden Projekte, die viele Einzelpersonen umfassen, die sich dieser Gruppe zugehörig fühlen oder diesem Projekt, das können viele, mehr oder weniger sein, und die haben schon eine Vorgeschichte, und in dieser Vorgeschichte sind eben auch tatsächlich schon Dinge passiert, in vielen abgeschlossenen Biografien, die man dann auch wieder überblicken kann - also ich rede jetzt von Ländern, von Herrschaften, von Territorien, die beherrscht werden - und Fürsten, die eine Vorgeschichte, eine Dynastie hinter sich haben, und Geschichten, die davon erzählt werden.
9. Wenn man sich das jetzt alles ansieht, dann ist natürlich das Spektrum der Möglichkeiten dessen, was ein solches Kernselbst alles erleben könnte, unglaublich geweitet. Es ist natürlich auch geweitet für alle, die nicht unbedingt in aktiver Funktion, aber als Gebildete, Kenner dieser Verhältnisse sich das mit anschauen dürfen - und die können natürlich in einer ganz anderen Weise Stellung nehmen zur Frage: Wie könnte eine Normalität, nachdem sie zerbrochen ist, sich wieder herstellen - was für Möglichkeiten haben Menschen, die das nackte Leben (das können wir jetzt als Formel nehmen für "Kernselbst") gerettet haben, und jetzt nicht mehr borniert sind... Hier kann dann auch tatsächlich die Vorstellung entstehen, die ich erwartet hatte als Resultat einer Lebensführung im vorangehenden Vortrag, die bereits experimentell ist, also die letztlich Resultat ist der Übergänge auf der ersten Stufe - die der Resignation an Kontrollmöglichkeiten und -gewissheiten, wir sind ausgeliefert, oder der zweiten Stufe: Resignation an der Haltbarkeit aller Entschlossenheiten und Überzeugtheiten - ihre Träger "scheitern" daran, weil sie skeptisch geworden sind, experimentell geworden sind - die sollten also nun auch frei sein, durch ihre affektive und kognitive Einstellung ihr Leben jederzeit neu einrichten zu können - tendenziell zumindest, und daran lernen, was die dafür relevanten Kategorien sind - also rein empirisch sollten so gestimmte, experimentell eingestellte Leute fähig sein, ihr Leben jederzeit auf neue Umstände einrichten zu können: Dh beispielsweise, sie können auch umziehen - sie können sich neu ansiedeln - also auch alles hinter sich lassen, und dergleichen - auch wenn es für sie schrecklich ist. Und das ist jetzt also tatsächlich eine Position, die unterfüttert sein kann nicht mehr nur durch eigenes Leben und Erleben, sondern durch das Wissen um zahllose solcher Geschichten, die können übrigens auch solche Figuren, die experimentell geworden sind, einschliessen - von solchen kann man schliesslich auch gehört haben - und insgesamt ist also hier tatsächlich ein weiterer Bestandteil der experimentell-RELigiösen Lebensform und des Weltverhältnisses ausgebildet - tendenziell, nämlich eben dieses Sich-Erheben über alle Normalität, und von Null aus neu anfangen und sich eigentlich praktisch ständig in dieser Situation sehen. Der BEGRIFF zumindest einer solchen "stoischen" Offenheit und Unabhängigkeit von vorgegebenen Lebensformen - der ist angelegt in dieser staatsmännischen Resignation und historisch aufgeklärten Weitung des Blicks. Natürlich gibt es auch ein Scheitern auf der Stufe der Staatlichkeit und der Interessen, und der Interessengefüge, und das findet so statt, dass die Konflike dort einfach nie aufhören, die Gegensätze nie bereinigt werden können... Das wird dann entweder zur Moralität und moralischen Reflexion.. oder es mündet in Resignation, Verzweiflung an politischer Regullierbarkeit von Normalität, und das wäre dann das dritte Scheitern dieser Art, nämlich Verzweifeln an der Erwartung, dass Berücksichtigung von Interessen und Interessengefügen eine Koordination von Arbeitsteilung im Konsens ermöglicht, die eben auch Reproduktion auf (dem erreichten) hohen Niveau weiter möglich macht. Und diese Resignation von "legitim" Regierenden, "ausgewiesenen" Experten usw würde dann ebenso wie die der Kämpfer oder Autoritäten, oder die der Hexer, abstürzen in RELigiöse Zurückgenommenheit aller bisher verfolgten Ansprüche und Werte. Anm. Auch die Gewalt, die auf dem 1.Stp des Normalplanens so nahe liegt mit der Erfolgsgewissheit, tritt unvermeidlich immer fort weiter auf bis hin zum Staat, und jenseits bewegen wir uns ja auch garnicht mehr in einer realisierbaren, sondern nur noch in einer gedanklichen Welt - selbst wenn alle Moralisten wären, sieht man ja, dass sie ihren Moralismus garnicht als verallgemeinerbare Vergesellschaftungsform sinnvoll aufrecht erhalten können, sondern sie sich zuletzt, von da ausgehend, einem Weltverhältnis zuwenden, das nicht ihr ursprüngliches war.
10. Aber wo ist da jetzt die RELigion? Die ist da natürlich noch nicht erreicht, da ist alles immer noch hoch-abergläubisch unterwegs, denn auch der Staat kann natürlich mit eigenartigen Regeln geführt werden, empirisch begründeten Regierungs-Praktiken, die sich bewährt haben, und natürlich auch Gesellschaftsformationen, die sich bewährt haben, darauf ist man angewiesen, und das, was ich als "Haube" bezeichnet habe (wir sind hier auf der Stufe angelangt, wo man beginnt gewissermassen an der Haube zu drehen... und zwar so: Man hat sich unmittelbar dazu verhalten, während die andern ja nun auch ihre Hauben haben, also die Rahmenwerte, unter denen sie Entschlossenheiten oder Erfolgsgewissheiten umgruppieren - aber hier haben wir es mit Leuten zu tun, die ständig die gekoppelten Rahmenwerte für alle: Was geht in einer Gesellschaft und was geht nicht? im Auge haben, nicht für sich selbst, natürlich, oder höchstens als Personifikation des Staats, sondern für eben die gesamte Gesellschaft, und da ist also natürlich eine Normalklammer namens "Eigentumsordnung", Rechtsordnung, die womöglich "heilig" ist und als solche nicht angetastet werden darf, im Spiel, in der wiederum sich die Erfahrung vorangehender Generationen niederschlägt. Und was da haltbar ist und was nicht, wird hier durch die herrschende Klasse, der Staatsbeamten, der den Staat Ausmachenden, immerfort weiter geprüft, und die Margen enger und weiter gesetzt, die existenziellen Gefahren für die Bevölkerung, für die sie Verantwortung tragen, müssen korrekt eingeschätzt werden, und das sind oft auf den verschiedenen Gebieten der Staatsaufgaben natürlich verschiedene. ((Über Staatsaufgaben hatten wir mal im alten Zirkel, das ist jetzt ein Thema, über das ich mich nicht weiter verbrneiten möchte, aber es wird sicher nochmal auftauchen - denn natürlich müssen wir irgendwann über Gesellschaftsstrukturen und die Gesamtgeschichte reden.))
Und jetzt kommen wir also zu einer Stellung zu den gesellschaftlichen Sachverhalten, in der völlig klar ist, dass längere Geschichten eine Rolle spielen, ich meine jetzt die moralische. Das interessante ist, dass hier gleich zwei Kategorien ganz selbstverständlich unterstellt sind, die einen starken Fortschritt über die einfachen Kategorien "Interesse" und "Stabilität der Verhältnisse" hinaus darstellt. Die eine dieser beiden neuen Kategorien ist (das hab ich mal so ausgedrückt): die Gleichheit - Aber was ist eigentlich gleich? Man sagt das einfach so, wenn man moralisch argumentiert, und natürlich interpretiere ich diese "Gleichheit als Person" darin, dass alle in gleicher Weise tatsächlich lernen. Also die Gleichheit der Lernregel bei allen personal also "rational" verfassten Wesen ist das, was hier instinktiv der Betrachtung zugrundegelegt ist: Alle lernen gleich, alle können die Lernvorgänge auch der andern nachvollziehen, können sie beurteilen. (Das ist so kantisch: Jeder ist ein Gesetzgeber, jeder trägt diese Vorstellung des Gleichseins mit Seinesgleichen in sich - das ist natürlich auch die Ablösung von allen Borniertheiten der Art: was sind denn das für welche, die gehören nicht zu uns, die sind nicht verständlich, verrückt, spinnen usw damit geht man dann sehr viel vorsichtiger um.) - also die Weite des Blicks der Staatsmenschen wird hier noch überboten, man geht über die konkrete Individualität, der man angehört, noch hinaus, und im besten Fall verhält man sich - deswegen ist das ja eine neue existenzielle Zeitstufe, ein Zeithorizont, der nämlich über alle Zeithorizonte hinausgeht, wo man die verschiedenen Individualitäten vor sich hat und sich zurückbesinnt auf die Frage: Warum wählen wir eigentlich eine Individualität oder ein bestimmtes Verhältnis zwischen ihnen, warum lehnen wir die einen ab und befürworten andere? warum fördern wir die einen mehr und die andern weniger... und sollten sie nicht alle gleichgestellt sein - ja, nicht an sich gleich und sie sollen auch nicht alle gleich viel haben, denn sie sind ja - und das ist jetzt der zweite Begriff! - unterschiedlich weit fortgeschritten in IHRER Individualität, ihrem Projekt. Dieser zweite Begriff des relativen Fortgeeschrittenseins in der EIGENEN Individualität verbindet sich jetzt natürlich mit dem der gleichen Lernregel (als demjenigen, was allen Personen als solchen gemeinsam ist), und als das früher besprochen wurde im Rahmen der Stufenreihe an Vergesellschaftungsformen der Normalplaner, wurde da etwas von der Art eines Paradox entwickelt, nämlich die eigenartige Feststellung: Alle sind gleich und können das auch noch wechselseitig sehen, denn wir haben dieselbe Lernregel, und doch können sie sich in den Streitigkeiten, in denen sie das geltend machen, nicht einigen. Beide sind der Meinung, das, was der jeweils andere vorschlägt, ist UNGERECHT. Das ist also natürlich die Gerechtigkeitsvorstellung... - das gibt mir Gelegenheit zu sagen: dass was immer wir da bis jetzt an grundlegenden Einstellungen bei den Normalplanern vorgefunden haben - im allgemeinen, wenn auch gewissermassen unfundiert, sehr unentwickelt, keimformartig, auf allen Stufen vorher schon - also auf der ersten Stufe schon könnte jemand sagen, der erfolgsgewiss ist: Aber das ist auch legitim,. dass ich das von dir verlange... dass du dich dem beugst.. es ist auch in deinem Interesse, und darum ist das recht und gerecht so... - a fortiori ist es das, sowieso, eben weil die Erfolgsgewissheit zurecht besteht - würdest du sie dir zueigen machen und anerkennen, dann würde dir einleuchten, dass die andern Punkte genau darum auch zutreffen - und die Reifung durch die Stufen hindurch besteht genau darin, dass man solch weit reichenden Forderungen an die andern aufgibt, solche: Teile meine Erfolgsgewissheit, teile meine Vorstellung von Legitimität - unvermittelt - dass man also nicht mehr eine Anerkennung grundsätzlich meiner Gewissheiten fordert - sondern dass der andre immerzu meine Entschlossenheiten sieht und sich deswegen meinen dadurch legitimierten Forderungen beugt, und schliesslich, dass man sogar darauf noch verzichtet, sich auf eine haltbare Interessenordnung zu beziehen, und nicht mehr meint, zumindest dafür Anerkennung erwarten zu dürfen. Stattdessen:...
11. ...sind wir hier beim Verzicht auf das alles angelangt - man fängt nochmal völlig neu an an - und fragt sich nach dem Verhältnis verschiedenster Individualitäten zueinander - ja sogar schliesslich den Meta-Individualitäten, die sich bilden, wenn diese verschiedenen Individualitäten anfangen, sich zueinander in ein Verhältnis setzen und moralische Forderungen aneinander stellen - oder überhaupt legitime solche aneinander stellen. Und als moralischer Mensch, der sich jetzt auch noch über die Rahmenwerte der Staatsräson stellt, und das Eigentum völlig neu verteilen und festlegen will, muss man sich klarmachen: EIGEN sind die Individualitäten, der EIGEN-Sinn ist das, was die Normalplaner auszeichnet - gut, jeder hat einen - und trotzdem sind alle gleich - wie wird das vermittelt? Jetzt fragt sich also der Moralist, wie da zu verteilen wäre. Und das, was ihn in seinem kategorialen Ansatz: Alle haben die gleiche Lernregel, und sie sollen in ihrem Lern-Projekt, wenn man so will, gleich weit fortgeschritten sein -, schon mal gleich aufhält, ist der Gedanke - und der ist jetzt entscheidend! - dass ja Lerngeschichten gewissermassen ineinander geblendet werden können bzw ineinander münden und einander überlappen können; und dass das Dazulernen dazu führen könnte, dass man sein ursprüngliches Projekt aufgibt, und sich dem Projekt der Andern anschliesst oder einem neuen Gemeinschaftsprojekt. Und was heisst dann noch: Gleich weit fortgeschritten? wenn ich absehen kann, dass einer der Beteiligten, der hier noch was ungerecht findet, demnächst Fortschritte machen wird, die ihn seine Forderung bedauern lassen, dann werde ich ja seiner moralisch scheinbar intakten Forderung nicht einfach nachgeben können. Also bin ich jetzt schon als Moralist in einem gewissen Zwiespalt - das wurde mal bebildert am Anfang der Politeia von Platon, da kommen zur Definition von "Gerechtigkeit, was nennt man gerecht?" Ideen wie: Gerecht ist, jedem das Seine geben, und dann konstruiert Sokrates so ein Beispiel, man hat von jemandem ein Schwert geliehen, und der kommt jetzt, in offenkundig unzurechnungsfähigem Zustand, und verlangt das Schwert zurück, weil er seinen Vater umbringen will, und da ist dann die Frage, ob man ihm auch dann noch "das Seine" geben soll. Also man kommt da schon in Prinzipien-Konflikte (bzw die Notwendigkeit, die Prinzipien immer feiner zu differenzieren - wie in juristischen Systemen oder Entscheidungen, die allen Beteiligten "gerecht" werden sollen)... Dieser Gedanke, der sich ergibt aus nebeneinander her und unabhängig voneinander betriebenen Lerngeschichten, Erfahrungsgeschichten, die hier natürlich immer weiter die affektive Tönung aufweisen des Hoffens und Bangens und der Rahmenwerte und der Verteilung von Budgets, und von mir aus auch noch der Erfolgsgewissheiten, die darin vorkommen und aufgegeben werden - natürlich von dem fortgeschrittenen Standpunkt jenseits des Staats auch noch und der Staatsführung, wo man jetzt anfängt zu räsonnieren darüber, wie eigentlich eine Gleichverteilung, eine "gerechte Gesellschaft" aussehen würde - da spielt auf einmal diese Frage der Relativierung von Standpunkten eine ungeheure Rolle. Und das heisst also, Universal-Moralisten spätestens stehen soweit über allem, dass sie sich durchaus die Frage vorlegen können, was ist eigentlich mit der Lerngeschichte im bezug auf die Rahmenwerte? was ist, wenn jemand ZU zuversichtlich war und das aufgeben wird - die Moralisten haben jetzt natürlich auch die Beispiele für dieses Scheitern im Blick, sie kennen ja auch die Geschichten der zweiten und ersten Stufe, das Resignieren an diesen gescheiterten Experimenten, und können also absehen, zumindest auf dieser Bildungshöhe, auf die sie gelangt sind, was alles dazugelernt werden kann, und weshalb all diese früheren Forderungen etwas nur sehr vorübergehendes sind.
12. Die Figur des moralischen Scheiterns (4.Stp) , die ich zunächst ausgemalt hatte (3f §7ff.), bezog sich natürlich auf Leute, die sich als vereinzelte diese Frage vorgelegt haben, was wäre denn gerecht - vielleicht bloss an einem Einzelfall, vielleicht auch noch in einer gegebenen Gesellschaft - das ist natürlich alles noch sehr simpel, aber mit der Weitung des Blicks auf viele Individualitäten, viele Formen von Lernen, von Fortschritten, die womöglich über mehrere Generationen laufen - wo man sich fragt: Wieviel sollen die denn bekommen, wenn sie noch naiv sind? wenn sie noch unentwickelt sind? da stellt sich diese Ratlosigkeit ein, dass einer immer urteilt mit seiner eigenen bornierten Normalität, die er ja eigentlich schon hinter sich gelassen hat, nebenbei, wenn er richtig auf diesen Standpunkt geraten ist - das war der Fehler an dem Konstrukt von 3f - da stellt sich jetzt diese Ratlosigkeit ganz anders dar - sie ist nämlich jetzt informiert und eines besseren belehrt, wenn er sich tatsächlich einmal die Geschichten vor Augen hält und die Haltbarkeit der Projekte, die da Generationen-übergreifend, als Individualitäten, als Vorhaben unbestimmt grosser Gruppen gleichzeitig und nacheinander Lebender, verfolgt werden. Da kann er die Rahmenwerte, die da involviert sind, durchaus nach ihrer Qualität anordnen, also wird er auch mal feststellen, dass es diese Rahmenwerte in negativer Richtung gibt - die Gefahrschätzungen, die Bedrohungen, mit denen gerechnet wird, und andererseits die Vorstellungen vom Optimum, was bestenfalls erreichbar ist, was man sich zu erreichen zutraut - das sind jetzt keine reinen Mess-Werte, die rein energetisch als "soundso viel Glück ( kann man errreichen, egal in welcher Form und mehr geht nicht", mit einer Masszahl versehen und beziffert werden - sondern das Optimum hat ja einen Namen in den Projekten, es gibt ja etwas, das man sich vorstellt, bestenfalls erreichen zu können - da gehen natürlich auch die ganzen Mythologien mit ein... und das heisst, die Vorstellung eines besseren Besten - besser als die Vorstellung eines weniger Guten, rückt in den Blick, und natürlich auch die schon längst, wahrscheinlich viel früher bereits, etablierte Vorstellung: was kann nicht alles passieren, womit müsste man nicht alles rechnen, im schlimmsten Fall?.. sodass eine Art Skala entsteht... die in der Mitte lauter Unhaltbares enthält, womöglich sogar schlechtes das sich als gutes erweist, gutes das sich als schlechtes erweist... aber nach den Extremen hin zugleich immer haltbarer ist, und das ist jetzt der theoretische Nachvollzug dessen, was ich im voraufgehenden Vortrag die Selektion genannt hatte, also hier wird die Selektion mal wirklich (reflexiv!) auf den Begriff gebracht, und zwar so, dass eben die höhere Haltbarkeit der vorsichtigeren Einstellungen einerseits, und der weiter reichenden aber auch dadurch weiträumigen Optima, Optimalvorstellungen, sichtbar wird. Das, was hier vor allen Dingen in den Blick gerät, ist die Unhaltbarkeit der ganzen Zwischenpositionen. Das heisst also hier zum ersten Mal, und zwar interessanterweise versehen mit ihren Bedingungen, oder den Inhalten, hatte ich vorhin schon mal gesagt, treten jetzt die beiden Fundamental-Einstellungen des RELigiösen Lebens und des Weltverhältnisses zusammen auf, in Kombination, nämlich als ein maximal Auseinandertreten des Rechnens mit dem schlimmsten und mit dem Besten, und die Kategorien selbst heben sich heraus. Das heisst also... es wird tatsächlich deutlich, dass eine haltbare Lebensform sich letztlich an solchen Zielmarken orientieren muss, an einem Best-Denkbaren, das eben letztlich am wenigsten einer Veränderung unterliegt, weil es eben auch nicht widerlegbar ist, sondern erstmal bis zum Beweis des Gegenteils aufrechterhalten werden kann und das Längst-Überdauernde ist und das Umfassendste, unter dem sehr vieles stattfinden kann, was einen enttäuschen kann oder auch beglücken, aber völlig egal, es bleibt dabei, dass dies das eigentlich Haltbare ist, und umgekehrt, dass das Rechnen mit allem eben einen immer vorbereitet sein lässt darauf, dass auch etwas Schlimmes passieren kann, und man dann daran auch nicht verzweifelt, weil man Reserven hat, und nie ausgeschlossen hatte, dass derartiges passieren kann.
13. Also das, was was man im Griechischen den Chorismos nennt, die Abgetrenntheit des Optimums von jeder Praxis - das wird hier tatsächlich gedanklich sichtbar, und das ist ein ganz wichtiger Punkt: Hier wird also nicht mehr bloss empirisch operiert, sondern irgendwann verselbständigt sich das auch, und spätestens, wenn diese Kategorien eines Bestdenkbaren und Längsthaltbaren, eines über alle Wechselfälle weg sinnvollerweise (bis zur Widerlegung) als möglich annehmbaren Inhalts und ebenso die Vorstellung von dem, was einem (womöglich jederzeit) schlimmstenfalls zustossen kann - wenn also diese Begriffe gebildet sind, und der Vorstellungs-Raum dazwischen ausgefüllt ist mit hypothetischen Denk-Möglichkeiten, die allesamt durchaus sein können, aber nicht das letzte Wort sind - dann kann man sagen, sind wirklich Pfeiler eingeschlagen, die einen Grund liefern, diese Einstellungen sich nicht mehr im Verhältnis zu, oder als Mediator zwischen Individualitäten, die sowieso unhaltbar sind, zueigen zu machen. Und darin besteht dann wiederum auch (a fortiori) das Scheitern des empathisch-vermittelnd gewordenen Moralisten: Was soll er denn noch anfangen mit all den Leuten, die sich mit ihren unhaltbaren Gewissheiten in diesem Zwischenreich bewegen - er ist über diese Leute hinaus, und wendet sich seinerseits, allein, der Welt mit diesem seinem neuen Kategoriensystem zu. Das wäre also die bisher reifste (nämlich 5.) Version, in der ein ursprünglich normalplanerisch ansetzendes Vergesellschaftungskonzept sich von dieser Vergesellschaftung WEG wendet (nämlich weg von den Kategorien, die es da bisher benutzt hat, und weg von dem daraus resultierenden Weltverhältnis), und der kritischen Betrachtung der Art seiner Stellung und überhaupt aller Personen in der gleichen Welt ZU.
14. Es ist jetzt Gelegenheit, noch eine kleine Korrektur anzubringen im bezug auf den vorhergehenden Vortrag, den habe ich nochmal angehört, und an der Stelle Min 13 (im Transkript: kursives Ende Abs. 3) oder kurz davor war die Rede von diesem Unbedingt-Werden, das in Gefahr ist, wieder unter Bedingungen zu treten - weil es rein physische Glückserwartungen und Gelingenserwartungen zum Inhalt hat, und "Ausmasse" an Gefahrdrohungen (mit denen zu rechnen ist bzw eben nicht zu rechnen sein soll), die sich aber garnicht mehr mit irgendwelchen Inhalten verbinden. Und das war natürlich deswegen ein Fehler, weil man so natürlich nicht zu RELigiösen Inhalten gelangt, und so stellt das natürlich keine Erklärung für dieses spezifische Element des RELigiös gewordenen Weltverhältnisses dar; die korrekte Antwort darauf haben wir erst jetzt: die Nichtmehr-Bedingtheit ergibt sich aus der Maximalität, aus der zweiseitigen Un-Überbietbarkeit der Vorstellung: einmal des Schlimmsten, was mir überhaupt passieren kann - ja wohl ich kann umgebracht werden, ich kann sterben...da kann ich nun dauernd dran denken und mich drauf fixieren - ja das kann ständig passieren, aber soll ich deswegen jetzt Selbstmord begehen? soll ich deswegen mich vorzeitig und ohne Not ruinieren? zum andern das unüberbietbar Beste, mit dem man weiterhin bis zum Beweis des Gegenteils rechnen könnte - man weiss es nicht, es ist aber sinnvoll das anzunehmen - schon allein diese Konstruktion - ich investiere nicht übermässig, denn ich muss ja vorsichtig sein - andererseits aber schliesse ich das unüberbietbar Bestdenkbare nicht aus, das ich bis auf weiteres hypothetisch annehme, und das ist dann durch alle Wechselfälle hindurch, die in seinem Rahmen stattfinden könnten, nicht mehr erreichbar für irgendeine Bedingtheit, es ist allgemein gültig für ALLE Fälle, es ist UNBEDINGT - und natürlich wird sich dann herausstellen (das war ja die Prognose des letzten Vortrags, über die wir noch genauer sprechen müssen), dass das Vorstellungen einer ganz bestimmten Art sind, und zur Not bastelt sich der zum RELigiösenPionier gewandelte ehemalige Universalmoralist eine solche Vorstellung selber. Da könnte man ohne weiteres all die Philosophen der griechischen Klassik einsetzen, Sokrates, Platon usw - die haben an solchen Vorstellungen gearbeitet und zwar mit einem solchen Übergang: Wie sieht der ideale Staat aus? das ist die Frage gewesen, mit der Platon gestartet ist - das kann doch nicht so weitergehen hier, was wir erlebt haben, die vormals strahlenden Athener, die allen andern überlegenen Griechen - sie zerlegen sich selbst in einem 30jährigen Krieg, und an dessen Ende stehen sie vor einem Scherbenhaufen, wie konnte es dahin kommen, und was ist eigentlich richtig? das war eine moralische (politisch-ethisch-normative) Fragestellung.. und dann endet er in einer Metaphysik und einer Frage: Wie ist eigentlich die Welt, und wo ist überhaupt etwas Haltbares (nebenbei auch die Ausgangsfrage in Descartes Meditationen)? Mit diesem Haltbaren kann man vielleicht auch eine unbedingt einleuchtende (moralische, politische) Forderung an Leute begründen - aber die Frage, was überhaupt durchgehend haltbar, unbedingt ist und nicht diesen Wechselfällen unterliegt - die war da auf jeden Fall extrem wichtig. Und natürlich haben das schon lange vorher in anderen Gesellschaften und Regionen Leute gedacht, und natürlich kommt man auf andere Pioniere, die ihrerseits Konstrukte erschaffen haben von Bestdenkbarem, das haltbar bleibt durch alle Wechselfälle hindurch - das sind dann Inhalte, die unbedingt sind, absolut gelten, durch alle Wechselfälle hindurch.
15. Und ein letztes jetzt noch, auf das wir vielleicht später noch einmal zurück kommen: Wir hatten noch diese Überbietung, wir hatten als 5.Stp die Empathie als Vermittlungsform - die Kontrahenten sollten sich einfühlen in den andern, sie wurden dazu aufgefordert, es wurde ihnen vorstellig gemacht: Schau wie er sich fühlt... was das bedeutet, wenn er das nicht bekommt, wenn du nichts abgibst - und das erinnert etwas an die Reflexionen des 2.Standpunkts, aber da geht es nicht mehr um die EIGENE Entschlossenheit und Motivation gegenüber der der Andern, sondern es geht durchaus um das Leiden der ANDERN - das Einfühlen darein, was es bedeutet, etwas nicht zu haben - das eben ein Wohlstandsgefälle und ein Mitleiden damit begründet, und damit auch den Willen zum Ausgleich der Verhältnisse motiviert - also es soll dann jemand tatsächlich etwas abgeben, sodass der andere ihm gleichgestellt wird. Und daran - wie er diese Vorstellung davon, welche Gleich-Stände zunächst Ungleiche erreichen könnten und wie man das vergleicht, also wie man auf der Grundlage ihrer Gleichheit als Personen sie vergleichen könnte - an der ist ja eigentlich immer der Normalplaner gescheitert - und die beste Einfühlung heisst nichts, weil eben tatsächlich immer das (Mit)Gefühl gebunden war an eine bestimmte Normalität, Normalverhältnisse, Erwartungen, die der andere nicht teilen, nicht einsehen muss... sonst hätte er ja schon längst moralisch gehandelt. Und da kommt jetzt natürlich etwas ins Spiel, was ebenfalls bei dieser universalen Betrachtung von dem Standpunkt aus, den der moralisierende Überflieger, der RELigiöse Pionier einnimmt, in den Blick kommt, nämlich: dass das Lernen der Normalplaner sich eben nicht orientiert an solchen GEDACHTEN Möglichkeiten und sie prüft und erwogen hat, sondern dass es immer diese Überwältigung durch enttäuschte Erwartungen ist, die Anlass zu einer Läuterung, zu einer Reue, zu einer Neu-Justierung der Erwartungen führt. Und das heisst, dass dieses Missverhältnis: Man kann immerzu enttäuscht werden - Übrigens spielt hier ja nochmals auf den drei unteren Stufen eine Rolle, dass diese Enttäuschbarkeit ins Zentrum des Verständnisses der RELigiös Gewordenen von dem Fehler, den die andern machen, rückt. Also ihr Bild davon, was eigentlich den OPPortunismus ausmacht oder ihren eigenen, im Rückblick - selbst wenn sie ihn jetzt noch nicht abgelegt haben sollten - da wird ihnen nun deutlich, dass sie selber sich den Blick auf diese gedachten Extrem-Inhalte verstellt haben durch ihre "Gier" (Gier ist natürlich immer eine nachträgliche Aburteilung von etwas, das ursprünglich sehr natürlich und naheliegend erschien..) also ihr Fixiertsein auf bestimmte Möglichkeiten und die Sicherheit ihrer Erwartungen... die Sicherheit müssen sie aufgeben, im Rückblick sehen sie (und da wird ihr Blick tatsächlich frei!) - sie haben diese Geschichte nicht selber absolvieren müssen, sie haben sie uU absolviert an den Geschichten anderer, von denen sie gehört haben - aber jetzt entdecken sie das als das zentrale Hindernis, das ihren Blick verstellt hat auf die eigentlichen Möglichkeiten in der Welt: dieses Fixiertsein aufs Bewährte, dieses affektive Überwältigtwerden können durch das Unerwartete. Genau das ist dann tatsächlich auch der Gegenstand der RELigiösen KRITIK an den Normalplanern, denn man könnte sagen: Ja, das ist jetzt tatsächlich etwas Unvermitteltes - hat man denn jetzt tatsächlich den Fehler, den die machen, nämlich sich eben nicht mit diesem Bestdenkbaren zu beschäftigen, es nicht zu suchen, die Kategorie überhaupt nicht zu haben, so wenig wie die dessen, womit man im schlimmsten Fall rechnen kann und muss, und schliesslich fehlt ihnen dann auch die Kategorie der vorsichtig (angesichts all dessen) aus immer wieder neu, aus Wissen um Umgebungssachverhalte und körperlichen, physisch angelegten Möglichkeiten, zusammengesetzten Praxis - dass sie diese drei Kategorien nicht haben - ist es nicht das, was in der Predigt der RELigiös gewordenen Pioniere und gescheiterten Moralisten (die natürlich nach wie vor das Mitleid als eine Vergesellschaftungsweise hochhalten, aber nicht mehr für das Eigentliche erklären können) ausgesprochen wird, also der RELigiösen Kritiker des Normalplanens: Es ist ihre Gier, im Sinn der ausschliessenden Fixierung auf bestimmte Möglichkeiten, die all ihre "Laster" erklärt. Welches Verhältnis diese Kritiker nun tatsächlich zu den Nicht-RELigiösen haben, das werden wir noch viel genauer anschauen müssen, und auch, was sie denn jetzt selber untereinander für Vergesellschaftungs-Konzepte ausbilden - und das soll es jetzt erst einmal gewesen sein in dieser ersten, fast möchte man sagen: Tour de force, weil ich über all diese Dinge wahrscheinlich noch viel genauer nachdenken muss. Mir fällt noch ein, dass es natürlich auch ein Scheitern auf der Stufe der Staatlichkeit und der Interessen, und der Interessengefüge gibt, und das ist, dass die Konflike dort einfach nicht aufhören... das wird dann zur Moralität.. wie man ja auch sagen kann, dass die Gewalt, die auf dem 1.Stp des Normalplanens so nahe liegt mit der Erfolgsgewissheit, immer fort weiter auftritt, bis hin zum Staat, jenseits bewegen wir uns ja auch garnicht mehr in einer realsierbaren, sondern nur noch in einer gedanklichen Welt - selbst wenn alle Moralisten wären, sieht man ja, dass sie ihren Moralismus garnicht als verallgemeinerbare Vergesellschaftungsform sinnvoll aufrecht erhalten können, sondern sich einem Weltverhältnis zuwenden, das nicht ihr ursprüngliches war.
Soweit heute.
Vortrag 4c: 5faches OPP-Scheitern als Quelle von Praxis-Kategorien und Glaubensvorstellungen
Der letzte Vortrag liegt jetzt schon 18 Tage zurück, ich hatte zwischenzeitlich schon einmal versucht den nächsten aufzusprechen, und nach 5 oder 10 Minuten abgebrochen, weil die Sache doch ein bisschen komplex ist. Ich vermute mal, dass es auch für die Zuhörer unübersichtlich geworden ist, weswegen ich jetzt zunächst versuchen möchte, die Elemente nochmal in einer geordneten Form zu benennen, aus denen sich der Übergang oder die Übergänge in RELigiöse Denkformen herstellen.
1. Die Grund-Operation soll nun untersucht werden - die, die wegführt vom Normaldenken. (Für mich stellt sich "Normaldenken" immer dar als eine Spalte aus 5 Stufen, den 5 Standpunkten (Stp.en), von unten nach oben ((Miss)Erfolgsgewissheit, Entschlossenheit/Überzeugtheit, Interesse/zulässige Meinung, Gerechtigkeit, Einfühlbares/Empathie - linkerhand davon kommt dann die ebenfalls 5-stufige RELigiöse Spalte, nochmal links daneben die MODerne. Von rechts nach links geht es also vorwärts, von unten nach oben sind es Ausdifferenzierungsprozesse entlang von Erfahrungen mit Vergesellschaftungskonzepten.) In der Reifung der Vergesellschaftungskonzepte finden zugleich Fortschritte statt im Weltverhältnis, das die Basis dieser Spalte, also hier des Normalplanens, ist - so hatten wir es ja beschrieben. Die Zeilen dieser Spalten haben etwas gemeinsam, nämlich die jeweils dahinterstehenden oder die Rahmen bildenden existenziellen Zeithorizonte: Der 1.Stp. passt in eine Alltagseinrichtung, Lebenseinrichtung, die auf Probleme stösst und sie löst - befristet, wie lange auch immer das dauert - aber jedenfalls ist das der Rahmen, immer wieder werden Probleme gelöst im Alltagsrahmen. Der 2.Stp. entfaltet sich im Rahmen einer Lebensplanung, Lebensentwurf, der sich aber einfügt in das, was gesellschaftlich zu dieser Zeit der eignen Lebensfrist darum herum stattfindet, im weitesten Sinn also der "eigenen Generation" (der Leute mit denen man in seinem Leben, Lebenslauf, zu tun bekommt - und das so, dass es für den Planer absehbar ist.) Der 3.Stp. wäre dann der Biografien-übergreifende Horizont, in den man sich stellt, oder das Biografien-übergreifende (das eigne Leben überdauernde) Projekt, dem man sich verschreibt oder zugehörig fühlt, das kann eine Familiengeschichte sein mit Vorfahren, Kindern, später Kommenden, ein Dorf, ein Stamm, eine Dynastie, eine Kaste, Klasse, Stand, eine Berufsgruppe, eine Disziplin, die man verbessert, Forschung, Wissenschaft, Kirche, Partei usw.: "Individualität". Der 4.Stp ist das, was über das noch hinausgreift und zurückblickt auf alle solche denkbaren Projekte und Gruppen, denen man sich zugehörig fühlen kann, und natürlich auch deren Erfahrungshorizonte, also die normativen Regeln thematisiert, nach denen man sich sein "Projekt" wählt, dafür oder dagegen entscheidet (sofern man das kann): "Mentalität" - und der 5. wäre dann die Besinnung auf die ("rationalen") Regeln, nach denen solche Normen des 4.Stp überhaupt zu bilden und begründen sind. Eine Betrachtung über Rationalität, zugleich die Frage: Was es eigentlich ausmacht, ein rationales, personal verfasstes Wesen zu sein. Also diese 5 Zeilenhorizonte bilden den Rahmen, und wenn sie mit normalplanerischem Lernen gefüllt werden, dann kommen die 5 Standpunkte heraus, die als Vergesellschaftungs-Stp.e bereits beschrieben wurden.
2. Der Übergang zur RELigion nun hat eigentlich die immer gleiche Form. Er setzt an allen 5 Standpunkten an, und begründet einen Übergang weg von dieser Ausprägung des Normalplanerischen zu einem im weitesten Sinn RELigiösen Pendant. Ob das jetzt schon eine RELigiöse Vergesellschaftungsform ist, das müssen wir dann noch sehen (Spoiler: nein, ist es nicht) - wie die RELigiösen (Vergesellschaftungs-)Pendants in dem jeweiligen Zeithorizont tatsächlich aussehen, wird sich zeigen. Auf jeden Fall ist es ein Schritt, und zwar der immer gleiche Schritt, weg vom Normalplanerischen auf gleich welcher Stufe, nämlich ((das hatte ich ja schon gesagt beim ersten Vorkommnis dieser Art, auf der 1.Stufe, mit den Schamanen, Hexern, die schlechte Erfahrungen mit Magie und Aberglauben machen und immer wieder reinfallen.. Da hiess es)): Das, was wegfallen muss an der normalplanerischen Praxis, und der Lernerfahrung, die man in ihr macht, ist erstens, das Sich-Orientieren an Bedingtheiten, Bedingungen, die die Regeln ausdifferenzieren sollen, stattdessen soll die Lernregel unbedingt sein, und es soll, zweitens, wegfallen das Beharren darauf, dass man berechtigt ist etwas zu erwarten bzw mit etwas nicht rechnen zu müssen. Diese beiden Kennzeichen, Charakteristika des Normalplanerischen müssen weggearbeitet werden, und das auf jeder der möglichen Stufen des Normalplanens, von der aus der Vorgang eventuell startet - die Träger des jeweiligen Normalplaner-Stp. müssen sich des Bedingten daran, darin entledigen, und des Erwartens. Beides zusammen wird weggearbeitet durch das für alle Bedingungen gültige (insofern unbedingte) Extremwerden, Extremsetzen der Erwartungswerte, also der Negativerwartungswert wird auf ein Maximum gesetzt, ich rechne mit dem Schlimmstdenkbaren, und der positive auch, ich rechne mit dem Bestdenkbaren; dazwischen ist alles möglich; ich bewege mich, im Resultat, maximal vorsichtig, "minimal-optimistisch" (es ist noch nicht bewiesen, dass es nicht geht), in Richtung einer Besserung meiner Ausgangssituation.
3. Was aber ist jetzt die Zutat der 5 Ausprägungen des Normalplanerischen - genauer, der 4 Vergesellschaftungs-Stp.e jenseits des 1.Stp (wo vor allem die Zauberer usw "scheitern")? Ich würde sagen: Sie liefern dieser Grundform des RELigiösen fortgeschrittene Kategorien im Weltverhältnis. Also die RELigiöse Praxis verfügt dadurch (zumindest, soweit sie in ihr (als Bildungsstoff) mit-tradiert werden) von Anfang an über die - über die 5 bzw 4 Stp.e hinweg entdeckten und ausgebildeten - Kategorien - die werden zwar in und durch Erfahrung mit immer komplexerer Vergesellschaftung erworben und ausgebildet - sie haben selbst aber garkeine Vergesellschaftungsverhältnisse zum Inhalt, vielmehr sind sie fortgeschrittene reifere Stufen der Praxis-Konstitution bzw des Lernens, also der Regelbildung, wie man seine Praxis entlang anwachsender (kollektiver) Erfahrung gestaltet. Am Ende kommt dabei eine reife experimentelle RELigiöse Lebensform zustande, deren fortgeschrittene RELigiosität einzig darin besteht, dass eben ein RELigiöses Weltbild für unabdingbar gehalten wird, um das Nicht-Normalplanerische, das Experimentelle daran und darin haltbar zu machen - um es überhaupt auf Dauer sinnvoll erscheinen zu lassen. Mit diesen Elementen, also der Kategorien-Reifung im Weltverhältnis durch die OPP Vergesellschaftungs-Stufen hindurch, dem Wegbrechen der Bedingtheit und des Erwartens - und der Ausbildung der zugehörigen RELigiösen Denkformen, genauer: der Glaubensformen - ist also die neue Stufe bestückt - sie ist aus diesen Elementen zusammengesetzt, aber das ist so wahrscheinlich noch nicht nachvollziehbar, wenn ich es so abstrakt sage, deswegen möchte ich den Durchgang, der auch ein bisschen mit Fehlern behaftet war, und vielleicht auch deswegen undurchsichtig war, des letzten Vortrags noch einmal wiederholen. Es fehlt nämlich jetzt noch ein ganz wichtiges Element, und das ist letztlich die Erklärung dessen, wie eigentlich in dem "Scheitern" auf dem jeweiligen Normalplaner-Stp ZUGLEICH die RELigiösen Ideale, Optima, diese Optimal-Vorstellungen zustandekommen - wie man sich das denken muss - und da ist dann auch die ursprüngliche Intuition angesiedelt, mit der ich diese ganze Theorie begonnen habe. Die resultierte nämlich aus einer längeren Beschäftigung mit vormoderner "Wissenschaft", die eben genau nicht tradierbar war - die stattdessen diesen gläubigen Charakter hat, also etwa Alchemie, oder bestimmte Formen von Renaissance-Philosophie, also vormoderne Natur- und Weltbilder; und die haben ja bei näherer Betrachtung durchaus Ähnlichkeiten mit ostasiatischen solchen Weltbildern - also daoistischen - ((Tatsächlich wurde ernsthaft erwogen, ich halte es zumindest für sehr plausibel, dass die Alchemie tatsächlich aus dem Mittelmeerraum, von den Griechen ausgehend, als Bildungsinhalt bis nach China gelangt ist, und von da wieder zurück. Dass sie also tatsächlich nach chinesischer Bearbeitung (über arabische und indische Zwischenstationen) wieder ins lateinische Europa zurückkam, und hier dann mittelalterliche und frühneuzeitliche Alchemie bestimmt hat.Wäre es nicht eine wunderbare Illustration dafür, wie leicht und lückenlos RELigiöses Denken aller Kulturräume anschlussfähig ist an das aller andern: Wenn der gesamte eurasische Kontinent an diesem vormodernen Natur- und Weltbild arbeiten konnte...))
4. Die Schlussfolgerung aus den Betrachtungen über diese vormodernen Weltbilder lautete: Sämtliche RELigiösen Weltbilder machen Gebrauch von abstrakten Kategorien, in denen unser Begründen stattfindet. Das sind die 5 Stufen; und wer jetzt nochmal ans Entscheidungsdiagramm denkt, der weiss, das es auf der Seite rechts vom Pfeil drei Stufen gibt von unten nach oben - die Zwecke - die Ziele/Proritätenlisten - und die Pläne; die Pläne wiederum sind ja eine Auswahl aus den "Strategieentwürfen" (das ist eigentlich dieselbe Kategroie, die Strategientwürfe sind immer etwas umfangsirecher, die Pläne sind eine Auswahl daraus) - linkerhand stehen die Hypothesen, schön geteilt in objektive und subjektive, also Hypothesen über das eigene Funktionieren, das Begünstigende und das Schädigende einerseits, und Hypothesen über Kausalzusammenhänge und Dispositionen in der Welt; davor noch die Begiffe. Also (die Numerierung der "Begründungsebenen" im Entscheidungsdiagramm von unten nach oben bzw links nach rechts): 5 Begriffe 4 Hypothesen 3 (Versuchs)Strategieentwürfe>>>(Versuchs)Pläne 2 Prioritätenlisten (die Nebenfolgen beachten) 1 das Nächst-noch zu Wissende und zu Könnende im Vollzug einer Zielsetzung, des Abarbeitens einer Prioritätenliste. ((Das ist ein wichtiger Punkt: Die Pläne sind das, was man in einem Raum, einer Umgebung an Strategie -Entwürfen glaubt verwirklichen zu können aufgrund der Hypothesen für diesen Raum, das ist also etwas räumlich Beschränktes, Gebundenes, man kann den Raum verlassen, dann ist der Strategieentwurf natürlich umfangreicher; aber das Raumbezogene an einem Plan, was man in einem gegebenen Raum so alles nacheinander realisieren könnte, einem Siedlungsraum zb - das wird da bestimmt.))
5. In 2, der Prioritätenliste (Stichwort: Budget-Aufteilung nach zeitlichen Gesichtspunkten) wird bedacht und berücksichtigt, inwiefern man in 3, dem Plan, dem im gegebnen Raum zu grossen Teilen unveränderlichen, als Rahmen, zeitliche Reihenfolgen einhalten muss; es ist die Entrscheidungsbene, wo man den Plan (das überhaupt irgendwann Auszuführende) feinanpasst an zeitliche Abläufe, an Synchrones, das abläuft und berücksichtigt werden muss, weil es eben eine Nebenfolge ist, die zb den nächsten Planschritt stört, oder man muss sich anpassen an einen Zyklus, der in diesem Raum abläuft, Jahreszeiten sind das Nächstliegende in agrarischen Gesellschaften, und da muss man uU Arbeiten vorziehen, sodass man rechtzeitig am entsprechenden Platz ist, man muss Transportwege einberechnen (man muss nur auch nochmal an die Wichtigkeit dieses Punktes in Kriegsplänen und Kriegsplanungen denken, um zu sehen, welche Rolle dieses Nacheinander spielt) - also das rechtzeitig irgendwo Sein - oder das Sich-rechtzeitig Einrichten auf ein mögliches Ereignis - oder das Berücksichtigen von ausgelösten Nebenfolgen, die begünstigend aber auch schädigend wirken können in den nachfolgenden Etappen des Planvollzugs. Also deswegen ist die Priorität und das Priorittäensetzen das Einbeziehen der zeitlichen Dimension (dass etwas nacheinander stattfinden muss und nicht alles zugleich stattfinden kann, und man deshalb sich überlegen muss, in welcher Reihenfolge man es absolviert.) Die 1, die Zwecke... das ist die Dimension des Entscheidens, wo uU schon klar ist, was alles zu tun ist, aber trotzdem für die Einzelausführung noch etwas zu wissen oder zu können ist, damit das Anstehende jetzt gemacht werden kann. Das kann zeitlich ganz naheliegend sein - man schaut sich um: wo liegt das, was ich jetzt brauche?, oder man weiss, da wo man ist, da wird sich ein benötigtes Werkzeug finden, man sieht es erst nicht, sucht und findet es, nimmt es zur Hand, so simpel erst - oder aber weitergehende Problemlösungen stehen an auf dem Weg, wo klar ist: es wird gelingen, aber ich muss das Problem jetzt mit dem vorhandenen Material lösen. Das ist also immer das Nächstliegende im Rahmen einer Aufgabe, die durch die Zielreihe jetzt gerade als nächstzulösende oder -erledigende vorgegeben ist.
6. Die Behauptung ist also nun: Unter extremer Abstraktion von allen Einzelheiten lassen sich die 5 Stufen unseres Handlungs-Planens, unserer Praxis-Organisation und darauf bezogener Regelbildung, als Grundlage entdecken und deuten aller denkbaren Formen von Glaubensvorstellungen. Das war zu dem Zeitpunkt, als ich diese These zum ersten Mal aufstellte, ein im weitesten Sinn empirischer Befund - also dass das zumindest eine Regel ist, um Glaubensvorstellungen zu klassifizieren, und zwar interessanterweise nicht hinsichtlich ihrer Einzelausgestaltung, also ob da nun ein Gott unterwegs oder irgendwelche anderen, Götter, oder eher unpersönlich-mentale Antriebe/Kräfte, oder wie das sonst gedacht wird - sondern es ist das abstrakteste Gliederungsprinzip für Glaubensinhalte gleich welcher Art, das man überhaupt finden kann. Damals war die naheliegende Anschlussfrage: wie kommt man darauf, wie kann man das erklären? Ich meine: Einen ersten Schlüssel für die Erklärung haben wir jetzt in der Hand. Wir können nämlich im grossen ganzen zunächst den 5 Zeithorizonten die 5 Handlungskategorien und Begründungsstufen zuordnen. Wir können also auf Stufe 1 beginnen, und sagen: Im Rahmen von Alltagsgestaltung (= Zeithorizont!) spielt fast ausschliesslich das Probleme-Lösen (Begründungsebene 1) (das können auch durchaus harte Probleme sein) die entscheidende Rolle. Menschen, die erstmal nur in einer festgefügten Umgebung leben oder auch von mir aus eine neue aufbauen, das ist egal - in beiden Lebenslagen müssen sie jedenfalls zeitnah ein Problem nach dem andern lösen, und das ist dann überhaupt nur der Horizont, in dem sie sich bewegen. Unter Umständen ist dann erstmal alles andere in einer festgefügten vormodernen Lebenswelt vorgegeben - was man ist - in was man hineinwächst - mit wem man in welchen Rollen zu tun hat - also die ganze Lebensform und Individualität und die Normen (=Zeithorizonte 2, 3, 4) sind vorgegeben, eben die Normalität, in die man hineinwächst - und in der löst man eben, in der Position, die man einnimmt, mehr oder weniger interessante oder auch belastend-angsterzeugende Probleme (auf Begründungsebene 1= das nächst-zu-Tuende, -Suchende, -Versuchende).
7. Die nächste Stufe (Begründungsebene 2) wäre dann die, wo man befasst ist mit diesem komplizierenden "Planen mit knappen Budgets". Das war - wenn ihr euch an den Anfang erinnert - auch eine Dimension des Überraschtwerden-Könnens: mein Gesamt-Budget ist unerwartet falsch verteilt, "was hab ich falsch gemacht", war die einschlägige Grübelfrage... Natürlich spielt die Frage: Sind meine Budgets korrekt bestimmt?, auch beim Alltagsplanen eine Rolle, nur ist man dort noch sehr gebunden an und durch Vor-Entscheidungen und Vorgaben (Milieu, Region, Stand, Vorgesetzte...), aber es ist natürlich so, dass sich auch dort die Frage stellen kann, genauso wie sich bereits im Alltags-Planen oder -Problemelösen die Frage stellen kann: Womit muss ich zur Not rechnen, worauf darf ich mich einstellen, was könnte ich versäumen, was zu versuchen lohnt sich - wie lange? Mit den Budgets ist ja eine Planungsstufe (Ziele, Prioritäten) verknüpft, deren vor-entschiedene Vorgaben in diesem "Alltags"-Horizont vorkommen, aber eher als Schranken, in denen sich dieser Alltag notgedrungen bewegt. Wirkliche Entscheidungs-Freiheit auf dieser Planungsstufe der Prioritäten/Ziele, so dass die genannten Fragen zum Thema werden: "Was macht man als erstes, wie teilt man sein Budget ein, wie verwendet man es, was lohnt sich zu tun und was nicht" setzt natürlich eine gewisse Freiheit des Entscheidens, der Verfügung über eigene Lebenszeit (oder, als Entscheider, über die anderer...) voraus. Wer die nicht hat, kommt nicht so weit, dass er diese Stufe betritt, und dies Planen mit Zeit (was in welcher Reihenfolge geht, wann muss ich Versuche abbrechen usw) für ihn eine ständig mitgeführte Handlungs- und Absichts-Erschliessungsdimension wird. (Ich sage: "Erschliessen", weil "Begründen" (s.o.) ja nur das nachträgliche Angeben, Explizitmachen dessen ist, was einen beim "Erschliessen" geleitet hat - die Benennung der Regeln, die man befolgt - Prioritäten die man gesetzt hat, schliesslich was an Erfahrung, Wissen, Vorgaben einen tatsächlich bestimmt hat, ein Handeln zu gestalten, zu planen und seine Absichten in eine Reihenfolge zu bringen usw. Statt "Begründungsebene" könnte es also ebensogut "Erschliessungs-, Ableitungs- oder Planungsebene" heissen.) Das Denken und Planen einer Person hat also diese Dimension regelhaft erst, wenn sie tatsächlich über eigne oder fremde Lebenszeit frei verfügen kann - und dann auch muss - also tatsächlich Verantwortung dafür trägt.
8. Und das gilt natürlich erst recht für das "Raum-Ausnützen" (Pläne, Begründungsebene 3): Da kann man sagen, es füllt aus die Zeit-Dimension der Arbeitsteilung zwischen Generationen (Zeitebene Individualität!) - die einen haben schon was vorgeleistet, dann kommt die nächste Generation, die fügt etwas an, und insgesamt wird da ein Raum erschlossen oder eine Eroberung vollendet und derartiges - da hat man natürlich sofort im Blick, dass die Horizonte der Leute viel weiter sind, die solche Entscheidungen treffen... ansonsten - wenn jemand erst einmal dahin kommt, dass er als Pionier in Gelände vordringt, wo vorher niemand war, dann ist das natürlich eine ziemlich verletzliche Position. (Dass man einen Raum als erster betritt, ist wahrscheinlich in frühantiken Zeiten zwar wohl noch möglich gewesen, aber vermutlich gabs da nicht mehr so viel zu entdecken, sondern wo immer man hinkam, waren schon welche gewesen, es war vielleicht nicht besiedelt, aber im grossen ganzen düfte man von den überhaupt erreichbaren Gebieten überall gewusst haben, wie dort die Wege verlaufen.) Zu einem Raum sich planend verhalten - die Frage beantworten, wie man ihn nutzt, was man darin macht in einem langen Zeitraum, ist als regelmässig zu betätigende Planungsdimension natürlich eher ein herrscherlicher Blickwinkel (Blickwinkel der Angehörigen einer herrschenden Klasse) - etwas nicht alltägliches. Davon abgesehen, können auch Leute, die keine Herrscher sind, von solchen Geschichten hören, und sich dadurch indirekt in diese Position versetzen - es wurde ja schon gezeigt, in welchem Umfang erzählte Geschichte, natürlich auch Geschichten, Vorstellungen, Mythen usw in die Begriffsbildung mit eingehen - als Veranschaulichung von Abstraktem. Jetzt haben wir also die Dimension der Pläne (als Strategieentwürfe für einen bestimmten Raum...), sofern Einzelne oder Gruppen sie routinemässig betätigen, assoziiert mit Zeiträumen, die Einzelbiografien überdauern (also "Individualitäten"). Wenn wir uns dann auch noch auf Normen beziehen, beziehen wir uns prüfend, vergleichend auf viele (kollektive) Strategie-Entwürfe und ihre Begründungen (Strategieentwürfe/Pläne: immer noch Begr.ebene 3!), also vor allem das, womit in ihnen gerechnet wird - wir stellen uns also gedanklich "über" sie; das war ja so etwa die Ableitung, dass das verglichen wird: der Moralist vergleicht, der mal ad hoc zwei konfligierende Positionen beurteilt, wem da jetzt moralisch der Vorrang gebührt, der Richter auch.. der unter moralischen Gesichtspunkten urteilt (wenn er es tut), und auch der (vorgestellte, moralisierende) Gesetzgeber vergleicht das "relative Fortgeschrittensein" verschiedener Gruppen unter der Frage: "welche Eigentumsverteilung sozial gerecht wäre" - Aber das sind alles noch sehr punktuelle Perspektiven. Hingegen die wirklich grundlegende Fragestellung in dieser "normativ-verstehenden" Betrachtungsweise ist ja: Wie eigentlich die Standpunkte durch Lernen aus Erfahrung zustandekommen, mit denen man es da zu tun hat - warum Forderungen berechtigt sein könnten aneinander, und was da eigentlich "gleichweit fortgeschritten in seiner Entwicklung, seiner Individualität" heissen könnte.
9. ((Hier ist jetzt gleich noch ein Mangel richtigzustellen, der noch in der (eben erwähnten) Erstableitung von moralischem Denken vorkam.)) Das (mögliche) Ineinandermünden von Individualitäen, von Projekten und Entwicklungsgeschichten unbestimmt grosser Gruppen, denen sich jemand zugehörig fühlt, - das ist eigentlich erst Gegenstand von Staatsmännern/menschen/ allenfalls bewussten "Staatsbürgern" - aber bei ihnen dann zwingend; die Interessen-Ordnung, die Staatsordnung ist eigentlich immer darauf angelegt, die einander widersprechenden Projekte der verschiedenen, den Staat bildenden massgeblichen Interessengruppen (Klassen) oder auch (einflussreicher) Einzelner (zB früher: Fürsten...), so zu lenken, dass sie ein gemeinsames Projekt bilden. Man könnte es fast schon als die Staatsaufgabe (Konsensstiftung, Ziel- und Interessenkonflikt-Lösung) schlechthin auffassen: darauf hinzuwirken, dass es zu einer weitgehend einheitlichen bzw mwehrheitsfähigen Staats-Individualität kommt. Die Regeln, die dabei zu beachten sind, sind dann die "bewährten" der Staatsräson, also Regeln des Umgangs mit Chancen und Risiken, die sich (wie man aufgrund langer und immer weiter sich verlängernder historischer Erfahrung weiss) auf diesem prekären Ordnungs-Bildungs-Weg einstellen können - Regeln, mit denen der Herrscher oder Richter oder Gesetzgeber arbeiten muss. Und das heisst also jetzt, eine Stufe weiter (wo wir uns auf die Normen besinnen, nach denen das geschehen soll) (also nicht bloss empirisch begründet: "hat funktioniert, hat sich bewährt", sondern wie es sein SOLL - das hatten wir ja schon gesagt, das ist die idealistische Sphäre, da gehts jetzt nicht mehr um die Realität, sondern um die Rückbesinnung auf die Normen, was generell sein soll) : Da werden die Individualitäten jetzt tatsächlich systematisch verglichen, es muss das gesamte Inventar an möglichen Individualitäten nebeneinander gelegt werden, und das, was da rauskommt, sind eben in Wirklichkeit die hypothetischen Maximal- oder Minimalpunkte, über die es nicht hinausgeht, oder unter die es nicht fallen kann - also wie alles bestenfalls und schlimmstenfalls verlaufen kann, und das ist HYPOTHETISCH - ist nicht sicher, aber damit muss man rechnen - nur dass es eben im Rahmen einer Erwartungsstruktur angenommen ist - es ist trotzdem eine Hypothese, eine Hypothese, die zu Erwartungen berechtigt, dass bestimmtes gelingen kann, und darüber hinaus wahrscheinlich nichts mehr. Und dieses: Dass man auf diese Weise tatsächlich seinen Erwartungshorizont bestimmt, entdeckt derjenige, der jetzt nicht nur Vorhandenes, sondern auch mögliche Indivdualitäten prüft oder solche aus ganz anderen Zeiten und anderen Reichen und Staaten, und sich fragt, wie haben die das denn gemacht, und was gabs und gibt es denn überhaupt an möglichen Plänen und Individualitäten - was haben denn Leute schon versucht, und nicht erreicht, oder wider Erwarten erreicht, und wie ist die allgemeine Struktur? Und da kommt er nun tatsächlich auf diese Kategorie der Hypothese, die ihn auch dazu bringt, überhaupt erstmal mit dem Hypothetischen (vor allem der Andern), mit dem (von ihnen) Angenommenen, mit dem (uU vergeblich) Versuchten, dem bis auf weiteres mal "so tun, als ob das hypothetisch Erwartete eintreffen wird, bis es nicht mehr geht oder es anderweitig widerlegt wird, da unmöglich oder unsinnig" sich auseinanderzusetzen.
10. Die Kategorie Hypothese kommt also verrückterweise erst auf diesem (überzeitlichen) Niveau des Reflektierens (und damit: Des-Sich-Stellens zu bzw) über Praxis und Praktiken ("Pläne usw") richtig explizit ins Spiel. Und das ist natürlich noch einmal eine Horizonterweiterung, so wie schon das Betreten der staatlichen Planungsebene eine Horizonterweiterung war. Und die dritte und letzte Horizonterweiterung, die jetzt noch aussteht, verbindet sich mit der Frage, was ist dem allen gemeinsam? Und was daran ist rational und allgemein verbindlich ("darf von PERSONEN als solchen erwartet werden")? So, könnte man sagen, wird daran nun der BEGRIFF des Ganzen gebildet - also hier denken Leute nochmal eine Stufe höher nach, nicht mehr über eine Vielzahl von Möglichkeiten (die sie sich hypothetisch zueigen machen könnten, weil es auch ihre sein könnten), sondern über das, was Einheiten in dieser Vielzahl von Möglichkeiten bildet im Unterschied zu anderen - fassen riesige Gruppen von Möglichkeiten unter relevanten Gesichtspunkten zusammen und unterscheiden sie von andern, und da wird von ihnen also auch das Begriffliche erschlossen. Zwar sind Begriffe und Hypothesen bereits in jeder Alltagspraxis vorgekommen, obwohl auf diesem systematischen Niveau jetzt es meist nur noch "professionelle" Denker und Ideologen sind, die hier aktiv sind - ihre Praxis findet, wenn überhaupt, davon getrennt, anderswo statt. - Und da ist es nun nicht so, dass diese ihre Praxis (der in ihr verfolgte kollektive Plan) oder die Praxis irgendeines ihrer Zeitgenossen bis dahin je (wie im Entscheidungsdiagramm beschrieben) aus der Gesamtheit der vorhandenen Strategie-Entwürfe ausgewählt wurde, die ihrerseits aus der Gesamtheit der vorhandene Erfahrung der Subjekte mit sich und der Welt verarbeitenden Hypothesen erschlossen wurden. - So genau nicht. Dann wären sie ja keine Normalplaner mehr. Und wie wir gleich sehen werden, werden sie das auch als RELigiöse so nicht ohne weiteres praktizieren. Sondern: Wir haben jetzt diese 5 Handlungsgestaltungs- oder "Begründungs"-Dimensionen, die sich in einem historischen Reifungsprozess, einer gewaltigen Bildungsarbeit, die durch die gesamte Frühantike und Antike hindurch anhält, erschliessen - aber so explizit und bewusst eigentlich nur THEORETISCH, und so, dass allenfalls die Begriffe für diese Planungs- bzw Begründungs-Dimensionen (und ihre diversen Elemente: Einzel-Gründe) verfügbar sind (etwa auch in Gestalt der "psychologischen" Zuschreibungen solcher Einzelgründe an Einzelpersonen, bzw Bekundungen ("Selbstzuschreibungen") solcher Einzelgründe in Dialogendurch einen Sprecher)...
11. ...und wir haben dazu die immer gleiche Operation des Übergangs durch "Scheitern" von Normalplanern auf den verschiedenen Begründungs-Stufen bzw Zeithorzonten in eine RELigiöse Form, die für sich aber uU nicht haltbar ist. Der Beitrag dieser Reifungsbewegung durch die normalplanerischen Vergesellschaftungsprozesse ist: dem RELigiösen Denken eine dieser weltzugewandten, reiferen Kategorien zu liefern, die im normalplanerischen so gerade eben, eigentlich nur in diesen extrem fortgeschrittenen Situationen (Zeithorizonten incl der "überzeitlichen"), zugänglich sind. Das RELigiöse Weltverhältnis, zumindest das der gebildeten Erben der entsprechenden Bildungstradition, fängt hingegen gleich mit ihnen an. Das setzt natürlich voraus, dass ihnen die 5 Kategoriengruppen tatsächlich auch geliefert werden. Und diese Anlieferung, dieses Umgestalten einer sich aus den Vergesellschaftungskonzepten ergebenden Reifungskategorie des OPP Weltverhältnisses, in Umbildung zu einer eigentlich erst weltbezogenen RELigiösen Version dieser Kategorie, findet immer statt, indem dieses vermeintlich zu Erwartungen berechtigende und das Empirische daran weggesprengt wird. Dass es zu etwas Unbedingtem und zugleich nicht mehr mit Erwartungen Verbundenem umgestaltet wird, ist wohl eine andere Ausdrucksweise dafür, dass es experimentell wird, eine Experimental-Hypothese. Und jetzt fehlt ihr nur noch eine Bestimmung, damit wirklich ein RELigiöses Glaubensgebilde daraus wird, und das wäre die OPTIMALität. "Optimalhypothese" ist mein übergreifender Ausdruck dafür. Das Spezifische an den RELigiösen Optimalhypothesen (als Resultat ihres Hervorgehens aus den Reifungs-Schritten in der normalplanerischen Reflexion der eigenen und kollektiven Praxis) aber ist: Dass in ihnen aus "Subjektivem" (solchem, das "Subjekten", Personen, zugeschrieben werden kann, ein momentaner psychischer Status - da kommen all die Sachen vor (weil sie ja was planen), wie: Gründe, die sie haben für ihre Planungen, Dispositionen zu Handlungen, (Versuchs)Absichten usw - das alles macht zusammen ihren momentanen psychischen Zustand aus) - genauer, aus dem Vokabular, mit dem wir subjektive, innerpsychische Zustände,Vorgänge, Dispositionen uns und andern zuschreiben (was natürlich kulturell geprägt und ausgebildet wird) - die Redeformen genommen werden des RELigiösen Redens und Denkens. Daher natürlich auch der Gedanke, dass die Gruppen bzw Stufen an Gründen, die es überhaupt gibt, das Inventar liefern für diese mögliche Redeformen. Aber ich habe jetzt gesagt, das Hypothetische entsteht durch die Unbedingtheit und das Wegsprengen des Erwartens; die Optimalhypothese ist nicht mehr an irgendeinen Raum gebunden, das macht dieses Unbedingte aus - aber dass sie jetzt mit diesen Inhalten gestaltet wird, dass das Best-denkbare immer eine ideale Form von Grund darstellt, das muss jetzt erstmal noch erklärt werden - warum ist das so? Ich habe das früher immer so ausgedrückt: es ist ein bis zum Beweis des Gegenteils oder der Unmöglichkeit angenommenes Bestdenkbares, das man seinem Handeln zugrundelegt als Hypothese (damit ist das Handeln als Experiment gekennzeichnet), und der Inhalt dieser Hypothese ist immer ein für unbestimmt bis zu einem Optimum steigerbar erklärtes Subjektivbes - ein psychischer, ein mentaler, ein GEISTES-Inhalt. Seeleninhalt. Bewusstseinsinhalt... Unbestimmt(-wie-gedacht)e Maximal-Steigerung (bis zur "Optimalität) eines solchen Inhalts: Das ist also jetzt eine wichtige Erweiterung, ein wichtiges weiteres Merkmal RELigiöser Glaubensvorstellung. und wir müssen uns kurz klarmachen, wie man darauf kommt. hier ev anm zum thema: REL denken bezieht sich auf eine totalität, die GANZE welt und das den begriff des ALLwissens, ALLverstehens, ALLmacht(können usw)... ALL= überall, allgemeingültig= unbedingt!
12. Das "Schamanen-Scheitern" unten auf der untersten Stufe 1 für sich liefert noch nicht viel: Wenn da der Übergang ins RELigiöse stattfindet, bleibt, so hatte ich das ausgedrückt, nicht mehr viel übrig ausser absolute Resignation, "Ausgeliefertheit". Diese Resignation hat allerdings - wenn die Erwartungswerte immer weiter auseinandergehen, so dass ich nach der einen Seite immer vorsichtiger werde mit meinem Erwarten - auf der andern Seite, als Gegenstück, die Maximierung, die Optimierung des positiven Erwartungswerts, also dessen, womit ich im besten Fall rechnen könnte. Also die Werte rücken immer weiter auseinander - das war die gewissermassen begriffliche Evolution, die auf dem Weg zum REligiöswerden auf dieser Stufe zurückgelegt wird. - Und da kann man sagen: Auf dieser Stufe ist das zumindest implizit gedachte Optimum, dass, wenn ich ein Problem habe, dann doch irgendwoher eine Lösung kommen wird, es irgendeinen Tipp oder Trick, ein Gewusst-wie gibt, und somit die Lösung in und hinter der Welt, unbestimmt wie, verborgen, aber vorhanden und insofern auch prinzipiell auffindbar ist. (Erinnert das nicht schon sehr stark an gewisse "regulative Ideen" bei Kant?) Was ICH zur Realisierung eines Zwecks, bei Lösung eines Problems, noch nicht kann, weiss usw ist also irgendwo schon vorhanden (etwa als "Wieder-Erinnerbarer" Bewusstseinsinhalt...). Und da ist dann die Urform dieser Gedanken oder Begriffsbildungen vorgeführt, die zur spezifisch RELigiösen Optimalhypothese führen, nämlich: Mein Mangel (auf der jeweiligen Stufe) gedacht bis hin zu einer äussersten Grenze, aber auf eine unbestimmte Weise - also ich bin hier das mickrige ausgelieferte Wesen, aber in und hinter der Welt ist das Wissen(-wie, -wo, -wann...), und auch Können, Verständnis usw das mir fehlt, schon verborgen. Das könnte jetzt "empiristisch" auffassen, als: das zu Wissende, der WissensGEGENSTAND ist dort verborgen, und durch empirisch Tätigwerden und Weltkennenlernen zu entdecken - aber so ist es nicht gemeint; sondern DAS WISSEN und KÖNNEN SELBST das mir fehlt - DAS genau ist in der Welt. Und die RELigiösen Bebilderungen dieser Vorstellung haben immer auch etwas zu tun damit, dass man Winke, Signale bekommt - die können natürlich auch zugeflüstert sein, es können auch Botschaften sein, aber so richtig systematisch ausgebildet ist das die allgemeine Erwartung, dass irgendwo an den Dingen und in den Dingen Gebrauchsanweisungen für ihre Handhabbarkeit, ihre technische Verwendbarkeit und Verwertbarkeit liegen. (Klassisch begegnet das systematisch ausgebildet in der Signaturenlehre von Paracelsus. Da ist so etwas enthalten. Aber auch manche Orakel-Praxis hat etwas von der Art - also sie ist - und da kommen wir ja jetzt schon ein bisschen ab, weil wir in die RELigiöse Praxis reingehen und die Ritualpraxis - die zum System, zum Glauben ausgebildete Erwartung (unter der System-OptimalHypothese), dass wann immer ich gewissermassen an die richtige Stelle die richtige Abfrage-Installation halte (einfacher: ich richte meine Frage an eine Instanz, uU genügt dass ich die Frage DENKE), dann bekomme ich wirklich die gesuchte Antwort/Botschaft reingeschrieben - das klingt zwar immer noch nach Aberglaube, aber wenn es in eine Systematik eingebaut ist, also wenn es nicht so ad hoc "da hat sich was bewährt" gedacht ist, sondern wenn es einer systematischen Erwartung entspricht, die durch nichts mehr erschütterbar ist ("muss so oder so ähnlich sein.., im Prinzip") - und wo man sagen kann, dass das Ritual selbst keinem Wirk-Zweck mehr dient - sondern es ist gewissermassen nur noch Ausdruck oder Bebilderung der (systemisch-optimal-hypothetischen) Erwartung ist, dh wenn sichs bestätigt, dann ist es gut, wenn nicht, suche ich weiter - dann hat man den Übergang in ein Weltbild gemacht - den Übergang nämlich in bzw zu: SO muss es sein, das ist eine SICHERE Erwartung - dem kann man zwar immer noch dazu hinzufügen: bis zum Beweis des Gegenteils, muss man aber nicht... sondern es ist gewissermassen das, was als einziges (zu erwarten) übrig bleibt - andernfalls macht die Welt keinen Sinn (DASS sie welchen macht, ist bis auf weiteres anzunehmen). In der Weise reden ja auch RELigiöse Gläubige, allenfalls ist die Tatsache, dass sie sich im allgemeinen auf diese spezielle Form kaprizieren (dass das RELigiöse Weltbild die Form annimmt eines Gottes, Götter, sonstwas, die dem Gläubigen was zuflüstern werden, wenn es gebraucht wird - die rettende Einfälle liefern - rettende Winke usw ), geschuldet dem Horizont, in dem sich das Denken dieser Leute auf der 1.Stufe bewegt, sie sind Alltagsproblemlöser, und ihr Bestdenkbares nimmt eben die Form an: Die Alltagsproblemlösungen liegen fertig aber verborgen in der Welt - das ist ihre Glaubensvorstellung, ihr Bestdenkbares, das sich mit dieser Kategorie von handlungsbestimmenden Momenten ausdrückt und konkretisiert. Anders können sie es sich nicht vorstellen - so MUSS doch das bestdenkbare sein - und das wählen wir einstweilen zu unserer leitenden Hypothese. Im Prinzip. Bis zur Widerlegung (oder Überbietung...) Wir haben also nun dieses Übergangs-Muster für "Scheitern" ab dem 1.OPP Stp: 1. flächendeckend="unbedingt" 2. Erwartungsfrei-Werden= starres Maximalsetzen der (hypothetisch zu erwartenden) negativen Rahmenwerte=experimentell-vorsichtig und grundsätzlich "hypothetisch" Werden, und 3. der positiven Rahmenwerte=((hypothetisches) Ideal/Optimum Denken. Letzterer Begriff gewonnen aus dem der "Mangel-Erfahrung" auf einer gegebnen Begründungsstufe - als dessen gedachte maximale Überwindung als "im Prinzip" in der Welt bereits irgendwo anschlussfähig für uns verfügbar...
13. ...und das kann nun als Vorbild dienen für die Rekonstruktion derselben "Sprengungs- oder Scheiterns-Operation" bezüglich des OPPortunismus auf dem 2.Stp: Normalplaner auf der 2.Stufe - das waren die Entschlossenen/Überzeugten, die ständig dieses berechnend-"lohnende" Verhältnis zu Sachverhalten haben, die sie behaupten, und die autoritäre Gläubigkeit an den Tag legen, was das angeht, denn so, wie sie "entschlossen" sind, so sind sie auch entschlossen etwas von ihnen Unterstelltes oder Vermutetes mit grosser "Überzeugtheit" gegen andere geltend zu machen und von denen Anerkennung einzufordern für dieses entschlossen oder überzeugt Geforderte (an Stellen, wo es sich aus ihrer Sicht nicht mehr lohnt noch weiter zu forschen und prüfen usw). Leute mit solchen Einstellungen bekommen natürlich auch zur Genüge desillusionierende Erfahrungen vermittelt durch die Welt, sodass sie immer wieder ernüchtert feststellen müssen: Ihre abgrundtief sicher vorgetragenen "Überzeugungen" stimmen nicht, ihre Überzeugtheit wird erschüttert. Wenn nun diese Erschütterungen ihren OPPortunistisch bewährten Rahmen sprengen und als überwältigend, flächendeckend, auf allen Gebieten usw (insofern: unbedingt) erlebt werden - dann kann man sich fragen, was für das Neueinsetzen in einer desillusioniert-RELigiösen Praxis aus diesem (gegenüber dem der 1.Stufe etwas fortgeschritteneren) Standpunkt eigentlich an praktisch-"kategorialer" Reife zu gewinnen ist? Alles, was man den zuverlässig auf der 2.Stufe Angelangten zugeschrieben hatte als eine solche kategoriale Reife, war doch: dass sie ihre Erfolge und Misserfolge als zusammengesetzt denken aus ihren subjektiven Anstrengungen und Bereitschaften einerseits, andererseits einem Wissen und vor allen Dingen auch Nichtwissen, wo sich oft genug nachträglich herausstellt, dass man es lieber vorher schon gewusst hätte. Die zu beidem gehörende Entschlossenheit (mit der etwas als berechtigt gefordert wird, und speziell eben auch Zustimmung zu einer Einschätzung, von der man (auf seinen Grundlagen) überzeugt war) wird hier natürlich weggeschliffen durch zugehörige Ernüchterungs-Erfahrungen, die in die Experimentalität führen. Vorher, bei Übergängen nur auf der 1.Stufe, fühlte man sich bereits "ausgeliefert" und operierte ab da maximal vorsichtig; das hier ist nun die Erweiterung: Im Umgang mit seinen "Rechten" trumpft man nun auch nicht mehr auf, das Expansive des Entschlossenseins ist ganz zurückgenommen in dieses ruhige Haushalten mit den Kräften im Angesicht dessen, dass noch nicht sicher ist, dass ich in dieser Welt alsbald untergehe - also diese ganz vorsichtige skeptische Verhaltensweise ist da eigentlich jetzt erst richtig ausgeprägt, weil sie eben auch einhergeht mit einer Freiheit im Bezug auf das Dazulernen - also dass meine Praxis tatsächlich einen Freiheitsgrad hat, wo ich mit aller Skepsis vorsichtig Wissen erwerben und etwas zu meinem Vorteil anders gestalten kann - das ist also ab dieser Stufe vorhanden, und wird als Erbe an alle nachfolgenden RELigiös Planenden und RELigiös Lebenden weitergegeben.
14. Die 1.Stufe dieses Ausgeliefertseins und mit Nichts-Mehr-Rechnens könnte man beschreiben als eine Einstellung, bei der man mit dieser maximalen Zurückgenommenheit trotzdem nicht aufgibt. Also nicht aus Angst vorm Tod Selbstmord begeht. Dieses Minimale - das ist eigentlich der Ertrag aus dem RELigiös-Werden des 1.Stp.s, und es ist somit das Beharren auf einer Lebensform, die funktioniert, wo man sich nicht mehr durch Chancen zur Kraftreserven aufbrauchenden Expansion verführen, aber auch nicht durch Risiken ängstigen lässt. Der zusätzliche Beitrag des 2.Reifungsschritts hin zur RELigiösen Ernüchterung, wenn die ausgehend vom 2.Stp. OPP aus durchgemacht wird, bestünde dann darin: Dass in diese maximal vorsichtige und beibehaltene, durchgehaltene, nie expandierte sondern extrem konservative Lebensform... in der verrückterweise, obwohl oder gerade weil sie experimentell ist, also ein einziges Experiment.., keine Experimente gemacht werden im Sinne von: versuchte Sprünge in Richtung einer Besserstellung ...jetzt BEWUSST ein dynamisches Element eingefügt wird, und zwar durch den neu hinzukommenden Gedanken des Jederzeit-Zusammengesetztseins der Lebenseinrichtung. Sie ist aber zusammengesetzt dh. ich, der in diese Lebensform eingefügt ist, kann durchaus Wissen erwerben, das mir Chancen erlaubt sie zu ändern, und zu bessern. Aber ich muss skeptisch sein, muss vorsichtig sein, ich darf nicht auftrumpfen (im Sinne eines grosspurigen "ich bin davon überzeugt, das leuchtet so sehr ein, das muss ich doch nicht mehr prüfen,..."), sondern muss immerzu ganz vorsichtig (und in diesem Sinn: experimentierend) das nächste tun, und das, was sich dann immer mehr bewährt, das nehme ich in meine Routinepraxis auf, aber immer im Bewusstsein, dass es auch scheitern kann. - Also dieses dynamische Element wird da hinzugefügt: Ich kann Nützliches dazulernen und Wissen erwerben - auch und sogar als dieser experimentell Lebende, dieser ganz vorsichtig Zurückgenommene, der nicht expansiv wird.
15. Das nächste Element ist dann natürlich, dass ich vonseiten des 3.Stp die Kernselbst-Kategorie übernehme - ich bin einer, der in beliebige Umgebungen gelangen kann - der mit seiner leiblichen Existenz, auf deren Erhalt er natürlich achten muss, in ganz andere Umstände geraten kann - vielleicht legt er es nicht darauf an, vielleicht macht er es aber auch mit Absicht - das ist jetzt garnicht enscheidend, sondern er KANN es einfach - und dieses Bewusstsein, ich, ICH lebe immer noch - das ist die Kernselbst-Kategorie gewissermassen in praktischen Termini gedacht. Und natürlich kann ich mich dann auch in den ganz andern Umständen mit den bereits oben genannten und vorher schon entwickelten Einstellungen zurechtfinden, und dort eine neue Geschichte oder Individualität beginnen - und die zugehörigen Pläne entwerfen. Damit haben wir zwei weitere Horizonte (aus dem 2. und 3.Stp), aus denen jeweils Mängel, Zurückbleiben gegenüber einem denkbaren Maximum oder Optimum abgeleitet werden können, und damit das betreffende Optimum, die erste der beiden, die aus dem 2.Stp erschlossene, wäre folgende: Ich habe eine zeitliche Umgebung, auf die ich mich vorsichtig einstellen kann und muss, es gibt Schwankungen in meiner Umgebung, aber sie müssen mich nicht umbringen, ich kann sie kennenlernen und damit rechnen lernen. Man könnte das so konkretisieren: Dass ich mit ineinandergreifenden Zyklen konfrontiert bin in der Welt, die in ihrer Summe schlechte und günstige Zeiten erzeugen, die ich vorsichtig nutzen kann, aber nie mit Überschwang oder Hoffnungen - sondern immer nur mit dieser maximalen Vorsicht - und das sind eben die ganz vorsichtigen, skeptischen Expansions-Möglichkeiten, die ich nutzen kann. Das Weltbild, das dazu gehört, ist eine Art Wellenmuster, sich überlagernde Zyklen -das ist ausgeführt worden auf der Website in dem Text, mit dem versucht wurde, einige chinesische kosmologische Ideen zu erläutern - da spielt dieses Schwingen eine grosse Rolle, dieses yin und yang, die da ineinander übergehen, nie einseitig maximal werden, sondern immer wieder zurückschwingen und ins andere übergehen, das ist also gewissermassen das Versprechen oder Prinzip, dass die Welt nicht entgleisen kann, selbst wenn sie vorübergehend einen ungünstigen Verlauf nimmt, und auch das günstige eigentlich nie überschwänglich wird, sondern wieder zurückschwingen wird; dass ich umgekehrt mit einer endlichen Zahl von möglichen Ausprägungen konfrontiert bin, die ich wieder und wieder finden werde, sodass ich im grossen ganzen dieses Budget, mit dem ich arbeite, und das ich verteile, dem zwar anpassen muss, wobei ich die richtigen Prioritäten setzen muss, aber dabei eigentlich nie wirklich endgültig abstürzen kann, weil es immer auch wieder anders kommt. Das ist die Konkretisierung des abstrakten Optimums, dass ein Budget an Energien, sagen wir mal so: sich zwar verlagern kann in seinen Einzelbestandteilen, und auch ortsgebunden gewissermassen hin und her schwingen kann und sich da was überlagern kann, verschiedene Qualitäten, an Zwecke gebundene Kräfte, aber dass das nie wirklich vernichtend werden muss, und alle Vernichtung, alles Nichtig-Werden bloss vorübergehend ist. Anm. Biomorphe Welt-Elemente bei Aristoteles... Die Umgangsweise wiederum mit der noch weiter gehenden Kategorie, wie sie eben im 3.Stp vorgefunden wird, wäre dann eben dass man sagt: Es wird immer wieder dahin kommen, dass verschiedene Erfahrungen, Erfahrungsgeschichten Individualitäten, Gruppen, Biografien, auch meine Gruppe zu der ich gehöre, in einer Ordnung (der Natur) stattfinden, in der sie aufgehoben sind. Und auch wenn das jetzt vorübergehend deasaströs ist, ist doch als Ideal anzunehmen bis zur Widerlegung, dass die Welt - eben durch das Mass der Negativfolgen des Abweichens, des Weglenkens aus der Ordnung, uns den Weg zurück in unseren richtigen, nichtmehr ordnungs- oder natur-widrigen, und dann auch Best-Zustand zeigt - sodass sich die Ordnung oder Natur oder der Gotteswille oder DAS GUTE auf die Weise immer wieder durchsetzt gegen alle, die dagegen verstossen - das eben ist das wichtige dabei - und ich, das Kernselbst, das auf sich achtet und auf seinen Erhalt achtet, kann in die unterschiedlichsten Lagen gebracht werden und trotzdem überleben und einen Anschluss erleben, der es weiter voranbringt. Also selbst wenn es vorübergehende "selbstverursachte" Rückschläge gab, ist doch die Tendenz immer optimistisch in Richtung dieser Ordnung, die es mir, diesem Kernselbst, erlaubt, selbst in schlimmsten Katatstrophen mir immer wieder eine neue Existenz aufzubauen, und von da aus fortschreitend, in den Zustand der Gnade, Naturgemässheit, Sündenfreiheit usw zurückzukehren.
16. Und jetzt können wir nochmal auf dem 4.Stp die gesamten ineinander mündenden Individualitäten - die vorläufigen Extremalpunkte (die möglichen Welt-Ordnungen) in eine Rangfolge bringen - wir können sie miteinander darauf hin vergleichen: Wie hoch sie zielen, wie vorsichtig sie sind, mit wieviel oder wenig schlimmem in ihnen gerechnet wurde, und auf diese Weise eine Skala der hypothetischen, der vorläufigen, der prekären Zielpunkte, die allenfalls für erreichbar gehalten werden, entwerfen, und uns über diese Skala stellen. Wir haben das Erschütterbare erlebt, wir haben es vor uns, diesen Begriff des jederzeit Erschütterbaren, jeder denkbaren solchen vorläufigen Festlegungen, und damit liefern wir dem RELigiösen Denken diesen Begriff des nur Hypothetischen, des Experimentellen, des Nur-Versuchten, und jetzt bleibt natürlich die Frage: Und was ist das Nichtbedingte daran? das kann im Rückblick tatsächlich sogar schon entdeckt werden, denn diejenigen, die soweit gelangt sind, dass sie solche Betrachtungen anstellen können, haben natürlich bereits RELigiöse Gebilde vor sich - haben bereits etliche solche Denkformen historisch erfahren, in denen die Bedingtheit und das Erwarten weggesprengt wurde - und das heisst also auch: Diese immer weiter gehenden Extremalpunkte können sie entdecken, die die vorhergehenden überbieten - als Grenzwerte, auf die es letztlich hinausläuft. Und damit ist auch klar, dass dieser Begriff des Hypothetischen, der Entwicklungsgeschichte - die Welt macht eine Entwicklung zum besseren durch - sie ist nicht nur DIE EINE zweckhafte Ordnung, in der immer wieder alle entgleisenden Zwischengeschichten, Zwischen-Entwicklungen zurückmünden ins grosse Ganze, das dann wieder wohlgeordnet ist, sondern sie macht tatsächlich sogar eine Entwicklung durch, sie entwickelt sich hin besseren Ordnungen - eine weitere Grundfigur ist, zusammen mit diesem Begriff des Hypothetischen, bloss vorläufig Gelingenden, auf das man sich nicht verlassen, das man vorsichtig trotzdem erproben kann, und zwar indem man eine Reihenfolge einhält, wo nichts übersprungen wird - das ist noch ein weiterer und sehr wichtiger Gesichtspunkt - denn natürlich haben die Normalplaner ja auch den Gesichtspunkt, dass etwas prekär ist, dass es vielleicht nicht klappt, es bloss eine Chance ist, aber so verführerisch, dass man versucht sein könnte, die Zwischenstadien zu überspringen und gleich viel weiter zu sein - oder es kann eben auch etwas Schlimmes passieren, auf das man sich am besten gleich vorbereitet unter Opferung aller andern Chancen und aller anderen Risiko- Bekämpfungsmodi - also diese sprunghafte Art des Zielsetzens und Planens - die wird hier auch ausgeschlossen - dh es gibt hier auch so etwas wie den Gedanken einer Stufenleiter, in der man bei vorsichtiger experimenteller Planung keine Stufe überspringen sollte, sondern es gibt eine sinnvolle Reihenfolge dessen, was als je nächstes ansteht im Zuge dieser allgemeinen Besserung. Das ist der Beitrag dieser Denkform zur RELigiösen Praxis; und zu den Glaubensvorstellungen wird eben diese Entwicklungsvorstellung beigesteuert - Welt im besten Fall macht eine Entwicklung durch zum Besseren und Vollendeten. Das könnte auch die Form annehmen, dass die Welt vorübergehend in einen schlechteren Zustand gefallen ist, es ist fast das Grundmuster aller RELigiösen Geschichtsbilder: Es gibt einen Ur-Sündenfall, eine - das ist natürlich der Prototyp schlechthin dafür - Anfangs-Entgleisung, und ab dann geht es individuell oder für die Welt insgesamt wieder aufwärts, es gibt eine Möglichkeit wieder Anschluss zu finden an den Idealzustand, auf den alles zustrebt. Also das ist eine Variante dieses "die Welt wird besser" - weil dann könnte man sagen: Was für ein bodenloses Optimum wäre das denn auch, wo das Beste nicht schon längst da ist und immer schon da war und sein wird, und wo das alles nicht nur Episode bleibt, dieses Sich-Bessern. Wenn man versucht, das Ideale mit diesen Kategorien zu denken, ist es kaum zu vermeiden, dass man es SO denkt.
17. Und jetzt also die 5. und letzte Stufe - da hatte ich schon gesagt, da wird an der zentralen Kategorie der Normalplaner (nämlich der Überraschung und dem Überraschungsaffekt, normalerweise oft dem Enttäuscht- aber auch dem positiv Überraschtwerden und dann nicht vorbereitet Sein) gezeigt, dass es durchgehend genau dieses Schad-Element ist, das die nicht-RELigiösen Erwartungen, die nicht-optimalhypothetischen und nicht-experimentellen zugleich (es gibt ja keine anderen) auszeichnet. Es wird also ein BEGRIFF entwickelt, und ein Gegensatz - ein Unterschied zwischen zwei Lebenseinstellungen, Weltverhältnissen... Und ich habe ja auch schon gesagt, es wird selbstreflexiv - die Umkehr der Vermittler, ihre Rückkehr zu sich selbst ist da programmiert - sie erkennen, was ihnen gemeinsam ist mit denen, denen sie etwas vermitteln wollen, und wie sie über dieses Gemeinsame nicht hinauskommen. Gut - wenn sie die Entwicklung in Richtung RELigiöses Denken einschlagen, werden sie auf dieser Stufe die Kategorie der Unbedingtheit und der Nicht-Erwartung, des Nicht-Überraschbarseins, des Zuverlässigen, dessen, worauf man sich WIRKLICH verlassen kann in der Welt, explizit ausbilden. Das ist eine der charakteristischen Fragestellungen etwa des platonischen Denkens - also der griechischen Philsophen, die diese Katastrophe erlebt haben des Peloponnesischen Krieges und der Selbstdestruktion der griechischen Zivilisation, die sich fragen: wann ist eigentlich überhaupt etwas haltbar? also was macht, oder wie muss ich, wie kann ich überhaupt je etwas denken in der Welt, aus dem ich dann zum Beispiel haltbare Forderungen an andere ableiten kann - ethische Forderungen - aber es muss noch etwas "dahinter" geben. Und das, was überhaupt verbindlich haltbar in der Welt ist (daher kommen ja auch solche Begriffe wie "Ideal" in unserer Sprache her: Idee, Ideal...) das ist das, was die Welt ausmacht, wenn ich es recht bedenke - also was in und jetzt vor allem hinter der Welt ist - und der Ausdruck, den ich mal benutzt hatte: Chorismos, stammt ja auch von Platon, also die Abgetrenntheit dieses wirklich Haltbaren von der realen Welt, die aber eigentlich eine Welt der Illusionen ist, da gibt es schon viel Verwandtschaft mit buddhistischem Denken - es ist alles nur Einbildung, Trugbild - also in und hinter der Welt, von dem wir erstmal getrennt sind, obwohl es die Welt gewissermassen erhält und beleuchtet (erkennbar macht), und alles, was in der Welt überhaupt von Belang ist, erzeugt - das ist der Beitrag zur Glaubensvorstellung, die dann letztlich drauf hinausläuft zu sagen: die Welt ist ein Begriffssystem. Man könnte sagen, ein sich selbst denkendes Begriffssystem, ein sich selbst entwickelndes Begriffssystem - und das ist dann die letzte und vom RELigiösen her gedacht alles überbietende und grundlegende Glaubensvorstellung. Der RELigiösen Praxis liefert es diesen Begriff von sich selbst, als einer vorläufigen, einer vorläufig für nicht widerlegbar, oder besonders für haltbar bis zum Beweis des Gegenteils gedachten Optimalhypothese folgend, die mit dem Gedanken des Überraschbar-Seins Schluss gemacht hat, und mit der man sich darum so vorsichtig bewegt, dass alles passieren kann (das einen noch nicht umbringt), ohne dass man verzweifelt - das ist ihr Begriff von sich selbst; und mit diesem Begriff und all den andern Errungenschaften startet also nun ein vollständig mit RELigiösem Denken ausgestattetes Individuum seinen Alltag. Und wie es sich da benimmt und was es da erlebt und wie es die Welt auffasst, das muss jetzt in der Folge genauer untersucht werden, also wie Menschen, die ihr Weltverhältnis mit diesen Kategorien bestreiten und sich tatsächlich so verhalten, sich in der Welt fühlen und sich in der Welt bewegen; und auch, wie sie sich zu andern verhalten. Ich will noch kurz sagen, dass ich dazu auch schon einen Text geschrieben habe, unter "Untersuchungen und Bemerkungen zu...", Unterpunkt Religion, "Religiös-Vormodernes Denken" - das ist der Punkt, und da kann man eigentlich anfangen, indem man ein bisschen runterscrollt, mit der ersten Überschrift "Logische Grundzüge von vormodernen Weltbildern der Religionsstufe und ihre Verwendung" - da ist einiges ausgeführt. Aber ich werde mich natürlich in der Folge noch dazu äussern. Bis dann.
Vortrag 4d: Die aus dem Scheitern der 5 OPP-Stp.e resultierenden Praxis-Kategorien und Glaubensvorstellunegn
1. Jetzt geht es also um die Frage: In was für eine Lebensform diese 5-stufige Entwicklung des normalplanerischen Scheiterns eigentlich mündet? Der entscheidende Punkt ist dabei, dass es so etwas gibt wie eine gemeinsame Endstrecke, die durch zwei entscheidende Resultate dieser ganzen Entwicklung gekennzeichnet ist: (1) Die reife REligiöse Lebensform ist zum einen charakterisiert durch den Besitz aller im Lauf dieser komplexen Höher- und Reifungsentwickung ausgebildeten Praxis-Kategorien. Im Kern könnte man dazu sagen, es ist eigentlich die Entdeckung dessen, was im Entscheidungsdiagramm ausgeführt ist, das sind insgesamt 5 Stufen, aber die höher entwickelten Kategorien sind damit ja noch nicht entdeckt - dass also eine Praxis tatsächlich auf diese jederzeit mögliche Zusammengesetztheit aus (in Begriffen und Hypothesenform erschlossenem) Kernselbst und einem (ebenfalls in Begriffen und Hypothesenform erschlossenem) (Restun)bekannten angewiesen ist - dass sie nur dann rational ist, also dieses nach-OPPortunistische Praxis-Konzept, Handlungskonzept, Lebensentwurfs- und überhaupt Lebensführungs-Prinzip aufweist - erst das wäre dann das weitestreichende Resultat dieser ganzen schwierigen kognitiven Entwicklung. (2) Gleichzeitig ist damit die Behauptung aufgestellt: Das PRAKTISCH wichtigste an der RELigiösen Lebensform und der Entwicklung zu ihr hin ist diese neue Form von Lebensgestaltung - von Weltverhältnis. Und das ist in einem gewissen Sinn das Unscheinbarste - das, was man nie beachtet bei den RELigiös Glaubenden - dass sie nämlich keine Normalplaner mehr sind - dass sie keine bedingten Erwartungen mehr haben. Stattdessen schaut man natürlich auf die andere Seite, und das ist jetzt das zweite Resultat - nämlich die Glaubensvorstellung - das Optimum, mit dem sie arbeiten. Dazu sage ich mal relativ frivol - wenn sie wirklich RELigiös Glaubende sind, ist es eigentlich egal, was sie glauben, solang sie nur überhaupt stabil etwas glauben (ohne zu erwarten). Es macht zunächst einmal noch keinen Unterschied - denn auch das RELigiöse Weltverhältnis startet zunächst mal ganz naiv als eine Einstellung zur Welt, die man hat, und mit der man gewissermassen auch auf die andern losgeht - damit sind wir zurück in der ersten Zeile - wir haben einen ersten RELigiösen (Vergesellschaftungs-)Standpunkt, nämlich den, dass das RELigiöse Weltverhältnis einfach, naiv übertragen wird auch auf alle Kontakte, die man hat. (Wir werden noch genauer zu untersuchen haben__, worum es sich dabei handelt - aber das ist für einen der folgenden Vorträge aufzuheben, die Frage: Wie sieht eigentlich der Durchgang durch die Vergesellschaftungs-Stp.e, - also durch die Zeithorizonte Identität Lebensentwurf Individualität Mentalität Vermittlungsmodus - auf der REligiösen Seite (der REL Spalte) aus? Aber zunächst nochmal zurück.) Also mit gleich welchem ausdifferenzierten RELigiösen Glaubenssystem landen wir zunächst einmal in einer RELigiösen Lebensform, und da kann man sagen, auch explizites Wissen von den Kategorien ist nicht unbedingt erforderlich - also etwa, dass man weiss und sagen kann: Es gibt so etwas wie ein Kernselbst, das man (während es sich selber anpasst und ändert) in alle wechselnden Lebensbedingungen mitnimmt.
2. Es gibt aber eine Anforderung, der um so besser genügt wird, eine je kategorial ausgefeiltere RELigiöse Grundeinstellung jemand aus diesem ganzen historischen Reifungs- (von ihm nachvollzogenals Bildungs-)prozess erbt. Zwar gilt: Man kann eine im Grundsatz RELigiöse Lebensführung auch schon ausbilden, wenn man nichts andres (als gewussten Bildungsinhalt) hinter sich hat als den Hervorgang aus dem Scheitern von magisch-abergläubischen Versuchsprojekten, also dem, wovon ich gesagt hatte, die Schamanen, die Druiden usw probieren und verzweifeln daran - und wenn so etwas tradiert wird, dann kommt durchaus eine RELigiöse Lebensführung heraus auf der primitivsten Grundlage überhaupt, nämlich: Man lässt das mit der (Miss)Erfolgsgewissheit und "stellt seine Sache auf nichts" - es gibt dieses Lied (bzw Gedicht von Goethe): Ich hab mein Sach auf nichts gestellt - man fühlt sich in Gottes Hand, oder wie immer man es ausdrücken mag - es ist dieses ganz weit sich Zurücknehmen, auf das es da ankommt - das ist mal die allererste Praxis-Kategorie, dass ein rationaler Lebensentwurf, eine rationale Lebensführung sich nicht von irgendwelchen Erfolgen abhängig machen kann, sondern eben ein Experiment ist - und diese experimentelle Grundeinstellung ist schon mal das Fundament von allem Weitergehenden, und gegenüber allen OPPortunistischen Lebensentwürfen, Lebenspraktiken ein ungeheurer Zugewinn an Rationalität. Denn das sind Leute, die mit ihren Handlungsspielräumen zurückhalten, die sich von Aussichten vielversprechender Art nicht verführen lassen - die einfach ganz ruhig ihre Reproduktion gestalten, die sie hoffentlich zustandebringen, und ganz vorsichtig, mit minimaler Zuversicht, versuchen auszugestalten und zu verbessern. Das ist dann schon das Rationale an dieser Lebensführung: Die vorhandene Reproduktion wird vorsichtig ausgeweitet und verbessert. Der Mangel daran, den man auch sofort an dieser Formulierung bemerken kann, ist: die Borniertheit - also alles das, was man sonst mit "traditional-vormodern" verbindet: Sofern es tatsächlich mit dieser genuin RELigiösen Überzeugung einhergeht und dadurch begründet ist, ist es gleichzeitig unglaublich beschränkt gegenüber vorher, und natürlich erst recht dem gegenüber, was danach kommt, der Moderne, wo das Leben dann wieder extrem beschleunigt expandiert - aber zwischendurch hat es vorübergehend Immerhin hat es diesen Charme des Wohleingerichteten, des Besitzes von Reserven, des Ruhigen, Nicht-Expansiven, damit auch Nicht-Tangierbaren durch Katastrophen und Zwischenfälle und all das, was man typischerweise etwa mit den Amish oder (im angenehmen Sinn) mit Mönchen, Klosterexistenzen verbindet, oder sonst Leuten, die stoisch etwas immerfort weiter ertragen - auch, weil sie es können und darauf vorbereitet sind. Gut - das hat auch noch eine Kehrseite, sie können sich (eben weil sie ihre Reserven aufbewahren müssen) auch nicht allzuviel zumuten. der Fortschritt ist stetig, aber auch langsam - die Opferbereitschaft wird wirklich nur im äussersten Notfall eingesetzt (ist dann aber auch vorhanden) - all das gehört mit zu einer experimentellen Lebensführung dazu. Aber damit kann man, vor allem auf Dauer, durchaus weit kommen. Zusatz 1. Im Vortrag (s. durchgestrichene Stelle) wurde einfach so dahingesagt, in der MODerne beschleunige sich das Leben, expandiere usw. Auf die Epoche trifft das natürlich zu - aber nicht auf die genuine MODernität in einzelnen Pionieren mit mutmasslich experimenteller Einstellung (das zu erörtern gehört in die 5-er Vortragsreihe; Epochen-Verhältnisse hingegen gehören in eine Geschichtstheorie, für die diese Mentalitäten-Systematik hier nur eine Vorüberlegung ist.). Umgekehrt... die Epoche, die kulturell bestimmt war von RELigiösen Mentalitäten, war zugleich voll grausiger Konflikte, auch um "religiöse" Fragen. Sowohl im Fall der MODernen als auch der RELigiösen Mentalität sind Gewalt und Beschleunigung Ausdruck einer gläubigen (OPP(REL(..))-Aneignung des genuin RELigiösen bzw MODernen Inhalts. Ungeduld und Gewalt resultieren also im REL- wie MOD-Fall aus der OPP-Aneignung. Zusatz 2. Man beachte, dass der fett geschriebene Eingangssatz noch nicht aufgegriffen ist in diesem §. Was hier gezeigt werden soll, ist wohl: "kategorial bewusstere" oder , wenn man so will, begriffs-gebildete RELigiosität ist weniger anfällig für Rückfälle in Gläubigkeit. So geht es ja im nächsten § weiter:
3. Diese Art von Einstellung ist nun anfällig dafür, in normalplanerische Formen der Verarbeitung von Erfahrung (zusammen mit der je aktuell verfügbaren Erfahrung) zurückzufallen - vor allen Dingen, wenn die (Erfahrungs)Geschichte nicht in eindrücklichen Versionen erzählt und mit-tradiert wird, die zu dieser fortgeschrittenen Einstellung geführt hat. Das werden wir gleich auch noch bei den andern Formen sehen - also den kategorial bewussteren. Ein Übergang direkt in der 1.Zeile von Aberglauben und Magie (beides ernstgenommen als Versuchspraktik), also die Verzweiflung daran, führt mich zwar in die experimentelle Grundeinstellung - aber da habe ich ja noch keinerlei Kategorie. Der nächste kategoriale Reifungsschritt wäre dann der, wo ich in der Tat die Trennung mache zwischen meinem Selbst, und dem Weltwissen, von dem ich Gebrauch mache, um dieses Selbst zu reproduzieren, wobei das Selbst der 2.OPP Zeile das Erweiterte Selbst ist, oder das konkretisierte Selbst, das immer schon in einer Lage steckt, das sich also tatsächlich mit bestimmten Leistungsbereitschaften und Bedürfnissen, "privat/familiär" wie öffentlich, eingerichtet hat mit Verpflichtungen, Berechtigungen, Überzeugtheiten - und somit mit seinem gesamten Ressourcen-Budget investiert ist in eine soziale, aber auch weltbezogen-reproduktive (Normal)Umgebung - eine Reproduktionsweise. Das war zwar das Selbst des 1.REL Stp. auch, und wie das Selbst des 1.REL Stp. ist auch das Erweiterte Selbst des 2.REL Stp. ein maximal zurückgenommenes, es ist also keines, das noch länger mit irgendwelchen Entschlossenheiten oder Überzeugtheiten versucht, sich irgendwas zu verschaffen, worauf es legitimen Anspruch erhebt, also auch nicht gegenüber andern so auftritt. Sondern es ist wie das im 1.REL Stp. ein maximal Zurückgezogenes, aber mit diesem Unterschied: Es ist sich dessen bewusst, dass es Wissen mobilisieren (aktiv suchen) kann, mit dem es seine Situation verbessern kann, und damit hat es gewissermassen einen Freiheitsgrad mehr in seiner Experimentalität als die ganz einfach experimentelle, aber eben auch bornierte Einstellung auf dem 1.Stp. Das wird noch weiter gesteigert, wenn es aus der Vorarbeit der RELigionsbegründer, der Pioniere auch noch das Bewusstsein davon geerbt hat, dass es ein Kernselbst ist, dass es eigentlich in die unterschiedlichsten Situationen geraten kann, auch wenn es jetzt momentan in seiner experimentellen Lebensform steht, und dass umgekehrt der Kreis der rationalen, haltbaren Wissensinhalte weit über das hinausgeht, was es jetzt im Moment benutzen kann, das heisst nicht unbedingt, dass es sich darum kümmert - es arbeitet trotzdem weiter an dieser experimentellen Lebens-Einrichtung, und nur, wenn sich dort tatsächlich etwas ergeben würde, was vielleicht einen Fortschritt ergibt, zwangfrei, und mit seinen Reserven durchaus gestaltbar, dann wird es sich dem auch zuwenden; dann aber schon. Und es wird dann diesen weiteren Wissens-Horizont tatsächlich im Blick haben, der gehört mit zum experimentellen Leben dazu, immer vorausgesetzt, dass tatsächlich diese Kategorie diesen Leuten erschlossen ist durch die historische Vorarbeit (und von ihnen durch eigne Bildungsanstrengung angeeignet), und wenn sie es ist, dann heisst das: Ihr seid hier erstmal auf euch selbst zurückgeworfen als Träger von physiologischen Leistungsdispositionen, oder lieber: Kräften (das andre wäre eine eher moderne Ausdrucksweise), von Fähigkeiten, und Bedürfnissen, und andererseits gibt es da eine Welt von Wissen, die ihr vorsichtig ausgehend von dem, was ihr schon habt, geerbt habt. ((Ausgebildet wurde diese Kategorie ja im Rahmen des Zeithorizonts der Individualtität; den muss man seinerseits nicht erreicht haben, aber wenn man in diesen Zeithorizont in seinem Leben vorstösst: "Man ist eingerichtet, man hat eine Geschichte geerbt von seinen Vorfahren, man kann das weitergeben... man steht in einer solchen Reihe": dann kann man natürlich auch als RELigiöser und experimenteller Mensch diese Wissenserweiterung durchaus in Angriff nehmen - also man kann zB ein Reisender werden, mit der sicheren Gewissheit, dass man eine Heimat hat, in die man zurückkehren kann - man kann Kaufmann sein, man kann neue Möglichkeiten erkunden, man kann sogar Forscher sein, Missionar - das ist alles mit einer experimentellen Lebensform durchaus vereinbar, ja im Gegenteil: es ist dadurch, dass es nicht berechnend, sondern experimentell ist, überhaupt erst denkbar und möglich, in solche unbekannte Umgebungen aufzubrechen - wenn alles sonst gesichert ist.))
4. Dann haben wir noch die beiden verbliebenen Kategorien. (vgl 4c 16f.) Da wäre also einmal das Bewusstsein davon, in einer Hypothesen-Hierarchie sich ganz unten zu bewegen, derzufolge versuchsweise, hypothetisch, experimentell (in aller Vorsicht) es auf vielfältige Weise besser gemacht werden kann, und wo es ein denkbar Bestes gibt, das auf unbestimmte Weise gewissermassen oben herauswächst - das wäre also dann die begriffliche Fassung der Art und Weise, wie sich ein experimentell RELigiös lebender Mensch in der Masse von möglichen Hypothesen und darauf beruhenden Plänen einrichtet und wo er sich angesiedelt sieht - nämlich ganz unten in dieser Hierarchie (seine Realität; die aber auch nicht GANZ schlecht ist...) - hingegen das, was er für möglich hält, ganz oben - das war ja die Trennung, das Auseinanderweichen der Grenzmarken für das Schlechteste, aber auch für das Bestdenkbare, die nicht mehr in der Mitte dieser Hierarchie angesiedelt sind, sondern an den Grenzpunkten; damit ist aber auch der Begriff einer solchen Hierarchie hypothetischer Möglichkeiten (von immer Besserem... bis hin zum hypothetisch Bestdenkbarem, Optimum: Optimalhypothese) geschaffen - und den erben die fortgeschritten Gebildeten unter den RELigiösen Menschen auch. Das kann sich dann zum Beispiel zeigen als ein Bewusstsein davon, dass man ein Glaubender ist, also dass man NICHT WEISS, SONDERN BLOSS GLAUBT; und dass das, was man da zum Glaubensinhalt hat, nichts ist, wovon man etwas abhängig macht, und das auch anders beglaubigt ist als durch Erfahrung (ihr vielmehr, als leitende Hypothese, bis auf weiteres, vorausgeht), nämlich durch seine Evidenz, durch seine Richtigkeit, es ist eben tatsächlich das bestmögliche, von dem man vernünftigerweise einstweilen ausgeht, weil es nichts besseres gibt. Ausgewiesen Gläubige, Zeugen Jehovas zB, habe ich genau SO reden hören ((sie sind ja darum so ergiebige Auskunftsquellen für Leute, die Einsichten suchen über RELigiöses Denken, weil sie sich tatsächlich "naiv" und theologisch noch nicht über-raffiniert Gedanken machen und in ihrem dauernden Missionieren ihren Glauben darlegen. Das erschliesst dann schon beinah das Maximum der Rationalität, die in ihrem Glauben enthalten ist, weil sie ja tatsächlich den Leuten erklären wollen, wovon sie selbst überzeugt sind (dass es das richtige ist) - wobei sie natürlich völlig selbstbezogen agieren, es ist ein Glaubens-Ritual (was das ist, wird später noch erklärt werden müssen), es geht in Wirklichkeit garnicht darum, Leute zu gewinnen, sondern es ist ein "Predigtdienst", der als solcher aber muss auch von ihnen selber ernstgenommen werden können.)) - sie haben regelmässig die Frage, ohne allzusehr darüber nachzudenken: "Was wäre denn ein besserer Glaube als meiner - zeigen Sie ihn mir, und ich werde ihn übernehmen." (Das habe ich mehrfach so erlebt.) Also das Noch-Besser-Denkbare würden sie tatsächlich annehmen. Es gibt bei solchen Leuten somit ein Bewusstsein davon, einen Glauben zu haben in Gestalt einer (Optimal)Hypothese, eines Ideals.
5. Da ist aber nun noch was anderes, und das ist verbunden mit dieser Optimal-Hypothesen-Hierarchie, die man haben könnte, und das ist (wie schon eingangs in Abs 4 gesagt) das Bewusstsein, dass man sie von ganz unten angeht - also ausgehend von der minimalen aller sub-optimalen Hypothesen überhaupt, nämlich dass noch nicht bewiesen ist, dass man verloren ist und aufgeben kann - das ist so etwa die absolute Minimalposition, mit der auch der experimentelle Stp. generell identifiziert werden kann - auf der andern Seite wiederum dieses allem andern Überlegene, und dazwischen ist tabula rasa - dort ist alles ausgelöscht, und man darf sich davon nicht in irgendeiner Weise abhängig machen - diese vollendete Auslöschung (ausser als hypothetische Erreichbarkeit - irgendwann im Rahmen der Optimalhypothese(nreihe)) aller "Zwischenziele") ist ja der endgültige Schritt aus dem OPP hinaus. - Ich hatte schon den platonischen Ausdruck "Chorismós" angeführt - die Trennung von dem ganz Anderen, von dem Optimum, vom Ideenhimmel (von dem es letztlich nur einen Begriff gibt) - das andere, das lateinische Wort ist mir damals nicht gleich eingefallen, das hätte ich auch nennen können: Transzendenz: WIR sind immanent in der Welt als die experimentell Lebenden, da verhalten wir uns zur Welt, wir arbeiten, wir haben einen vorläufigen, vorsichtig gefügten Reproduktionsentwurf, aber sobald wir uns irgendeinem Weiterführenden zuwenden, ist das einzig abgedeckt durch den Gedanken der nicht auszuschliessenden, grundsätzlichen Erreichbarkeit der Optimums (auf Dauer) in der Welt, oder besser, der hypothetischen Optimalität der Welt (und dessen Erreichbarkeit, indem man selbst oder die eignen Nachfahren sich immer weiter in ihr aufhält). Dies hypothetische Optimum ist das ganz andere, das jenseits jeder Praxis Liegende - es wirkt im Verhältnis zum OPP wie ein Schutzschild, es schirmt die Experimentalität der Praxis gegen typische OPP (Versäumnis)Ängste und Verführungen ab. Zugleich aber ist das auch sein grosser Nachteil, denn es macht (darüber hinaus) keinen Unterschied an und in dieser Praxis, kein Tun fällt anders aus, weil es DIESE Hypothese testet (verhalte dich so, als ob es (bis zum Beweis des Gegenteils) ein Bestdenkbares gäbe; und alles je Besser-als-das-vorherige-Bessere ebenfalls) - ausser, dass es eben nicht OPPortunistisch geplant ist, also mit bewährten bedingten Erwartungen. ((Von der Kritik an Transzendenz und "transzendenten" Grundsätzen werden wir noch reden müssen, entlang der Frage: Was müssen DIESE Leute jetzt wiederum lernen bzw. was müssen die genuin RELigiös Glaubenden loswerden - so wie wir bereits beim OPP gefragt haben: Worin besteht ihr Fehler, und welcher Denkformen müssen sie sich entledigen?))
6. "Die Transzendenz", also der Glaubensinhalt der endlich RELigiös Gewordenen oder der Erben der RELigiösen Pioniere, hat nun also diese 5 Möglichkeiten, man kann zwar in gleicher Weise eine experimentelle REL Praxis ganz einfach auch ohne Kategorien, nur mit dieser allerersten Maximal-Zurückgenommenheit begründen - und/oder aber, und dann stabiler, mit allen Transzendenz-Inhalten, die bis dahin jeweils ausgebildet wurden - und da hatten wir ja gesagt: Die Vorstellungen vom Bestdenkbaren werden gewonnen aus der Tätigkeit der scheiternden OPPen, sie entwickeln also jeweils nicht nur das Bewusstsein einer zusätzlichen Praxis-(Begründungs/Erschliessungs) Kategorie (aus dem Entscheidungsdiagramm), sondern sie entwickeln mit ihr auch ein zugehöriges (nämlich mithilfe dieser Kategorie konstruiertes) Bestdenkbares. Dieses Bestdenkbare hat mithin etwas zu tun mit der Planungsebene, auf der sie überhaupt ihre Praktiken entwerfen - allerdings zunächst noch auf OPP Grundlagen, dh sie haben dort zumindest in den ersten 3 Standpunkten, die sie einnehmen können, eine Menge an bedingten Maximal- und Minimalerwartungen ("Rahmenwerte" hatte ich die genannt), oft auch sehr ausgefeilt und mit Bedingungen verknüpft, also ganze Systeme sach-, themen-, gegenstandsbezogen-bedingter Rahmen-Erwartungen - und sie haben ein Regelsystem (zumindest, wenn sie noch auf dem 2.Stp stehen), mit dem sie entscheiden, wie sie in bestimmten Situationen ihre Handlungsbudgets verteilen, ausgehend von ihren Handlungs-Bereitschaften, und da haben sie eigene Rahmenwerte auf dem 2.OPPStp., was überhaupt geht und wovor sie sich am meisten fürchten, und worauf sie vor allem NICHT eingerichtet sein müssen - in dem Rahmen können sie dann tatsächlich ihre Erwartungen haben, was geht, was sie sich leisten können, was lohnt, letzteres ist eigentlich die entscheidende Kategorie - wofür sie wieviel Aufwand treiben im Rahmen dessen, was sie sich überhaupt zutrauen zu erreichen, und was sie befürchten abwehren zu müssen, weil es ihnen zustossen kann. Die ganz einfache Praxis wäre dann die des 1.OPPStp., wo man seine Routinepraxis und allenfalls darin mögliche Änderungen ausrichtet an einem Rahmen, wo das meiste festgelegt ist, sowohl die Vorstellungen von dem, was lohnt und was nicht unter welchen Bedingungen, als auch Vorstellungen, worauf man sich maximal einrichten kann bzw muss, und womit man nicht rechnen braucht - worauf man sich einrichten darf usw... wo stattdessen immerzu nur Fragen aufbrechen des: Wo geht was schief, oder wo ist mehr möglich - wie wandle ich meine Praxis ab entlang von Ähnlichkeitsreihen usw
7. Das waren jetzt in umgekehrter Reihenfolge 3.2.1. Stp. und die Horizonte, die dabei erschlossen sind - sie stehen im Entscheidungsdiagramm rechts vom Pfeil. - Es ist nicht so, dass Leute, die bloss auf dem 1.OPPStp stehen, keine Pläne hätten, aber die sind im allgemeinen lang davor in ihrer Normalität bereits festgelegt worden, sie erinnern sich nicht dauernd daran, das ist DAS SELBSTVERSTÄNDLICHE oder auch GÜLTIGE und fertig eingerichtete, spätestens von etabliert dafür Zuständigen Angeordnete, und wenn, dann wird daran nur punktuell etwas geändert - das steht wie so ein Praxis-Regel-Himmel über ihnen, an dem bzw ihrer Praxis sie dann allenfalls etwas ändern entlang von Ähnlichkeitsreihen - nämlich so: etwas geht schief?, dann versuchen wir das so ähnlich fortzusetzen (ähnlich in allen möglichen Hinsichten; näherliegenden, und wenn das nicht funktioniert, in wichtigen Angelegenheiten, dann mit fernerliegenden), oder es weiten sich Möglichkeiten aus?, dann machen wir mit den erweiterten Möglichkeiten (das sind ja immer Möglichkeiten-ZU etwas Praxis-Relevantem, sie besser Bewältigendem) Ähnliches wie an der Stelle, wo sich das zeigt, oder wo es sich anbietet. Das heisst aber auch (ich wiederhole den Gedanken von 4c!), die jeweils überhaupt besetzte und vorrangig besetzte Entscheidungskomponente - so lautet seit langem meine These - ist zugleich die Quelle der Optimalhypothesen. Also: Die Leute, die nach der einen Seite hin sich in die Vorsicht hinein begeben, in das Nichtmehr-Gewissheiten-Ausbilden, was unter bestimmten Bedingungen gelingen oder misslingen wird/kann (Scheitern mit dem 1.Stp), und/oder in das Nichtmehr-Lohnen, nicht mehr mit Lohnensversuchungen und -abkürzungen Rechnen (zusätzlich Scheitern mit dem 2.Stp.), oder in das Nichtmehr-Rechnen mit der Möglichkeit, alle Individualitäten in eine zu überführen (gleiche Rahmenwerte für alle!), und dafür die Bedingungen zu suchen (Scheitern mit dem 3.Stp) - die haben ihre dabei je hauptsächlich betätigte Entscheidungsebene im Blick. Und weil sie die im Blick haben, deswegen nimmt ihre Optimalhypothese im Laufe des Scheiterns immer mehr diese abstrakte Form an, also sie nähert sich der Optimal-Form an von (zum Beispiel, auf dem 1.Stp.) "Wissen, was als je nächstes zu tun ist" - aber es ist eben nicht das Wissen, sondern das Korrelat davon als "das, was sich als von mir Nächst-zu-Tuendes von selbst anbietet, und als solches leicht erkannt werden kann"- also das, worauf ich selber erst kommen muss, und das ich eventuell (im Fall des Scheiterns!) immer wieder nicht finde, ist in Wahrheit längst in der Welt, ich habe bloss noch nicht den Kniff, den Schlüssel gefunden, um es oder den Hinweis darauf zu erkennen, maW es wird mir IMMER eine Problem-Lösung zugänglich sein (davon ist bis zum Beweis des Gegenteils auszugehen) - noch anders gesagt, "das inner-weltliche Korrelat dessen, was eine erfolgreiche Entscheidung (oder das Inventar der Einsichten, die sie abzuleiten gestatten), die Voraussetzungen für das, was ich (in einer unerwarteten Situation) wissen oder können sollte, liegen immer wieder definitiv bereit, es wird auf irgendeine Weise, unbestimmt wie, mir rechtzeitig immer zugänglich sein": das ist gewissermassen die allgemeine Form der Glaubensüberzeugung auf dieser 1.Stufe. Und das heisst also: Ich muss dann nichts mehr tun - die Aufgabe, die ich dort zu lösen habe, ist leicht lösbar, es wird immer gut gehen, bis zum Beweis des Gegenteils, auch wenn ich es nicht weiss, darauf verlasse ich mich nicht, aber das glaube ich - ich mache eine Unterstellung über DIE WELT dadurch - die Welt insgesamt wird mir immer das liefern, was ich auf der Stufe brauche - das kann auch bedeuten, dass die Welt durch einen Gott oder Heiligen oder Götter zu mir sprechen wird - es ist unglaublich ausgebreitet, wie ich mir diesen Inhalt erschliessen könnte, oder eine Eingebung... aber SO ist die Welt beschaffen, in die hinein ich meine Reproduktion mit maximaler Vorsicht baue.
8. Die Glaubensvorstellungen, die Optimalhypothesen auf dieser Ebene arbeiten also mit der Kategorie des Entscheidungs-Diagramms ZWECK, Zwecke stehen ganz unten... über diesem auseinander laufenden Fächer, da steht also Zwecke: Entscheidungen über das nächst zu suchende, zu tuende, zu versuchende usw - sofern es eine Abänderung von Routine darstellt. Das ist also nicht nur eine Entscheidung, sondern, wenn sie erfolgreich umgesetzt ist, weiss ich dann auch etwas und kann es auch und hab ein Versuchsresultat ... und dass sich das immer rechtzeitig einstellt, ist Inhalt dieser OH. ((Ich sage später, wie sich das dann ausgestaltet als RELigiöse Glaubens-Überzeugung, aber jetzt erst einmal das nächste:)) Da steht dann ZIELE...: Wenn man Erbe einer Glaubensvorstellung bzw eines RELigiösen Weltbildes ist, das durch Scheitern auf dem 2.OPP Stp. entstanden ist, dann wird man es wahrscheinlich zu tun haben mit einer Vorstellung, in der es um zeitliche Reihenfolgen geht, also das Korrelat dessen, was in Plänen und Praktiken berücksichtigt wird, sofern man Zeitfaktoren, Gleichzeitigkeiten, Zyklen berücksichtigt. Das ist die Feinabstimmung eines Plans, auf die Rhythmen und Zufälle usw also die zeitlichen Randumstände meiner Planausführung - es ist die Ebene des Entscheidens im Bezug auf Ziele, Prioritätensetzen, Reihenfolgen von Planausführungen festlegen - zb ich ziehe etwas vor, weil das jetzt günstig ist, weil ich mich auf etwas vorbereiten muss, weil es etwas ist, das jetzt nicht geht, aber demnächst... Diese Art von Zeitbezogenheit des Planens geht in die Konstruktion von Glaubensüberzeugungen ein, die auf dieser Ebene entstehen - weil auf dieser Ebene auch die Erwartungen gespielt haben, dass etwas gutgeht, dass etwas sich lohnt - und ich mit dem Entgegenkommenden der Welt, (Bedingungen in der Welt, die mir erlauben, das zu dürfen, das mir als Plan zu leisten) einfach rechne - noch, solange ich eben OPPortunistisch unterwegs bin - und sofern ich Optimalhypothesen formuliere, die immer mehr in diesen abstrakten Bereich reingehen (uU erst einmal "bedingt", bereichs- und themenbezogen) nicht flächendeckend-generalisiert also unbedingt, desto mehr formuliere ich die grundlegende Hypothese, dass die Welt so ist, dass sie mir in dieser Hinsicht auch ohne mein Zutun immer wieder entgegenkommen wird - auch wenn ich nicht genau weiss wie. Das heisst also, die Zyklen, die Zeiten, die günstigen und die ungünstigen - sie werden sich in irgendeiner Weise offenbaren, die werden sich in irgendeiner Weise mir erschliessen - und das unterstelle ich bis zum Beweis des Gegenteils. Ich sage jetzt garnicht, welche Formen das annimmt, denn ich komme ja von der anderen Seite her - ich komme ja von der Seite der Analyse dieser Glaubensgebilde her - und was ich da behaupte, liegt nicht gerade nahe. Denn wenn man sich die Gebilde selber im Hinblick auf das anschaut, was sie eigentlich besagen, entdeckt man diesen extremabstrakten Zug (dass sie nämlich praktisch Bebilderungen sind solcher Entscheidungsebenen) nur über grosse Umwege, man muss ja schon sehr viele Inhalte dieser Sorte kennen, und man muss sich auch die Systematik anschauen wollen, und das machen solche Leute ja nicht, die haben ja auch nicht die Möglichkeit, diesen Bildungsinhalt sämtlicher RELigionen der Welt einmal sich vorlegen und fragen zu können, mit welchen Glaubensvorstellungen wird da gearbeitet? Dh. Leute, die sich in Richtung einer RELigiösen Lebensform bewegen, sind darauf angewiesen, da überhaupt zu einer Haltung zur Welt zu gelangen, die ihnen haltbar erscheint, und sie ist eben um so haltbarer (oder überhaupt nur dann haltbar), je relativ abstrakter sie ist. Und sie wird frei von bedingten Erwartungen, wenn und im Mass, wie sie Optimal-Hypothesen-Charakter annimmt. Aber auch diese methodisch-begriffliche Seite ("es ist eine Hypothese bis auf weiteres, sie zu unterstellen macht aus der Lebensführung ein Experiment, und das zu Unterstellende muss ein Best-Denkbares sein" usw) erschliesst sich ihnen nicht einfach, sondern sie erleiden sie fast mehr, sie erfahren und erleben sie eher, nämlich so: Das ist das Haltbare - mit dem kann man weitermachen und weiter gehen - DAS ist nicht gleich erschütterbar, oder überhaupt nicht mehr erschütterbar, weil man im Rahmen seines Lebenshorizonts tatsächlich erkennt, dass "das" zu unterstellen einen freimacht von all den vormaligen Unsicherheiten; also hat man wieder zu einer hypothetisch-experimentellen Haltung zurückgefunden, aber mit DIESEM Glaubensinhalt, und stabiler als in der ursprünglichen, (zu) einfachen weil kategorial nicht "aufgerüsteten" Version.
9. Und jetzt kommen wir auf die nächste Stufe, Resultat eines Scheiterns auf dem 3.OPP Stp.: Wie sieht denn der Glaubensinhalt da aus? Scheiternden Erwartungen im bezug auf haltbare Ordnungen (also solche, in denen alle vorübergehenden Pläne zusammenfliessen, und vereinbar sind miteinander in einem übergeordneten kollektiven Plan, und in ihn einmünden, und auch angesichts von Interessenskonflikten immer wieder in ihn zurückgebunden werden können (die Konflikte sind lösbar, sind nur vorübergehende) - sie liefern den begrifflich-kategorialen Horizont, der da vom Vergesellschaftungskonzept erschlossen ist - also das Integrieren von Teilplänen, das ist nun auch tatsächlich für das (uU. kollektive) Einzelsubjekt - eine Gruppe, aber durchaus sogar nur Einzelperson - die Aufgabe des Planens auf dieser Stufe - ich hatte das charakterisiert als die Entscheidung über die für lohnend befundenen Versuchshandlungs-Möglichkeiten in einem RAUM von Strategieentwürfen - dahinter stehen - gehen wir mal links vom Pfeil, ihr könnt nochmal das Entscheidungsdiagramm aufschlagen - Buchstaben übereinander: "Auswahl" - die Pläne sind eine Auswahl aus denk-möglichen Strategieentwürfen, ausgewählt für einen gegebenen physischen Raum, in den hinein unser Plan-(Versuchs)Handeln wirken kann; (die Entwürfe wiederum sind aus Hypothesen gefertigt - aber hier geht es jetzt zunächst erst noch um Strategieentwürfe und Pläne). Diese Strategieentwürfe sind in gewissem Sinn das, was den Staatsmenschen und Entscheidern angetragen wird von Einzelnen, von mir aus auch: von einzelnen "Entschlossenen", Trägern irgendwelcher Lebensentwürfe, die sollen gefälligst mit denen anderer vereinbar gemacht werden, auf die Interessen der Andern soll Rücksicht genommen werden. Das wird jetzt alles eingebunden in eine Ordnung von Lebensentwürfen, und zwar solchen, die auch noch Anerkennung verdienen, weil sie nämlich als Interesse-gemäss begriffen werden, vielleicht mit Abstrichen an dem, was die Leute wollen, aber das ist das Anerkennenswerte, und es gilt so auch für ihre Meinungen. (Das "objektive" Interesse am Bestand der Ordnung selbst gebietet unter Umständen sogar noch weitere Abstriche an dem, was sie fordern - das ist der Anteil an "Gemeinwohl"-Interesse und Stabilität des Staats=Herrschaft, die genau DIESE einzubringen hat - Staatsräson (immer konkretisiert als herrschendes Staatsprogramm) ist Staats-Interesse - und das machen sich dann hoffentlich hinreichend viele Untertanen der Staatsgewalt zueigen - mindestens in dem Sinn, dass Aufstand ihnen nicht (jedenfalls nicht hinreichend vielen von ihnen) lohnend (!) erscheint...) Sie mögen subjektiv hochüberzeugt sein, aber die kühle Staatsräson prüft viel ausführlicher, schaut sich viele Überzeugungen nebeneinander an und wählt dann aus nach durchaus (aber nicht unbedingt flächendeckend) rationalen Gesichtspunkten ("flächendeckend rational" wäre den auf dem 2.Stp oder gar 1.Stp stehenden Untertanen auch garnicht zu vermitteln; und wird auch von solchen, die auf dem 3.Stp stehen, nicht geleistet): Was daran ist eigentlich haltbar?, dafür muss man auf mehr Erfahrung zurückgreifen als die Betreffenden selber verfügbar haben, man ist gebildeter und besser ausgebildet, vielleicht eine Herrschenden-Klasse, die über solche Bildung, "Herrschafts-Wissen", verfügt. Dieses Auswählen - Nebeneinander-Stellen - Zurückweisen als abweichend, unhaltbar - Anerkennen als auf Dauer haltbar usw - ist jetzt das Inventar, mit dem auch die betreffende Welt- bzw Optimalvorstellung über die Welt arbeitet. Dh die Welt selbst ist idealerweise (wie bis auf weiteres anzunehmen) beständig wiederkehrend Resultat, oder besser das Korrelat, so lautet diese Glaubensvorstellung, einer solchen (sich immer wieder von selbst) ordnenden (Ordnung herstellenden)Tätigkeit. Dh das Optimum dessen, was Resultat einer solchen ordnenden Tätigkeit ist, ist schon vorhanden, und zwar als (wie das Staatshandeln) langfristig wirksame - wir wissen nur noch nicht wie genau. All unser unvollkommenes staatliches politisches Zusammenführen haltbarer Pläne und Zusammenfügen zu EINER haltbaren Staats-Individualität mündet letztlich in eine dieser höheren, höchsten aller Ordnungen, bzw erweist sich als Teil von ihr. Zusatz. In den Ergänzungen zum Vortrag kommen hier zwei wichtige neue Gedanken vor: erstens, es gibt ein genuines "Staatsinteresse" (lange Zeit schwer zu trennen von dem Interesse der Herrschenden, ihre Position zu halten) am Herstellen stabiler Verhältnisse, das womöglich Abweichungen von den Interessen selbst einer Mehrzahl der Untertanen (also einen Widerspruch dazu und Konflikt damit) inkaukzunehmen gebietet, das Staatshandeln hat, gegenüber solchen, die auf dem 2.OPP Stp stehen, also immer einen Überschuss an Repressivität; zumal die Vorstellung von dem, was im Interesse ALLER oder des grössten Glücks der grössten Zahl liegt, vielleicht auf der historisch tiefsten unter allen verfügbaren Erfahrungsgeschichten (mit Individualitäten, Entschlossenheiten, Kämpfen um Rechte usw) beruhen mag - aber dennoch mit den massgeblichen OPP Kategorien des "Bewährten" ("konservativ") und der (meist negativen; seltener Chancen zu eröffnen scheinenden) Überraschtheit (die "Reformen" oder Umstürze aller Art nahelegt) bearbeitet wird. Nicht im bezug auf konkrete Wirkhandlungen, Know-how, und auch nicht im bezug auf "subjektiv" so empfundene "vernünftig begründete und daher legitime" Prioritätensetzungen (Vorrechte, Verpflichtunegn) im kollektiven Plan der Gesamtheit oder einzelner (Klein)Gruppen (von Konfliktparteien). Sondern im bezug auf bewältigbar erscheinende Gefahren für die Staats-Individualität ("Gesamtheit" der Bürger in der Abfolge der Generationen, Bevölkerung; ihren Bestand auf Dauer), und Chancen für deren dauerhafte Stabilisierung. Die zugehörigen Abschätzungen sind "Rahmenwerte" bei der Abschätzung des auf die genannte Weise Themen-bezogenen Staatsinteresses - meist mit einem zugrundeliegenden, lang-fristig orientierten Staatsprogramm/projekt (die Gruppen, die auf die Weise "geführt" werden, können auch kleiner sein, wichtig ist, dass sie eine Binnen-Hierarchie aufweisen, in der globales (kollektive Individualitäten betreffendes) Planen und Entscheiden, "legitimes" Prioritätensetzen von Gruppen oder Einzelnen (im globalen Rahmen, oder einem je eigenen, mit andern "Eigentümern" auszuhandelnd oder auszukämpfend), schliesslich reproduktives Wirkhandeln und -wissen "arbeitsteilig" getrennt sind; wo speziell das kollektiv gültige Entscheiden von den "spontanen" Ausführungs-Prioritätensetzungen und dem Streit darüber getrennt stattfindet. Alle 3 mögliche Positionen müssen mit Trägern entsprechender OPP-Standpunkte besetzt sein, wobei natürlich auch die unteren Ebenen der Hierarchie Rahmenwerte bzw Prioritäten-Vorstellungen je für sich haben, und Vorstellungen davon, wie dementsprechend die gültigen Pläne und Ziele, wenigstens was IHRE Forderungen und Erwartungen betrifft, damit übereinstimmen sollten. Ansonsten verhalten sie sich offen oder verdeckt feindselig, heuchlerisch-berechnend, konformistisch, oder autoritär-vertrauend zu den abweichenden Setzungen der ihnen in den herrschenden Verhältnissen vorgeordneten Entscheider. Zweitens, die Konstruktion der REL Optimalhypothesen mit "Praxis"-begründenden Kategorien hat eine irritierende Konsequenz, die in der Formel "was in der Welt geschieht, geschieht darum, weil es (in einer der 5 bereits benannten Ebenen, auf denen Erfahrung mit Blick auf praktische Konsequenzen verarbeitet werden, dh denen des Entscheidungsdiagramms) Sinn macht" noch nicht klar in Erscheinung tritt. In "der Welt" (der Ausdruck deutet das Unbedingte, Flächendeckende, Zeiten und mögliche Verläufe Übergreifende der Optimalhypothese an) gibt es ja ein "Aussen" - die Hypothese muss also grundsätzlich das "Best-Denkbare" oder eben "maximal-Sinnhafte" (bis auf weiteres zu unterstellen) IN DER Welt als (sinnhafte) Reaktion dieser Welt auf Verläufe IN IHR SELBST (das bisher Geschehene) konstruieren. Anders gesagt, der Welt-Sinn muss sich zum Welt-Ablauf, dem erklärungsbedürftigen ("warum SO?") VERHALTEN und ihn immer weiter GESTALTEN. Darin wird, in Form begrifflicher Gewundenheiten, der Widerspruch verarbeitet, dass das reale Geschehen ja nun NICHT ideal ist, aber in und hinter ihm dennoch das "alles ist bzw wird letztlich gut" (du musst nur warten bzw es suchen und entdecken, und darauf gefasst sein) WIRKT und das nicht-ideale Welt-Geschehen letztlich damit erklärbar ist (das "warum SO?"). Die Erklärung wird aber in ordentlichen Glaubenssystemen immerzu nur versprochen - die Denk-Möglichkeit der Formel muss reichen. Es ergibt sich - vor allem auf den höheren Stufen, Weltordnung, Welt-Selbstperfektionierung, Welt-Selbstdenken (noesis noeseos bei Aristoteles) - die eigenartige Welt-als Objekt-ihrer-Selbst, kombiniert mit Welt-als-Subjekt, sich selbst erkennend und zurechtmachend, der idealistisch-RELigiösen Konstrukte, die etwa Hegel "ausbuchstabiert"; und Wittgenstein in ihrer bodenlosen Sinnlosigkeit entlarvt hat. Anm.
10. Jetzt können wir vielleicht ahnen, welches die mit den aus diesem Stp. herrührenden Kategorien konstruierten Glaubensvorstellungen sind unter den bekannten, ich hatte das schon angesprochen: Kosmologische Ordnung, die Welt hat eine Ordnung und einen Plan (zu deren Wiederherstellung nach Störungen) - in die fügt sich unser Staatswesen ein - das ist, wenn man Stoa oder die chinesische Staatsphilosophie oder -religion kennt, eine sehr naheliegende Vorstellung - in der Stoa ist es so, dass man sich mit gleich welchem Handeln in "die Natur" einfügt, von der kann man abweichen, also die individuellen Lebensentwürfe etwa mit ihrem Eigensinn, aber das wird nicht lange gutgehen, das ist nicht haltbar, so wie Auflehnung gegen die Staatsgewalt - und dann kommt man eben auf den Weltzweck (den "herrschenden") zurück, in dem man bzw der eigne Plan seine angemessene Stellung hat, ordnet sich ihm ein und unter, und dann geht es einem auch gut (es ist im eignen wohlverstandenen Interesse, auf allzuviel Eigensinn und eigne Bedürfnisse zu verzichten usw). Diese Vorstellung ist hier auf die Welt projiziert, die Pendants in China und Ostasien sind ja noch eindrücklicher, da ist es immer der Himmel, in den sich der irdische Staat einfügt, eine Ordnung, von der man möglichst nicht abweichen oder der man nicht zuwider handeln sollte, genauer: wenn sich solche Abweichungen zeigen, ist das schon Ausdruck dessen, wie unhaltbar alles ist, die Weltordnung selbst erzwingt (wie der Staat, durch Sanktionen) die Korrektur der Abweichung. Die beiden Ebenen darunter, das Gewusst-wie der Zwecke und das Gewusst-wann der Ziele und Prioritäten, ist da mit in die Ordnung einbezogen, dh man könnte diese "die Welt ist ein Kosmos/Ordnung"-Idee sogar als eine diese notwendig mit-umfassende Glaubensvorstellung auffassen _(solche Synthesen ingestalt des "Konkretisierens" der Maximal-abstrakten Ebenen durch Glaubensvorstellungen auf "nächsttieferen" Stufe gibt es sowohl europäisch (zB Renaissance) als auch im Buddhismus oder Neokonfuzianismus usw; die simpelste Form eines solchen "Praxis-Idealismus" ist schliesslich die Vorstellung von göttlichen Ideal-Praktikern oder gar nur einem solchen - ob der in oder über oder hinter der Welt arbeitet, kann offen bleiben - ebenso, welche Art "Aussen(welt?)" er eigentlich noch hat (vgl Zusatz "zweitens" zum vorhergehenden Abs) - ausser uns...). I_m allgemeinen ist aber die abstrakte Version keine, die Fragen zulässt wie diese: Wie geht das genau, durch welche Prozeduren im einzelnen verwirklicht sich das? Sondern die schlichte und eigentliche Botschaft ist immer: Beruhige dich mit dem Gedanken, es ist alles geregelt - die Natur hat ihre Ordnung, und diese Natur-Ordnung ist gut, sie zeigt dir sogar zur Not, wie du sein musst, wenn du gegen sie verstösst - verlass dich drauf, und nimm dich im Vertrauen darauf maximal zurück. Die abstrakte Version des hypothetischen Optimums auf dieser Stufe antwortet immer auf die Frage: Wie müsste ich die Welt denken, in der die sinnvolle Planbarkeit aller meiner Praktiken gewissermassen schon durch die Beschaffenheit der Welt gesichert ist, ohne dass ich genau weiss wie, und ohne dass ich konkret davon etwas abhängig mache - ausser das Ablegen meiner vormaligen normalplanerischen Versäumnisangst (in alle Richtungen). (In der Form antwortet die maximal haltbare Glaubensvorstellung auf überhaupt jeder Ebene.)
11. Die Version einer solchen Welt, ausgehend vom 2.Stp., wären dann wohl Zyklus-Kosmologien - also nicht bereits Vorstellungen einer strukturierten Ordnung, die einen Raum mit "unbestimmt (Optimal)Planmässigem" füllt - eher schon mit "(Optimal)Prioritäten-Setzungs-Gebietendem". Diese Zyklus-begründeten Kosmologien entstammen oft Orakelsystemen, die von dort entlehnten Ausgangskategorien werden aber anschliessend zu einem Weltentwurf erweitert. (Man kann dann (ritualhaft) immer noch Orakelfragen stellen wie im I Ying, das aber nur, um sich in dieser Art Ritual auf diesen Glaubensinhalt, die abstrakte Zyklizität allen Geschehens rückbesinnt, als einen Rahmen, der prinzipiell gut wird und werden muss: Alle Negativauswirkungen werden irgendwann wieder ausgeglichen, das Hin- und Zurückschwingen der Welt in den harmonischen Ausgangszustand verhindert jede exponentielle explosive Entwicklung, die Welt ist geschlossen, wenn sie ins Negative schwingt, kommt die Gegenschwingung auch - und diese zyklischen Zeitverläufe greifen ineinander, sie können sich überlagern, und vorübergehend, scheinbar, eine Irregularität der Welt mir vorspiegeln, das Dahinter ist aber eine Anordung, Summierung solcher Schwingungen, die nie in irgendeiner Weise ein Extrem bilden. Eine solche Deutung der I Ying Kategorien (5 Phasen, yin yang) lag ja seinerzeit der TCM Deutung zugrunde am Beginn der Ausführungen zu "RELigiös-vormodernes Denken" - Text über ein RELigiöses Gebilde, das deutlich die Spuren seiner Entstehung auf und aus diesem 2.Stp. trägt - also den Fragestellungen, die sich beim Setzen von Prioritäten ergeben, und wo die Weltkorrelate, das also, was relevant ist für eine maximal günstige Anpassung von Plänen an (ermittelbare) Zeitumstände, die antworten auf diese Fragestellungen, in die Welt hinein projiziert werden, als dort auf unbestimmte Weise vorhanden, man weiss nicht wie genau, aber das ist, was man dort erwartet - bis auf weiteres. Um diese Art hypothetisches Ideal überhaupt formulieren zu können, muss man zurückgreifen auf Kategorienmaterial, das aus dieser Ebene stammt. Und dann hat man also noch eine Ebene (1.OPP Stp.) darunter, das Können und Wissen wie, Knowhow und das etwas Können und Wissen-wo etwas ist, das man jetzt braucht zur Ausführung der nächsten Handlung - da ist das hypothetische Ideal, dass einem das immer wieder zuwachsen wird: Die Welt ist grundsätzlich so beschaffen, dass sie diese "Brauchbarkeit" ihrer Bestandteile für beliebige Zwecke nicht nur immer irgendwo bereithält, sondern sogar einem das immer wieder verrät, das ist so angedacht in der Renaissance-philosophischen Vorstellung, dass die Welt voll von Nutzbarem ist, das die Gebrauchsanweisungen für seine Verwendung an und auf sich trägt, man muss sie nur zu entschlüsseln wissen - eine verallgemeinerte Paracelsische Signaturen-Lehre ist das, also etwa, wie etwas heilt, kann man ablesen an der Gestalt der Pflanze, die das Heilmittel liefert - die Walnuss liefert den Hinweis auf das Gehirn - gut, vielleicht ist das nicht genau der richtige Hinweis, vielleicht lese ich ihn falsch, dann muss ich noch anderes anschauen - die Deutungsmöglichkeiten sind ja unendlich, aber das ist jedenfalls, was mir Anschauungsmöglichkeiten liefert für die grundsätzliche ART dieser Vorstellung, nämlich dass ich immer rechtzeitig (wahrscheinlich rechtzeitig, aber was heisst das? schliesslich muss ich nicht sofort zu allem befähigt sein, ich bin ja experimentell aufgestellt) oder "letztlich" und auf Dauer kann, was ich muss, und lerne, was ich wissen sollte, finde, was ich suche usw für die Ausführung einer nächst-nötigen Handlung. So ist die Welt: Ein dicht gewebtes Inventar an Zweckdienlichem und Zweckmässigem, Dingen sowohl als Verläufen, Dispositionen usw. Es kann sich auch einfach in die Form zusammenziehen (vgl. Klammer-Bemerkung zu "Synthese"/Konkretisierung im vorangehenden Abs): Gott wird mir helfen. So ist es ganz einfach - ich vertraue auf Gott, auf die Heiligen, gute Geister, die Götter, auf dies oder das, es wird auf Dauer schon gutgehen, die haben alles im Griff, und ich mache hier mein Ding, mein kleines, umschriebenes, vorsichtiges Ding. Das ist die simpelste Version eines Glaubens, der ist genauso gut wie der an die Weltordnung, die alles gutmacht, die Natur, der ich folge, die schwingenden Entitäten, wo eins immer in den Gegensatz schwingt, Karma, es macht alles wieder gut, was schlecht war, es wird alles sich ausgleichen - all diese Glaubensvorstellungen sind so gut wie die anderen, weil sie nämlich eine Optimalhypothese überhaupt liefern; bis auf weitres; sodass ich im Prinzip nichts versäume, wenn ich maximal vorsichtig mein Leben führe und die produktiven Grundlagen dafür erweitere. Zusatz. An der Stelle, wo schnell einmal mehreren Glaubensvorstellungen nebeneinanderstehen, die aus verschiedenen OPP-Stufen hervorgehen und nichtsdestotrotz alle "so gut sind wie die andern", bemerkt man, woher eigentlich die Ergänzung um die "höheren" Glaubens-Versionen stammen: nämlich den kategorialen Horizonten, die von Menschen erschlossen werden, die den Durchgang bis auf die jeweilige OPP-Stufe absolviert haben. Bei ihnen ist nachvollziehbar, dass sie ein auf ihrem kategorialen Niveau, mit ihren Vorstellungen (an denen sie gescheitert sind) konstruiertes Optimum benötigen - in dem sich ihr Scheitern, ebenso wie das aller andern, in Wohlgefallen auflöst. Wenn auch nicht gleich. Aber auf Dauer,
12. Und jetzt haben wir obendrüber noch die 4. und 5. Standpunkte stehen... da wären also jetzt, so könnte man sagen, die Hypothesen in eine zumindest gedachte Rang-Ordnung gebracht - das ist ja ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt, dass man sagt: Wenn wir aufgrund fehlender Erfahrung noch garkeine Wahl haben, wenn noch garnichts festgelegt ist - was unterstellen wir denn dann (wenn auch mit maximalem Risikobewusstsein)? Doch wohl: Optimalhypothesen. Und die Erfahrung war ja in dem Umgang mit dem Wunsch der Moralisten, gleiche Fortgeschrittenheit in Plänen herzustellen, dass die überhaupt (reflektierend, es auf sich selbst anwendend) auf die kognitive Kategorie der "Fortgeschrittenheit-im-eignen-Plan (bzw Individualität)" kommen, damit aber auch auf das versuchsweise Angenommene, also auch die Hierarchie der Optimalhypothesen. Um diese Planungsstufe überhaupt gedanklich erreichen zu können, ist natürlich allerhand Bildung vorausgesetzt, und das gilt genauso für diejenigen, die das dann nachvollziehen in einer Glaubensvorstellung, nämlich dieser: Die Welt vervollkommnet sich - die Welt ist eine, die in einem andauernd, wenn auch unbestimmt wie sich entwickelnden Vervollkommungs- und Perfektionierungsprozess, einer ständigen Evolution begriffen ist (anders gesagt: der momentan gültige Plan, die momentan gültige Weltordnung, kann noch überboten werden, ihre noch vorhandenen Mängel können in einer höher entwickelten Version beseitigt sein, und so immer höher hinaus, etwa als eine Abfolge von "Reichen Gottes", die je eine Epoche lang dauern (wie im Dispensationalismus)). Das kann man auch auf die Geschichte projizieren, man kann sagen: Sie ist ein ständiges Reifen und Dazulernen (oder auch Erzogenwerden) der Menschheit, etwa in Gestalt eines Vorbild-Volks, das stellvertretend für alle andern im Dialog mit einer höheren Macht lernt, oder es ist eine Offenbarungsreihe, Gott offenbart sich uns immer weitergehend, wie in aufeinander aufbauenden Lektionen. Diese Bebilderung des (Selbst-)Perfektionierungsprozesses der Welt liefert gewissermassen die Konkretisierung dieses Abstraktums des bewertenden Nebeneinanderlegens und Vergleichens von relativen Maximal-, Ideal- oder Optimalhypothesen, die Kategorie der Hypothese ist damit auch erschlossen, die des Glaubens, von dem man sich abhängig machen kann, den man aber auch experimentell womöglich nur noch annimmt, als Versuchsannahme, unter der man operiert, "so tun ALS OB sie wahr wäre", womit eine weitere Vorstellung von der Welt entworfen wäre als einem perfekten Korrelat einer solchen Reihe, Hierarchie unterschiedlicher Fortgeschrittenheiten ihrer Ordnung, die man annehmen kann, oder mit denen man rechnen kann. (Übrigens speziell auch moralisch vervollkommnend könnte diese sich im Wechselspiel mit uns perfektionierende Weltordnung sein, dahin gehört die Idee einer Wiedergeburt, in der man neue Chancen bekommt, sich selber zu verbessern, und das gesteigert als eine Selbstvergöttlichung durch eine Zukunft hindurch, die unbestimmt wie weit und lang (optimal!) sich ausdehnt - auch das kann mit zu diesen Vorstellungen zählen, ebenso wie die Vorstellung: der Einzelperson zurechenbare Ungerechtigkeiten werden ausgeglichen werden in einem Jenseits, in einer Transzendenz, die Welt ist so, dass sie das ausgleicht, dass sie den Bösen nicht entgültig zum Zuge kommen lässt, sodass es dabei nicht bleibt, sondern durch eine unbestimmt wie, aber doch stattfindende spätere Folge wieder gutgemacht, und dieses Auseinanderfallen von Moralisch- und Glücklichsein geheilt wird. All das gehört zu diesen Vervollkommungs- und Entwicklungsgedanken mit dazu.)
13. Und schliesslich haben wir dann da oben die letzte Quelle von Glaubensvorstellungen, das wären die Begriffe (im Entscheidungsdigramm links aussen): die Zusammenfassung von Fällen von Möglichem, man erwägt Mögliches und fasst es zusammen in Gruppen von Fällen, die sich ("in praktisch relevanten (einen Unterschied im Handeln) begründenden Hinsichten") von andern Fällen unterscheiden - das ist schon fast der Begriff des Begriffs. Diese Begriffe bilden ein System, und da kann man nur sagen, alle metaphysischen Überlegungen, wie die Welt ein Korrelat von einem solchen Begriffssystem (oder Resultat des Sich-Selbst-Denkens), genauer: "wie ein Begriffssystem gebaut" sein kann, sind Inhalt einer entsprechenden Glaubensvorstellung. Die tritt teilweise zumindest ähnlich auf wie die Kosmologie, aber soweit es sich überhaupt um etwas derartiges handelt, ist das eine Kosmologie, die sehr stark fokussiert auf die begriffliche Natur der Welt-Ordnung - sie ist aufgebaut aus abstrakten Ideen oder Vorstellungen, die für sehr vieles stehen, und das teilt sich dann auf, die Analyse dieser Vorstellungen liefert dann die nächsten Stufen, und das gestaltet sich selbst (vgl Zusatz, zweitens, zu Abs 9 oben), es differenziert sich selbst aus, die reale Welt entsteht als eine Folge davon, und das ist dann natürlich immer noch enthalten in solchen Systemen wie von Hegel - das ist immer noch RELigion pur, natürlich... nämlich so wie man denkt - DAS DENKEN und vor allen das Denken über das Denken ist da ein Wirk-Mechanismus, mit dem man die Welt wie sie ist und entstanden ist, erklären kann, sie IST so, eine Konkretisierung der abstraktesten Begriffe, bis nichts mehr fehlt - diese Maximal-Konkretisierung ist das Reale. Also so etwa wird diese Glaubens- Vorstellung ausgedrückt - man könnte genauso gut sagen, die Idee, die in die Welt hineinstrahlt. Da das alles Kategorien sind, in denen wir unser Handeln entlang anwachsender Erfahrung organisieren und vor-strukturieren, personale Vorgänge, die von Personen ausgehen und an sie gebunden sind, kann man das alles auch der Überperson Gott oder den Göttern zuschreiben, und die Ideen mit den Gedanken und Begriffen Gottes identifizieren - als solche sind sie perfekt, "muster-gültig". Der perfekte Kreis ist das Vorbild für alle Realkreise, bei Platon gibts ja diesen Übergang oder eigentlich Sprung vom Abstrakten, den Formen, Zahlen, und den Grundbegriffen überhaupt mathematischer Art, zur Welt. Die ist einfach nur ein Abbild; die Abbildungs-Beziehung wird ihrerseits nur bildhaft beschrieben als eine Art Schattenwurf des Idealen - die reale Welt einfach eine unvollkommene Realisierung der Idealgestalten, Idealfiguren - kein realer Kreis kommt an den Idealkreis heran, der hat ja auch nur einen Begriff (Definition), eine Konstruktionsvorschrift... und trotzdem gibt es eine ÄHNLICHKEIT zwischen dem Real- und dem Idealkreis, beides sind Kreise, so wie es zwischen uns als Personen und Gott eine Ähnlichkeit und eine Ebenbildlichkeit gibt, obwohl er der ideale ist, und wir sind - auch für uns! - nur Gottes unvollkommene Abbilder. Alles das ist im Horizont dieser Art Optimalhypothese "die Welt ist ein Begriffssystem" - nein sie IST gebaut wie unser System der Begriffe von ihr - sofern wir unserer Glaubensvorstellung Ausdruck geben. Zusatz. Hier einmal mehr das unvermeidliche "Ringen um Ausdruck" (nicht nur meines, sondern auch dasjenige der Metaphysiker und Kosmo- oder Theologen) zu bemerken, wenn es um die beiden Aspekte von Weltgeschehen (das kausal zu erklären wäre) und Welt-Sinnhaftigkeit (das teleologisch, "vom gedachten Weltzweck her" zu erklären wäre) geht, der "auf Dauer" als in der realen Welt in EINEN zusammenfallend soll gedacht werden können: Die Ideal-Welt oder das Welt-Ideal ist "Korrelat" von, oder Entsprechung zu etwas in UNSERER Praxis, dasselbe, aber eben ideal, optimal, fertig - kausal wirksam - aber als diese Entsprechung zu etwas in unserer Praxis, die ständig fortschreitet zum nächsten, durch Handeln, Wissenerwerben usw, ist es auch RESULTAT, und irgendwie ständig sich ent-wickelnd, dynamisch, nicht fertig zu denken. (Gott oder die Weltordnung oder die Karma-Regeln usw müssen ja schon auf UNS und unsere erratischen, unpassenden Eingriffe in die Welt reagieren, und sie zum Guten lenken... so lautet schliesslich die Annahme, bis zum Beweis des Gegenteils...)
14. Damit ist man nun wieder zurück bei den Praxis-Kategorien, die mit diesen Entscheidungsebenen und zugleich mit diesen Glaubensvorstellungen erschlossen sind, die zugleich verbunden sind mit dem Scheitern der normalplanerischen Versuche, auf den jeweiligen Ebenen bzw in dem betreffenden existenziellen Zeithorizont ein Erwartungssystem zu finden, das sich auf Dauer als haltbar erweist (in dem Sinn, dass einen nichts mehr überraschen kann). Auf der 4. und 5. Stufe/Standpunkt werden in der Tat Kategorien erschlossen, die für das Planen der Normalplner eigentlich jenseits dessen liegen, was sie (zumindest ein EIGENER Sache) überhaupt erwägen - bei ihnen ist das alles in der Normalitätsvorstellung, im Regelsystem enthalten, und da dreht man nicht dran, jedenfalls nicht an ihm als ganzem, das heisst: Die Normalität wird nicht als Hypothesenprodukt, als Strategie-Entwurf, aus dem man ausgewählt hat, verstanden, als Hypothesensystem, wo die Hypothesen ja als solche jederzeit zur Falsifikation und zur Abänderung anstehen, sondern es ist eben DIE NORMALITÄT - und die wird geändert bei Bedarf, eventuell werden auch bloss die Rahmenwerte verändert, die Erwartung dessen, womit schlimmstenfalls zu rechnen ist und womit bestenfalls, aber das wird nicht nochmal abgeleitet aus Hypothesen, sondern "hat sich so (uU im eigenen Aufwachsen) bewährt". Auch wenn es - etwa im Rahmen von Staatsräson - Regeln sind, in diesem Rahmen, mit denen bei gegebnem Erfahrungsstand versucht wird zu raten/ erschliessen/ bestimmen, was haltbar ist an vorkommenden Anträgen, Vorschlägen, Entschlüssen usw irgendwelcher Untertanen oder was an deren Überzeugtheiten haltbare Meinung ist - das gehört alles mit zu diesen Regeln der Staatsräson. Das ist dann aber auch schon das höchste, was man auf dieser Grundlage zustandebringt, dh. es ist immer eingeschlossen in die Borniertheit, von der aus gesehen alles weiter zu Wissende kurios sein mag, eine Freizeitbeschäftigung, aber nicht wirklich entscheidend, es ändert für sich genommen an der Normalität nichts, und schon garnicht ist diese Normalität im Zustand der permanenten Modifizierbarkeit durch - neue Hypothesen begründende - Erfahrungen (ein Dazulernen), oder durch erweiternde Begriffe, die Heuristiken liefern könnten für das, wonach man sich umschauen und suchen oder versuchen könnte. Diese Kategorien kommen also erst jetzt in Glaubens-Vorstellungen hinein. Dh. es gehört mit zum Erbteil einer zumindest fortgeschritten gebildeten RELigiösen Existenz, dass das Kernselbst und das zu verwertende Wissen zusammengefügt werden unter Ausbildung von Hypothesen - derartiges zu denken ist durchaus im Horizont einer solchen Existenz - , und zwar Hypothesen, die wie beschrieben erfahrungsbegründet subjektive und objektive Dispositionen (versuchsweise) behaupten: subjektive Hypothesen unterstellen (einstweilen, bis zur Widerlegung) Regularitäten im bezug auf das Kernselbst-Verhalten: Was macht es krank? was sind seine Anforderungen? was ist schädlich und günstig für die Handlungsspielräume?, was kann es? einerseits; andererseits: "objektive" Hypothesen, also solche über die Welt, mit der man da arbeitet, zumindest in einem bestimmten Raum. Und aus beiden zusammen werden Strategieentwürfe, mögliche, Reproduktions-Züge, die man dann alle in eine Praxis integriert, als Plan in einer bestimmten Umgebung, weil dort eben bestimmte Chancen und Risiken vorgefunden werden, zumindest hypothetisch, die es sinnvoll machen, sich dort zu reproduzieren, zumindest das zu versuchen - weil man dort für Reproduktion hinreichende Lebensbedingungen vorfindet.
15. Also dass man tatsächlich so rational vorgeht, und dann natürlich auch Begriffe entwickelt, und durchaus sucht und exploriert, gehört noch zum Horizont einer RELigiös experimentellen Lebensführung, Lebenseinrichutng, sofern sie diese Kategorien vermittelt bekommen hat, also die Träger dieser Lebensführung das vermittelt bekommen und lernen, und damit auch tatsächlich die Resultate des Reifungsprozesses der Vorepoche vermittelt bekommen. Das alles ist an sich nicht notwendig, so sage ich, um eine RELigiös-experimentelle Lebensführung auszubilden, aber es macht sie doch sehr robust. Das heisst also: die Gebildeten, die Virtuosen (Max Weber) einer RELigiös lebenden Gesellschaft, verfügen normalerweise über diese Bildungsinhalte, und arbeiten auch mit ihnen. Natürlich arbeiten sie damit auch an ihrer Glaubensvorstellung - sofern sie anfangen sich an ihr abzuarbeiten. Normalerweise ist diese Glaubensvorstellung intakt; in einer genuin RELigiösen Lebensführung, Lebenseinrichtung wird am Glaubenssystem eigentlich überhaupt nichts verändert - das ist da meist gut so, wie es ist, und genügt erst einmal. Es kann aus Kategorien gebildet werden, die aus allen 5 Planungs-Ebenen stammen können, das ganz einfache Gott- oder Weltvertrauen reicht aber schon, das ist die simpelste Optimalhypothese - und die ist genauso gut wie ein platonischer Ideenhimmel, oder was auch immer dazwischen liegt. All diese Glaubenssysteme haben einander nichts voraus - es ist immerzu nur die leitende "Optimalhypothese", mit einem Inhalt besetzt - so dass man sagen kann: das unterstelle ich jetzt, das glaube ich jetzt (bis auf weiteres). Wenn und solang man das kann, reicht es völlig, und darunter findet dann diese rationale, maximal vorsichtige, aber nicht ängstliche Lebenseinrichtung statt, die mit ebenso vorsichtig-ungeängstigter Exploration, mit Forschung usw völlig vereinbar ist. Allerdings nur im bezug auf die Reproduktion und eingeengt (was nicht unbedingt auffallen muss) durch die Schranken dieser Einrichtung, denn darüber hinausgehen würde man ja nur, wenn man in irgendeiner Weise verführbar wäre, wenn man in irgendeiner Weise sich etwas versprechen würde. Etwas andres ist es, wenn man Zeit und Reserven an Ressourcen hat, zB weil man abgeordnet ist von seiner Stadt, geh mal hin, erforsch mal diese (Handels)Route - das geht alles - nur eben nicht so gut, wenn man sich allzuviel davon verspricht, und es sich unbedingt lohnen muss; sondern am besten geht es mit experimentell-forschender Grundhaltung; darin ist auch eingeschlossen, dass man erstmal und im Kern immer noch weiter sich um seine Reproduktion sorgt, und wenn in dem Rahmen - etwa einer kollektiven Reproduktion - Exploration möglich ist, nimmt man das als Möglichkeit wahr, wenn sie sich anbietet und zwangfrei erschlossen wurde. Aber nicht vorher, darum weil man damit irgendwie übersteigerte Erwartungen verbindet, und jemand (wer sonst als der Teufel?) einem eingeredet hat, wie grossartig das wäre, und was für eine eine Chance sich da bietet. Solche Chancen nimmt man als experimenteller Mensch nicht wahr. Nur die ganz zwang- und erwartungsfrei zu erprobenden.
16. Das heisst aber, dass man in diese Lebenshaltung doch mit einer sehr überzeugenden Lerngeschichte eingewiesen werden muss, weil natürlich die hinter dieser Einstellung steht. Die Menschen kommen schliesslich nicht als RELigiös Glaubende zur Welt, so wie sie übrigens auch nicht sprechen können, sie müssen das auch erst lernen (oder ausbilden, wo nicht gesprochen wurde). Dh. diese RELigiöse Einstellung muss gelernt werden, und da gehört die Tradierung, Vermittlung des Weges, der dorthin führt, der Weg des Scheiterns in irgendeiner Weise mit einem der OPP-Stp.e, am besten mit allen, mit dazu. Aus der Geschichte wissen wir: das wird - vielleicht mit Ausnahme gewisser Strömungen des Buddhismus - im allgemeinen vernachlässigt. Dh. also allein den RELigiösen (Glaubens)Inhalt zu vermitteln, genügt nicht - es ist schon so, dass wenn man sagen kann: es wird was vermittelt (und den RELigiösen Inhalt zu vermitteln KANN uU das einschliessen, es werden ja Aussagen gemacht über die Lebensführung... sehr viele sogar, Seelsorge, das gute Leben usw das gepredigt wird vonseiten der Weisheitslehrer oder der RELigiösen Pioniere, oder auch der RELigiösen Lehrer, der göttlichen womöglich sogar) - dann ist das oft meist sehr lückenhaft. Und das heisst nichts anderes als: Das wirklich Überzeugende, das Prägende dieses Übergangs muss immer wieder mühsam nach- und herausgeholt werden aus, sagen wir mal, den Hüllen, die sich ihm sofort anlegen, wenn jemand sie nicht durch Bildungsanstrengung abweisen, abwehren kann, also durch Nachvollzug der Wege, die zu dieser desillusionierten Lebensführung geführt haben. Umgekehrt könnte man sagen, ohne diese Vermittlungs- und Bildungsanstrengung hat einer die Eierschalen noch nicht abgestossen, er ist noch nicht heraus aus dieser bei ihm wieder beginnenden OPP-bedingten Erwartungshaltung. Das heisst, wenn ihm das nicht aktiv ausgetrieben wird und ihm nicht eindrücklich nachvollziehbar gemacht worden ist, warum er das nicht machen soll, schliessen sich an die ihm vermittelten RELigiösen Inhalte die bedingten Erwartungen wieder an. Sie werden Inhalt eines normalplanerischen Erwartungssystems, und das bedeutet auch, dass er den Raum, diese riesige Lücke zwischen der Immanenz und der Transzendenz, wieder zu schliessen versucht. Die Probleme, die er anschliessend damit bekommt, nennt man normalerweise Glaubenszweifel - und wenn die erstmal erfolgreich abgeschlossen sind, also einer gezweifelt und hernach seinen ersten Zweifel befriedigend aufgelöst hat, ist er da noch immer nicht raus. Denn das Ziel aller solcher Tätigkeit, den Zweifel hinter sich zu lassen, ist, sich mit der einfachen Optimalhypothese, die auch tatsächlich Inhalt der RELigiösen Botschaften ist, zufriedenzugeben. Über die ganze Geschichte der RELigiösen Lebensformen hindurch, das sind immerhin mindestens zwei-, dreitausend Jahre, hält dieses Zurücksinken in vor-RELigiöse Einstellungen, aber MIT den tradierten RELigiösen Inhalten, an. Dh. also die Vereinfachung, dieser Ausschluss von normalplanerischen Möglichkeiten, wird rückgängig gemacht, und diejenigen, die zurückfallen, regredieren, sie sehen wieder mehr Möglichkeiten, die sich an die Vorstellungen einerseits, mit denen sie aufgewachsen sind, und die Lebensführung andererseits anschliessen. Das ist dann natürlich ein riesiges Feld, wo gilt: Wenn jemand anfängt, Bedürfnisse auf seine Glaubensvorstellungen zu richten, nämlich dass sie bedingte Erwartungen hergeben sollen, sowohl was die Welt angeht als auch die garantierten Sinn-Zusage, die darin enthalten sein soll - dann hat er zu tun. Dann kann er das für sich beliebig konkretisieren, dann kann er daran rumgrübeln, wie das wohl gemeint sein könnte, in den tradierten Offenbarungen und Predigten, Überlegungen, die seinem Glauben zugrundeliegen, und dann bekommt er es zu tun mit diesen beiden Anteile, also sowohl: dem Welterklärungsaspekt, den er nach der Seite der Welt hin haben möchte, das ist ab dem 2.Stp.: Dass er Wissen von Weltvorgängen aller Art in irgendeiner Weise ordnen möchte, als auch dem Sinn-Aspekt, der ihm Fragen beantworten soll nach dem, was ihn selber betrifft, sein Erweitertes Selbst, sein Kernselbst von mir aus, oder meinetwegen auch nur seine Fragestellung: Was kann ich mir erwarten, was hoffen, worauf führt das hinaus, welche Vervollkommnungsformen wird die Welt annehmen oder wie ist sie überhaupt gebaut, wie MUSS sie gebaut sein, so dass sie (auf Dauer, in letzter Instanz..) gut ist...
17. "Die Welt ist, wie sie ist WEIL sie gut ist? wie hab ich das zu verstehen?" Daran arbeitet er sich ab. Und diese ganzen Formen und Inhalte des Sich-Abarbeitens nenne ich in meinem Jargon GLÄUBIG - also gläubig ist nichts andres als normalplanerisch aufgegriffener genuin RELigiöser Inhalt, und das Umgehen damit. Das Auffällige und, wenn man so will: Lärmende am RELigiösen Leben ist praktisch die Arbeit an der Rückkehr in die einfache, genuine RELigiosität, das Sich-Abarbeiten an diesen Erwartungen und das Wieder- oder erstmalige Wegarbeiten dieser Erwartungen (oder auch der diese Erwartungen begündenden Hypothesen), in die man zurückgefallen, oder mit denen man überhaupt gestartet ist, weil man die genuine RELigiosität selbst nicht auf angemessene Weise vermittelt bekommen hat oder sie nicht aufgefasst hat. Was aber auch schwierig genug ist... Denn die RELigiösen Virtuosen scheitern immer daran, das zu predigen also zu vermitteln, was sie sich selber an Errungenschaften erarbeitet haben, und normalerweise sind sie ja auch in ihrer RELigiosität meist nur relativ weit fortgeschritten, aber nicht endgültig. Dh also die ganze Epoche, die geprägt ist vom REligiösen Denken, ist erfüllt von solchen gläubigen Aktivitäten, sowohl vom Ringen um Glaubensinhalte, Welterklärung, Sinnfindung und Sinnstiftung einerseits, und andererseits dem Beziehen aufs Leben - denn der Chorismos, die Trennung von Transzendenz únd Immanenz, soll ja dauernd überbrückt werden, wenn man normalplanerisch herangeht an die RELigion, und da geht es natürlich immer um solche Fragen wie diese, wie sich das Leben ändert, wenn ich zB unsterblich bin usw - das sind alles komplett "wieder-normalplanerische" Fragestellungen, die Anzeichen sind für unreife, "gläubige" Formen von RELigiosität. Und wir können noch etwas sagen: Dass ein fortgeschrittener Inhalt in einem solchen Rahmen, der ihm nicht gemäss ist, aufgefasst und aufgegriffen wird - das begründet Kultur. Also man könnte sagen, richtige Kultur entsteht eigentlich erst dadurch, dass Leute existieren, die einen Inhalt nicht so auffassen, wie er eigentlich aufgefasst werden muss, darum, weil er ihnen nicht korrekt tradiert wird - Kultur ist, so verstanden, ein Mangelzustand. Das heisst, die Normalität, die durch RELigiöse Inhalte geprägt ist, ist eigentlich ein unhaltbarer Zustand - ein Zustand, der aber tatsächlich die Entstehung grosser Kulturräume ermöglicht hat, die durch eine oder mehrere verwandte RELigionen definiert sind. In einem antiken Grossreich hat sich da jedesmal eine maximal entwickelte reife Form von RELigiosität ausgebreitet, dann kann die politische Form verschwinden, und die überlegene RELigiosität (als Weltverhältnis ist sie überlegen) bleibt - das lässt Freiheiten zu, das ist etwas, das zivilisatorisch nicht mehr verschwindet, auch das gehört zur Kultur dazu, dass eben die reife Form von Religosität im allgemeinen so robust ist, dass ihre Vertreter immerfort einen sozialen Selektionsvorteil haben, sie setzen sich durch, sie sind sichtbar die Überlegenen und können das auch immer wieder ihrer Umgebung vermitteln, aber sie können es eben nicht so vermitteln, dass die Umgebung selber letztlich diese Haltung annimmt - sie nimmt nur gerade eben die Überlegenheit wahr: Die sind immer klüger und weiser und kontrollierter, disziplinierter und kollektiv fähiger usw und deswegen sind die auch gerne gesehen als Ratgeber und Richter oder "als Seelsorger", hingegen als Handwerker Bauer Kaufmann kann man das nicht in dieser Weise ausbilden, weil man sich nicht in diesem Ausmass damit befassen kann, und den Bildungsstand garnicht hat. Geschweige denn, dass man sich auf den fortgeschrittenen Stand der "Virtuosen" hocharbeiten kann, der eigentlich niemandem wirklich vermittelt wird...
18. Jetzt wäre die Frage: ob man sich noch mit diesen unvollkommenen Formen aufhält. Ich habe das auch in dem Papier, das sich anschliesst an die Darstellung des chinesisch-kosmologischen Denkens ( https://selbstbestimmung-als-aufgabe.de/untersuchungen-und-bemerkungen-zu/religion/religioes-vormodernes-denken/ : logische grundzüge von vormodernen weltbildern der REL-stufe und ihrer verwendung) lang und breit ausgeführt - die Arbeit an dem RELigiösen Inhalt, das Zweifeln, das Verzweifeln daran und das Sich-wieder-Zurückarbeiten in die reine RELigion. Es ist in Wahrheit alles Gläubigkeit, was dort beschrieben wird, historisch sehr reichhaltig dokumentiert, und im Grunde genommen für das Verstehen des RELigiösen Denkens überhaupt nicht von Belang. Das ist mit den robusten, einfachen Formen, angefangen bei der Rationalität der Lebensführung, erledigt, spätestens, wenn sie über die 5 reifen Kategorien verfügt, und es sagt auch etwas aus über den zivilisatorischen Fortschritt, den das Vorhandensein solcher Standpunkte in einem Kulturrraum bedeutet - es ist tatsächlich sehr viel mehr praktisch möglich, weil solche Leute, die experimentell vorgehen, eine andere Einstellung haben zum Unbekannten. Sie wachsen in das Unbekannte auch hinein, und man kann ganz sicher sagen, dass so etwas wie ein Mittelalter, also das Epochen-Projekt einer Besiedlung von Randzonen mit dem Ziel, dort ein Zivilsationsniveau herzustellen, das ursprünglich mal entwickelt wurde in naturräumlich bevorzugten Regionen, überhaupt nur von fortgeschrittenen RELigiösen Virtuosen, ihren Schülern, ihren Zöglingen, den Gläubigen, die sie erzeugt haben, in Angriff genommen werden konnte.
Wir müssen uns dann fragen, ob es so etwas gibt wie eine Fortschritts- oder Reifungsbewegung in Analogie zu der, die wir bei den Normalplanern gesehen haben, nur jetzt für die genuin REligiösen. Wie sieht ihre Vergesellschaftung aus, und kann es sein, dass sie in IHREN Vergesellschaftungs-Vorstellungen und -Praktiken tatsächlich einen Anhaltspunkt entwickeln für den Fehler ihres Weltverhältnisses - so wie die Normalplaner im Aufstieg durch ihre Stp.e? Also: Kann es sein, dass die Selbstreflexion, die spätestens daraus resultiert (von mir aus auch in gläubigen Formen, denn vielleicht wird vieles von dieser Arbeit auch mit gläubig degenerierten, in OPP zurückgefallenen Glaubensinhalten veranstaltet, und deren Vergesellschaftung, also:) - kann es sein, dass da ein Mangel entdeckt wird? Dem möchte ich mich dann nächstes Mal zuwenden.
Nachbearbeitung: Der Übergang OPP>REL
Wie schon in der Einleitung zu 4b angedeutet, war dieser Übergang mir bis zum Zeitpunkt der Vorträge noch nicht klar. Das erklärt die zT erhebliche Verworrenheit der Darstellung, angefangen bei 3c, die dann leider mehr oder weniger anhält bis in den vorstehenden Vortrag 4d (und auch die mitgelieferte Grafik oben) hinein. Ich hoffe, mit den folgenden Klar- und Richtigstellungen dem abzuhelfen; ich fasse damit auch die bereits angebrachten Korrekturen und Ergänzungen im Transkript nochmals zusammen.
1. Eine sehr wichtige Klarstellung betrifft die These, die in der Grafik oben (kleine Tabelle unter der grossen) durch die 5+1 roten Pfeile in der Spalte zwischen OPP- und REL-Spalte ausgedrückt sein soll: Alle Resultate, die sich aus einem "Scheitern" auf einem der 5 OPP Stp.e ergeben, nämlich die jeweilige Kombination aus Kategorie und Glaubensvorstellung, münden zunächst einmal nur in einen entsprechend "gebildet" ausfallenden 1.REL Stp. Die nachfolgende "Karriere" durch die REL-Spalte nach "oben" ist eine eigene Entwicklung aus diesem immer als erstes eingenommenen REL-Stp. ((Der Übergang in die je nächst-linke Spalte (also auch der REL>MOD), historisch bei Pionieren, oder in einem Bildungsgang nachgeholt, findet so statt, dass das erste Feld (=1.Stp.) der nächst-linken Spalte betreten wird, und sich von da aus der Aufstieg durch Vergesellschaftungsmodi und entsprechende "Reifungsschritte" des Weltverhältnisses in dieser Spalte ergibt. Allenfalls kann es sein, dass durch entsprechende Bildungserfahrungen in der "alten" Spalte der Weg in "höhere" Zeithorizonte=Stp.e der neuen Spalte, und die Notwendigkeit, sich zu ihnen im Rahmen des neuen Weltverhältnisses zu stellen, "gebahnt" ist. Erst dieser Gedanke rechtfertigt es, die gleich-zahligen Stp.e der verschiedenen Spalten als einander korresponierend, "parallel" und in ein und derselben "Zeile" unmittelbar benachbart angesiedelt darzustellen. Die Möglichkeit eines unmittelbaren Übergangs "in der Zeile" wird damit aber nicht behauptet - allenfalls eben die relativ "schnelle" Erschliessung des "Nachbar-Stp.s", wenn der Weg durch die linksstehende Nachbarspalte schon durch Bildungsprozesse tradiert und somit "gebahnt" ist.))
2. Diese erste These ist allerdings durch eine zweite zu ergänzen: In den "höheren" (Vergesellschaftungs-)Stp.en der REL-Spalte (die jetzt erst im folgenden Vortrag 4e besprochen werden) werden sukzessive die zumindest implizit in den - auf höheren Stp.en der OPP-Spalte (nämlich in deren Scheitern) erschlossenen - Gedankengebilden (Glaubensvorstellungen, theologische, kosmologische/metaphysische Spekulationen usw) enthaltenen Kategorien benutzt, um die Stp.e der jeweiligen REL-Stufe auszudrücken. ((Allerdings auch hier wieder mit einer entscheidenden Modifikation (ausgeführt im nächsten Vortrag 4e): Die Stp.e der REL Spalte werden formuliert mit VERBINDUNGEN der Kategorien aus dem je "parallelen" OPP-Stp. und denen aus dem nächsthöheren OPP-Stp: zB im 3.REL Stp. werden Kategorien (Kernselbst und Restunbekanntes) des Plan- bzw Strategieentwurfs-Konstruierens (also solcher, die aus dem Scheitern des 3.OPP STP,s, des "Staatsdenkens" (Ineinander-Überführen von zunächst unvereinbaren Individualitäten in EINE), resultieren) verbunden mit und bezogen auf Kategorien, die aus dem Scheitern des 4.OPP Stp. hervorgehen (hypothetischer Fortschritt.., Hypothesenbildung...). Wobei man sich immer fragen kann, inwiefern die "Praxis"-Kategorien des Entscheidungs-Diagramms nicht "schattenhaft" immer schon bereitliegen. Die Zuordnung solcher Kategorien zum Scheitern auf einer Stufe der OPP-Entwicklung ergibt sich dann vielleicht präziser unter dem Titel: endgültig "EXPLIZITE" Ausbildung der Kategorie X als notwendig zu berücksichtigende - etwa in einem Glaubens- oder metaphysischen oder "ethischen" System...))
3. Für die im Übergang bzw Scheitern zu erbringenden kognitiven (Haupt-)"Leistungen" sind in den Vorträgen 3c bzw 4a ff. verwirrend unterschiedliche Formulierungen bzw Listen benutzt worden, in unterschiedlicher Zusammensetzung kamen darin vor: (Un)Bedingtheit (der Lernregel) (nichts mehr) Erwarten; Erweitertes Selbst abgetrennt; Kernselbst abgetrennt; Rahmenwerte maximal: - für Risiken; - für Bestdenkbares. Diese Konfusionen lassen sich wie folgt bereinigen (es geht, wohlgemerkt, zunächst immer um kognitive "Reifegrade" des 1.REL Stp.s; entsprechend der Modifikation in 2. eben sind für "höhere" REL-Stp.e je angemessen höhere Reifegrade erforderlich):
a) im "Schamanen"-Scheitern (endgültig akzeptierter "Kontrollverlust") wird der Rahmenwert für Risiken tendenziell auf ein Maximum gesetzt: jederzeit kann alles passieren. Im Mass, wie das tatsächlich generalisiert wird, und man sich "nirgendwo mehr sicher" fühlt, ist auch die "Un-Bedingtheit" dieser Einstellung hergestellt, sie gilt nicht eingeschärnkt auf bestimmte Bedingungen. Die Einstellung schliesst zugleich aus, dass man sich die Lizenz erteilt, mit bestimmtem NICHT rechnen zu müssen. Anm an dieser Stelle: Präzise hätte es in den Aufzählungen der wegzuarbeitenden Einstellungen heissen müssen: Wegfall der Unterscheidung zwischen solchem, mit dem man (als gewiss, wahrscheinlich, möglicherweise/wenn auch selten oder nie) rechnen MUSS (bzw das erwartet werden kann), und solchem, mit dem man sicher ("nach menschlichem Ermessen") NICHT rechnen muss. Der letzte Punkt ist jener, der die entgeisterte dritte Frage in 3a nach sich zieht: Wieso (aufgrund welcher Maximen zur Bestimmung des genannten Unterschieds) hätte man DAMIT rechnen müssen? (seltener: ...dürfen (hier eher im Sinne einer Verpflichtung): Wenn es sich um positive Überraschungen handelt, auf die man hätte vorbereitet sein können - aber nicht war... und in DEM Sinn hätte rechnen SOLLEN/MÜSSEN. Hingegen Wegfall auch des "darf" im Sinne einer Lizenz hier freilich eher im nächsten Schritt, vgl. nachfolgenden Punkt b))
b) Am verworrensten waren wohl die Angaben, die ich in den Vorträgen zu den Konsequenzen des Scheiterns auf dem 2.OPP Stp. gemacht hatte. Der Stp. SELBST soll ja bereits eine kategoriale Errungenschaft aufweisen, nämlich das (tendenzielle, der Zusatz ist bei dieser Art Betrachtung immer angebracht) Aufbrechen der Normal-Erwartungen auf der elementarsten, der "Zweck"-bestimmenden Ausführungs- oder (Versuchs)Absichts-(Bildungs)- oder Planungs-Ebene - zumindest in der "öffentlichen" Sphäre; die erhaltene Rest-Normalität bezieht sich vor allem auf Bestimmungen "lohnender" (Gesamt)Budget-Verwendungen - für Ermittlungen praxis-relevanten Wissens bzw Wiederherstellung und/oder Ersatz "beschädigter" Praxis-Bestandteile, Problemlösungen, Techniken und Prognistiken - zu all dem gehören durchaus auch "für lohnend gehaltene Experimente"; Budgets auch für Durchsetzung "legitimer" ("überragend-viel lohnender als die der Gegner") kollektiver Prioritäten bzw Zurückweisung entsprechender Ansprüche anderer usw. In das "Scheitern" in Richtung REL (zunächst nur 1.REL Stp.) wird die "Praxis"-kategoriale Unterscheidung in Erweitertes Selbst und (uU zu erforschendes) Restunbekanntes (bzw neu zu verwendendes bestehendes Wissen, uU auf Bedingtheiten hin zu untersuchendes) eingebracht, und damit die in den Vorträgen (und auch der Grafik oben) öfter angesprochene "Dynamik" und Öffnung in Richtung eines durchaus aktiven (wenn auch maximal vorsichtigen) Explorierens - erst einmal zur Sicherung der bestehenden Reproduktion, eben des "Erweiterten Selbst". Das spezifische "Gescheitertsein", verglichen mit den Überzeugtheiten und Entschlossenheiten des 2.OPP Stp., zeigt sich in genau dem Punkt "maximal vorsichtig": Die Versuchungen, die trotz "Schamanen"-Kontrollverlusts übrig bleiben, bestehen darin, in "lohnende" Versuche zur Risiko-Reduktion zu "investieren" - generalisiert könnte man sagen: Die Kategorie des Versäumnis-Risikos wird hier weggearbeitet. Anders gesagt: Der Rahmenwert für das Bestdenkbare wird maximiert, anders gesagt, der Unterschied zwischen dem, womit gerechnet werden darf und womit nicht, wird beseitigt - es darf mit ALLEM (auch dem Bestdenkbaren) gerechnet werden. Noch anders gesagt: Es wird nicht mehr mit bestimmtem gerechnet bzw es wird nicht mehr erwartet (auch nicht mit bestimmten "(Un)Wahrscheinlichkeiten"). ABER: All das gilt zunächst bloss für die aktuelle Reproduktionsweise mit ihrem "Umfeld" an Alternativlösungen - insofern noch immer: BEDINGT. Das Resignations-Thema hier ist: das Verzweifeln an der Kategorie des berechenbar "Lohnenden" (also auch Entschlossenheiten und autoritären Überzeugtheiten) - wie gesagt, AUCH und selbst da, wo es um Sicherung gegen bekannte Gefahren geht - sofern dafür Ressourcen-Budgets investiert werden, die sich in bestimmten Hinsichten, in bestimmtem Mass, als "erfolgreich" erwiesen haben müssen (das gilt auch für die Bestätigung von Einschätzungen), um sich "wie erwartet" gelohnt zu haben.
c) Mit Ausdehnung der Einstellung b) (kein Versäumnis-Risiko mehr) auf JEDES denkbare Erweiterte Selbst, maW auf das Kernselbst (das Überleben mit Erhalt der leiblichen Voraussetzungen für einen Neubeginn) wäre dann auch die Forderung nach UNBEDINGTHEIT erfüllt. Erst mit diesem Schritt wäre die volle "Experimentalität" des Weltverhältnisses erreicht. Die in den Schritten a-c mit-enthaltene Optimal-Kategorien (etwas der Art ist bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen...): - des minimal-suboptimalen Optimismus ("es wird sich immer irgendwie eine je nächste Problemlösung ergeben, und wir werden rechtzeitig davon erfahren."), - der Nicht-Versäumbarkeit ("jede Chance wird sich irgendwann wiederholen, jeder Schade sich von selbst, oder mit erreichbaren Mitteln, reduzieren: es gibt keine ein für alle Mal versäumbaren Chancen auf eine dauerhafte Risiko-Reduktion"), - der grundsätzlichen Erreichbarkeit vorläufig stabiler Verhältnisse aus jeder Ausgangssituation, in jeder Umgebung ("die (Welt)Ordnung stellt sich (darin körper- und kernselbst-ähnlich) aus jeder Störung auf Dauer wieder her, wenn man sich von den rationalen empirischen Hinweisen auf Bedingungen (für leibliche Reproduktion; für reguläre Effekte: KS1,2; RU 1,2) leiten lässt): Diese Optimal- oder Ideal-Vorstellungen sind Kerne (wenn man so will: Explikationen) jedweder Glaubensvorstellung, mit der sich genuin RELigiös zur Welt Verhaltende (die durch Hinzunahme der je nächsten Vorstellung zu den schon bestehenden einen entsprechenden "Reifegrad" ihres RELigiösen Weltverhältnisses erlangt haben) ihre Optimalhypothese zurechtlegen. Die "rationalen empirischen Hinweise" stellen dabei quasi die maximal-ausdifferenzierte Form dar, die Resultate von Lernen unter Normalplanungs-Voraussetzungen überhaupt annehmen können: Bedingte also themen- oder praxis-bereichs-bezogene Rahmenwerte, wobei die wichtigste "Bedingtheit" entsteht durch je getrennte Ermittlung solcher Rahmenwerte für "leibliche Reproduktion" und "reguläre Effekte" - immer aus Erfahrung, nachdem sie stattgefunden hat; aber nicht aus Hypothesen-geleiteter Forschung. Die überlegene Vernunft der Regierungen speist sich also im wesentlichen aus "bewährtem" Wissen um das, was auch schon in der Vergangenheit immer gescheitert ist; es ist Wissen um "menschliche Möglichkeiten und Grenzen", uU ausgedehnt auf die gesamte Gesellschaft, aber auch bewährte Techniken und Prognostiken, schliesslich und vor allen Dingen aber bewährte Techniken der Konsensstiftung und des Erhalts gesellschaftlicher Stabilität. Da Regierungen bisher einer Gesellschaft Vorgaben machen, die ihrerseits mit denselben Kategorien Alltag und Ressourcen-Budget-Verwaltung bestreiten, steht konstruktiven Dialogen der Angehörigen der hier beteiligten Ebenen nichts im Weg: Rückmeldungen der untergeordneten Instanzen werden durchaus ins Gesamtbild eingebaut und führen womöglich zu Anpassungen, wobei Änderungen im Hin und Her auch noch der höchsten und offiziellsten Rahmenwerte nicht anders stattfinden als bei den Untertanen der Staatsmacht (ausser dass Regierungen im allgemeinen informiert sind durch historische Erfahrung mit "vergleichbaren Situationen", aus denen "gelernt" wird). Das gilt vor allem auch für Fälle, in denen es die Staatsmacht besser zu wissen meint als alle nachrangigen beteiligten Instanzen, und sich als von aussen kommendes "Vernunft"-Interesse, als volonté générale, gegen "die Zivilgesellschaft" mit ihren un-integrierten Forderungskatalogen, volonté de tous, durchsetzt - ein (ansonsten ungewohnter) Einheits(gegen)wille massgeblicher Teile dieser Gesellschaft, also die überraschend eindeutige und affektiv aufgeladene Rückmeldung von unten, kann da durchaus zum Einlenken führen - wie unter OPP Voraussetzungen nicht anders zu erwarten: Hat sich als nicht haltbar erwiesen.
d) Die Intensität wahrhaft unlösbarer moralischer Konflikte (im Gegensatz zu vorübergehenden Abweichungen von Pfad, der zurück in die bewährtermassen haltbare alte oder auch mal neue Ordnung führt) kann sich also so richtig erst an Staatsprogrammen zeigen, die jedes für sich beanspruchen das haltbare, die auf Dauer haltbare Ordnung (uU die zwischen Staaten, der Zustand des absehbar ewigen Friedens) zu sein, und sich dabei mehr oder weniger flächendeckend in die Quere kommen. Die Vorstellung von Haltbarkeit (bzw haltbarer Konfliktlösungen) bewegt sich im Verlauf der Geschichte durch allerhand kulturelle Stufen und Steigerungen hindurch (es geht da eben auch um die Ausdifferenzierung der Bedingungen für haltbare Rahmenwerte, also die Abgrenzung gesellschafts-relevanter, gemeinwohl-dienlicher Staats-Praxis-Bereiche, die von den untergeordneten Instanzen nicht mit bearbeitet werden können) - vor allem natürlich auch durch die gläubig-normalplanerisch angeeigneten, eigentlich über Normalplanung hinaus fortgeschrittenen Welt- und Vergesellschaftungsverhältnisse hindurch. Dabei werden selbstverständlich die üblichen Vor- und Zwischenstufen durchlaufen, angefangen beim Versuch, den Andern zu entwaffnen und entmündigen (1.Stp.), dann in ein Rechtsverhältnis einzutreten, schliesslich zu verlässlichen, interessen-basierten und interessen-orientiert anpassbaren stabilen Verhältnissen zu gelangen. Stabilität auf diesem Niveau schliesst Konflikt-auf-Dauer aus. Wie, wenn da mit "bewährten" Erfahrungen für die Zukunft erwartbar ist, dass der Widerspruch zwischen zwei gleich berechtigten Anliegen einfach nicht zu schlichten ist? Kann es solche Konflikte überhaupt geben? Die Idee einer "empörenden" Ungleichentwicklung (zweier Individualitäten: Gruppen von Rechte-Inhabern, die sich grundsätzlich wechselseitig als solche anerkennen, und - aus ihrer jeweiligen Sicht - fundamental verschiedene also ganz "eigene", und ZUGLEICH auf Dauer unvereinbare Projekte verfolgen) ist ja ganz und gar mit dem 2.Stp verknüpft; aufs Niveau einer Staatsräson angehoben, "politisiert", könnte sie bloss auftreten als völlig unterschiedliche, die je andre ausschliessende ("bewährte") Umgangsweise mit solchen Entwicklungen, am einfachsten und aufgrund der vorausgesetzten Unvereinbarkeit der involvierten Interessen als Parteinahme einer Regierungspartei für die eine oder die andre Gruppe. Eine Besonderheit des staatlichen Interessen- und Meinungs-Verwaltens ist, die Einzelfall-Entscheidung im Licht ihrer Hochskalierung oder Verallgemeinerbarkeit zu fällen - die Maxime, die dem Einzelfall-Urteil zugrundeliegt, sollte als allgemeines Gesetz gedacht werden können, also ausfallen, als wäre sie aus einem solchen abgeleitet. Allein dadurch wird ja der staatskluge Blick weit über die Schranken einer blossen Aufrechterhaltung bewährtermassen stabiler Verhältnisse auf die Möglichkeit ihrer Sprengung gerichtet; damit zugleich ausgeschlossen sind Bevorzugung von Minderheiten (stattdessen gleiches Recht für alle - möglichst mitsamt Ausgleich naturwüchsiger oder "system-bedingter" Nachteile) ebenso wie Missachtung "elementarer" Minderheitenrechte (die die Minderheit in Staatsfeindschaft und Auflehnung treibt). Ein weiterer zentraler Gesichtspunkt der Interessenverwaltung im Dienste des Gemeinwohls ist die Ent-Schärfung, Ent-Dramatisierung von konsens-sprengenden Gegensätzen, indem die konfligierenden Gehalte aus der öffentlichen und Gemeinwohl-Sphäre, wenigstens anteilsweise, zurück ins Private verschoben werden, sodass die jeweilige Gruppe ihr EIGEN-Interesse (das sie als mit dem Gemeinwohl zusammenfallend, oder ihm hinlänglich förderlich behandelt sehen wollte) nur noch mit den ihr verfügbaren privaten Ressourcen und in staatlich zugelassenen Formen realisieren kann - die vom Staat je anerkannte Rest-Gemeinwohl-Dienlichkeit mag ihren Niederschlag finden in "kompromisshafter" Teil-Förderung und/oder Zuweisung von Rechtstiteln, deutlich unter dem (einseitig) geforderten Mass. ((Um der Realität staatlicher Entscheidungen Rechnung zu tragen, noch der Hinweis, dass GruppenGRÖSSE allein natürlich nicht ausreicht, um das Gewicht eines Anliegens in einem Konflikt zu beurteilen - die "bewährten" Grundsätze der jeweiligen Staatsräson bewerten üblicherweise die Grössenordnung des Beitrags der jeweiligen Gruppe zum Gemeinwohl mit, ebenso wie ihre (allein schon dadurch gegebene) potentielle Widerstands-Fähigkeit gegen Regierungsentscheidungen usw, ihre Homogenität und dauerhafte Entschlossenheit zur Durchsetzung usw.)) Man könnte die "interessen-orientierte" Grundoperation somit beschreiben als Bestimmung des Masses, in dem ein Eigen-Interesse öffentliche Anerkennung (und somit Unterstützung durch die Ressourcen der "Allgemeinheit") beanspruchen darf, oder in welchem Mass ein solcher Anspruch zurückgewiesen werden muss. Die Eigen-Interessen werden dabei ständig gruppiert, klassifiziert, und hinsichtlich ihrer Grössenordnung und Durchsetzbarkeit (gegen Versuche von Parteien, gemeinwohl-dienliche Aktivitäten zu verhindern oder ihren Beitrag zurückzuhalten etc) gewichtet. All das wird bezogen auf einen in der jeweiligen Praxissphäre überhaupt verfügbaren Ressourcenvorrat (die Bereitschaft der beteiligten Eigen-Interessierten, dazu im Eigen-Interesse beizutragen) und seine Aufteilung: Rahmenwerte für das Gesamtbudget, auch an eben noch erträgliche Kompromissen (die in der Eigen-Sphäre als Belastung empfunden werden (aus diesem Empfinden wird wiederum ein Mass...) Im Mass wiederum, wie dabei das "vorausschauende" oder Konflikt-vorwegnehmende Denken die Orientierung an "aus Erfahrung dh in der Vergangenheit bewährten" Grundsätzen bei der Rahmenwert-Setzung und dem Staatshandeln überflügelt, kommt die Affinität zu "Hypothese", auch den (aggregierten bzw konfligierenden) Versuchszielen in den Individualitäten der Eigen-Interessengruppen, zum Tragen - hier vor allem von Belang die Vorwegnahme "antagonistischer" Interessen-Konstellationen (mit je, traditionell gesehen, gleichwertigen Rechtstiteln): Breites Übergangsfeld, das hinüberführt ins antizipierend-moralische und "Gerechtigkeits"- Denken, spätestens wenn die (bewährten) "Öffentlichkeits"-bezogenen Operationen zur Wiederherstellung der Ordnung (dh der stabilen "öffentlichen" Staats-Individualität) nicht mehr greifen, und sich die Ausgangssituation des moralischen Reflektierens herstellt, nämlich nicht ineinander oder in dritte (kompromisshafte aber akzeptable bzw durchsetzbare) Individualitäten überführbare Individualitäten, und ihre einander widersprechenden Ansprüche auf "öffentlich" verfügbare (spätestens durch Umverteilung verfügbar zu machende) Ressourcen; daher die Frage, ob beide Gegner gleich weit fortgeschritten sind, oder in welchem Mass Ausgleichsmassnahmen fällig werden, um bereits im Vorfeld absehbare Konflikte abzuwenden. Hier muss man sich als Schlichter bereits an den Versuchsplänen der Andern orienitieren - also vor allem an den affektiv "verständlichen" Konsequenzen, die sie aus überraschenden Wendungen in ihren Existenzen gezogen haben - oder noch ziehen werden - wobei die (vermeintliche) Erfahrung in der Abschätzung dessen, was daran bleibendes Interesse, und was Augenblicks-Affekt ist, zwar eine grosse Rolle spielt; je ungewöhnlicher aber die Affekt-begründende Abweichung, desto mehr ist die "staatskluge" Politik darauf angewiesen, Reaktionen vorwegzunehmen und Vermutungen (Hypothesen) darüber anzustellen, welchen - uU mit denen anderer konfligierenden - Verlauf sie nehmen werden. Durch schlichte Weiter-Anwendung des oben bereits erwähnten Grundsatzes "gleiches Recht für alle - möglichst mitsamt Ausgleich naturwüchsiger oder "system-bedingter" Nachteile" ergibt sich die gerechtigkeits-moralische Fragestellung von selbst: Wie müssen Güter, Rechte, Pflichten verteilt, und wie anfangs bestehende Ungleichheiten ausgeglichen werden, damit die Parteien sich nicht im Verhältnis zur anderen ins Unrecht gesetzt fühlen, und gegen sie oder den Schlichter oder beide vorgehen? Der ANLASS für eine Intervention zur Herstellung "gerechter" Verhältnisse, also "gleicher" Fortgeschrittenheit im je eignen Plan bzw Individualität (soweit als tatsächliches "Interesse" anerkannt) zweier Interessenträger-Gruppen wäre dann: dass ein ausgleichs-bedürftiger Gegensatz absehbar auf Dauer gestellt ist; was sich, als Störung der Ordnung, bereits "unerträglich" lang bemerkbar gemacht haben kann, sodass die Notwendigkeit eines Ausgleichs (Anpassung der Rahmenwerte bzw -Prinzipien) zur Vermeidung von Gewaltausbrüchen offensichtlich ist; auf dem 3.OPP Stp kommt dann eine der oben angeführten Operationen zur (aufgrund bewährter Regeln erwartbaren) Wieder-Herstellung einer (Staats)(Eigentums- und Interessen- bzw Meinungs-)Ordnung nach konflikt-trächtigen Nicht-Routine-Ereignissen zum Einsatz. Ist der Gegensatz so nicht beseitigbar (und ist genau das wiederum auch absehbar), und/oder sind zukünftige Zuspitzungen - womöglich als "gesetzmässig" sich einstellende, schon erkennbar, wird der moralische, aber uneinlösbare Anspruch einer "gerechten Ordnung" (zB Friedensordnung, Eigentumsordnung) virulent - bloss, dass er dann solchen, die die Verhältnisse auf ihrem, parteilichen oder partei-nehmenden 2.Stp betrachten, nicht vermittelbar ist, und genau darum auch meist denjenigen, die dasselbe vom 3.Stp aus einordnen - selbst wenn oder auch weil sie erkennen, dass kriegerischer Austrag der Konflikte für alle Beteiligte desaströs endet und daher nicht in ihrem Interesse liegt (wenn auch in dramatisch unterschiedlichem Ausmass nicht). Der vernünftige Schluss aus der Vorwegnahme solcher Entwicklungen wäre die Vorab-Einrichtung "gerechter Verhältnisse" - aber da diese Vorwegnahme ausserhalb des Horizonts aller 2. und 3. OPP-Stp.-Träger liegt (es sei denn, dass vorübergehend sich ihnen dies als bestes Mittel ihrer Selbstbehauptung bzw zur Wahrung der stabilen Interessen-Ordnung nach drastischen Erfahrungen mit "ungerechten" Verhältnissen aufdrängt), ist sie immer utopisch. Abgesehen davon, dass sie angesichts der Unvermitteltheit bzw Nicht-Vermittelbarkeit der Normalitäts-Erwartungen der Beteiligten nicht einmal bestimmbar ist, und in die bereits dargestellten Aporien des (empathisch-)moralischen Denkens führt. e) In dieser Darstellung sind die moralischen 4.5. von den im engeren Sinn politischen 3.OPP Stp.en nicht mehr strikt abgegrenzt, stattdessen scheint sich ein breites Übergangsfeld aufzubauen, ausgehend von zynisch-realistisch berechnendem Umgang mit Interessengruppen und Parteien über fein abgestimmte und austarierte Umverteilungsmassnahmen und Kompromissbildungen bis zu sozialrevolutionären Umstürzen und Anprangerung untragbarer Zustände (deren Behebung Utopie bleibt). Die gemeinsame Endstrecke all dieser vergeblichen Ordnungs-Stiftungs-, -Einrichtungs- und Vermittlungsversuche ist die bittere Einsicht in die fundamentale Instabilität aller Normal-Verhältnisse - und dahinter stehenden Normalitäten; einschliesslich der bewährten ebenso wie der angesichts deren überraschenden Versagens neu zu gestaltenden Interessen-Ausgleichs- und Meinungs-Berücksichtigungs-Prozeduren, oder der einfachen aber nie anwendbaren Moralprinzipien: Universalisierbarkeit, Gleichbehandlung bis zur Gleichstellung Verschiedener usw Schon auf dem 3.OPP Stp. muss man den Interessenträgern ständig voraus sein (allerdings nicht in einem bevormundenden Sinn! das wäre Rückfall in den 1.OPP Stp.) - und das gilt dann auch für deren Überzeugtheiten (aus denen die "haltbare Meinung" - immer noch subjektiv genug - herausgeschält werden muss). Wieviel mehr aber auf dem 4.OPP Stp - wo man ja, um den Stp. überhaupt einnehmen zu können, die Unmöglichkeit der "politischen" Schlichtung zumindest einiger Konflikte erkannt haben muss. Das übergreifende Interesse aller 3.ff OPP Stp.e richtet sich gegen die Zugeständnisse, die in der Vergesellschaftung dem 1.OPP und 2.OPP Stp. gemacht werden, also "interesse"-widrig "politisches" also taktisches Berücksichtigen-Müssen von Kräfteverhältnissen zu Uneinsichtigen (mangelndes "Gewaltmonopol"), oder Empörtheiten - womit man sich ja notgedrungen auf dieselben Verhältnisse einlässt, wie die verbliebenen Inhaber dieser Stp.e 3.OPP und 4.OPP Stp unterscheiden sich dabei vor allem durch den Horizont; also durch das Vorwegnehmen von Verläufen, bei denen Individualitäten nicht mehr in eine über-geordnete, nämlich Ordnungs-Individualität überführt werden können. Der Gesichtspunkt einer notwendigen Mindest-Gleichheit aller Individualitäten, umgekehrt: des Abbaus allzu grosser Macht- und Vorteils-Gefälle, ist schon zur Vermeidung der eben erwähnten interesse-widrigen Zugeständnisse bereits auf dem 3.OPP Stp. sehr präsent - und genau das ist es dann, was sich in die "radikalisierten" Vorwegnahmen auf dem 4.OPP Stp. künftiger Ungleich-Entwicklungen aktueller Individualitäten hinein fortsetzt: Das weit aus- und übergreifende Interesse an Übergriff- und Empörungs-vermeidender Ungleich-Entwicklung. Dieses Interesse, auf den Antizipations-Horizont des 4.Stp. gehoben, kann somit auch ausgedrückt werden als ein prinzipiell gewordenes Interesse an der Höher-Entwicklung des Stabilitätsniveaus der Ordnung selbst - dessen Träger es leid sind, als Schlichter immer zu spät zu kommen und in die sich entwickelnden Konflikten immerzu nur noch mildernd-reaktiv zu intervenieren. f) Das war nun eine etwas umständliche Ableitung des politisch-moralisch-vermittelnden "Übergangsfeldes", im Verlauf von dessen Scheitern nicht nur die Kern-Ideen entsprechend "ideal-umfassend" gedachter Weltbilder (Glaubensvorstellungen, Optimalhypothesen) entwickelt werden, sondern auch, gewissermassen als Kerne dieser Kerne, die ("methodischen") Kategorien (alles im Umfeld von Hypothese; bzw Begriff) der je zugehörigen Begründungsstufe: Sowohl um (ausgehend von realen oder imaginären Interessenlagen; und mithilfe von objektiven Randbedingungen, Entwicklungshorizonten usw ) die Möglichkeiten von drohenden Ungleichgewichten in der Entwicklung verschiedener Individualitäten (also reale oder imaginäre Moralexempel), als auch Möglichkeiten, wie für deren Ausgleich zu sorgen wäre, zu KONSTRUIEREN, müssen hypothetische Fortsetzungen (Entscheidungs-Ebene: Strategieentwürfe) gedacht werden. Während die durch taktische Rücksichten quasi verunreinigte politische Betrachtungsweise es einzig darauf anlegen kann, die allfälligen Konfliktquellen aus Verächtlichkeits-Verhältnissen mit Beteiligten mindestens auf dem 1.OPP Stp bzw Empörtheits-Verhältnissen mit Beteiligten auf dem 2. in Richtung stabiler Interessen-Abstimmung ("Ordnung") zu mildern und zu neutralisieren (zur Not durch Einsatz eigener überlegener und "legitimer" (Ordnungs-)Machtmittel), was nie ohne Reibungsverluste und ständig lauernde (Bürger)Kriegsgefahr abgeht, ist der "sozial gerechte" Stp. einen Schritt weiter: Zum einen, indem er affektiv wirksame, Routine-unterbrechende, Not- und Chancen-eröffnende Zwischenfälle aller Art (auch aus Sicht der Akteure) antizipierend (statt ex post) dazu zu nutzen versucht, immer wieder Feinanpassungen der Ressourcen-Verteilung in Gleichheits-Richtung zwischen ihnen vorzuschlagen bzw zu erzwingen, und zum andern, weil er mit der (unter OPP Voraussetzungen ohnehin "normalen") Unvereinbarkeit auch noch der "Interessen"-bereinigten Individualitäten rechnet, und die Wirkungen Ordnungs-sprengender Entwicklungen, womöglich sogar gegenläufiger solcher, dieser Individualitäten zumindest theoretisch immer wieder versucht in Richtung Konflikt-vermeidender Nichtgefälle-Verhältnisse rückgängig zu machen. Ich habe von einem breiten Übergangsfeld gesprochen, das sich in den Köpfen "politisierter" (grundsätzlich "Interesse"-orientierter) Einzelner oder Gruppen aufbaut: Es sind womöglich dieselben Personen, die sich "realistische", taktisch-politisch interessen-ausgleichende Operationen ausdenken, die sich zugleich allerhand wünschbare aber (aus ihrer Sicht) nicht realisierbare Ideal-Verhältnisse vorstellen - sowohl solche einer "moralischen Ordnung" als auch solche, in denen man den Beteiligten an einer solchen Ordnung (leider solchen auf niedrigeren Stp.en) diese durch einfühlsam-vermittelnde moralische Erziehungsmassnahmen ("sich in die Lage der andern versetzen") näherzubringen versuchen würde. Mit all diesen Plänen, Wünschen, Idealen scheitern sie somit "auf breiter Front" - es ist daher kein Wunder, dass die zugehörigen Wunschbilder IM ZUSAMMENHANG gedacht auftreten: Ideale Welt-Ordnung (Kosmos) - deren (moralische und sonstige) Perfektionierung - Explikation und Begriff (des Ideals). ((Die Tatsache, dass moralisch-Ideales im allgemeinen den Adressaten eben genau NICHT oder nicht reibungslos zu vermitteln ist oder wäre, macht den - wenn es doch versucht wird - aller angetrebten Egalität zum Trotz notwendig AUTORITÄR-unvermittelten und unangenehm schrillen Charakter moralisch begründeter Forderungen aus.)) Im Unterschied zum Scheitern auf dem 1. und 2.Stp. hat das auf den höheren, den "politisierten" Stp.en keine höhere Vergesellschaftungsstufe über sich, auf die es noch ausweichen könnte: Dies Scheitern ist endgültig. g) Zum Thema "Übergang" OPP>REL bzw zu den Vergesellschaftungsstufen sind noch folgende Anmerkungen zu machen. Zu beachten ist, dass die Überlegungen in den Vorträgen und auch noch in den Ergänzungen sich wesentlich um die Wechsel-Beziehung von Weltverhältnis und Vergesellschaftungskonzept drehen - materiale Untersuchungen der einzelnen Stufen hingegen wurden hintangestellt (und könnten später nachgeholt werden). Zu beachten ist auch, dass die Perspektive hier immer vorrangig auf mögliche Einstellungen einer Einzelperson ausgerichtet ist, natürlich auch entlang ihrer Bildungs-und Lebenserfahrungen; nicht oder wenig untersucht wird hingegen, welche REALEN Verhältnisse so eingestellte Personen zu ihresgleichen oder Trägern anderer Einstellungen eingehen (bzw welche Verhältnisse sich einstellen), und was sich daran durch gemeinsames Erleben und/oder Bildungserfahrung ändert. Unter diesen Vorgaben also folgende Anmerkungen :
g1. Ein und dieselbe Person nimmt normalerweise aufgrund selbstgefällter oder auch (zb aus ihrer peer group, Milieu, Klasse usw) übernommener Urteile (mit mehr oder weniger Gewohnheits- oder Vorurteils-Charakter) über verschiedene andere Einzelpersonen oder Gruppen je nachdem verschiedene Stp.e zu den so Unterschiedenen ein; ihr Urteil kann Bewegungen in "reifere" Richtungen durchlaufen, aber auch in ent-differenzierte Versionen einer ursprünglich höherstufigen Einstellung zurückfallen (zB Verachtung und Empörung gegenüber allen, die un-moralisch urteilen bzw sich entsprechend verhalten: autoritär legitimiertes Fordern eigener moralischer Einstellungen...). Schliesslich kann es sein, dass eine Person Einstellungen einer "niedrigeren" Stufe grundsätzlich nicht mehr gegenüber irgendjemand einnimmt - das würde ich dann beschreiben als: sie hat die betreffende Stufe verlassen und nimmt endgültig den nächsthöheren Stp. prinzipiell ein, zB: Niemals irgendjemand verachten usw ((eine naheliegende Erklärung für das "Zurückfallen" mit fortgeschrittenen Stp.en? Ganz anders begründete (zB moralische) Forderungen werden gegenüber "Zurückgebliebenen" anders vertreten...))
g2. Was ist der Unterschied zwischen 3. und 4.OPP.Stp? Im 3. treten die "reifen" bedingten und Interessen-bezogenen "bewährten" Rahmen-Erwartungen der Staatsräson den naiveren, aber subjektiv ebenfalls bewährten Rahmenwerten (und in deren Rahmen sich bewegenden Budget-Verteilungen) von Trägern des 1. ("überlegen-verachtende" "Mehrheit" oder Macht/Einfluss-Gruppe) und 2. Stp ("empörte Minderheit, deren rote Linien überschritten sind") gegenüber. Auch die Staatspartei mit ihrem Interesse an stabilen Interessen-Verhältnissen kommt nicht umhin, zu sie oder Minderheiten verachtenden bzw über sie oder über Gewalt- und Unrtechttäter empörten Interessenträgern Kräfte- bzw "Empörtheitsverhältnisse" einzugehen - zumindest so realistisch, dass das Bestehen dieser Verhältnisse für die interessierten Parteien glaubhaft ist (je weniger es das ist, desto mehr muss reale Gewalt ausgeübt, im schlimmsten Fall Krieg geführt werden, um "Respekt-gebietende" Gleichrangigkeit oder gar Überlegenheit bzw grössere Entschlossenheit zu ZEIGEN). Die Stossrichtung geht dabei in exakt dieselbe Richtung wie im 4.Gerechtigkeits-Stp. - bloss dass die "Gleichstellung" aufgehalten wird durch exakt die Ausgangs-Ungleichheiten, die die Intervention der Staats-Gewalt erzwingen - den Gewalttätern muss die Einbusse an Mitteln GEGEN ihren Widerstand aufgezwungen werden, den Empörten Zustimmung abverlangt werden zu den Zugeständnissen, die ihnen gemacht werden. Einerseits ist das Ursache der ewigen Taktiererei der Politik, deretwegen sie gezwungen ist, von der "idealen" Interessen-Ordnung abzuweichen - aufgrund der Kräfteverhältnisse bzw Entschlossenheiten, auf die sie trifft - quasi ein einzuberechnendes Vorfeld der anzustrebenden Verteilungslösung, die sie bis zur Herstellung günstigerer Bedingungen (für die Durchsetzung des "Gemeinwohl"-Interesses, also desjenigen der Staatsräson) immer wieder aufschiebt, bzw dessentwegen die Annäherung an diese Bedingungen niemals endet. Hier sind wir also ganz auf der "realistischen" Seite der Verhandlungen, die die gemeinwohl- und Interessens-Ausgleichs-Instanz mit 1. und 2. Stp.Trägern zu führen hat. Der Realismus ist freilich bei Herstellung der erwünschten und für möglich gehaltenen ORDNUNG (mit der alle Beteiligte sich zufriedengeben KÖNNTEN) nur so lange angebracht, wie die Bewegung in Richtung weitestgehenden Konfliktabbau halbwegs zuverlässig andauert; nicht hingegen, wenn die taktischen Zugeständnisse an Überlegen-Verachtend-Gewaltausübende und/oder Empört-Geschädigte beständig vorhersehbar Abweichungen vom erkannten Interessen-Optimum erzwingen und/oder das Eintreten der Staatspartei in den Konflikt diesen noch verschärft oder kompliziert und auf keinen Fall bereinigt. Das Ziel des Interessens-Ausgleichs muss im Prinzip immer als aus der vorhandenen Ausgangs(konflikt)situation heraus erreichbar gedacht werden können - das ist gewissermassen die Eingangsvoraussetzung für das Bestehen der Ordnung - maW die IN ihr entstehenden Störungen müssen ebenso in ihr bereinigt werden können. Der Zweifel und schliesslich das Verzweifeln am Bestand der Ordnung (und damit an den bewährten Praktiken und damit verbundenen bedingten Erwartungen der "Staatsräson") kommt auf im Mass, wie sich mit diesen Praktiken, angesichts der real vorfindlichen Situation, keinerlei Konflikt-Reduktions-Pfad finden lässt, maW die vorfindlichen Konflikte verschiedener Parteien sind ohne gewalttätige Auseinandersetzungen, in denen die involvierten Forderungen, Kräfteverhältnisse, Verächtlichkeiten, Empörtheiten grundlegend neu justiert werden, nicht zuverlässig reduzierbar und in stabile (eben Ordnungs-)Verhältnisse zurückzuführen. Man könnte die moralische Fragestellung von daher weniger als nur kontrafaktisch-"idealistischen" Entwurf jenseits aller "verunreinigenden" Zutaten zur Situation durch die spezifische Ausgestaltung der jeweiligen Forderungs- bzw (aus Sicht der 3.Stp.Träger) Interessenlagen dank der "Unreife" der Stp.e der involvierten Parteien verstehen. Stattdessen als hypothetisch-THEORETISCHE Konstruktion einer stabil gedachten Interessen (hier = je relativ erfüllten Forderungs- oder sinnvollen Umverteilungs-)ordnung mithilfe des Materials aus den involvierten Konfliktthemen. Erklärlich ist, dass in diesem "Friedensvorschlag" alle Quellen von interessen-negierenden taktischen Zugeständnissen von vorneherein durch die "ideale" oder "gerechte" Neuverteilung der strittigen Güter zwischen allen Parteien entweder ganz eliminiert gedacht sind oder aber reduziert auf ein (im Rahmen der damit etablierten "gerechten Neuordnung" mit aus Sicht der Gemeinwohl-Verwalter erwartbar wirksamen weil bewährten "Interessen-Ausgleichs-Praktiken") bewältigbares Mass. Bezeichnend ist hier, dass DAS (aus Erfahrung) BEWÄHRTE der Staatsräson hier abgelöst ist durch ein VergesellschaftungsPRINZIP. das sich darum "disruptiv" oder "revolutionär", umstürzend, verhalten muss zu einer "konservativ", um beinah jeden Preis an ORDNUNG orientierten Rahmenwertsetzungs-Praxis. In dieser Praxis kommt das Disruptive durchaus auch vor, aber eben als Ordnungs-störende und ZER-störende, zumindest bedrohende Dynamik, angesichts deren durch zahllose "diplomatisch wirkende" Zugeständnisse und/oder Gegendrohungen und Zwangsmassnahmen gegenüber den (empört (2.Stp) oder verachtend (1.Stp)) kämpfenden Interessen-Trägern beständig von den Schlichtern der Weg zurück in eine Variante des bewährt-stabilen Ausgangszustands des "friedlichen Zusammenlebens" gesucht wird - wobei sich das "bewährte" interessen-verrechnende Rahmenwertsetzen notgedrungen immer an den "bewährten" Rahmenwerten und Budget-Verteilungen der streitenden Parteien orientieren muss. Die disruptiven Einbrüche in die Verhältnisse und Normalitäten derKonfliktparteien stellen dann spätestens auch für die konservativen Bewahrer und Wiederhersteller dieser Ordnung Disruptionen dar. Die moralischen Umwälzer dieser Ordnung lösen das durchaus angestrebte Ziel aller realpolitisch-taktierenden Interessenausgleiche aus diesem ihnen anhängenden und sie verzerrenden Wust an Empörtheiten und erfolgsgewissen Verächtlichkeiten, und erkennen gerade in diesen Ausgleichsbemühungen die stärkste aller disruptiven, ordnungsstörenden Kräfte. Zugleich ersetzen sie die realpolitische Fiktion eines zukünftigen Ausgleichs, auf den man sich ewig zubewegt (zumal Bemühungen um Milderung der Folgen der Disruptionen von gestern immer schon durch die von heute und morgen durchkreuzt werden). Die Kategorie des anerkennenswürdigen Interesses auf dem 3.Stp muss darum auf dem 4. ergänzt werden durch die des anhaltenden Konflikts, der Unvereinbarkeit von Individualitäten, und der Meta-Individualität des von allen einzuhaltenden und einzusehenden Grundsatzes der Gleichweit-Fortgeschrittenheit im je eigenen Projekt (soweit es als verkörpertes Interesse aufgefasst werden kann). Aber wie wird dies Projekt bzw der auf diesem Stp anzuerkennende Interesse-Anteil bestimmt, an den Stellen, wo es/er sich soeben durch massive Überraschung radikal ändert? Die Antwort ist: dass das politisch denkende Personal an der Stelle, sofern es nicht bereits auf "bewährte" (historische?) Rezepte des Umgangs mit "Ausnahmesituationen" zurückgreifen kann, selbst überrascht ist; und die Reaktionen dann (nach dem OPP Erfahrungs-Verabeitungs-Muster) reichen können von "regressivem" Durchgreifen, also einem gegen alle entgleisten Konflikte und Interessen-Umstürze gleichgültigen abstrakten "Aufrechterhalten der Ordnung", bis hin zu einem "progressiven" Neustart aller Verhältnisse, und der ist eben moralischer Natur - unter Absehung von allen bisherigen Kräfteverhältnissen und Empörtheiten wird der akut festzustellende (Meist)Bedarf und die akute (Meist)Bedürftigkeit jeder der beteiligten Parteien möglichen Zugeständnissen, also Neu-Verteilungen von "anzuerkennenden" Rechten und Pflichten zugrundegelegt: Ungleich-Behandlung zum Zweck der Herstellung möglichst gleicher neuer Ausgangsverhältnisse. Diese Gleichheit und Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Parteien (Individualitäten) unter Absehung von ihren relativen Kräfte- und Empörungsverhältnissen ist nun der fremdeste und befremdendste Gesichtspunkt unter allen, gegen dessen Zumutungen sich zur Not sogar die sämtlichen Konfliktparteien zusammenschliessen. Indem sie neue Kräfteverhältnisse und neue Ausgangspunkte für geminderte und/oder verschärfte Empörung geltend machen, setzen sie das Beharrungsvermögen der angesichts überraschender Entwicklungen entlang der je ausgelösten Erwartungsaffekte neu angepassten Ausgangs-Normalitäten durch. Dadurch bringen sie die sozialutopischen Entwürfe der Gleichmacher aufs realpolitisch taktierende Niveau einer funktionierenden (Ungleichheits)Ordnung zurück und herunter - oder aber sie drängen die Utopisten in Richtung der konsequenten Aus- und Weiterbildung ihres (4.)Stp. als Ausgangsprinzip aller Vergesellschaftung im Angesicht vielfacher Ordnungs-Einbrüche (Konflikte) und dem Erleben genereller Reproduktions-bezogener und sozialer Instabilität. Also dem seinerseits durchaus REL-artigen ANTIZIPIEREN weiterer solcher Umstürze. Der absolut gewissen Einsicht, dass nur eine GERECHTE Ordnung eigentlich dauerhaft Ordnung bleiben kann, folgt die bestürzende Konsequenz auf dem Fuss: Dass auch sie (wie es auf den vorangehenden Stp.en ständig geschieht) im Zeiten zunehmender Überraschbarkeit (nicht zuletzt durch SOZIALE oder POLITISCHE Instabilität) ständig neu angepasst werden müsste. Das dabei leitende Prinzip können aber nur die ausgelösten Erwartungsaffekte sein (das kann dann sogar in theoretischen Erwägungen von immer subtileren Moralexempeln vorwegnehmend durchgespielt werden); was sich schnell in die Vorgeschichte mit noch mehr Erwartungsaffektren hinein verlängern lässt. MaW das leitende Prinzip ist die mehr oder weniger lange (nach rückwärts vielleicht verblassende, je nachdem) Vorgeschichte an "historisch einschneidenden Erfahrungen", die die Angehörigen einer kollektiven (im Extrem: einer individuellen) Individualität gemacht bzw geerbt haben (unterstellt, dass sie wirksam ist). So wie umgekehrt das Denken auf dem 3.Stp ansetzt am durchgehend, historisch Bewährten (langfristigen Interesse) von Konflikt-Parteien (uU von bestimmten TYPEN solcher Parteien, Interessen, Konflikte); nur so können Strategien einer "bewährten" Staatsräson (ein Regelsystem) zur Wiederherstellung von Ordnung (uU auch angepasst an neue Umstände) darauf antworten. In ihrem Vergleich der Lage der verschiedenen an einem Konflikt Beteiligten resümiert die moralische Betrachtung hingegen das Aussergewöhnliche, die Leidensgeschichte und das erlittene Schicksal, die Wenden zum Guten und Schlechten. Deren Vergleich soll Auftakt sein für "solidarische" Umverteilung in Richtung der GEFÜHLTEN Gleich-Rangigkeit der Befindlichkeiten jeder der beteiligten Individualitäten (das hatte ich versucht wiederzugeben mit meiner Formel: alle gleich weit fortgeschritten in IHREM Projekt); die Not ist die Chance zur mutmasslich konflikt-vermeidenden Neu-Verteilung der vorhandenen Güter - in einer Lage, wo die Erfahrung mit Kräfte- und Empörungs-Verhältnissen (die eine stabile Vorgeschichte voraussetzen - eben jene, die auf ihren "Interessen"-Charakter hin beurteilt werden kann) gegenüber der Überwältigung durch die aktuelle Not, und die Diskrepanz zum relativen Wohlstand der Nicht-Betroffenen (oder gar: Profiteure) zurücktritt. ((Anm. Von den andern Gefühls-betonten Verhältnissen auf den 3 andern Stp.en ist das nun auch nicht so sehr verschieden, dort sollten Gefälle des Überlegenheits- (relativen Erfolgsgewissheits-), Empörtheits- (Entschlossenheits-) und des realistisch, nüchtern beurteilten (was eine entsprechend "nüchterne Entschlossenheit" nach sich zieht...) maW des Interessen-Bestands die Beziehungen regulieren. Dummerweise waren es verschiedene aus der Perspektive der verschiedenen involvierten Parteien. So auch hier:)) Das entstehende (Un)Gerechtigkeits-Gefühl als Mass der "empfundenen" (und auszugleichenden) Un-Gleichheit, spannt zwar die Skala der für vergleichbar bzw aufeinander beziehbar gehaltenen relativen Fortgeschrittenheiten aufseiten aller Beteiligter auf. Nur wird sie dadurch (wie schon früher gezeigt) den Bezug zu den JEWEILS (meist negativ; aber auch positiv) getäuschten Erwartungen nicht los, die in den je vor-bestehenden Normalitäten wurzeln. Die, wie ebenfalls bereits gezeigt, nur dann als PRINZIPIELL kommensurabel, vergleichbar begriffen werden könnten, wenn alle damit verbundenen Lern-Erfahrungen als im Rahmen einer einzigen, allgemein-menschlichen Lerngeschichte und Individualität (verarbeitet nach einer Lernregel, die bei allen zurechnungsfähigen Personen dieselbe sein soll:daher die Gleichheit aller (Zurechnungsfähigen, Vernünftigen, Personen)) ) absolvierte und irgendwann (oder immer wieder) in EINE einzige zusammenfliessende begriffen werden; was seinerseits nur ein anderer Ausdruck dafür ist, dass im Resultat der moralisch konstruierte "kollektive (Versuchs)Plan" widerspruchsfrei von allen Beteiligten (oder wenigstens "für sie") gedacht, eingesehen, akzeptiert werden kann - wieder und wieder; dank des PRINZIPS (das "darf erwartet werden"). Diese Einheits-Individualität (die Nation, der Staat) kommt auch schon im politischen Denken vor: Als die mutmassliche Ordnung, in der alle, auch Unterschiedene (Klassen, Stände... Eigentümer, Rechte-Inhaber...) ko-existieren können, derart dass Konflikte immer wieder, durch staatskluges Entscheiden nach bewährten, bisweilen auch einmal disruptiven Neu-Verteilungen, nach dem immer gleichen Grundprinzip beigelegt werden können: Verächtlichkeit der Überlegenen und Empörtheit bzw Verzweifeltheit der Schlecht-Gestellten abbauen, also Kräfte- und Machtgefälle in Richtung Gleich(er)stellung reduzieren. Die zunehmende "moralisierende" Radikalisierung dieses politisierten Denkens, das sich um die Kategorie des haltbaren und ordnungs-verträglichen Interesses herum aufbaut, geschieht dem Gesagten zufolge in drei Dimensionen: i) Universalisierung, Abstraktion der Verteilungsprinzipien (auch zu lesen als: zunehmende Unbedingtheit); ii) Nicht-Mehr-Beachten real-politisch, taktisch zu nehmender Rücksichten auf Empörtheiten und Verächtlichkeiten (auch der eigenen Position als umstrittener Gewaltmonopolist und Schlichter: womöglich nicht respektiert, bzw empört in Auftständen usw bekämpft... wogegen Überlegenheit und "werte-begründete" legitimatorische Gegen-Empörtheit (und Aufforderung zur Partneitnahme für diese Position bei Unteiligten) zu mobilisieren sind.): die Position ist theoretisch, idealistisch, emanzipiert von den Randumständen ihrer Realisierung; iii) vorwegnehmende Konstruktion möglicher Konflikte und Ungleichheiten (Macht-Gefälle in diversen Hinsichten bzw Konflikte): die Position arbeitet mit Hypothesen über mögliche ZUKÜNFTIGE Entwicklungen. All das wirkt somit zunehmend "proto-religiös"; nur dass im Denken der zugehörigen Weltverhältnisse (der eigenen wie der Andern; der andre einschliessenden wie der sie ausschliessenden) weiter die normalplanerischen Lern-Regeln und -Kategorien betätigt (vom moralischen Theoretiker) und unterstellt (den beteiligten Interessenträgern) werden: Normalität und überraschend-disruptives, das die Frage nach angemessenenen Anpassungen des Erwartungs- und Praxissystems (Normalpraxis, Budgetverteilung, Rahmenwerte) aufwirft. Wer sich auf dem 3.Stp bewegt, arbeitet, soweit er versucht, die Interessenträger in ihren Konflikten in Richtung der anvisierten Einheits-Individualität (Staat, Ordnung...) zu orientieren, im Rahmen des OPP-Lernens vor allem mit der Gewöhnung Nachwachsender und/oder Verschonter/Überlebender an neue, von allen oder der Mehrzahl der Interessenträger geteilte Normalitäten ((als Ergebnis der von ihm selbst mit Gewalt veranlassten disruptiven, affektiv hoffentlich eindrücklichen Ein- und Übergriffe, mit denen er (gg. 1.Stp) dem politischen (Gemeinwohl-)Interesse Respekt zu verschaffen bzw (gg 2.Stp) Akzeptanz der Recht- (bzw Meinungs-)Setzung/-Sprechung durchzusetzen versuchte)): kompromisshafte Vorstufen auf dem Weg zur erstrebten endgültig stabilen Ordnung, oder (vermeintlich) diese selbst. Das Vorangehend-Disruptive soll dabei tunlichst vergessen werden ("soll"; in welchem Mass das gelingt, ist eine andre Frage) zugunsten der neuen Normalität (zu der die Anerkennung des Staatsinteresses und die Geltung der durchgesetzten Rechtssetzungen als selbstverständliche Alltags- und Lebenspraxis gehören). Ganz anders das moralisierende Vergleichen des 4.Stp.s: Es macht erlebte Disruptionen (der entfernten und der jüngeren oder jüngsten Vergangenheit; zur Not selbst herbeigeführte: Aufstand, Revolution) zum Ausgangspunkt seiner Bewertungen von Mitleid (und somit ausgleichende Opfer Bessergestellter) verdienenden Benachteiligungen einzelner Interessenträger oder Gruppen solcher: BETROFFENHEITEN. (Die involvierten Ausgangs-"Normalitäten" werden dabei in ähnlicher Weise möglichst ausgeblendet, wie auf dem 3.Stp. das (da vor allem auch selbst verursachte) Disruptive.) Zu beachten ist dabei, dass, je radikaler die Schritte i-iii oben absolviert werden, um so seltener versucht wird, die Disruptionen praktisch zu realisieren, man sie stattdessen nur noch, als Utopie oder rabiate Kritik bestehender Verhältnisse, rein theoretisch formuliert und durchdenkt. Da tut man sich dann auch leicht mit "Disruptionen" - in der normalplanerischen Realität beinah aller historischen Verhältnisse sind solche Durchgänge hingegen Zeiten mörderisch verschärfter Verächtlichkeiten und/oder Empörtheiten, bei denen auf nichts weniger Rücksicht genommen wird als auf empathisch-verstehend nachvollzogene ("Charity"?) "Betroffenheiten". Die Theorie indes, indem sie abstrakte ethische Regularien zu entwickeln sucht, und sich dabei unbeeindruckt also rücksichtslos gegen die aggressiven Gefühlslagen der Streitparteien zeigt, muss notgedrungen den ursprünglichen Mediations-Standpunkt verlassen und KRITISCH werden auch gegen die konflikt-trächtigen Projekte selbst, die da gegeneinander antreten. Was wollen sie denn immer - was denken sie sich denn immer - dass sie immerzu mit andern, spätestens andern ihresgleichen, in Streit geraten? Was macht sie so übergriffig? Man kann durch die ersten Reifungsstufen (1.2.3.Stp) hindurch verfolgen, wie diese Kritik sich langsam auf- und ausbaut: Kritik am mangelnden Respekt, der übergrossen Selbstgewissheit der Verächter; am Gefühls-Überschuss, der Aufgeregtheit und den fatalen Entschlossenheiten der empörten Kämpfer für ihre Rechte (statt Interessen); der viel zu grossen Zugeständnisse, die die Interessen-Verrechner und Konstrukteure prekär-haltbarer Ordnungen ihnen machen. Mit der Radikalisierung dieser Kritik aber geraten die Prinzipien selbst auf den Prüfstand, nach denen alle Beteiligte ihre eignen Projekte (die, in denen sie möglichst "gleich weit fortgeschritten wie andre" sein sollen) und die für andre (an die sie Forderungen richten) entwerfen. Sobald aber Dynamik und der Gesichtspunkt der ÄNDERUNG von Normalität, Normalpraxis, Normalerwartungen ins Spiel kommt (auf dem 3.Stp einzig unter Betonung des Aspekts Rückkehr zu ihnen.und Nähe zur Ausgangs-Normalität...) - so dann auch die Reflexion auf die Normal-Erwartung schlechthin, nämlich zunehmender Berechenbarkeit dieser Praxis bei anwachsender (Kollektiv)Erfahrung - Erwartung der Konvergenz der Rahmenwerte. Wo die ausbleibt (so wie auf allen Stp.en und zugehörigen Rahmenwerten davor) - da kann es auch keine Konvergenz der Forderungen aneinander, und keine Erwartung einer vermittelbaren Einsicht geben - keinen Lernprozess, aus dem ALLE in GLEICHER Weise (obwohl doch das genau die Voraussetzung allen moralischen Forderns ist!) Konsequenzen für alle ziehen könnten: Die Überraschungen, das Unerwartete (in alle affektive Richtungen), von denen alle jederzeit immer wieder getroffen werden (und wurden; alle haben solche Geschichten hinter sich gebracht, wie lange auch immer man zurücksieht) - sie sind nicht nur zu Regeln verdichtbar, an denen sich alle in gleicher Weise orientieren (und die sie auch zur Grundlage ihrer Kooperation machen könnten); sondern... die Überraschbarkeit selbst blieb durchgehend und bleibt auch weiterhin an die Ausgangs- und Zwischen-Normalitäten geknüpft - und inwieweit die übereinstimmen, ist kontingent (die politischen Versuche, verschiedene Individualitäten zu EINER, derjenigen des jeweils politisch verwalteten "Gesellschafts-Körpers", zu verschmelzen - sie dauern (womöglich über Generationen weg), aber sind immer noch erfolgreicher als die "universalistischen" Versuche der moralischen Gleichmacher, die diversen Normal-Entwicklungen unter die abstrakt-eine Vernunftregel des "Lernens aus (aggregierbarer) Erfahrung" zu subsumieren: An keinem der beiden Pole des Normallernens (Regelsystem der Reproduktion und Normalerwartungen einerseits, affektiv bedeutsames Überraschtwerden zum guten oder schlechten dabei und damit, andererseits) stellt sich, durch formelles "Aggregieren", etwas Übergreifend-Gemeinsames her, das sich die Adressaten des moralischen Einander-GLEICH-Behandeln-Sollens zueigen machen könnten; stattdessen prallen die moralischen Appelle sowohl als auch die forcierten Anstrengungen, den Einen die Lage der Andern verständlich zu machen, an der durch alle überraschenden Wechselfälle und geänderten Normalitäten sich erhaltenden PERSPEKTIVITÄT (der je eigenen Individualität; Parteilichkeit zu ihren Gunsten) aller Normalplaner ab (nur leider ist es bei jedem, jeder Gruppe mit geteilter Individualität, eine andere - die sich angesichts allfälliger Schicksals-Umschwünge auch noch immer wieder ändert...). Anders gesagt: Die Appelle scheitern an den ständig wechselnden, aber als solche nie verschwindenden bedingten (Normal)Erwartungen aller Beteiligter (andere bei jedem von ihnen als bei beinah allen andern). Womit also ist der moralische und nicht mehr nur politische, der theoretisch-gerechte Mediator konfrontiert - womit, erst recht, der moralisch-empathische Betroffenheits-Erklärer? Womit, wenn nicht mit dem: Bewährte Normalitäten, deren "Bewohner" durch nichts von Aussen Kommendes (ausser unerwartet-eingreifenden Überraschungen zum guten oder schlimmen) davon abgebracht werden können. Und daneben: Affektiv eindrücklich Unerwartetes, das sie zu Änderungen an Ausgangs-Budgets und -Rahmenwerten (und vielleicht auch ihrer produktiven Praktiken) veranlasst. Schliesslich: Mehr oder weniger langen Verläufen mit dem allen, erzählt in ebenso langen Geschichten von Individualitäten und ihren Schicksalen - aus denen nichts zu lernen ist. Ausser... welches Ausmass Schicksals-Umschwünge annehmen können. Weshalb sie in einer nach oben offenen Reihe aufsteigend besserer und best-denkbarer MÖGLICHER (hypothetischer) "Ordnungen" (ausgehend von schlimmsten) gedacht werden können. Und das ist dann der Kategorien-Bestand, den allenfalls der (scheiternde) 4.Stp in einen möglichen RELigiösen Neuanfang einbringt - in die experimentelle Praxis; und das darüber schweben Glaubenssystem.
g3.Was kommt im 5.Stp. hinzu? Das empathisch-verstehende Vermitteln (ganz gleich, ob es praktisch versucht wird, oder einzig theoretisch durchgespielt wird) stellt sich die Frage: Was den Beteiligten (zur Not kann das der moralische Mediator selber sein, der zu keiner endgültig haltbar-gerechten Regulierung, womöglich als PRINZIP formulierbar, von Interessengegensätzen findet) an Einsicht (uU präzise: an Erfahrung, (Mit)Erleben) fehlt, um sich und ihnen das jeweilige Ausmass an Betroffenheiten der Beteiligten vor Augen zu führen; hartnäckiger Ausgangspunkt ist die behauptete Gleichheit aller als vernünftig lern- und urteils-, hier vor allem auch mitleidens-fähige Personen Eingeordneten (ihre verunreinigenden Voreingenommenheiten werden als Unreife vorab nicht mitbedacht; sondern sie genommen, wenn sie "sine ira et studio" über "ihresgleichen" urteilen. Sollen. Etwa als Geschworene im Gericht... ). Das Paradigma sowohl für "vergleichsweise Fortgeschrittenheit (mehr oder weniger)" als auch für "Konvergenz der Standpunkte durch Aggregation bzw Austausch der Erfahrung aller Beteiligter" ist: das allgemein-menschliche "Lernen aus Erfahrung". Genau das schreiben sich ja auch alle Normalplaner zu. ((In den Überlegungen des Teil I von "Scheitern der MODerne" taucht dieser Gedanke verkürzt auf als: Gleichheit aller ALS PERSONEN, die die Vergleichbarkeit ihrer Projekte, Individualitäten usw ermöglichen soll.)) Gesucht ist also die Erklärung, warum das Kennenlernen, auch das eingehende, genau nachvollziehende und vor allem auch einfühlsame, letztlich nicht zur wechselseitigen ÜBERNAHME bzw VERSCHMELZUNG DER INDIVIDUALITÄTEN führt. Die Theoretiker des wechselseitigen Verstehens bzw Andern-sich-Erklärens und -Verständlichmachens müssen für sich und ihre Adressaten die Hindernisse aufdecken, die zwischen ihrer aller aktuellen "Erkenntnis"- oder Lern- (Erfahrungs-, Erlebens-, (Mit)Gefühls-Verarbeitungs)Strategie und dem "universellen", bei allen gleich ausgebildeten Vermögen, auch aus fremder Erfahrung Konsequenzen ziehen zu können, und Erfahrungen verschiedener zu EINER zu aggregieren, stehen. Das Resultat der aggregierten Menschheits-Erfahrung bis dahin liegt ja bereits (seit dem 4.Stp) vor: ALLUMFASSENDE KONTINGENZ - alles ist aus jeder Ausgangslage heraus möglich., Handeln, so oder anders, garantiert NICHTS; nichts ist auszuschliessen. Was zu begreifen bleibt, ist die SELBSTERKENNTNIS von der Hinfälligkeit JEDER Erwartungshaltung, die von dieser Kontingenz, dieser absoluten Vielfalt der Möglichkeiten, versucht, etwas wegzuschneiden, und sich auf die so eingegrenzten Optionen zu verlassen sucht. Nur so überhaupt ergibt sich jene Perspektivität, man könnte ebenso gut sagen: Borniertheit, oder Illusion, die relative Fortgeschrittenheitsgefälle (die dann moralisierend oder politisch auszugleichen wären) begründet. In Wahrheit sind alle von vorneherein gleichgestellt und bleiben es, durch alle Wechselfälle IHRES persönlichen Schicksals hindurch.- Die Kontingenz, die Nicht-Kontrolle über diese Wechselfälle IST das von allen geteilte Schicksal. Nur das hartherzige oder auch nur bornierte Sich-Verschliessen gegen fremdes Leid (seltener auch: Glück), verstanden als das, was einen auch selbst treffen könnte, oder aber die ähnlich Perspektiven-verengende reale Betroffenheit durch unerwartete Schicksalswendungen, die einen unempfänglich macht für alles andre - nur sie können die Einsicht in die allgemeine Unhaltbarkeit ALLER Perspektiven verstellen. Bei dieser vernichtenden Einsicht mag aber der endgültig (als empathischer Vermittler) gescheiterte Normalplaner nicht stehenbleiben, stattdessen wirft er die ewiggleiche Frage in verwandelter Gestalt WIEDER auf: Worauf er sich denn DANN verlassen kann? Es MUSS etwas geben... In seine begrifflich explizite Version des endgültigen Kontrollverlusts (aus normalplanerischer Warte) nimmt er die IDEE oder den BEGRIFF des Überhaupt-Haltbaren, des Gegenbildes zur innerweltlichen Kontingenz, mit, und sucht nach Konkretisierungen, die Inhalt einer vorgestellten, einer idealen Behebung dieses Mangels werden könnten. Ein neues PRAKTISCHES Verhältnis zur Welt ergibt sich so freilich nicht.
g4. Man muss sich klarmachen: Über all diese kognitiven Reifungs- bzw Differenzierungsstufen weg bleiben die Grundstrukturen des Normalplanens völlig unangetastet: ein bewährtes Inventar von regulär (und ev ausnahmsweise variiert) anzuwendenden Regeln, die zu Erwartungen berechtigen (die optimistischen) bzw nötigen (die pessimistischen), und durch überraschend anders als erwartet ausfallende Erfahrungen damit entsprechend dem Ausmass des dabei erlebten Affekts abgeändert werden. Daran ändert sich NICHTS, - weder, wenn diese Lernweise beim Übergang in den 2.Stp thematisch aufgespalten wird (im Umgang mit Eignem (wo der 1.Stp unangeforchten eingenommen werden kann) - sowie den Umgang mit der Legitimierung von Forderungen bzw der Abgabe von Zusagen (mit dem Anspruch, "glaubwürdig" zu sein) - speziell Legitimierung der Forderung nach Zustimmung (mit Konsequenzen) zu (überzeugt vorgetragenen) Behauptungten) - beide Legitimationen (auch im Verbund) abgeleitet nach je eigenen "bewährten" Routinen - plus deren Abwandlung entlang von entsprechend wirksamen affektiven Überraschungen; - noch, wenn im Übergang zum 3.Stp "entschlossen, glaubwürdig" vorgetragene Forderungen, Zusagen, Überzeugtheiten einer (bewährten, der "Staatsräson" folgenden; darin aber auch durch unvorhergesehene "glückliche" oder "erschreckende" Entwicklungen abwandelbaren) Prüfung ihrer Haltbarkeit unterworfen, vor allem Haltbarkeit angesichts und NEBEN den Forderungen usw, die von wiederum andern vorgetragen werden, und im (Missachtungs-, Empörtheits-)Verhältnis zu diesen; - noch, wenn beim Übergang zum 4.Stp die Ausgangsnormalitäten/-routinen und mehr oder weniger affektiv wirksame Erfahrungsverläufe damit bzw "Betroffenheiten" dadurch verschiedener Konfliktpartner tendenziell "rücksichtslos un-parteiisch, universalisierend-prinzipiengeleitet, antizipierend" verglichen werden; - noch, wenn beim Übergang zum 5.Stp die Momente des Normalplanens als "(affektiv wirksame) Vorgeschichte bzw 'Herkunft-aus'" bzw "mehr oder weniger traumatisierende bzw umstürzende affektiv wirksame Überraschung" begriffen und gegebenenfalls "einfühlsam-verstehend" den "Betroffenen" dargelegt werden: Da die Thematisierung von thematisch differenzierten ("bedingten") Erwartungen bzw deren affektiv begründete Änderung gegenüber einem vormals bestehenden Normalzustand in den OPP Stp.en jenseits des 1.OPP im Vordergrund steht, ist auch das Affektive, emotional Aufgewühlte usw da mehr Gegenstand; in den Bindungen an je vorbestehende Erwartungshaltungen, die allererst Grundlage für eine (dann alles ändernde) Überraschbarkeit liefern, wird aber das Ausgangs- und Normalniveau der Beteiligten spätestens ab dem 3. bzw 4.Stp mit-reflektiert. Und das alles natürlich in immer höherem Ausmass ansteigend vom 1.-5.Stp auch als SELBSTREFLEXION, mit zumindest ansatzweiser Ausbildung der zugehörigen explikativen Kategorien. Mit anderen Worten: Der Entwicklungsprozess aufwärts in der OPP Spalte liefert - zumindest implizit, "schattenhaft" - Praxis-Explikations-Kategorien, die zunächst in Gestalt zugehöriger Optimalhypothesen, Ideale, Glaubensvorstellungen "verbaut" werden. Am Normalplanungs-Weltverhältnis SELBST ändert sich so nichts. Die Änderung findet, ausgehend von welchem der 5 OPP Stp.e auch immer, einzig in Gestalt von nachhaltigem SCHEITERN statt - und damit als, Stp für Stp kategorial "bewusster" ausfallender Übergang aus dem Normalplanen weg in eine experimentelle Grundeinstellung zur Welt, im Verbund mit einer REL-artigen Optimalhypothese - die Glaubensvorstellung ist dabei die Idealversion des Wünschbaren, das sich in der scheiternden Praxis des Normalplaners immer wieder in vernichtender Weise nicht verwirklichen liess. Der Realitätsbezug in "eigener" Sache kommt einzig in der Eigensphäre vor, wo der 1.-Stp weiter vorherrscht; hingegen die umstrittenen Einschätzungen in der Öffentlichkeit sind mehr als alles eine Sache der Entschlossenheit (hier als Mass der Überzeugtheit), das Seine zu "behaupten" und die andern darauf zu verpflichten. Das KANN kognitive "out of the box"-Operationen einschliessen, so wie ja auch die Bemühungen zur Wiederherstellung oder Ersatz eines beschädigten Praxisfragments auf dem 1.Stp. sachgerechtes Suchen und Versuchen enthalten können. Aber in beiden Fällen hängt das Mass des getriebenen Aufwands, der Ausdauer/Hartnäckigkeit ab vom Rahmenwert-begründeten Erwartungs-Horizont (also dem Gesamt-Ressourcen-Budget, mitsamt Reserven) und entsprechend dafür eingeräumten Ressourcen-Budget (als Teil dieses Gesamtbudgets). Freies Forschen hingegen ist bei solchen "interessierten" Vorgaben kaum denkbar: Herstellung des Status quo ante, oder "Rechtbekommen" und die andern auf die eigne Überzeugung (bzw daraus folgende praktische Konsequenzen) Verpflichten. Die eigentliche Arbeit am Wiederherstellen bzw "Bestätigen" kann von Befehlsempfängern bzw autoritär beeindruckten Gefolgsleuten geleistet werden - wie ja der 2.Stp (und der folgende) überhaupt anfällig für hierarchische Arbeitsteilung beim "Normalplanen" sind: die Zuständigen legen dabei für eine Gruppe nach eigenem bestem Wissen und Gewissen (oder auch Gutdünken) Ressourcen-Budget-Verteilung und Erwartungs-Rahmenwerte fest. Die Erfahrungen, die auf der Praxis-Ebene "darunter" von den eigentlich Ausführenden gemacht werden, egal ob es sich um die "Entscheider" selbst handelt oder deren Untergebene, werden natürlich oft (wenn auch nicht immer) auf den beiden nächsthöheren Ebenen (zurückgemeldet und) "verwertet", und führen zu Anpassungen der Budgets (Entschlossenheiten, Überzeugtheiten im Streit) und Rahmen-Erwartungen (Interessen und (zulässigen) Meinungen im Rahmen aller anderen). Bloss: Mit jedem Stp., den das Normalplanen auf der Stufenleiter (Spalte) seiner Vergesellschaftungskonzepte bzw (Selbst)Reflexion höher steigt, entfernt es sich zugleich von dem eigentlichen, dem augenblicklichen Weltbezug. Schon die staatsbürgerlich stabilisierende Bemühung um Interessensausgleich und "haltbare" Meinungen braucht beeindruckend-drastische (dh unerwartete) Rückmeldungen von der Empirie- und Praxis-nahen Basis. Im moralischen Räsonnieren kommen strittige Sachverhalts-Feststellungen nicht mehr vor, und sind in der Konstruktion des Moralexempels aka Konflikt bzw der Prinzipien der Gleichbehandlung nicht vorgesehen, denn es geht ja um "Volitives" (Pläne, Individualitäten), das sich widerspricht - nicht Kognitives. Dementsprechend wird in empathischen Erklärungen der Motive Streitender deren Vorgeschichte (Aufwachsen, Lebensrealität=Normalität, traumatisierende seltener auch glückliche Vorerfahrungen usw) thematisiert, aber äusserst selten (eigentlich nie) deren korrekturbedürftige Irrtümer. Das erklärt, warum bei Streitigkeiten um gläubig begründete Forderungen, auch autoritär beglaubigte Sach-Voraussetzungen solcher, der Sach-Anteil vernachlässigt wird, wenn er nicht gar unter den Tisch fällt: Die Forderung an sich löst Empörung aus (nach verschärften Lockdowns; nach "Selbstbestimmung" bei einer angeblichen Seuche). Auch hier bewahrheitet sich, dass autoritäres Beglaubigen der eigenen Überzeugung (im Kampfmodus) nur dem Zweck dient, die Gegner auf Erfüllung der eignen Forderung an sie zu verpflichten, die Gegenbehauptung wird nicht wirklich ernstgenommen, gilt nur als Ausrede, Abwehrmassnahme, Hindernis, das nach den vermeintlich allseits "anerkannten" Kampfregeln bekämpft werden kann. Auch hier gilt, dass die Beteiligten nicht völlig unbeeinflussbar sind (je nach Vorerfahrung, Vor-Erschüttertheit, Fixiertheit auf ihr Projekt=Rahmenwerte, hohe Erfolgsgewissheit in diesem Praxisfeld usw) - aber die Gegen-Evidenz muss beeindruckend, drastisch, also vor allem: unerwartet ausfallen. So wird dann doch, lang nach den ersten Katastrophen (die man eben, aus Prinzip, nicht kommen sieht), dazugelernt - "aus Erfahrung". Oder was Normalplaner (im Rahmen ihrer ständig wechselnden Lernregel nämlich Normalitätserwartungen) so nennen... Immer wieder müssen hinsichtlich der historischen (und der in Bildungsgängen nachholenden) kognitiven Entwicklung des Normalplanens im Aufstieg durch die Stufen bzw in deren Ausbildung und Bildungs-veranlassten Nachvollzug hervorgehoben werden: a) die PASSIVITÄT der Stufen 2ff hinsichtlich der Forderungs- und Überzeugungs-Gehalte, die immer auf bzw aus dem 1.Stp (ab dem 2.Stp: "Eigensphäre") entstehen - und das eben auch nur in der "öffentlichen" Sphäre, und unter dem Gesichtspunkt der Budget-Verteilung (Entschlossenheit als basis auch noch von Überzeugtheit usw); b) die NACHRANGIGKEIT der rein sachverhalts-bezogenen Streitinhalte (dh auch da geht es vorrangig um Durchsetzung von Verpflichtungen, die aus der erzwungenen Anerkennung für den Gegner unliebsamer Tatsachen für ihn folgen); c) die LANGSAMKEIT in der Ausbildung bzw expliziten Benennung der zugehörigen Kategorien ud ihrer Umbildung zu einem zuverlässig (in Krieger-, Herrscher- Bildungsträger-Schichten) tradierten Bildungsinhalt. Die oben eingangs erwähnten kognitiven Errungenschaften im Weltverhältnis: Aufhebung des mit etwas Nicht-Rechnen-Müssens bzw Nicht-Rechnen-Dürfens, Unbedingtheit, "Objektivität/Intersubjektivität, Öffentlichkeit" der Mittel im Kampf/Krieg, soweit die der Selbstbehauptung eines davon getrennt (durch Eigensphäre, Mittel, Respekts-Verhältnisse usw) charakterisierten Erweiterten Selbst dienen, "Dauerhaftigkeit, Haltbarkeit" der von solchen Erweiterten Selbsten mit und ohne Respekt füreinander entschlossen proklamierten Forderungen und Überzeugungen; und insbesondere die dem 4. und 5.Stp zugeschriebenen, bereits sehr fortgeschrittenen Positionen einer nicht mehr "bewährten" sondern abstrakt, unbedingt, "hypothesen-bildend", insofern "zukunfts-orientierten Erwägung in allen Lagen möglicher Schicksale und Schicksals-Umschwünge (Fortschritte, Rückfälle, Aufschwünge, Abstürze usw) und Reihenbildung der gleichrangigen Stufen des Glücks und Unglücks, die daraus folgen (eine Güter-Ethik...), schliesslich die empathisch-verstehende Erklärung von Motiven für Forderungen, Zusicherungen, Überzeugtheiten, deren Befürwortung und Ablehnung, aus Vorgeschichten (Prägung, Traumata...): All diese Fortschritte im Weltverhältnis werden den sich zu genuin RELigiösen Positionen Vorarbeitenden auf zweierlei Weise vererbt (tradiert): Einmal als Bildungsstoff bezüglich der normalplanerischen Vergesellschaftung und ihrer fortgeschritteneren Niveaus, dann aber auch als ideal gedachter Inhalt. Die KOGNITIVE Arbeit am RELigiösen Weltverhältnis besteht dann darin, tendenziell in der Idealversion (Glaubensvorstellung) und in der realen Reproduktionspraxis diese tradierten Praxis-Kategorien als die SELBEN zu erkennen. g5. ((Man könnte meinen, diese Strecke sei vom 4. und 5.Stp ausgehend besonders kurz; es sind ja bereits (selbst)explikative (bzw -reflexive) Denk-Felder. Aber die Bewegung ist (auf allen Stp.en, gerade auch diesen beiden) komplizierter: Ausgehend von einer kognitiven Operation wie: Die Möglichkeiten von Abstürzen und Aufschwüngen mitsamt ihren affektiven Folgen für die Betroffenen nebeneinander stellen und vergleichen; oder, die Wege durch solche Abstürze und Aufschwünge hindurch, ausgehend von einer Ausgangs-Normalität, über zwischengeschaltete solche, nachzeichnen; von solch einer kognitiven Operation ist nochmal eine anspruchsvolle Leistung zu erbringen, um sich als Optimum ein moralisches Universum mit Karma-Mechanismen und/oder der Tendenz nicht nur zu Lohn und Sühne, sondern vor allem zur allmählichen Besserung all seiner Bewohner, und Tilgung aller Konflikte vorzustellen; oder eine Welt, deren Stoff im Kern aus Begriffen gefertigt ist - eine GEDACHTE oder besser, SICH SELBST DENKENDE. Aber das ist bei weitem nicht alles: Aus dieser Glaubensvorstellung oder auch Metaphysik muss dann der Praxis-Gehalt, die Entscheidungs-Vorbereitungs-Operation, nur jetzt nicht mehr am Spezialfall der Vergesellschaftung, sondern angewandt auf die Welt (so sie immer schon angesiedelt ist, bloss nie zum Gegenstand gemacht wird), in Gestalt einer Bewusstseins- und Erkenntnis-Theorie (von PRAXIS-Theorie ganz zu schweigen) mühsam extrahiert werden. Die Mühe wird wiederum durch mehrere Verlaufsformen erleichtert, die dieser Vorgang annehmen kann: Die PERSONALISIERUNG des Ideals erlaubt es, das Ideal sich als Vorbild zu setzen, das ihm Nachfolgen als für den Heilsweg (um ihm gleich zu werden oder nah zu kommen) geboten oder sonstwie unerlässlich anzuraten, sodass der im "Idealisieren" oder "Hypothetisch-Optim(alis)ieren" zurückgelegte Aufstieg zu einem geglaubten Weltbild leichter wieder zurückführen kann, oder man sich zurückfallen lässt in (illusionäre, womöglich auch nur noch rituelle) praktische Versuche, das Ideal (das universelle Mitleid, die göttliche Liebe...) "innerweltlich" gegen alle bereits erwarteten Widerstände zu realisieren - wenigstens exemplarisch; sofern darein Hoffnungen gesetzt werden, dient die unweigerlich einsetzende Enttäuschung an DER (sozialen) Welt nur um so mehr der Hinwendung zum Ideal-Überirdischen und dem Wiederaufstieg zu und der gedanklichen Beschäftigung MIT ihm. Das aber heisst: Das Bewusstmachen aller zugehörigen Kategorien, angefangen beim immer je zugeflüsterten oder zufallenden Nächst-Brauchbaren über das Nie-endgültig-Destrukive Schwanken der praxis-relevanten Umgebungsparameter bis hin zur Kosmos-Ordnung, die alle Verstösse gegen sie mehr oder weniger milde-wohlwollend oder auch streng korrigiert, über den Gedanken der bis auf weiteres anzunehmenden immer weiter sich steigernden Selbst-Perfektionierung dieser Ordnung hin zu grösstmöglicher Güte ud zugleich Glückseligkeit (der Konflikt zwischen beidem damit ebenfalls endgültig behoben) und dem Sich-Selbst-Reflektieren dieser Ordnung und Explizitmachen (Offenbaren? Nachvollziehbar-Machen) der Begriffe, aus denen sie BESTEHT: Dies Bewusstmachen findet immer im der (schützenden?) Hülle des Ideals, der Arbeit am Glauben statt; und sie weist in Richtung Entmythologisierung, Ent-Bildlichung, Abstraktion - maW geschärfter Begriffsbildung - in immer neuen Anläufen und immer neuem Zurücklegen der genannten Wegstrecke (in der das Ideal immer idealer. und zugleich abstrakter gedacht wird; das oben genannte "Proto-RELigiöse" moralischer Universalisierung, "Rücksichtslosigkeit", (kontrafaktische) Antizipation möglichst vieler Fälle und Moralexempel usw kommt ihm dabei entgegen. Und von diesem Maximum an optimal gedachter ALL-was auch immer-idealer Personalität (oder "poly-theistischen" Abspaltungen und "Aspekten" von ihr) geht der Weg über zwar nicht mehr so ganz personale, aber immer noch weit über das kleine Einzelwesen hinausragende Riesen-Entitäten, die Natur, die Vorsehung, das Tao, der (Welt)Geist, weiter runter zu Kollektivsubjekten, die Kirche, die Wissenschaft oder Kunst, (die Partei?), Imperium, Reich (der Mitte), Nation, zu Heroen, Führern, halb-göttlichen Amtsträgern Autoritäten, Genies... Der "Renaissance"-Weg zurück in die Selbstbesinnung - nun nicht mehr als Gesellschaftswesen, sondern als Produzent - die SelbstERMÄCHTIGUNG. In all den im historischen Prozess der Arbeit an Glauben und Ideal mit-tradierten und zugleich kategorial geschärften Dimensionen... Und dieser Ermächtigung entgegen kommt natürlich der REALE Produzent aufREL-Grundlagen - freilich der innerweltlich ernüchterte, der experimentell aufgestellte, ohne normalplanerisch bornierende Schutzhülle.
---------------------------- abfall, ursprüngliche notizen für fortsetzung:
(an beiden enden ihres Planens erwartet sie "überwältigendes"...)
--------------------- der andauernde Interessengegensatz als Anomalie schlechthin der politischen Ordnung
das kognitive das hypothetische die ks-abtrennung scheitern; kriterien, die nebenbei entwickelt werden: ...der zurechnungsfähigkeit (respekt, nicht-psycho-... etc), der rechtmässigkeit/fairness, der vereinbarkeit mit stabilität, der gerechtigkeit und gleich-gestelltheit, schliesslich der verstehbarkeit (und erklärbarkeit, gegenüber jedermann usw) g5. der zunehmende abstraktionsvorgang in den "glaubenskrisen"; die besondere handlichkeit der ideal-person(alität)(en) g6. die rücknahme der idealisierungs-reichweite (des optimums) durch die zeitebenen (?) : renaissance>indiv>lebensentwurf>id
Vortrag 4e: Die REL-Vergesellschaftungs-Stp.e
Ich spreche jetzt über die Frage, wie sich die RELigiöse Grund-Lebensform weiterentwickelt, wenn sie Fortschritte macht. Die Fortschritte gehen ja aus von einem Zustand, der sehr bescheiden, sehr zurückgenommen ist - es ist gerade mal die Zusammensetzung eines Erweiterten Selbst mit einem für Reproduktion hinreichenden Kenntnisstand (technisch nutzbares Knowhow, prognostisch nutzbares knowthat), und zunächst noch nicht einmal das, sondern es ist im Grund nichts als das Fragment einer maximal zurückgenommenen normalplanerischen Lebensform, das ist die minimale Startform. Erst, wenn die Bildungsfortschritte oder die Anschlüsse an normalplanerische Vorstadien solche sind, die solche fortgeschritteneren Kategorien enthalten, wie sie dort entwickelt wurden, ist da dann mehr, dann besteht da etwa ein Bewusstsein davon, ein Erweitertes Selbst zu sein, das schon ganz vorsichtig mit einem Wissenszuwachs rechnet, oder sogar ein Kernselbst, das sich dessen bewusst ist, dass es jederzeit in beliebige Lagen kommen kann. Leute mit noch höheren Bildungsstufen RELigiöser Art, die vielleicht eine philosophische Ausbildung erhalten haben, haben immerhin die Begriffe, mit denen sie die hypothetischen Voraussetzungen ihrer ganzen Planung für sich und andre ausdrücken können.
1. Jetzt müssen wir mal schauen, inwiefern es da eine ähnliche Fortschritts-Dynamik gibt wie bei den Normalplanern. Diese Art der Fortsetzung hatte ich ja schon angekündigt, auch in den Diagrammen: - nämlich dass die Vergesellschaftungskonzepte der RELigiös Denkenden und ihr Leben Führenden ihnen zu einer Einsicht verhelfen - über sich, über ihresgleichen - das ist jetzt ein sehr wichtiger Gesichtspunkt, es geht da schon um die Einrichtung in einer Binnengruppe von RELigiös Denkenden (wie es sich mit dem Aussenverhältnis darstellt zu den Normalplanern, das müssen wir dann später nochmal sehen) - also jetzt geht es erst einmal nur um eine hypethetische Binnengruppe, das kann zur Not etwa nur eine Klostergemeinschaft sein. Es gab aber auch schon grössere Binnengruppen in Europa, mit Sicherheit auch in Indien und Ostasien, grössere Gemeinschaften von wirklich genuin RELigiös Denkenden, bei denen ja als allererstes auffällt, dass sie zur Not völlig allein sein können, sie stehen für sich, sie verlangen von andern nichts, und das macht ihre wirklich grundsätzlich aus dem Weltverhältnis resultierende libertäre, nicht-autoritäre soziale Grundeinstellung aus. Sie sind erst einmal so, dass sie von andern nichts verlangen und fordern. Gewissermassen ist das fast schon das Leitsymptom, das sie von OPPortunisten, Normalplanern abgrenzt, die immer irgendeine Vorstellung davon haben, was andere um sie herum sollten und müssten, und das gilt eben für genuin RELigiöse nicht, weshalb man auch aus diesen beiden Symptomen (Fordern bzw. Nichtfordern) zurückschliessen kann auf das jeweilige Weltverhältnis, wenn es selbst nicht offen ausgesprochen wird (auch das ist nicht unbedingt Sache von genuin RELigiösen Menschen, dass sie mit ihrem Weltbild oder -verhältnis hausieren gehen) - so dass man tatsächlich sagen kann: Sehr viele Menschen mit einem anarchistisch-egalitären Auftreten und Verhalten zu andern haben wahrscheinlich eien solchen genuin RELigiösen oder im weiteren Sinn experimentellen, nicht-normalplanerischen Hintergrund, das kann heute natürlich auch etwas diffuses sein, esoterisch, oder auch irgendwie weltanschaulich weitergehend ausgebildet, das ist egal. Umgekehrt ist aber wichtig zu verstehen, dass das Interesse bei scheinbar RELigiös stark Geprägten an der konkreten Ausgestaltung dieses ihres Weltverhältnisses, also ihr Wunsch nach einer Welterklärung durch dieses Weltbild, oder der Wunsch nach einer Sinnstiftung, also nach einer Antwort auf die Frage: Was soll aus uns werden, was für einen Sinn hat das ganze? schon verweist darauf, dass sie auf dem Marsch zurück sind in das Normalplaner-Denken. Hingegen ein genuin RELigiöses Weltbild ist - sagen wir es mal mit den Jesus-Worten: geistlich arm und einfach - weswegen seine Träger ja auch selig sind. Sie kommen mit sehr wenig Glaubensvorstellungen, Glaubensideen aus, am besten eben mit einem PRINZIP.
2. Damit ist erst einmal etwas sehr Elementares festgehalten über die RELigiös Denkenden. - Ich hatte damals im Zusammenhang mit dem Normalplanen gefragt: Was ist eigentlich die Struktur, die sie loswerden müssen - das sollte dann schon grob vorskizzieren, was sich dann im Aufstieg durch die 5 Stufen/Zeithorizonte/Zeilen der Normalplanungs-Spalte ergeben hat. Dort ging es damals um den Wegfall der bedingten Erwartungen, und die Herausbildung der Praxis-Kategorien (vgl. Entscheidungsdiagramm), die überhaupt erst Planung ermöglichen. Genau das ist jetzt hier auf eine verrückte Weise als Resultat des Hervorgehens der RELigiösen Denkformen aus dem OPPortunismus eine vergleichbare Ausgangssituation. Die RELigiös Lebenden erben erst einmal bestimmte Praxis-Kategorien, die eine rationalere Praxis-Gestaltung erlauben, als es bei Normalplanern der Fall ist. Das ist, hatten wir immer schon gesagt, abhängig vom Bildungsgrad, und der kategorialen Durchbildung der Tradition, von der sie diese Bildung haben, also je nachdem ist ihre Praxis tatsächlich reflektierter, hat schon die Resultate des Durchgangs durch historische Vergesellschaftungsformen und die Desillusionierungen, die damit verbunden waren, in sich aufgenommen. Also solche Kategorien wie: Erweitertes Selbst und Verbesserung der eigenen Situation, Kernselbst und beliebige Varianten, das Hypothetische hinter den Strategie- und Planentwürfen, und das Begriffliche überhaupt - das alles kann tatsächlich sowohl in ihre Praxis eingehen als auch in ihren Glaubensvorstellungen vorkommen (die haben ja, wie gezeigt wurde, dieselben Planungs- und Zeithorizonte). Es gibt also im besten Fall, wenn ihre Bildung soweit reicht, diese 5 Planstufen im Rahmen ihrer tatsächlichen Praxis, nur maximal zurückgenommen. Dh selbst wenn sie Bestandteil der Bildung sind, werden sie garnicht oft betätigt - weil ja die RELigiöse Praxis so maximal bescheiden ist - es geht ja bloss ums Existieren - ganz vorsichtig - das kann zwar auch ganz vorsichtig immer mehr erweitert werden - aber da muss lange dran gearbeitet werden, bis man überhaupt einmal vorstösst zu weitergehenden Planungsdimensionen. Gleichzeitig sind die Plan-Stufen aber im Denken der RELigiösen Prinzipien- und Idealform, den RELigiösen Glaubens- und Optimalvorstellungen, durchaus präsent. Zwischen Realpraxis und Ideal - was ist dazwischen? Erst einmal nur der eigenartige "Chorismos" - eine riesige Leerzone; die idealen Gestaltungen, die idealen Ausprägungen dessen, was man im Priunzip in der eigenen Praxis macht, sind in Form der Glaubensvorstellungen zwar vorhanden, aber immer nur transzendent. Also das ist in und hinter der Welt, und wenn in der Welt, dann verborgen ("absconditus"): der Weltzweck, die Zweckmässigkeit von allem, und die Welt-Ordnung, ihre Vervollkommnungsstufen, ihr Begriffsystem-artiger Aufbau, alles verborgen-in, oder "hinter" der Welt (sie steuernd, formend..), und nur man selbst "vor" dieser Welt, nicht in sie eingedrungen - sie ist im grossen ganzen unbekannt - und nur im Prinzip ausgestattet mit den mickrigen Versionen der Praxis-leitenden Kategorien.
3. Dieser Chorismos, diese Trennung von Ideal und Real: die muss aufgehoben werden. Wir können uns beim "WIE das geschehen kann" an die Arbeitshypothese halten, dass es (nicht anders als bei den Normalplanern) die spezifische Vergesellschaftung - entlang den Vergesellschaftungskonzepten, die sie dafür ausbilden - ist, anhand deren sie diese Aufhebung durchmachen. ((Warum ist das so? Darum, weil Vergesellschaftung Abwandlungen dessen mit sich bringt, was wir selber sind - "die Anderen sind welche wie wir, aber anders". Damit führen wir uns also selbst die Abwandelbarkeit unserer eigenen Existenz vor Augen, und müssen diese Varianten nicht alle selbst durchmachen - wir können somit fragen, wenn wir andere, ebenso RELigiös denkende, wie wir es sind, sehen, die ein anderes Schicksal haben, sich anders eingerichtet haben - was haben wir zu denen für ein Verhältnis? Nochmal wichtig: Es ist nicht unbedingt das Verhältnis zu Normalplanern oder auch nur normalplanerisch degenerierten RELigiösen, sondern ich spreche im folgenden immer erstmal über Binnenverhältnisse von ihrerseits genuin RELigiös Denkenden.)) Bei den Normalplanern war es ja so, dass sie erst einmal gestartet sind, indem sie ganz naiv ihr Weltverhältnis unterschiedslos auf ihre soziale Umgebung, als bewährten Bestandteil ihrer Normalität, und die eingeübten Umgangsformen mit ihr anwenden. Wie sähe das denn hier aus? Was auch immer die entfernte Glaubensvorstellung ist - die oder das nächstliegende ist, mit derselben Logik, AUCH unter eine passende Optimalhypothese (Inhalt hier wie sonst bei REL: Subjektives, hypothetisch bis auf weiteres ideal gedachter Steigerungen für fähig erklärt...) subsumierbar. Das heisst: RELigiös Denkende können das Optimalhypothesen-Bilden "ganz naiv" auch auf ihre Vergesellschaftungs-Verhältnisse anwenden - so wie auf alles, das nicht in ihrer unmittelbaren Verfügung liegt. Bloss, dass sie da jetzt von exakt der anderen als der gewohnten Maximal- oder Optimalseite her starten, stattdessen von der mickrigen "Real"-Seite ... Auf dieser "mickrigen" Seite haben sie zunächst (unterschiedslos welt- wie vergesellschaftungsbezogen) die Optimal-Hypothese (erwartungsfrei, bis auf weiteres...), dass ihnen alles, was sie als nächstes brauchen, in irgendeiner Weise zugeführt wird, sie also da erst einmal nichts versäumen können (von dem sie das nicht sicher wissen), anders gesagt, sie gehen davon aus, es wird ihnen irgendwie schon gelingen, die Probleme zu lösen. Damit ist aber schon die erste Planungsstufe berührt, die der Zwecke; das Nächst-zu-Könnende, -zu-Wissende usw trauen sie sich zu, mit diesem RELigiösen Prinzip unterfüttert, "Gott wird es mich schon wissen lassen, oder die im Prinzip gute Welt - irgendwoher werde ich es schon bekommen." - ansonsten sind sie selber zuständig, denn das SICHER Notwendige unterlassen sie nicht. - Das ist also die Art und Weise, wie sie ihre eigene Existenz erst einmal gestalten, und die Art ihrer vorläufigen Wissens-Erschliessung, unter dieser Weltverhältnis-bezogenen Minimal-Optimalhypothese... Wenn ihnen jetzt trotzdem Zwischenfälle, Unfälle, Ausfälle begegnen, dann gibt es da eine weitere abstrakte Hoffnung, die man bis zum Beweis des Gegenteils haben darf, eine Art Reserve-Optimalhypothese, und die besagt: Alles was zu einem Zeitpunkt oder Zeitpunkt-bezogen geliefert werden muss, worauf ich aber nicht vorbereitet bin - das wird mir dann schon von irgendwelchen Nachbarn, Andern, geliefert werden - "wenn jeder nur an seinem Platz das Nächst-zu-Könnende usw tut, wird da von irgendwoher etwas kommen, wenn bei uns etwas fehlt, ausfällt"... also etwas, das auf den Zeitpunkt genau vorbereitet sein muss - worauf man vorbereitet sein muss - wir können nicht auf alles vorbereitet sein, aber die Nachbarn sind es vielleicht. Und das soll nun Gegenstand unserer Optimalhypothese sein: Alle machen an ihrem Platz etwas, und wenn einem von uns was fehlt, dann wird das schon irgendwer liefern können.
4. Es kann schon sein, dass sie mit dieser Hypothese immer wieder mal erfolgreich sind, aber im allgemeinen wird sich da früher oder später eine bestimmte Gewissheit herausbilden, und die lautet: Man muss tatsächlich auch auf Eventualitäten vorbereitet sein, man muss tatsächlich Reserven bilden, durchaus auch aus eigenen Ressourcen, damit man andern helfen kann, und das müssen alle machen, die da beteiligt sind. Also hier ist tatsächlich aus dem (Vergesellschaftungs-)"Ideal" ein "Real" geworden: "Wenn etwas passiert, wo man zu dem Zeitpunkt auch tatsächlich etwas parat haben muss und es nicht egal ist, ob man vorbereitet war oder nicht - wenn man sich auf solche Ereignisse, Eventualitäten, einstellt, und das arbeitsteilig - dann muss man auch tatsächlich etwas vorbereiten". Das muss dann also jeder auf seine Weise tun, auf seinem Gebiet, mit seiner Spezialisierung, und man muss auch letztlich wissen, dass das nicht doppelt gemacht wird, sondern dass tatsächlich die anderen DAS ANDERE, das sonst fehlt, machen, und das alles hat obendrein auch noch den Charakter des "aufgrund dessen, was sie können" - aus dem heraus, was sie können, müssen sie Eventualitäten, vor allen Dingen natürlich solche, die in der Vergangenheit schon einmal vorkamen, berücksichtigen, und zur Not eben auch ein entsprechendes "Können" vorhalten, oder ausbilden, wo es fehlt. Die fortgeschrittene Hoffnung bezieht sich also hier schon auf die nächst-höhere Stufe, und sie lautet: Wenn alle das an ihrem Platz machen mit ihrer Spezialisierung und zugleich ihrem Vorhersehen und Wissen um bekannte Mängel, die damit behoben werden können, dann wird schon ein PLAN für alle, die da beteiligt sind, herauskommen. Und auf die Weise wird dann schon so, in einer sinnvolle Reihenfolge, erschlossen werden, was in der Umgebung, in der wir alle leben, überhaupt zu tun sinnvoll ist. (Bis zum Beweis des Gegenteils muss es einstweilen so angenommen werden.)
5. In dieser Hypothesenformulierung kann man durchaus so etwas wie das Konzept des Marktes - also des zwangfreien, wenn man so will: anarcho-kapitalistischen Marktes - entdecken - allerdings auf eine sehr gutmütige Art natürlich; nämlich so, dass man (bis zum Beweis des Gegenteils) annimmt: die Prioritäten, die objektiv angebracht sind für uns ALLE, kollektive Prioritätensetzungen in einer Umgebung, Strategieentwürfe, die wir als Kollektiv verwirklichen, und von denen wir dann als Einzelne durch unsre arbeitsteilige Verbindung profitieren - die werden (bis zum Beweis des Gegenteils darf, ja muss man das in aller Vorsicht erwarten) dadurch realisiert, dass jeder seine Spezialität zu einem Zeitpunkt ausbaut und sich damit auf deren Einsatz (auch Bereitstellung von deren Produkte, soweit lagerbar) vorbereitet, dieser Zeitpunkt kann zb auch ein Markttermin sein, aber auch ein Bedarfsanlass, für den man etwas vorrätig hält - alles, was Bereitsein oder -stellen für einen Zeitpunkt ausmacht. Dieses zeitlich ausschliessende Prioritätensetzen - ich mache DAS und kann dann etwas anderes nicht machen - ich kann also nur SO vorbereitet sein und dann etwas andres nicht gemacht haben - ist genau das, was die 2.Planungsstufe der "Ziele und Prioritätensetzungen" ausmacht. Was spielt sich da also wieder ab? Das: Ich habe das Vergesellschaftungs-Ideal in der Entscheidungs-Stufenreihe eine Stufe höher gesetzt - nach dem Muster: dadurch, dass wir auf dieser Stufe, Ebene, Niveau vergesellschaftet sind, schaffen wir auch eine Vergesellschaftung auf der nächsthöheren Ebene, und das nehmen wir dann, als vorläufiges Optimum und Ideal für unsere Vergesellschaftung bis zum Beweis des Gegenteils an. ((Ich hoffe wirklich, dass man hier das Denken des Ideals der Marktwirtschaft unmittelbar hervorleuchten sieht, also die gutartige Vergesellschaftung durch Arbeitsteilung und "Austausch" von "Äquivalenten - der muss jetzt nicht so bösartig sein, dass man ständig schachert und auf seinen Vorteil achtet, was man alles für sich aus Notlagen und Bedürftigkeit der Andern herausholen kann - sondern einfach nur die Vorstellung, dass das wirklich Prioritätensetzungen Erfordernde in unserer Produktionsweise auch tatsächlich durch die Arbeitsteilung, zu der sich die Einzelnen herbeifinden, und die Spezialisierung, die dazugehört, kollektiv erledigt wird.))
6. Jetzt machen sie damit wieder ihre Erfahrungen, und stellen in fortgeschrittenem Zustand fest (so behaupte ich zumindest): Man kann wichtiges verfehlen einfach darum, weil man Spezialist und spezialisiert war, und darum DAS ANDRE nicht gesehen hat - sogar ALLE Spezialisten zusammen könnten, auch als Kollektiv, wichtiges verfehlen - sie WERDEN, früher oder später, wichtiges verfehlen. Das heisst: Wir müssten uns, angesichts der Möglichkeit solcher Versäumnisse, schon auch um den Plan kümmern; womit dann eine weitere Teilung von Real und Ideal aufgehoben ist - erneut kommen wir auf die nächsthöhere Planungsebene, und haben nun schon das Unverbundene (das so, unverbunden, überhaupt nur diese Vergesellschaftungs-Optimalhypothesenbildung erlaubt hat) auf bereits drei Planungsebenen hinter uns gelassen. Wir haben eine erste Unverbundenheit aufgehoben, die überhaupt nur so eine Real-Ideal-Teilung als unbestimmte, und dadurch ideale, zu denken erlaubt hat, und jetzt kommt schon die nächste - also Spezialisierung ist real, und Plan darf nicht ideal sein, sondern muss auch der realen Behandlung und eben Planung unterworfen werden. Die nächsthöhere Ebene ist nun allerdings das Hypothesen-Bilden - einmal über sich, also das subjektive, die beteiligten Subjekte, und zum andern über objektive Zusammenhänge, Regularitäten - aus denen wir Strategie-Entwürfe machen, aus denen wir für eine bestimmte Umgebung, soweit wir sie kennen und empirisch schon gut bestätigte Hypothesen in ihr haben (Prognostiken) - die passenden auswählen und zu Plänen zusammensetzen (das ist ja praktisch dieselbe Ebene - einmal das überhaupt Strategieentwürfe Verfertigen, dann aber sie auf die Umgebung, soweit bekannt, beziehen und für sie auswählen - das ist im Entscheidungsdiagramm oben der Umschlag von der linken Seite auf die rechte, ab da absteigende.) Aber jetzt ist etwas entscheidend anders. Wenn wir JETZT sagen: Jeder macht aus seinen Hypothesen - an seinem Ort, an seinem Standpunkt, mit seinem Wissen einen Plan - dann ist unmittelbar klar: das kann aber kein kollektiver sein; an DER Stelle setzt diese Art der Vergesellschaftungs-Optimalhypothesenbildung aus. Warum? Weil die relevanten Wissenselemente, die in die Hypothesenbildung und damit auch in die Planung für alle eingehen, nicht mehr arbeitsgeteilt werden können; sondern da muss der Planer tatsächlich alles für alle Relevante wissen - auch von den andern - und das kann nicht mehr arbeitsteilig mit nur SEINEM , im Ausgang beschränkten Hypothesenwissen bestritten werden. Das ist hier der entscheidende Punkt: Ich kann diese Optimalhypothese nach dem mittlerweile bekannten Muster nicht ohne inneren Widerspruch formulieren, selbst wenn ich wollte: Wenn jeder an seinem Platz aus den allein IHM zugänglichen Hypothesen versuchen würde einen Plan zu machen - für wen auch immer, womöglich ALLE - dann KANN da grundsätzlich nicht das gleiche herauskommen, wie wenn jemand über die Gesamtheit des allen verfügbaren relevanten Hypothesen-Wissens verfügen würde. Planen für alle kann nicht mal im Idealfall arbeitsteilig vor sich gehen, sondern da muss jeder Planende auch alles Relevante aus dem allen einzelnen verfügbaren Hypothesenmaterial, dem Wissen verfügbar haben.
7. Und dabei bleibt es jetzt auch - das heisst: auch die nächsthöhere Ebene - das ist die der Hypothesen-Gestaltung, der Erwägungen überhaupt, die man machen könnte - nur mit der Gesamtheit an Begrifflichkeiten, die man angesichts der GESAMTErfahrung entwickeln würde - auch diese Begrifflichkeiten, das Begriffssystem erschliesst "Relevanzkriterien" (relevante Gemeinsamkeiten und Unterscheidungen) nur im Zusammenhang mit dem gesamten Erfahrungs- und Wissensbestand, an dem entlang es entfaltet wird; der eben nicht "arbeitsteilig" oder hier besser: wissensteilig verwaltet werden kann. Dass das vorher überhaupt so schien - dass man also tatsächlich die Real-Tätigkeit arbeitsteilig denken konnte unter einer Ideal-gedachten Vergesellschaftung der nächst-höheren Kategorie, hatte bloss damit zu tun, dass die nächsthöhere Kategorie nicht unmittelbar, so wie es jetzt der Fall ist, als Ableitung aus einem Wissensbestand gedacht wurde. Nur deswegen konnte das Wissen überhaupt noch so teilbar gedacht werden - weil man eben zur Ableitung von Plänen ein, sagen wir mal: sehr selbstbezogenes Verhältnis hatte. Diese Lücke klafft zum ersten Mal auf, wenn wir uns tatsächlich bewusst dem Hypothesenbilden als einem notwendigen Vorstadium zum Planen, zum Strategieentwürfe-Fertigen zuwenden.
8. Sehen wir uns nun an, wie wir uns im Zeilen-Modell bisher bewegt haben. Die Stufe, auf der wir erkennen, dass es so nicht weitergeht, war eigentlich erst die dritte. Da wollen wir realistische, "Real"-Planer sein, und merken, dass wir mit der (Vergesellschaftungs)Ideal-Unterstellung nicht weiterkommen, dass unser kollektives Planen "für alle" keinen Sinn macht, wenn nur jeder seinen Plan für alle mit SEINEM Erfahrungs- und Hypothesenhorizont macht, statt dass dieser Plan unmittelbar aus einer zusammengeführten Gesamt-Hypothesenmenge (die alles relevante Wissen, das irgendwo bei Einzelnen verfügbar ist, verarbeitet) erstellt wird. Das wiederholt sich dann auch auf der 4.Ebene, dort ist die Überlegung allerdings nur noch hypothetisch, nicht mehr real - da können wir uns vorstellen, dass wir zu den relevanten Hypothesen gehörende Begriffs-Unterscheidunge und Zusammenfassungen, die praktisch relevanten, denken sollen - und das Erfahrungswissen zugänglich gemacht haben - und wenn wir jetzt gewagt denken, können wir uns vorstellen, dass wir uns fragen, ob man Sinngrenzen für die Begriffsbildung auch irgendwie arbeitsteilig denken kann. NATÜRLICH NICHT- dafür ist jeder zuständig, und zwar für das Ganze dieser Sinngrenzen - es ist nicht arbeitsteilig verwaltbar. Also DENKEN... Sinnbegriffe denken - relevante Begriffe denken - Begriffe dessen, was für unsere Produktion wichtig ist, was unwichtig... das kann dann nur jeder für alle (für sich selbst dann natürlich mit). Aber dieses Optimalhypothesen-Muster vom Anfang, dass idealerweise es sich schon von selbst ergeben wird, wenn jeder an seinem Platz usw - das ist bei einer rationalen Planung, die durchaus im Horizont der RELigiös Denkenden liegt (spätestens, wenn sie Bildungshintergründe dieser Art geerbt haben) nicht mehr möglich. Das heisst: Wenn sie erstmal so weit sind, dass sie ihr Planen real angehen wollen, und sich fragen, woraus leiten wir das denn ab - was ist denn vorausgesetzt für unsere Hypothesenbildung? dann schalten sie Stufe für Stufe dieses Unbestimmt-Ideale hinter der Welt aus. Stattdessen wird es ein Reales, ein "ausschliesslich ihnen Angehörendes" - es ist IHRE Hypothesenblidung - IHRE Begriffsbildung, IHRE Reflexion darauf, welches die Grenzen der Begriffsbildung sind. Jetzt fragt man sich: Wenn da etwas andres sein soll als eine Eigenschaft der Praxis - einer in die Welt eingelassenen Praxis - was sollen diese Bestimmungen dann? was soll man mit diesen Hypothesen hinsichtlich etwas "in und hinter der Welt" anfangen? wie soll denn die Welt beschaffen sein, dass sie das aufweist - dass sie irgendwie das Resultat einer Begriffsbildung ist? Pläne, Absichten, Versuchs-Handlungen können das Resultat einer Begriffsbildung sein - aber wie soll die Welt das sein? Welt als Gegenstand von Hypothesen, Welt als Gegenstand praktischer Begriffsbildung ist was andres - die besteht natürlich aus Materien, Materialien, mit Eigenschaften, Trägheit/Masse, Gewicht usw die hat alle möglichen Eigenschaften, denen können wir uns zuwenden, wenns drauf ankäme - vor allem, wenn wir Materialien suchen, um Probleme zu lösen. Hingegen dieses Verallgemeinern - die Frage: Was könnte die Welt noch sein? ausser "Objekt"-Partner einer Reproduktionspraxis? - das löst sich auf.
9. Aber in diesem Denken - in dieser Stellung des Erkennens der Unmöglichkeit der eigenen Optimalhypothese - des die Optimalhypothese nicht mehr denken Könnens - bleiben diese fortgeschrittenen philosophisch gewordenen ehemals RELigiösen nun stehen. Also jetzt ist die Behauptung: Sie kommen nicht weg davon - sie denken immer fort weiter - sie denken es immer noch - was ist ihre Strellung in der Welt, und natürlich kann man dann schon im weitesten Sinn Handlungstheorien aufstellen - man kann über die Stellung des Subjekts in der Welt nachdenken - und dabei nach Möglichkeit diese überschwänglichen transzendenten Gedankenbestimmungen für die Welt kritisieren - das haben ja Philosophen auch gemacht - aber das Eigenartige ist, dass sie jetzt tatsächlich dabei stehen bleiben (beim "Interpretieren", vgl Marx 11.Feuerbach-These); wo doch in der Wirklichkeit Aufgaben zu lösen sind. Und da ist jetzt die Frage, inwiefern sie einen ähnlichen Schritt machen müssten, wie wir ihn bei den Normalplanern beobachtet haben, die ja auch in ihrem letzten Stadium zwar den Fehler benennen konnten - aber einfach nicht wegkamen von dieser fehlerhaften Stellung und der Erkenntnis - und einfach nur dieses bedingte Erwarten aufgeben mussten, und sich wegwenden mussten (was übrigens auch eine soziale Komponente hat - sie mussten sich wegwenden von denen, die davon nicht ablassen). Womit sie sich ihren Vermittlungsmisserfolg eingestehen mussten - ich rede jetzt über die 5. Zeile der Normalplaner da oben - also derjenigen, die mal gestartet waren als empathische Vermittler; da war die Frage, wie kommen die eigentlich hinüber ins RELigiöse Leben - dazu mussten sie sich endlich losreissen von dem immer weiter auf die normalplanerisch Denkenden vermittelnd wirken Wollen - da ist dann auch tatsächlich diese "libertäre Abtrennnung" fällig - die RELigiös Denkenden sind ab da für sich und bleiben unter sich, auch wenn sie aus dieser fortgeschrittenen Begrifflichkeit, aus der Tradition herkommen, die tatsächlich sich zum Begriff des Begriffs und des Begreifens, des Verstehens, des Begriffsbildens als einer notwendigen Tätigkeit, vorgearbeitet hatte. Und so also jetzt auch die auf dem 5.REL Stp. Angelangten: sie müssen diese Trennung ihrer Praxis nicht nur vom Ideal vollziehen, sondern sie müssen vor allen Dingen sich von den Andern verabschieden.
10. Jetzt verbleibt uns, nach der einen Seite, die Frage: Was passiert eigentlich, wenn solche Leute wieder mit ihrer Lebensform zurückfallen - das werden sie nicht selber tun, aber vielleicht diejenigen, denen sie diese Lebensform vererben, und die nicht einsehen, warum sie soviel aushalten müssen, weil genau dieses Warum? ihnen nicht mit-vermittelt worden ist. Die Stellung solcher naiv und maximal zurückgenommen vor sich hin werkelnd RELigiös sich reproduzierenden Menschen in der Welt ist natürlich prekär. Wenn sie es nicht geschafft haben, sich auf eine Insel zu retten oder dort schon leben, wie die irische "Familienkirche" im 5. oder 6. Jahrhundert - als die dann angefangen haben zu missionieren - dann ist ihre Stellung in der Tat prekär. Es kann ihnen zwar immerzu nichts passieren, das sie überraschen könnte - weil sie ja "ihr Sach auf nix gestellt" haben, aber natürlich sind sie relativ wehrlos gegen die Übergriffe ihrer normalplanerischen Umgebung. Zugleich verkörpern sie allerdings etwas Fortgeschrittenes. Das fällt den Normalplanern in der Umgebung irgendwann auch auf - dh ihre Stellung ist, wenn man so will, für ihre normalplanerischen Nachbarn ambivalent - sie werden im grossen ganzen ausgegrenzt, ausgeraubt, oder gar niedergemacht, aber sie haben auch ihre attraktiven Seiten, als Einsiedler, Heilige, Träger fortgeschritten-anspruchsvoller Bildungsinhalte, Wissende... da sind sie durchaus anerkannt, weil sie obendrein ihrerseits nicht-übergriffig und zugleich grundsätzlich hilfsbereit sind, schon allein mit ihrer Einstellung, dass man mit seinen Mitteln den bedürftigen Nachbarn behilflich ist, und das für sich selber allenfalls experimentell hofft aber nicht erwartet (maW ihre Hilfe ist grundsätzlich uneigennützig) - und mit dieser Stellung können sie durchaus bei und mit ihrer normalplanerischen Umgebung existieren; hingegen wenn sie selber nun anfangen, wieder bedingte Erwartungen aufgrund ihrer besonderen Lebensweise auszubilden, dann wird das schnell seinerseits übergriffig - sie werden dann zum einen ein gewisses Überlegenheitsbewusstsein ausbilden - das zweite ist, natürlich auch, sie werden sich zur Wehr setzen gegen die Übergriffe der andern, sich abgrenzen, womöglich feindselig - verächtlich sein und auftreten, sobald sie können und drittens... werden sie vielleicht auch Anhänger werben. Also das ganze unschöne Repertoire, das man üblicherweise den Gläubigen, OPP(REL)-gläubig gewordenen, zuschreibt an Verhaltensweisen, tritt auf, und das ist erklärlich.
11. Es ist auch in einem gewissem Sinn unvermeidlich, weil das RELigiöse Weltverhältnis sich eigentlich nicht vermitteln und somit auch nicht problemlos tradieren lässt - ausser, es ist in irgendeiner Weise schon OPPortunistisch wieder mit Erwartungen verbunden, die aus ihm abgeleitet werden. Dieses Auftreten, das vorbildlich, vorbildhaft Sein ist ja normalerweise erst einmal die Vermittlungsform der genuin RELigiösen - ich bin Vorbild für andere, ich kann vielleicht ihnen, zumindest den Interessierten, auch noch den Begriff predigen, wenn ich über ihn verfüge - man predigt ja in der Mehrheit tauben Ohren, das ist klar- ich kann ihnen mein Weltbild erzählen und predigen, dann werden sie es in irgendeiner Weise gläubig auffassen, und genau das ist ja auch eine der Formen, wie genuin RELigiöse Virtuose in die Welt hinein wirken und kulturbildend werden - weil sie tatsächlich Schüler Jünger Anhänger haben - die aus dem, was ihnen da vermittelt wird, dann ihrerseits etwas machen - nur dass es in den seltensten Fällen auf dem Niveau anlangen dürfte, das ihnen gepredigt wurde, und die Meister und Prediger haben ihre liebe Not, ihren Standpunkt tatsächlich Nachwachsenden, Nachkommenden, Unbedarften so nahezubringen, dass die auf dieselbe Lebensform einschwenken. Normalerweise wird die (mitsamt allen Glaubens-Bekenntnisse, Doktrinen, Predigten, Geboten und Verboten, Sprüchen, Sprachregelungen, Begründungen...) in irgendeiner Weise OPPortunistisch angeeignet, und das degeneriert dann sehr schnell. Das einzige, was dem entgegenwirkt, ist: Der Inhalt, der so angeeignet ist, sowohl das Vergesellschaftungskonzept, als auch das Weltverhältnis, wenn es denn noch einigermassen unbeschädigt, unverfügbar, als festgefügte Form, die nicht einfach verändert werden darf - tradiert wird - dann ist es zugleich auch in einem gewissen Widerspruch zu seiner normalplanerischen Behandlung und beliebigen Abwandlung - es ist dann oft geradezu der Inhalt der Predigt, dass man nicht normalplanerisch sein soll - das wird verurteilt, als Sünde, Ausdruck dessen, dass man vom Heilsweg abkommt, sich von Gott entfernt, oder aus der Weltordnung gefallen ist oder sich gegen sie erhebt - dieser Widerspruch wird ja durchaus in den Predigten benannt, die werden dann auch angeeignet, und dann entwickelt der Normalplaner ein Sündenbewusstsein, also ein ungenaues, aber emotional aufgeladenes Bewusstsein von dieser Differenz (Hegel hat etwas der Art UNGLÜCKLICHES BEWUSSTSEIN genannt) - und das ebnet dem ein oder andern den Weg zurück im Zusammenhang mit einigen Erfahrungen derselben Art, die andere vielleicht schon früher gemacht haben. Es gibt da also in der Tat etwas wie eine Erleichterung des Wegs zurück in die RELigiöse Lebensform - ich hatte den terminologischen Ausdruck dafür vorgeschlagen: der Weg dahin ist GEBAHNT - mehr oder weniger gut... Je weniger Inhalt dieser Art das RELigiöse Gebilde enthält, das tatsächlich massenhaft gepredigt und genau wegen dieses Mangels so "erfolgreich" ausgebreitet werden kann, und schon von da her nicht unbedingt die reifste Version dieser Tradition sein muss - je weniger somit tatsächlich bedingte Erwartungen weggeschaufelt sind in einer RELigiösen Lebensform oder Doktrin, desto mehr ist sie natürlich anfällig für solche Aneignungen, und dann muss tatsächlich mühsam der Weg erst einmal selbst gefunden werden und kulturell entwickelt, bevor er als gebahnter und iummer leichter gangbarer von andern wiederholt werden kann.
12. Ich habe noch einen weiteren terminologischen Vorschlag: Ich nenne solche, die ein ursprünglich relativ reifes RELigiöses Gebilde, Lebensform, Regelsystem, Doktrin, Glaubensvorstellung sich in einem OPP Rahmen angeeignet haben, GLÄUBIG. Das bezeichnet also immer die normalplanerische Aneignung und Weiter-Be- oder Verarbeitung solcher Gebilde entlang fortschreitender Erfahrungen (mit ihnen) in der üblichen normalplanerischen Manier - ich sehe: so zu sein, so zu denken, so mich zur Welt zu verhalten, als Normalität an, mit allem, was an Einrichtung dazugehört, und habe jetzt aufgrunddessen bedingte Erwartungen, mit denen mache ich ab jetzt weitergehende Erfahrungen und bearbeite entsprechend normalplanerisch den angeeigneten Stoff, mit dem ich es da zu tun habe (es sei denn, ich habe zu grossen Respekt davor und bearbeite ihn garnicht, aber mein Leben weicht dauernd ab uswusw - eben alles, was in solchen Kontexten passieren kann...) Gläubigkeit hatte ich im Grunde genommen schon besprochen im Zusammenhang mit dem Zurückfallen der RELigiös gewordenen Lebensformen in ihre normalplanerische Vorstadien (vgl §10), also dass ihnen da wieder bedingte Erwartungen zuwachsen, und dass das der Normalgang ist. Dass es somit keineswegs sicher ist, dass eine REL Lebensform tatsächlich Anschluss, Vertreter, Verbreiter, Tradierer findet, wenn sie mal eingeführt war,. aber es ist eben auch nicht ganz ausgeschlossen durch diese Bahnungsvorgänge, und das gilt jetzt speziell (das hier bloss noch zum Schluss) auch für die RELigiösen Lebensformen, also Sozialverhältnisse und Vergesellschaftungskonzepte. Die fallen ja mit dem Weltverhältnis zusammen zurück in eine normalplanerische Vorstufe, und dann kann es sein, dass da Leute sind, die optimalhypothetisch bis auf weiteres maximal vorsichtig zu unterstellende Arbeitsteilung anfangen mit Erwartungen zu verbinden, - also tatsächlich anfangen darauf zu beharren, jeder an seinem Platz werkelt vor sich hin, und darf erwarten, also sich mehr oder weniger darauf verlassen, dass wenn ihm was fehlt, andere das dann schon ausbilden werden oder besser, längst ausgebildet haben. Da muss man nicht weiter gross sorgen, die Arbeitsteilung funktioniert dann ganz von selbst. Solche extrem-naiven Ideen im bezug auf Arbeitsteilung kann man tatsächlich haben - das trifft man auch in fortgeschritten-modernen Gesellschaften noch an - wo der Gedanke der Arbeitsteilung und überhaupt Arbeitsteilung als Realität natürlich in ganz anderer Weise ausgeprägt ist, als was man davon mal in einer antiken Stadt von Handwerkern und Manufakturen oder, selbst mittelalterlich noch, bei Zünften und Gewerken aller Art gesehen hat - das war zwar arbeitsteilig, aber auch hochgradig organisiert - MODern, industriell, innovativ ständig "umgewälzt", sieht das schon anders aus. Also das Hochhalten von Arbeitsteilung und sie unproblematisch Finden ist, wenn es nicht sogar explizit so vorgetragen wird als gläubig angeeignete Vergesellschaftungs-(Optimal)hypothese, eine mögliche Form der Vergesellschaftung, deren Funktionieren man gewiss erwarten darf.
13. Das gilt natürlich genauso für das nächsthöhere RELigiöse Vergesellschaftungskonzept, Stufe 2, also die "gutmütige Marktwirtschaft". Nämlich wenn sie angeeignet wird von Leuten, die daran Berechtigungs-Konflikte festmachen ((man erinnert sich an die 2.OPP Stufe, an das Erweiterte Selbst, das dauernd kalkuliert, was lohnt sich, wie muss ich meine Kräfte einteilen, was hab ich falsch gemacht, wenn ich Misserfolg habe, oder von was überrascht werde - iwiefern und warum hab ich meine Ressourcen bisher falsch eingeteilt? und das Legitimieren eben auch als Kraft-Verhältnis zwischen sich und andern behandelt, als: Ich bin bereit, viel mehr für eine Sache zu opfern als du.. Daran kannst du schon sehen, dass du nicht im Recht bist, meine Berechtigtheit mündet in meine Empörtheit, wenn du das mir Zustehende nicht gibst usw.)) Und dies marktwirtschaftlich-Gutmütige "alle an ihrem Platz bereiten was vor und treffen sich an einem Markttag", oder halten es vorrätig für den Fall, dass es jemand braucht, und all das beruht auf Gegenseitigkeit - das sinkt also nun alles zurück in eine solche Eigentümer-Gemeinschaft, in der ausgebreitete und marktwirtschaftlich organisierte Arbeitsteilung befürwortet wird; bloss: da gehört nun natürlich die bösartige Form dazu, Konkurrenz, nämlich dass man immer schon sein Produkt für viel wertvoller, für einen wichtigeren Beitrag als den der andern hält, man selbst hat viel grösseren Aufwand getrieben; oder auch: das Eigne wird zum Mittel, um möglichst viel von dem der Andern anzueignen usw - das ganze Schachern und den Andern-Runterhandeln geht da jetzt los.Und zwar als (hier könnte man es jetzt wirklich anbringen) Vergesellschaftungskonzept, das jetzt nicht mehr einfach lautet: Wir sind Eigentümer und haben Verträge und haben uns wechseitig was versprochen - sondern es ist ja nun tatsächlich eine wechselseitige Erwartung verbunden damit, dass man mit dem, was man an Ware oder Dienstleistung beizusteuern hat, allerhand einhandeln kann. Ich will das jetzt nicht zu sehr vertiefen - es ist vielleicht die Idee klargeworden, wie Befürwortung von Konkurenz (spätestens wenn man sie als Normalität ausgebildet vorgefunden und sich angeeignet hat) tatsächlich aus der Realisierung eines ursprünglich REligiösen Vergesellschaftungskonzepts der 2.Stufe entstehen kann.
14. Wichtig ist mir jetzt nur noch der dritte Schritt (in der 3.Zeile): Dass es nämlich keinen weiteren (Wieder)Aufstieg gibt, der über diese zweite Stufe hinausgeht. Wie geht es Leuten, die versuchen, für Politisiertheit des 3. normalplanerischen Vergesellschaftungskonzepts ein RELigiöses Pendant zu finden? (Der 3.OPP Stp., zur Erinnerung, war mit Staat verbunden, mit Rechtsprechung im Sinne von Streitschlichten, Interessen-Zusammenführen, auch Individualitäten, die ursprünglich getrennt waren, zusammenführen und miteinander verträglich machen, so dass sie allmählich von den Beteiligten als EINE, geteilte, angesehen werden - das waren da die Stichworte). Das unterstellt also alles eine Unterschiedenheit der Gesichtspunkte, und des Wissens, der Meinungen nebenbei auch, eine Diversität der Lebensschicksale usw die immer nur als Resultat, als Anspruch an andere, der geschlichtet werden muss, sich zu Kompromissen bereit finden muss, wo auch Ressourcen-Budgets beteiligt sind: die einen bekommen dies, die andern jenes...usw was zwar so sich äussert, also als Anspruch, der in seine Schranken gewissen wird als berechtigtes Interesse, oder auch nicht berechtigtes, das sich bescheiden muss, um mit andern verträglich zu sein - aber die Art und Weise wie man draufgekommen ist - also warum man überhaupt den Anspruch hat, das Interesse hat - das wird nicht mehr weiter untersucht. Das ist ja alles der Normal-Hintergrund der Betreffenden. Und jetzt schauen wir mal, was es bedeuten würde, wenn eine so desillusionierte Stellung zum kollektiven Planen wie die der RELigiös Denkenden auf der 3.Verges.Stufe sich konfrontiert sieht mit einer solchen politischen Tätigkeit, es könnte ja jemand sein, der da ein Staats-Amt hat - und er hat hat diesen fortgeschrittenen Horizont, der von OPPortunistischer Staatsseite, von antiken Staatsmännern mal gerade eben so berührt wird - also so, dass sie tatsächlich die Idee der Vervollkommnung, des Zusammenführens ursprünglich Unterschiedener entwickeln können, der Vereinbarkeit von Interessen und der Bedingungen, unter denen das geschehen kann - also wenn das jetzt tatsächlich aufeinander trifft, ist völlig klar: Wenn jemand von dieser Politisierung ausgeht und sich auf den Inhalt dieser Tätigkeit besinnt - und weil er ihn als Bildungsinhalt geerbt hat, den Gedanken des notwendigen Ableitens von Plänen aus Hypothesen sich klar macht - dann kann er auf dieser Stufe nicht mehr weitermachen. Da wird ihm die Aussichtslosigkeit eines arbeitsteiligen Erstellens von Plänen aus Einzel-Überzeugtheiten, Einzel-Meinungen, Einzel-Gesichtspunkte, Einzel-Normalitäten sowieso, völlig klar - und diese Art der Vergesellschaftung zerfällt ihm unter den Händen. Das ist der Grund, warum ich in das Übersichtsdiagramm, in dem letzten Bild, das ich geschickt habe, die rote Linie da so eingezeichnet habe, dass wenn man von der 1. Spalte der 3. Zeile, in das entsprechende Feld der 2.Spalte links daneben, der REL Spalte, tritt, dass man dann diesen rot eingerahmten Bereich der real denkbaren und realisierten Vergesellschaftungskonzepte verlässt und sich wiederfindet in einem nur noch denkend zu behandelnden Sozialzusammenhang, also einem theoretisch zu durchdenkenden, der eben nicht funktioniert - und wo Desillusionierung unausweichlich dazugehört.
15. Ein wichtiges Wort ist jetzt noch zu sagen: zu einem Unterschied, der strikt diese drei RELigiösen Vergesellschaftungskonzepte von ihren normalplanerischen Pendants trennt. Es ist ein sehr wichtiger Gesichtspunkt - ein "pathognomonischer" (so nennt man in der Medizin ein Symptom, an dem bereits man das Vorliegen einer bestimmten Krankheit erkennen kann) - normalplanerisches politisches Denken wird sofort kenntlich, hat ein solches Leitsymptom, an der gedachten Möglichkeit, die drei Planungsstufen, wenn sie überhaupt ausgebildet sind, arbeitsteilig bewältigen zu können: Also so dass das Ausführen von Prioritätenlisten ganz unten stattfindet mit durchaus eigenen Vorstellungen der Ausführenden davon, was geht und was nicht, als ihren eigenen Rahmenwerten in der ersten Zeile - dass aber da Leute drüber stehen können, die für andere mit-planen, Ressourcen-Budgets teilen, Zeitpunkte und Prioritäten für die Ausführenden vorgeben (und dabei "berechtigte" Ansprüche verfechten, von Gruppen, die ein Gruppen-Eigentum haben und anderen Gruppen gegenübertreten); und dass schliesslich Herrschende, Regierende, Führer, Anführer, Schlichter, Richter, Entscheider existieren, die für die andern eben die Rahmenwerte verbindlich setzen, die freilich von diesen Anderen, Untergebenen, durchaus nicht immer übernommen und geglaubt werden) - nämlich, was kollektiv überhaupt geht und was nicht, und wie man die verschiedenen Vorstellungen von Plan-Zielen und Plänen überhaupt zusammenbringt. Das ist dann die Stufe der wirklichen Herrscher, der Politiker, die ganz weit sehen - die all die Individualitäten im Blick haben, in denen die andern - völlig distanz- und reflexionslos herumzappeln - solche, die je eine National- oder Regional-Kultur haben, wo sich die Frage stellt: Wie bringt man die alle zusammen? Dass man im Ernst glaubt, Pläne in dieser Weise aufspalten zu können und die Planausführung oder erst recht die Plan-Ableitung - das ist wirklich ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand das Normalplanen noch nicht verlassen hat oder mit fortgeschrittenen Konzepten in es zurückgefallen ist. Hierarchisches Denken ist pathognomisch für die Pathologie, die Krankheit des Normalplanens und seiner Vergesellschaftungskonzepte. Mit dieser These will ich es mal für heute bewenden lassen.
Vortrag 4f
Die Menschen, die die genuin RELigiöse Bildungsstufe erreicht und durchlaufen haben, also vor allen Dingen die Vergesellschaftungsideen, die dazu gehören, haben insgesamt am Ende 4 wesentliche Leistungen zustandegebracht. Und über die möchte ich heute hauptsächlich reden. Es sind natürlich zugleich die Vorleistungen, die dazu führen, dass man von der RELigion wegkommt und in die MODerne hineingerät. Also es ist zugleich die Beschreibung des Scheiterns des RELigiösen Denkens an seinen Mängeln oder die Entdeckung dieser Mängel, und dieser Begriff SCHEITERN (nach den Begriffen, die ich bereits eingeführt hatte, Gläubigkeit, gebahnt, Zurückfallen...) ist der nächste terminologische Begriff, den ich einführen, vorschlagen möchte: Scheitern ist dieses Übergehen, das nicht notwendig explizit stattfindet und darum schwer rekonstruierbar ist - das Scheitern geschieht selbst den Scheiternden selbst unversehens, sie wissen nicht wie, aber sie finden sich in einer völlig anderen Welt, natürlich einem anderen Weltverhältnis, einer anderen Art von Praxis und Lernen wieder, und können den Weg dahin kaum oder garnicht mehr rekonstruieren. Das ist sehr wichtig, weil dieser Weg eben auch nicht tradiert wird, sondern mühsam immer wieder neu gegangen werden muss, auch wenn er "gebahnt" ist. (Der Ausdruck Scheitern ist mir übrigens eingefallen, lang bevor ich den Titel von von Werlhofs Buch gesehen habe, "Das Scheitern der Moderne als patriarchales Projekt"; zu dem Zeitpunkt hatte ich schon selber eine lange Abhandlung mit dem Arbeits-Titel (Scheitern der MODerne) geschrieben, und man wird sehen, ob es möglich ist, diesen Begriff als einen terminologischen, der berechtigt ist, zu halten oder ob das Buch den Vorrang hat. Das ist mir aber im Augenblick nicht so wichtig.)
Also das Scheitern der Religion - das ist jetzt heute das Thema, und zwar gerade durch die 4 Leistungen, die die RELigiös Denkenden für sich und für die allgemeine Kulturentwicklung erbringen.
1. Die erste Leistung besteht darin, dass sie eigentlich die Kategorien des menschlichen Lernens, des rationalen Lernens aufstellen, entdecken, die vorher schattenhaft in Gestalt der RELigiösen Glaubensvorstellungen schon ausgesprochen waren, und zwar gilt: Je abstrakter diese Prinzipien den Glauben bestimmt und präzisiert haben, um so näher waren sie tatsächlich an dieser Kategorien-Stufenfolge des menschlichen Lernens dran - und es ist natürlich genau die, die ich meinerseits im Entscheidungsschema, das man zugleich das Erkenntnis- oder Lernschema nennen könnte, versucht hatte zu fassen. Also diese 5 Stufen - diese 5 Stufen des praktischen Lernens, und Erkennens und Wissens, Verarbeitens, sind von den RELigiösen Theoretikern erarbeitet worden, die elementarsten Stufen dann zuletzt. - Aber der eigentliche Fortschritt gegenüber den ursprünglichen Fassungen, in denen diese Stufen ja auch schon vorkommen ((Ideen, Begriffe, das Glauben als Hypothese, als Nichtwissen aber eben Glauben, was das ist, als Optimalhypothese, als Ideal als Vervollkommnungsidee - der Plan als Kosmos, der der Welt zugrundeliegt, das war ja alles schon ausgeprägt)), besteht darin, dass sie aufgrund der Reflexion auf die eigene, ursprünglich ganz bescheidene Praxis dieses Lernen als ein praktisches, ein menschliches, sich bewusst gemacht haben in seinem Verbund. Dh. am einen Ende steht die Berührung dieses ganzen 5 stufigen Ablaufs mit Erfahrungswissen, und am andern Ende mit Handlung. Also die erste Stufe, wie ich sie genannt hatte, des Planens und Lernens, ist die: das Nächst-zu-Wissende und -zu-Könnende und -zu-Ermitelnde und -zu-Versuchende, und was sich da ergibt, liegt dann dem tatsächlichen Handeln zugrunde. Nach der andern Seite sind Begriffe die erste Front, die dieser Verarbeitungsprozess hat gegen die vielfältigen Erfahrungen und Wissenserwerbe - sowohl absichtliche als auch unabsichtliche, die erstmal begrifflich geordnet werden wollen, und daneben zu Hypothesen gerinnen, in denen es um Regularitäten geht, mit diesen zwei Anteilen (subjektiv, objektiv). Das Lernen wurde somit durch das Bewusstmachen dieses durchgehenden Zusammenhangs zwischen Erfahrung und Handeln, auf Begriffe gebracht, begrifflich-kategorial durchleuchtet - einfach nur dadurch, dass man die ursprünglich verfügbaren, auch in antiken Philosophien längst verfügbaren Stufen endlich in ihrem Verbund gedacht hat, sodass man gewissermassen auf und ab steigen konnte darin. Und diese Endform findet man natürlich im 18.Jh als einen der Grundpfeiler der Aufklärung wieder (womit sich einmal mehr zeigt, wie tief sie im RELigiösen Denken verwurzelt war), also in Gestalt natürlich der Titel der Traktate der englischen Empiristen Locke, Hume: Human Understanding - der menschliche Verstand - wie funktioniert er? Sie haben es auf den Begriff gebracht, und das vor allem nach der einen Seite hin, die der Erfahrungsverarbeitung: da geht das "Erkennen" (ich sage dazu: Lernen) ja los, und nach der andern Seite spielt Handeln natürlich eine Rolle, ist aber nicht so problematsich und darum auch nicht so präsent in diesem Denken, weil es sich eben vor allem mit der Frage der elementarsten Erfahrungsverarbeitung beschäftigt hat. Also nochmal: hier wurde kategorial aufgearbeitet und durchleuchtet, was LERNEN ausmacht - das Fortschritte machen in der differenzierten Entfaltung eines rationalen Handelns - die Grundbestimmungen des Planens und Handelns selbst (Praxis, Regelsystem, Erweitertes Selbst, zerfallend in Kernselbst und Restunbekanntes, Hypothesen-Rangreihe (subjektiv/objektiv), Begriffe..entsprangen dem Durchgang durch die 5 Stufen des normalplanerischen Sich-Vergesellschaftsens. Dass das alles längst in einem Bildungshorizont eingeholt wurde, der schon Standard war, hat den Anschein erweckt, als wäre es generell "human" - DAS Menschliche Verstehen, DER menschliche Verstand; wo in Wirklichkeit die Arbeit einer ganzen langen mehr als 1000 oder (das darf man gerne verdoppeln) 2000 Jahre anhaltenden Epoche dahinterstand, in der die dafür Freigestellten (die überhaupt die Chance hatten, sich solchem Stoff zu widmen) sich abgemüht haben, sich diese Elementarkategorien klarzumachen.
2. Und natürlich hat es für diese Entwicklung der Kategorien des Lernens wiederum zusätzliches Erfahrungs- und Motivmaterial gebraucht, und deswegen tragen wir zurecht die entsprechenden Fortschritte parallel ein zu denen der ersten Spalte, indem wir sie nämlich einordnen in die grundsätzlichen grossen existenziellen Erfahrungshorizonte und Zeithorizonte - dh es gehört schon einiges an gesammelter zurückliegender Erfahrung mit Vergesellschaftung dazu, damit man auf die 2.Stufe kommt - es gehört natürlich erst recht eine entsprechende Erfahrung mit Individualitäten dazu, um auf den Gedanken zu kommen, dass Pläne ((da kann man vllt mal grob die Gleichsetzung machen: Plan ist die logisch-formelle Formulierung, aber Individualität ist, was man macht - was man sich ausdenkt, und dem man sich zugehörig fühlt, wenn man einen solchen (kollektiven) Plan wählt - also das sind auch Pläne)) auch biografien-übergreifend sind, das war auch schon beim Staat so - und jetzt haben wir es also zu tun mit den einsamen Gedanken eines Menschen, dem die Vergesellschaftung abhanden kommt, weil er entdeckt, dass das Wissen nicht mehr arbeitsteilig verwaltet werden kann, sondern im Zweifel entscheidend wird, dass man alles zu einem Plan Gehörige selber verwaltet. Das war also schon Individualität; und um dann die Hypothesenschicht sich zu erschliessen, muss man schon Anschluss haben dorthin - man kann das noch unbestimmt lassen vielleicht - und dann merkt man: Nein, das muss man auch selber machen, und sich über alle Individualitäten stellen, sie nebeneinanderlegen, vergleichen, und sich fragen, wie kommt man eigentlich darauf - nach welchen Regeln begründen wir das? und schliesslich ist die Frage zurückgewendet, wie mache ich das, wie machen wir das, was machen meinesgleichen da? also nicht mehr wie IST es praktisch?, sondern wie MUSS es sein, damit es überhaupt sinnvoll ist? Und deshalb habe ich gesagt: Vom Ende her wird immer wieder dieselbe Bewegung absolviert, nämlich dass man sich jedesmal umsieht nach dem NOCH höheren Prinzip - für das Planen war es das Hypothesenbilden, für das Hypothesenbilden war es das Begriffebilden, und auf der 5.Stufe wird dann die Fundierung betrachtet des Begriffebildens überhaupt in den Sinnbegriffen - da sind wir auf der höchsten Stufe der Reflexion in dieser RELigiösen Spalte - und das ist, kann man sagen, etwa mit Kant ereicht, die Frage Was sind nochmal die Voraussetzungen dafür, dass man überhaupt auf diese Weise lernen kann? Ich hatte gesagt, sie haben 4 Leistungen erbracht, und davon war das die erste.
3. Die zweite Leistung war, dass sie - gutes Stichwort: Kant, der "Alleszermalmer" - genau durch diese Anbindung des Lernens und seiner Kategorien an die beiden menschlichen Elementar-Dimensionen (man sagt da: "des Erkennens", aber in Wirklichkeit ist es natürlich das Erfahrungsverarbeiten; nämlich die Erfahrung selbst und das Handeln, das dazu gehört, das Versuchs-Handeln, das man angesichts einer gemachten Erfahrung sich zurechtlegt) die Unbestimmtheit durch Unverbundenheit der ererbten antik-RELigiösen theologischen Praxis-Kategorien aufgehoben haben. Sie haben es unmöglich, unvorstellbar gemacht, dass man den Rahmen verlässt, in den das Lernen/Erkennen, das Erfahrungsverarbeiten, sich eingespannt zeigt, nämlich: Von der Erfahrung führt es lückenlos zum (Versuchs)Handeln - es gibt keinen Ausbruch daraus - es gibt nichts Unbestimmtes, das man dadurch stehenlässt, dass man eigentlich nur plant, aber keine Hypothesen bildet, keine Begriffe bildet, oder das einfach im Unklaren lässt - dadurch, dass sie das so eingespannt haben in den Rahmen von Erfahrung und Handeln, und gezeigt haben: So geht Rationalität, so geht rationales Erfahrungsverarbeiten, es gibt keine Alternative dazu, es gibt keine unbestimmte Steigerbarkeit - dadurch haben sie das RELigiöse Denken und Idealbilden unmöglich gemacht. Das ist die zweite grosse Leistung.
4. Und das gilt nicht bloss für das RELigiöse Denken. Den Normalplanern ist zB im Rahmen des Staatshandelns das Zustandekommen von Überzeugtheiten und Meinungen - auch in der liberalen politischen Theorie noch - völlig unklar. ("Meinungen" sind ja im Grund genommen die relativierten Überzeugtheiten; subjektiv sind Menschen überzeugt, 2.Stufe des Normalplanens - da haben sie berechnet: es lohnt sich nicht. darüber weiter nachzudenken, ich bin überzeugt - und jetzt kommt der Staatsmann, und die ganze Politik daher, und weist sie in ihre Schranken: Ihr seid überzeugt?, mag sein, aber wir lassen das nur als eine Meinung neben andern gelten! und auch das nur, weil derartiges als gültig anzuerkennen sich für die politische Stabilität bewährt hat...) Klar ist einzig, dass auf der einen Seite Nachrichten, auf der andern Seite irgendwelche Voten - Befüwortungen, Ablehnungen - stehen; aber was dazwischen ist, hängt völlig in der Luft. Wie das beim Einzelnen zustandekommt, ist unklar, es wird vielleicht exemplarisch vorgeführt in Gestalt von veröffentlichten Argumentationen, Artikeln, Talkshows, sowas in der Art, wo mal Leute ein bisschen hin und her plänkeln, um vorzuführen, wie man ausgehend von einer Nachrichtenlage vielleicht am Ende zu einer Meinung kommen könnte - aber so richtig ausgeführt ist das nicht, auch die zulässige Meinung ist darum immer noch ganz und gar subjektiv. Auf der 2.Stufe ist sie selbstbewusst subjektiv - MEINE Überzeugtheit, dafür streite ich - in der bürgerlichen Öffentlichkeit muss sie sich relativieren, "ist nur meine Meinung neben vielen andern" (ebenso haltbaren), aber wie macht man das jetzt als Regierung haltbar und vereinbar, noch gar mit den vielen Interessen, während das ganze immer diverser und vielfältiger wird? Wie die Meinungen sich bilden, darüber gibt sich der bürgerliche Normalmensch keine Rechenschaft - noch nicht einmal bei sich selber; deswegen ist er auch so begründungsunfähig. Und jetzt schaut mal daneben, was die Aufklärer dazu zu sagen hatten, natürlich ist das alles seither unendlich verfeinert worden, die Methodik, aber das, was im Entscheidungsdiagramm steht, ist ja im grossen ganzen der Weg, der von Erfahrung zu (Versuchs)Plänen (-zielen, -zwecken/absichten) und sie realisierendem Handeln führt, und diese Dimensionen sind es, in denen jede Ausdifferenzierung, jeder Zuwachs an Einsicht stattfindet, sodass ab da der Prozess des Meinungsbildens, des Urteilsbildens, des Urteilens überhaupt dieser normalplanerischen Dunkelheit und Trübheit entzogen ist, die in Wahrheit von uns inzwischen durchschaut ist: Es ist immerfort weiter das bekannte affektive Dazulernen der OPPortunisten, das in Wirklichkeit in den subjektiven Überzeugtheiten und den vielfältig zulässigen Meinungen kulminiert - das haben wir inzwischen verstanden; und das ist nichts weniger als rational - es ist sehr passiv, sehr affektiv usw. Also diese Trübheit, die sowohl das politische Meinungsbilden einhüllt als auch die Möglichkeit, Stufen dieses Lernens und auch Erfahrungsverarbeitens als optimal gesteigert zu Idealen zu denken - diese Möglichketi ist mit der aufgeklärten Rechenschaft über den geschlossenen Zusammenhang zwischen Erfahrung und aus ihr erschlossenen (Versuchs)Absichten, anders gesagt, das Zustandekommen von "Erkenntnissen", obsolet geworden. Das, nochmal gesagt, war die zweite Leistung.
5. Und damit - spätestens mit dem Erreichen der 3.Stufe, genauer 3.REL Stp oder der Horizonterweiterung in Richtung Hypothesenbilden ist eine dritte Leistung zustandegekommen, die sich allerdings nochmal sehr destruktiv im bezug auf das RELigiöse Denken auswirkt, und es mit EINEM Schlag ZERTRÜMMERT: Es wird dabei nämlich die Doppeltheit der rationalen und "aufgeklärten" Hypothesenbildung deutlich: RELigiöse Optimalhypothesen sind nicht doppelt, die RELigiöse Optimalhypothese wie die Welt ist, ist eine einfache: Sie klammert zwei Dimensionen zusammen durch eine ganz einfache Formel, die auch schon in dem Wortgehalt des Wortes Ideal enthalten ist, nämlich: die Welt ist so, wie sie ist, weil sie gut ist. Wie genau, wissen wir nicht - aber es muss bis auf weiteres angenommen werden, dass sie dieser Formel genügt. Das war ja alles in den RELigiösen Glaubensformen, die von diesen 5 (da noch unbestimmt-optimal gesteigerten und für Welt-Erklärung gehaltenen) Erfahrungsverarbeitungs-Stufen Gebrauch machen, schon vorgekommen - und jetzt, durch diese einfache Reflexion auf die Art und Weise, wie Erfahrung tatsächlich erworben wird, treten diese beiden - in RELigiösen Weltbildern absolut untrennbar zusammengefügten - Begriffs-Sphären und Hypothesensphären auseinander. Es gibt auf einmal die Frage nach der Erklärung der Welt: Warum ist sie, wie sie ist? und auf der andern Seite die Frage nach dem, was eigentlich gut und sinnvoll ist, worin das besteht? Und es gibt auch noch eine Zuweisung an die beiden Hypothesenbildungs-Typen - der eine ist bezogen auf Objektives, das ausserhalb von uns existiert - da gehts immer um die Frage WARUM , was sind die Voraussetzungen - und nach der andern Seite geht es um die Frage: WOZU - also nach dem Sinn, nach dem "Warum wir etwas überhaupt tun wollen, oder sollen" - und da geht es natürlich immer auch um die Frage des: Wie funktionieren wir? was sind unsere Antriebe? das hat immer sowas verdächtig Objektvierendes, wir objektivieren uns, aber wir können ja jederzeit dahinter zurücktreten, das macht uns aus, die Welt kann das nicht, wir können immer sagen: Gut - das haben wir bisher immer so gemacht, aber warum sollen wir es weiter so machen, wozu?
6. Das ist eine Teilung, die die näher an Praxis-Kategorien denkenden Zweifler an RELigiösen Glaubenssysytemen immer schon auch im Sinn hatten. Aber die wollten ja von der RELigiösen Überzeugung auch einen praktischen Gebrauch machen - sie wollten mit ihren Glaubensvorstellungen wieder (bedingte) Erwartungen bilden dürfen - und deswegen haben die immer schon die Fragen der Art: "der RELigiöse Glaube, den ich da habe - was sagt er über die Welt, ihr WARUM? wie sie funktioniert, damit ich da praktisch anknüpfen kann - was sagt er über das WOZU? wozu sind wir da, was darf ich hoffen, was kann ich wissen? was soll ich tun?" zu Konkretisierungen des Ideals benutzt, und das hat dann die Glaubenszweifel geweckt, weil es sich da immer wieder nicht bewährte (Welt und Sinn entsprachen den allzu konkret-optimalhypothetisch inspirierten Glaubens-Forderungen, -Welterklärungen, -Sinn-Bestimmungen nicht). Die Läuterung, die Befreiung vom Zweifel bestand im allgemeinen darin, dass man wieder aufstieg zu der abstrakten Versicherung und Vergewisserung: Das hat schon alles seine Richtigkeit - die Welt ist (auf Dauer) auf irgendeine Weise gut, so wie sie ist, sie macht Sinn, und zwar den ultimativen Sinn, das Optimum überhaupt - das muss auf jeden Fall bis auf weiteres angenommen werden. Das hatte dann immer auch so eine Färbung im Sinne der jeweiligen Erfahrungs-Verarbeitungsstufe von den 5en (Welt als sich selbst denkendes Begriffssystem, Selbstperfektionierung, Ordnung/Plan, Schwingen in Grenzen, Inventar von Nutzbarkeiten...) - aber so wars dann auch gut. Dabei beliess man es. Jetzt hingegen wird durch das Herunterziehen aus der idealen Sphäre (die bei allem Glanz immer auch etwas trüb war) in die Einfachheit und Klarheit der realen Praxis des dazulernenden Erfahrungsverarbeitens, der Dualismus voll bewusst: Hier "Ich" auf der einen, dort "Welt" auf der andern Seite, das Subjekt auf der einen und das Objekt auf der andren - das wird jetzt zum Problem. Das Problem wurde zwar auch philosophisch beackert - aber nicht nur dort, sondern es ist eben auch eine ge- und erlebte Dualität im Erfahrungsverarbeiten und in der Praxis entstanden, die einen nach zwei Seiten schauen lässt, und da kann man also nun anfangen, etwas, das in der mickrigen RELigiösen faktischen Praxis immer schon da war, nämlich den Umgang mit der Welt im Sinne dieses Warum-Fragens, das jetzt frei geworden ist, auszuweite - nund findet auf einmal eine riesige Masse von Möglichkeiten vor des Weltdeutens, aber eben nicht mehr im theologischen Sinn, sondern in dem neuen, rein empirisch Wissens-verarbeitenden "wissenschaftlichen" Sinn.. Ebeneso nach der andern Seite hin kann man das, was darin Ich-Anteil ist, Kernselbst-Anteil, Erweitertes-Selbst-Anteil, ebenfalls ausweiten, und da findet man dann unendlich viele Möglichkeiten des Lebensgestaltens, aber eben nicht mehr im alles überragenden Idealsinn, der Vergöttlichung, sondern von tatsächlichen realen Menschen, die sich ein Leben einrichten könnten - das aber wieder im Rückgriff auf umstürzend neue Kenntnisse, die nach der andern Seite hin bzw von dort her kommend gewonnen wurden.
7. All das hat keinerlei Regel. Weder hat die Ausweitung des Weltwissens so ohne weiteres eine Regel, noch hat so ohne weiteres Lebenspraxis, die Lebensform-Bildung eine Regel - die Regeln werden erst noch erschlossen - das gehört eigentlich mit zur Konkretisierung des Denkens über die Hypothesensysteme, die wir bilden können - und ich hatte ja mal versucht, die möglichst abstrakten Anfangs-Fassungen für die daran anschliessende weitergehende Konkretisierung zu geben, die es durchaus auch schon in der Antike haben konnte - also diese Kernselbst-bezogenen Maximen, dass man versucht, eine Normalität herzustellen, mit der man es aushalten kann, also seine Bedürfnisse tatsächlich zur Richtschnur zu machen der Art und Weise, wie man sich reproduziert, der Grundsatz lautete: Indem ich meine verspürten Bedürfnisse befriedige, und das regulär, kann, darf ich hoffen, dass ich mich reproduziere in der üblichen Lebensspanne, und dann kommt der Zusatz: ... und alle Bedingungen, die diese Normal-Reproduktion (wir reden jetzt nicht über die gesamte Praxis, sondern über die leibliche) stören oder befördern könnten - diese Bedingungen muss ich beachten, soweit ich von ihnen weiss - denen, die mich krankmachen - aber auch umgekehrt, die mich besonders gesund machen, wenn es denn eine solche Steigerung überhaupt gibt (das ist strittig); aber wenigstens die krankmachenden sollte ich beachten und meiden - aber dazu ist natürlich schon eine bewährte "leibliche" Normalität des Alltags, der Lebensführung erforderlich (und die ist natürlich angebunden an die praktisch vorgefundenen Alltagsaufgaben und -herausforderungen). Also dass ich da auch nur irgendein Erweitertes Selbst habe, mich selbst in irgendeinem Alltag wiederfinde, ist schon eine Weiterentwickung dieser Kernselbst-Anforderungen - die erfüllt sein müssen, sie können von den verschiedensten Alltagen erfüllt sein, aber irgendeiner muss es schon sein, so dass ich für DEN die Krankheitsbedingungen, also die zu meidenden, ermitteln kann. Und auf der andern Seite ist es ganz allgemein der Gedanke, dass ich die Regularität von Zusammenhängen aller Art, wenn ich sie beobachtet habe, erstmal fortschreibe, ohne mich wirklich daran zu binden, aber ich beachte sie, und wenn was anders kommt, als aufgrund dieser hypothetischen Fortschreibung zu erwarten war, dann suche ich nach den Bedingungen dafür. Aus diesen beiden Maximen-Paaren liess sich ja - weil eine Normalität immer aus beidem zusammengesetzt ist: einem Erweiterten Selbst einerseits, und einem Bestand an Regularitäten, also Prognostiken und Techniken, andererseits, mit denen es arbeitet und sich normal reproduziert - die Gesamtheit der Maximen (die sich auf die Praxis, aber nicht auf deren beide getrennt zu behandelnden Anteile bezogen) des OPP Lernens ableiten - dabei kam jeweils diejenige Maxime aus dem Quartett zur Anwendung, die gerade passte. Vor allen Dingen war die Kategorie der Normalität jeweils im Grund genommen eine des Umgangs mit dem Selbst, und dass ich dann Bedingungen suche, wenn was passiert, das konnte nach den beiden Seiten hin entschieden werden; aber vor allem, wenn ich da noch affektive Gründe gelten lasse, und andererseits Bedingungen für Erfolg und Misserfolg suche nach der andern Seite, den Maximen des Umgangs mit dem Restunbekannten - das waren die beiden Arten, wie man überhaupt OPPortunistisch lernen konnte. Und jetzt ist also völlig klar - in dieser Erkenntnistheorie - dass wir es da mit zwei unterschiedlichen, nicht zu vermengenden Regelsystemen zu tun haben, mit Regeln der Hypothesenbldung, der Verarbeitung von Erfahrungen mit sich, mit der eigenen leiblichen Existenz, wenn sie in verschiedene Alltage eingetaucht wird, und auch wieder rausgezogen wird, und andererseits mit Regularitäten aller Art in der Welt, die wir beobachten, die wir ordnen und in einen Zusammenhang bringen von Bedingung und Bedingtem, mit dem wir dann arbeiten, und durch den wir uns zum immer weiter Bedingenden vorarbeiten, dem immer kleineren vielleicht, aber auch dem grossen, übergeordneten (System) - das funktional etwas einbindet und reguliert.
8. Und diese beiden Erfahrungsverarbeitungs-Richtungen, subjektiv, objektiv, sind nun nicht mehr nach Regeln, geschweige denn einfachen solchen, zusammenzubringen. - Wir haben vielleicht, wenn wir jetzt die Erkenntnistheorie vorantreiben, Präzisierungen aller Art, die münden irgendwann mal in chemische und physikalische Grundsätze nach der einen Seite hin und nach der andern in irgendwelche psychologischen Erkenntnisse - aber, und das ist jetzt die vierte aber NEGATIVE Leistung: die schöne Selbstverständlichkeit eines einfachen, alternativlosen, RELigiös bestimmten und zurückgenommen Lebens ist vorbei, die Welt explodiert nach beiden Seiten hin in Möglichkeiten des Wissens und des Lebens-Einrichtens, und die Regel, wie das nun zusammenzufügen ist, existiert nicht. Dass das eigentlich existieren sollte, ist die Obsession der Menschen, die aus dieser RELigiösen Tradition und ihrer Fortsetzung hervorgehen, aber sich einfach nicht aus ihr befreien können - nachdem doch nun die Kategorien des Lernens (so wie beim Durchgang durch die Normalplaner-Spalte die Kategorien der Praxis) - nach dem Durchgang durch die 5 Stufen des RELigiösen Vergesellschaftens im weitesten Sinn - die Kategorien, und vor allem ihr VERBUND, erarbeitet sind, ist die Befreiung immer noch nicht geleistet. Genau so, wie sie nach dem Durchgang durch die erste Spalte, und DURCH diesen Durchgang nicht geleistet war - wir haben alle Kategorien gehabt, sind stehen geblieben dabei, aber die eigentümliche Befreiung vom OPP, von Normalplanen, bestand anschliessend darin, die bedingten Erwartungen loszuwerden. Hier gibt es also einen ähnlichen Vorgang der Befreiung von der Fixierung auf die zertrümmerte Kategorie Optimalhypothese - man könnte ganz frivol sagen: Es GIBT ja eine neue Optimalhypothese, die die alte ersetzt, aber die ist eher die Karikatur oder Parodie einer solchen, denn sie lautet: Das Fehlen macht nichts - dass es keine Optimalhypothese mehr gibt, macht nichts - der Glaube kann einfach weggelassen werden. weil er in Wahrheit garkeinen Unterschied machte, garkeine Optimalhypothese war - wir kommen hier unten mit unserer Praxis wunderbar zurecht, mit diesem Maximen-Quartett, das wir allerdings eben strikt getrennt auf die beiden Hypothesensysteme anwenden müssen, und die Zusammenfügung der körperlichen Anforderungen mit den technischen Möglichkeiten, die wir uns erarbeitet haben, ist eine prekäre Leistung der jeweiligen Lebensführung und Lebenseinrichtung, oder des Lebensentwurfs. Und dieses Prekäre macht nun bereits sehr zentral die MODerne Existenz aus - sie macht es für das einzelne Leben aus - aber sie macht auch kulturelle Entscheidungen, die über das einzelne Leben hinausreichen, schwierig. Das ist jetzt noch garnicht so weit zu betrachten, weil wir ja immer noch beim Übergang weg von der RELigion sind. Dieses "beim Fehlen des Ideals Stehenbleiben" ist eine historische Gedanken-Figur, die die Gebildeten, jene die die begrifflichen Grundlagen der MODerne eigentlich erarbeitet hatten, durchaus eine zeitlang gefesselt hat.
9. Sie hat sie gefesselt... und es waren somit ganz andere Leute, die den frivolen Ausbruch gewagt haben. Und um mal kurz jetzt noch anzudeuten, worin eigentlich die Befreiung besteht: Wir hatten das im Zusammenhang mit dem Übergang zur RELigion - dem praktischen Übergang auf der 1.Stufe - wo nämlich die normalplanerisch-abergläubisch magisch Forschenden ihren Schiffbruch erlitten haben mit dem Erarbeiten von "sicheren" (beherrschbar-bewältigbar-bewährten) magisch-abergläubischen Regelsystemen entlang erfahrener Regularitäten - die wollten sich einfach nicht einstellen. - die waren zu komplex oder sonstwas - auf die Weise sind sie verzweifelt an dieser Möglichkeit. Hier nun, auf dem traditionalen Zusammenhang des 1.REL Stp, aus dem da man kommt, wo man sich erstmal nur eine Lebensweise überhaupt aus den verfügbaren Techniken zurechtlegt - da also ist man erstmal konfrontiert mit einer gewissen Armut an Möglichkeiten, mit denen man überhaupt sich einrichten kann, es ist ja auch gewollt, man weitet das nicht expansiv aus, aber im Zuge der Erforschung der Welt fallen einem die alternativen Lebensmöglichkeiten einfach zu durch das Bekanntwerden mit ganz anderen Lebensformen und Kulturen - womöglich genauso mickrig und zurückgenommen wie die eigene, nur eben anderswo völlig exotisch, neu und anders - und wiederum die Techniken, auf der andern Seite, in aller Welt. Sie suchen einen in gewissem Sinn sogar heim, und auf einmal türmen sie sich: Man könnte auch was ganz anderes sein - man könnte leben wie die Chinesen, wie die Westler, wie die Menschen auf Bali oder die Ureinwohner von Nordamerika oder die von Tahiti - und die Reiseberichte, die ganz andere Lebensverhältnisse spiegeln, die zunächst mal den Menschen der beginnenden Aufklärung (mit stark gelockerten Bindungen an ihre RELigion! allerdings weiter ungezügelter Habgier...) keineswegs so zurückgeblieben erschienen sind wie später, im 19: Jahrhundert, als sie mit ihrem europäischen Raub-Reichtum aus den Kolonien, mit ihrer Wissenschaft und Industrie auf und davon gezogen sind, hinein in Wachstum und Fortschritt - stattdessen wurden die Fremden vielfach durchaus auf Augenhöhe wahrgenommen (mit Rousseau vielleicht auch die einfacher Lebenden als die Glücklicheren; aus christlicher Perspektive allenfalls als Missionierungsbedürftige...) - man konnte also auch ein polynesischer Hawaiianer sein als Mensch - da ist noch keineswegs klargewesen, dass das irgendwas historisch furchtbar Zurückgebliebenes sein soll, sodass also tatsächlich einzig durch schon durch Kennenlernen, durch Reiseerlebnisse und -begegnungen (die ja erst einmal im Horizont eines RELigiös determinierten Lebens lagen, mit seiner experimentellen Vorsicht... Was ja auch mit Mission einhergehen konnte, dies langsame experimentelle Ausweiten und Ausgreifen (im Gegensatz zur Gier der Kolonialherren) - und was alles da durch Reiseberichte zusammenkam und sich auftürmte, der Horizont der schlichten traditionalen Lebensführung aufgesprengt wurde - und wenn man das nur aus Neugier in seiner Freizeit rezipiert hatte, oder gar in eigenen Reisen erfahren - dann ist auf einmal eine Welt an Möglichkeiten über einen hereingebrochen, die eben auch genau dies Prekäre in Erscheinung treten liess.
10. Vor allen Dingen, wenn man an die Techniken denkt: Man kann sich auch von Kartoffeln ernähren, weitestgehend sogar, die gabs bisher nicht, die kann man ab da zum Bestandteil oder sogar Grundlage seiner Lebensführung machen - so fängt das ganz vorsichtig an - aber wo endet es? Damit, dass man aus aller Welt Techniken kennenlernt, die dort vielleicht in einer ähnlich vorsichtigen Lebensführung entwickelt wurden, von Buddhisten etwa, ... und jetzt auf einmal steht das alles nebeneinander und kann gesammelt werden, kann in eine Enzyklopädie gefasst werden, all die vielfältigen Möglichkeiten des technischen Handelns, und nach der andern Seite die vielfältigen Möglichkeiten, eine Gesellschaft zu organisieren, sein Leben einzurichten zu geniessen, etwas zu können, eine Spezialität auszubilden, vielleicht Seefahrtechniken, die von woanders her kommen, die neue Möglichkeiten eröffnen, auch des Seefahrer-SEINS... die neue Berufe zulassen, und sich ausbilden lassen... und schliesslich dahin führen, dass man eben einfach als Laie, garnicht als Berufstätiger, zum Erwerb des Lebensunterhalts, sondern als Dilettant und Freizeitforscher allem möglichen nachgehen kann - dann ist man auch schon wieder was, nebenbei, also ein solcher Forscher... man ist aber auch vielleicht schon bald einer, der eine Technik entwickelt aus den Forschungen heraus, und jemand, der das als Unternehmer oder Produzent auch tatsächlich umsetzt und daran anknüpfend weitere Ideen entwickelt, was man machen könnte aus dem, was er da entwickelt, als Erfinder, und auf diese Weise kann man in einem Leben vorübergehend, nacheinander, schon alles mögliche von dem sein und machen, womit andere Leute ihr ganzes Leben zugebracht hatten. Als würde man in seinem einem Leben mehrere solche unterbringen können. Anm. Beschleunigung Diese Explosion der Möglichkeiten sowohl des Welterklärens als auch des damit aufs engste verbundenen technischen Weltbeherrschens, des technisch immer fortgeschrittener Produzierens und sich damit Einrichtens, schliesslich des Fortschreitens darüber hinaus - diese Möglichkeiten sprengen jetzt nicht nur ganz selbstverständlich (und fast passiv erlitten von denen, die das durchmachen) die traditionale RELigiöse Lebensweise und bornierte Weise des Sich-Reproduzierens - (denn so erscheint sie auf einmal, die vorher so schön schlicht gewirkt hatte). Sondern diese Explosion dessen, was Menschen möglich ist, wirft auch dramatisch die Frage auf: welche dieser Möglichkeiten technischer Art mit welchen Möglichkeiten des Lebens man kombinieren will - sie wirft diese Frage dramatisch auf - in jeder MODern gewordenen, aufgeklärten Lebensführung - das MODerne Individuum ist der Entscheider, es darf entscheiden, es hat sich emanzipiert von allen Bornierungen, sowohl der Lebensführung als auch des Weltverhältnisses, des Glaubens - aber es MUSS auch entscheiden.
11. Und genau diese Entschränkung ist jetzt die Leistung, die die auf die Möglichkeit einer vorgegebenen Sinn-Stiftung und eines dazu gehörenden Weltverhältnisses Fixierten erbringen müssen: Sie müssen sich lösen von dem Mangel, den sie selbst sich erarbeitet haben - da ist jetzt eine Leerstelle, sie sind metaphysisch obdachlos, und müssen sich in diese entfesselte Wissensverarbeitungs-Praxis nur endlich hineinwerfen, und sie als hinreichend ansehen - so könnte man die MODerne Optimalhypothese fassen - das wäre auch gewissermassen die philosophisch-metaphysische Version von MODernität, dass man sagt: Bis auf weiteres nehmen wir an, dass dieses doppelte Notwendigkeiten beachten, zugleich hinreichend ist (für rationales Handeln): Nämlich nach der technischen Seite hin, die Anforderungen der Sachen, und nach der leiblichen Seite, die Anforderungen meiner Bedürfnisstruktur, entsprechend den jeweils zugehörigen Paaren von Grundsätzen aus dem Quartett: Maximen des Umgangs mit dem leiblichen, dem Kernselbst auf der einen Seite, Maximen des Umgangs mit dem vorhandenen Wissen und noch wichtiger dem noch nicht vorhandenen, dem "Rest-Unbekannten", auf der andern Seite. Dass das hinreichend ist, nehmen wir also bis auf weiteres an. Es ist nicht bewiesen - vielmehr muss es angenommen werden, sinnvollerweise- aber da ist kein Mangel - da fehlt nichts - das nehmen wir bis auf weiteres an, und das könnte man in der Tat als die MODerne Version einer Optimalhypothese ansehen. Und jetzt schauen wir mal, wie es den MODerne Gewordenen, den Aufgeklärten nicht mehr RELigiösen Menschen damit ergangen ist.
Vortrag 5a
1. Jetzt haben wir also durch die Beschreibung der Entwicklung hin zur MODerne die beiden Entwicklungsrichtungen beisammen, die auch schon den Übergang in die Religion oder ins religiöse Denken bestimmt hatten, dh wir hatten a) eine Entwicklung logischer oder begrifflicher kategorialer Strukturen, die zusammen den Entscheider ausmachen, auch seinem Selbstbewusstsein nach, und zum andern b) eine Befreiungsbewegung, (warum das eine solche ist, muss man noch genauer sagen..) - sie ist ein sich von den religiösen Beschränkungen der Lebenseinrichtung und Lebenführung Befreien - und das dann für ein gelingendes Weltverhältnis halten.
2. Diese beiden Elemente haben wir also ungefähr benannt... und jetzt wäre die Arbeitshypothese, dass analog zu den beiden Präzedenzfällen die weitere Entwicklung wieder durch die Vergesellschaftungsstufen hindurch führt in ein Scheitern (durch Rückbesinnung auf die Mängel des MODernen Weltverhältnisses), und dass das zugleich verbunden ist mit einer Lernerfahrung, die weitere fehlende Kategorien (die zunächst, in der Grundstufe, also dem 1.Standpunkt, noch nicht auffallen) offenlegt. Welche das sind, müssen wir jetzt herausfinden. Eine der wichtigsten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit MODerne hätte auch schon erörtert werden können im Zusammenhang mit Religion, nur fällt sie dort nicht so auf, und es hätte uns aufgehalten, deshalb habe ich das bisher nicht so stark betont, nämlich: Dass eben der Normalfall des religiösen Denkens oder erst recht, jetzt, des modernen Denkens nicht deren genuine Form ist, sondern beide tauchen eigentlich fast nur auf in zurückgefallener Form, im wesentlichen also in gläubiger Form. Das heisst, wir haben es mit einer MODernität zu tun, die nach den ersten pionierhaften Entwicklungsschritten zurückfällt in ein religiöses Umfeld und dann mit diesem (unangemessenen) Rahmen zusammen in ein normalplanerisches, und in diesen Formen werden die vorbildlichen MODernen Lebensfomen der Pioniere der MODerne angeeignet, massenhaft kopiert und zu einer modernen Epochenkultur ausgestaltet, die schliesslich wegen der Gebahntheit der betreffenden Standpunkte, der modernen in dem Fall, es erlaubt, sich aus dieser Aneignungsform wieder herauszuarbeiten entlang eben den bekannten einfachen, aber schwer zu erledigenden oder absolvierenden Fortschritten, die die Pioniere der RELigions-Epoche oder der MODerne ihrerseits zurückgelegt hatten. Ich würde jetzt sagen, was immer ich jetzt schon beschreibe an Anschauungsformen, dass im Grunde genommen - soweit ein höherer Standpunkt eingenommen wird, ein 2. oder 3. der MODernität, das kommt jetzt vielleicht noch - dass das also alles nur in diesen gläubigen Formen angeeignet vorkommt. Was da passiert, das soll heute besprochen werden, es soll ein erster Überblick sein über die Entwicklung, die das moderne Denken unweigerlich durchmacht.
3. Die Befreiung (s.o. b)) sieht so aus, dass man sich die Beschränkungen durch eine RELigiös motivierte Lebensform nicht mehr vorschreiben und gefallen lässt, die darin besteht, dass man sich bescheidet damit, mit Techniken, die verfügbar sind, eine zuverlässige Reproduktion zu gewährleisten, also sich tatsächlich zu erhalten, die Bedürfnisse zu befriedigen, die man im Rahmen dieser Lebensform hat, und das auch perfektioniert; aber alles weitere gewissermassen immerzu aufschiebt. Wenn man gläubig-RELigiös ist, wird man hier Fragen haben, wird man etwas Verwertbares aus seinem Glauben machen wollen, man wird ständig hinüberschauen, sobald etwas Weiterführendes in der eigenen Lebensführung und Erfahrungswelt passiert, und man wird nach Erklärungen verlangen, oder Sinnfragen stellen, das sind dann womöglich Glaubenskrisen, aber solche haben nur Leute, die tatsächlich mit ihrer religiösen Lebens- und Denkform schon wieder zurückgefallen sind in eine Rahmen-Denk-Umgebung, in der sie (bedingte) Erwartungen haben (meinen haben zu dürfen, müssen, können) und entsprechende Fragen stellen. Die Glaubenskrise ist dann das Sich-Vor/Zurückarbeiten in die Gewissheit, dass die allgemeinste Form der jeweiligen Stufe auf jeden Fall gewährleistet ist, etwa dass die Welt ein Kosmos ist oder einen Zweck hat oder in irgendeiner Weise man weiss nicht wie, aber man darf darauf bauen bis auf weiteres, sich vervollkommnen wird, oder einem Begriffssystem entspricht usw Sobald diese Gewissheiten (bis auf weiteres) in zureichender Abstraktheit erarbeitet sind, hört das Fragen auf - es ist der Zielpunkt aller Glaubenskrisen.
4. Diese schöne Gewissheit, dass man sich um alles weitere nicht kümmern braucht, was über die unmittelbare Verbesserung der eigenen traditional-besonderen Lebensform (etwa ein Handwerk im Rahmen einer ständischen Gesellschaft) hinausführt, es erstmal beiseiteschieben kann, und dass man sich weder beunruhigen noch verführen lassen soll - die hat zur Folge, dass das RELigiös begründete Leben immer auch ein bisschen arm erscheint, vor allem arm an Erfahrungen. Trotzdem kann man von dort aus dann doch ganz vorsichtig in die Welt schauen - ob das jetzt das Abenteuerliche, das eben auch möglich ist im Rahmen einer traditionalen Lebensführung, mit einschliesst, kann offen bleiben... ((also wenn man zb als Marco Polo so eine Reise macht - immerhin eben auch nur entlang von ausgekundschafteten, längst von andern bereisten Gegenden - dann kann man jetzt mal dahingestellt sein lassen, ob der jetzt im Rahmen einer religiösen Lebensführung unterwegs war oder eben nur einer gläubigen, von Glaubenskrise ist jedenfalls nichts berichtet bei ihm - das geht uns jetzt auch nichts an. Sondern:)) Die Tatsache, dass in die REL-Lebensführung in der europäischen frühen Neuzeit (und vorher schon, ansatzweise, durch Kontakte mit dem Orient, ab den Kreuzzügen) eine Masse an neuen Technologien hereinprasselt und sie überschüttet wird mit Möglichkeiten, sowohl des Könnens als auch des Etwas-Seins, etwas-Tuns,etwas-Wollens - das reicht aus, um sie in gewissem Sinn entgleisen zu lassen, spätestens wenn tatsächlich diese Arbeit oder das Resultat dieser Arbeit durch die Entscheiderstufen hindurch hinzukommt. Schauen wir ans Ende dieser "Entgleisungs"-Bewegung - was ist dort dann eigentlich passiert? - Sie kommen auf jeden Fall als "Entscheider" heraus - sie fertigen ab da aus dem Erfahrungsmaterial, mit dem sie konfrontiert sind, ihre Hypothesen selbst - sowohl über ihr KS als auch das RU, sie bilden ihre Begriffe... (vgl. 4e/f)
5. Übrigens hier vielleicht noch die Feinheit zu vermerken, dass die Stufung und die Stufen 3, 4, 5 der REL-Spalte - selbst wenn sich das im Rahmen der Reflexion eines einsam philosophierenden Subjekts abspielt - sich durchaus in der Philosophiegeschichte auffinden lassen - dass also zunächst die Hypothesen die letzte Stufe bilden..und dann geht die Analyse nochmal darüberhinaus, und dann gibt es ein Bewusstsein davon, dass den Hypothesen Begriffe vorgelagert sind. Es ist natürlich nicht das erste Mal, dass man in der Philosophie über Begriffe redet, natürlich haben auch religiöse Philosophen darüber geredet, aber hier geht es eben um Erfahrungsverarbeitung ("Erkenntnistheorie", die ewigen Betrachtungen über Subjekt/Objekt-Beziehungen..).. und es ist tatsächlich eine eigene Stufe, die da absolviert wird (nämlich die 4.REL). Und wenn sie absolviert ist, hatte ich gesagt, steht da am Ende (5.REL) eine ganz grosse Frage, nämlich: Wenn da jetzt sämtliche Möglichkeiten zu einer Optimalhypothesenbildung verschwunden und quasi aufgebraucht sind - wenn man tatsächlich dasteht und sich sagen muss: Die Trennung in meiner Hypothesen- und Begriffsbildung, in Subjekt- und Objekt-Bezogenes, ist nicht aufzuheben mit einem Gedanken, der da sagt, am Ende weist die präsente Welt eine Transzendenz auf, die alles ZUGLEICH erklärt UND letztlich (wie eine Ideal-Praxis, Dauer-Schöpfung) sinnvoll erscheinen lässt, darin darf ich mich (mitsamt einem Freiraum für mein eignes Handeln) aufgehoben fühlen - so darf ich es mir bis auf (unbestimmt) weiteres denken - ab jetzt darf ich es eben nicht mehr denken, und stehe also gewissermassen an einem Aussichtspunkt, den man früher hatte, und sehe nichts mehr - WAS DANN?
6. Stattdessen ist hier die Position, die man sich erarbeitet hat als Entscheider auf der REL-Stufe 5 die, dass man dieses WARUM und das WOZU selber zusammenbringen muss - wobei man eben genau weiss, dass man dafür noch keine Regel hat - das ist der entscheidende Punkt. Also das Fehlen einer solchen Regel, wenn man es der Welt nicht mehr unterschieben kann, so dass es sich dort schon in irgendeiner Weise, unbestimmt wie, aber man nimmt es an, alles übergreifend, alles Kleine, Eigne hier unten bereits einbegreifend und zum Besten lenkend unnd regulierend, sondern man selber die Verantwortung dafür trägt - das Fehlen einer solchen Regel wird jetzt also auf einmal sichtbar. Das Zusammenbringen oder das Finden einer Regel, wie man das WOZU und das WARUM zusammenbringt, also das, was in der Welt Objekte reguliert und Regularitäten bildet und damit Kategorien und Begriffe einerseits, und das, was letzte Zwecke hinter allen Plänen usw begründet und natürlich auch einen selber ausmacht als Zweckträger - wie man das in irgendeiner Weise für alle Fälle zusammenbringen müsste - das zu sagen stellt sich dar als Aufgabe; und die Aufgabe wird natürlich - oder dieses Offensein der Zusammenfügbarkeit - wird angewendet auch auf die Entscheidungssituationen, in und mit denen jetzt sich MODernisierende Individuen sich durch die früh-neuzeitlichen Erfahrungs- und mehr als das, Technik-, Lebensform-Massen, hindurchbewegen, um aus ihnen sich prekäre Alltage zusammenzustellen, und vor allen Dingen finden da jetzt zwei Operationen statt, durch die Massierung von Inhalten, also Materien, Materialien: Es findet einmal die Anwendung des Bedingungssatzes nach der objektiven Seite hin statt, man sucht nach Bedingungen dessen, was man schon kann, man erweitert also die Techniken, die vorzufinden sind, man systematisiert sie, man sucht eben auch nach den Erklärungen, und nicht alles, muss man dazusagen, ist überhaupt Technik, nicht alles erlaubt uns Kontrolle, sondern einiges ist auch Prognostik, das heisst also, hier gibt es auch eine Masse an hereindrängenden neuen praktischen Regeln, die erstmal erklärt werden wollen, sodass man sagen kann: Von der Technik geht es unmittelbar weiter in die Wissenschaft hinein, der man sich nun auch tatsächlich überlässt, denn es gibt diese Beschränkung nicht mehr - die Beschränkung, dass man das gewissermassen alles der Welt, in und hinter ihr liegend, zuschreibt, und für eine spätere Offenbarung aufschiebt - diese Beschränkung gibt es nicht mehr, und das ist nun genau die Sprengung der Fesseln, man könnte auch sagen der Bindungen, (Religion=Bindung), die einen an dieser Lebensführung haben festhalten lassen - man sieht sich nicht mehr gebunden und gefesselt, sondern wirft sich diesen Materien hemmungslos entgegen und forscht - es gibt also nun Forscher, die Wissenschaft explodiert, und liefert dadurch natürlich nochmal neue Techniken, die ihrerseits dazu auffordern, in irgendeiner Weise verwertet zu werden... Man kann etwas tun, man kann etwas produzieren, man kann Märkte finden dafür, und die Art und Weise, wie da eine Gesellschaft in einen Fortschrittstaumel gerät, wirft natürlich Fragen auf für die Einzelnen, die sich da jetzt betätigen müssen in einer Weise, die nicht mehr von langer Hand eingeübt ist und erprobt, sondern ständig neue Herausforderungen mit sich bringt, und die vor allen Dingen auch mit Vereinseitigungen einhergeht, die nach Kompensation verlangen. Das lässt dann das Sinnsuchen und Verlangen nach nochmal was Anderem, als man in seinem Forschen, Erfinden, Produzieren erlebt, stärker in den Blick geraten, und das ist dann die Kehrseite der Wissenschaft, eine zu dieser analoge Ausfaltung, aber aufseiten der Lebensführung und des Kernselbst, da sind also nun tatsächlich ästhetische Bedürfnisse, Bedürfnisse nach Ausnahmerfahrungen, die es möglich machen, die Vereinseitigung als Produzent von immer Gleichem. oder andre Beschränkungen, die damit für einen verbunden sind (als Handelsmensch, als Kaufmann, oder als Techniker oder Wissenschaftler), die eben auch der Lebensführung auferlegt werden, zumindest in Teilen des Tages zu überschreiten - mithilfe von Kunsterlebnissen, Reisen, vor allen Dingen aber auch in Gestalt von visionären Entwürfen, wie man das bestehende Ganze noch weiter ausweiten könnte, und was für Bedürfnisse man also durchaus entwickeln könnte, nicht nur kompensatorische, sondern als Antwort auf die Frage, wohin diese Fortschrittsentwicklung eigentlich sich noch ausdehnen könnte.
7. Wenn ich das hier gerade als etwas ziemlich Überschwengliches beschreibe, dann wäre dieser Überschwang natürlich mit der experimentellen Grundeinstellung, die die beiden nach-normalplanerischen Weltverhältnisse ausmacht, nicht vereinbar. Das könnte man so erklären: Zunächst kommt die Modernität vielleicht noch vor (in einer Generation oder zwei) in asketischen Formen, das wären dann etwa RELigiöse, wo die Konzentration auf die Wissenschaft und die auf eine technische Entwicklung in ihrer Schlichtheit und zugleich Ausschliesslichkeit einer RELigiösen Lebenseinrichtung entsprechen, und das in der unbestimmten Erwartung, dass die jeweilige Tätigkeit zu unbestimmt weit reichenden Konsequenzen führen könnte, weil es inzwischen zwar eine EIGENE Tätigkeit ist (und nicht mehr eine in oder versteckt, hinter der Welt und als ausserhalb seiner Selbst stattfindend unterstellte Ideal-Praxis, als Glaubensvorstellung), aber das weitreichende Gelingen, zu dem man meint, an seinem Platz als solch RELigiös-MODerner Wissenschaftler, Techniker, Literat, Produzent usw beitragen zu können - dies weitreichende Gelingen unterstellt dazu passende Personen und Biografien, Individualitäten usw, die es zustandebringen (unbestimmt wie, aber bis auf weiteres ist es anzunehmen); religiöse Formen dieser Unterstellung sind "wieder" entgrenzt, lassen es unbestimmt, wie weit man noch kommen kann, und bedienen sich immer noch bzw wieder derselben Logik, wie sie auch schon im RELigiösen Weltverhältnis am Werk war, nämlich: dass Subjektives, Entscheider-mässiges bei Menschen und Personen möglich ist als Steigerung dessen, was alltäglich allenfalls gekonnt wird, eine Steigerung die unbestimmt wie aber doch als zu maximal weit reichenden Folgen führend gedacht wird (Begabte, Genies, werden rechtzeitig, da wenn nötig BESCHLEUNIGT Lösungen finden für alle Probleme, oder auch: "wir", als herausragend befähigte Gruppe, Fach-Disziplin usw). Diese Überschätzung (und womöglich daran anknüpfende Erwartung) lässt sich natürlich in all diesen kulturell erschlossenen Wertsphären der Wissenschaft, Technik, Produktion und der Ästhetik- oder Visionsproduktion so finden. Daneben aber kommt auch die asketische Form vor: Man ist nichts als abgeklärt-experimenteller, bescheidener Diener seiner jeweiligen Wertsphäre. Wenn das dann tatsächlich nochmal zurückfällt in eine kognitive Umgebung mit Normalerwartungen, dann verbindet es sich auch schon mit Überschwang, also dem eingangs beschriebenen Überschwang und Optimismus und Jubel, was man da alles erreichen wird in kürzester Zeit, und mit dem ganzen Enthusiasmus, mit dem man sich da in eine dieser Wertsphären hineinwirft.
8. Aber mit welcher Einstellung auch immer: Man kommt, experimentell oder enthusiastisch, nicht darum herum, dass man sich eine prekäre Lebenseinrichtung zusammenstellen muss, denn man muss es ja doch irgendwie leisten als Person, was ansteht, und man muss sich dafür auch etwas Sachlich-Sachgerechtes aneignen, muss auf Material zugreifen, das man sinnvoll bearbeitet. Als Wissenschaftler etwa muss man natürlich den Stand der Wissenschaft kennen, und wenn man tatsächlich so ein frühmoderner Enthusiast ist, dann belässt man es nicht dabei, sondern wenn man da etwas entdeckt hat, macht man daraus möglicherweise eine Technologie, man wird Erfinder, ist nicht nur Entdecker, sondern macht etwas draus, oder arbeitet mit den Leuten zusammen, die das tun, und dann gründet man vielleicht noch ein Unternehmen, das daraus eine reguläre Produktion macht, und die Dinge vertreibt, und daran kann man vielleicht sogar etwas knüpfen, was einen Ausblick bietet auf mögliche Weiterungen, und vielleicht nochmal zurückgehen und die Produktion ändern, oder wenigstens Anforderungen definieren für die Weiterentwicklung dieser Technik. Also das wären mögliche frühmoderne Lebensläufe, die noch zwischen den Wertsphären, Wissenschaft, Technik, Produktion Ästhetik/Vision hin und her wechseln, und in verschiedenen Lebensphasen es tatsächlich schaffen, ganz verschiednes, aber dabei immer produktiv zu sein, als Unternehmer oder Organisator, Wissenschaftler, Techniker/Erfinder, Visionär/Künstler usw Für all das gibt es ja nun die bekannten ikonenhaften Vorbilder, die Künstler der Renaissance (vielleicht waren sie das garnicht wirklich, aber die Frühmoderne hat sich das ausgemalt und vorgenommen, also eine faustische Ungeduld und Unbegrenztheit, mit der man sich da in die Materien, Aufgabenstellungen und Möglichkeiten hineinwirft und sich immer wieder neu prekäre, mehr oder weniger kurze Lebenssituationen und Episoden zusammenzimmert, die einen jeweils kreativ und produktiv sein lassen im Sinne der jeweiligen Wertsphäre.)
9. Und wenn das nun tatsächlich hinreichend viele Leute machen, und sich da wechselseitig die Materien durch Öffentlichmachen, durch Mitteilungen, durch Vervielfältigungen, Drucken natürlich auch, zugänglich machen, dann entsteht eine Materialschwemme, die diejenige am Anfang der ganzen historischen Bewegung schnell um Grössenordnungen übertrifft. Ich hatte ja mal angespielt auf die Sammlung des schon existierenden - gemeint war natürlich die Enzyklopädie, das war die Sammlung vor allem sämtlicher verfügbarer vormoderner Technologien, von Erkenntnissen und Kenntnissen, die der Öffentlichkeit nun so zugänglich gemacht wurden, und das waren immerhin schon viele dicke Bände, in denen geballtes Wissen zugänglich war, das als solches natürlich nicht mehr in einen Kopf hineinpasste, aber immerhin konnte man es nachschlagen. Es kommt da natürlich in Gestalt von Journalen und Veröffentlichungen aller Art unglaublich viel weiteres Wissen zusammen, zum Teil wurde es auch schon wieder geheimgehalten, weil die Leute damit natürlich auch Geld verdienen wollten, aber alles kam irgendwann raus, vor allem in der Wissenschaft, und die Erfinder machten ihre Erfindung schnell zu Geld, sodass dann andre daran anknüpfen konnten, und was das alles zusammen immer wieder ermöglicht, darüber denken Leute natürlich auch nach, stellen entsprechende Geschichten zur Verfügung, teils kompensatorischer Art, teils eben auch visionärer utopischer Art (diese Sphäre hat wahrscheinlich sehr stark diese beiden Charaktere, Vision und ästhetische Kompensation) - was ich sagen will, ist: Das Material wird in ein oder zwei Generationen bereits uferlos. Das ist ein ganz wichtiger Kritikpunkt, und das bedeutet auch, dass natürlich die Spezialisierung nun ganz andere Ausmasse annimmt, es gehört schon einiges dazu an Studium, an Kenntniserwerb, am Erwerb von Fähigkeiten, aber auch an Investitionen, in Labore, Geräte, Produktionsmittel usw, um überhaupt auf den Stand etwa der Wissenschaft zu kommen, oder der Technik, oder der Reproduktion. Oder es gehört Literaturkenntnis, und Kenntnis der Methoden der Kunstgattung, in der man sich betätigt, dazu, und man kann also nicht mehr so einfach die Sphärengrenzen überschreiten wie die frühmodernen Enthusiasten und Abenteurer und Universalgenies, diese faustischen Menschen, die alles mögliche sein konnten in ihrem Leben, womöglich mehrmals wiederholt Unternehmer Wissenschaftler Techniker waren usw Sondern jetzt ist wieder Askese erfordert, aber eine erzwungene, nicht die durch die allgemeine Lebenseinstellung gewählte und geformte Lebensführung, sondern sie ist erzwungen durch die kulturelle Entwicklung, in die man eingebunden ist, und durch die bereits Spezialisierung erzwungen wird, um überhaupt in einer Disziplin, in einer Wertsphäre, produktiv sein zu können. Und bald ist man endgültig festgelegt auf eine dieser Wertsphären und kann nicht mehr ohne weiteres aus ihr heraus: Man ist EXPERTE, Spezialist.
10. Das heisst natürlich auch, dass man von anderem ausgeschlossen ist, und die Verpflichtung zugleich hat, die in den Wertsphären gedachte Zusammenfügung, die die MODerne Aufgabenstellung grundsätzlich ausmacht, tatsächlich zu realisieren, und das ist die, dass man das Material, das man sich sucht, als Wissenschaftler in der noch unerforschten Natur und Realität, nach der einen Seite, als Künstler und Visionär in der unerschlossenen Welt der möglichen (sinnvoll-interessanten) Erfahrungen die man machen könnte, der Sinn-Erfüllungen, nach der andern Seite - dass man also das von diesen Seiten Herkommende zusammenführt, also die Sinn-Erfüllungen mit einem aktuellen Bedürfnis-Material, was von dieser Seite her an die ästhetische Sphäre herangetragen wird, und umgekehrt, das Wissbare überhaupt, dem man sich zuwenden könnte, verbindet mit einem Interesse an ihm. Also es soll interessant sein, aber möglichst auch technisch und überhaupt "Sinn-machend" verwertbar. Und diese Aufgabe stellt sich in jeder einzelnen Wertsphäre - die beiden aussen gelegenen Wertsphären, Wissenschaft und Ästhetik/Vision, haben Berührung mit dem unerschlossenen Material: nach der einen Seite hin die Wissenschaft mit dem Sachmaterial, dem objektiven, Ästhetik/Vision nach der andern Seite hin mit dem subjektiven Bedürfnis-Befriedigungs- und Sinn-Mach-Material. Die beiden mittleren, Technik und ReProduktion haben jeweils Anschluss an die Nachbarsphären, also die Produktion bekommt ihr Sachmaterial von der Technik geliefert, und muss es zusammenfügen mit einer von der Ästhetik entworfenen Sinn-Möglichkeit, einem Zweck, dem Fragment eines Sinn machenden modernen Lebens (womöglich vervielfältigt, oder angemessen abgewandelt, ins Leben vieler Einzelner einfügbar) - das kann natürlich auch eine vervielfältigte Technologie sein, ein Können, aus dem man mehr machen kann, aber es kann auch ein Konsumartikel (aus der Produktionssphäre) sein, je nachdem. Die Technik wiederum greift auf die Wissenschaft zu, und sucht in dem angehäuften Material an Regularitäten, die schon erforscht sind, nach solchen, die mit vorhandenen Arbeitsfähigkeiten, Arbeitskräften oder vorhandenen Technologien bearbeitet werden können, in diese Technologien eingebaut werden können, und dann nach der Verwertungssphäre abgegeben werden können. Daneben sucht sie - da, wo aktiv eigreifende Kontrolle noch nicht möglich ist - nach "Prognostiken", zuverlässigen Test- und Vorhersage-Möglichkeiten. - So hat also jeder dieser Experten eine Materialaufgabe zu erfüllen, er muss nach Material suchen, muss sich diesem Material zuwenden, und er hat auf der andern Seite eine im weitesten Sinne wie indirekt auch immer ihm angetragene Sinn-Erfüllungs-Aufgabe; und das beides muss er zusammenstellen - sein Erfolg sähe so aus, dass er IN seiner Wertsphäre eine solche Zusammenstellung erfolgreich bewerkstelligt, und das dann weitergibt, entweder abwärts an die andern beteiligten Experten, die darauf warten, dass man ihnen da etwas zur Verfügung stellt für ihre Lebenseinrichtung (oder 'aufwärts' als Material für weitere Verwertung). Es sind ja alle arbeitsteilig zumindest entlang der Wertsphärengrenzen voneinander getrennt, zunehmend aber auch von den andern Experten der eigenen Wertsphäre, die machen ja alle etwas ganz anderes, das man überhaupt nicht mehr überblickt, und so beliefern alle einander mit dem, was für diese Expertenexistenz nötig ist, um an der in dieser Generation, auf dem erreichten Stand, entwickelten modernen Lebensform teilzuhaben als Experte - also auch konsumtiv an den anderen Wertsphären zu haben, was ja da nicht mehr selbstverständlich ist. Also anders als in der idealistischen und optimistischen Frühphase, die später, andeutungsweise, vielleicht gerade mal von Jugendlichen (privilegierten zumindest) erlebt werden kann, wo man quer durch die Wertsphären geturnt und getobt ist, als produktives Genie, oder wenigstens nachvollziehend teilhabender Konsument (zumindest ist das eine Figur, die man im Rückblick sich so konstruiert) - als ein und derselbe Einzelne produktiv sein konnte in allen Bereichen – anders als da muss einem das nun geliefert werden; und das heisst auch, dass da ein ganz entscheidender Schritt gemacht ist von seiten dieser Experten - die müssen jetzt garnicht mehr religiös asketisch sein (das gibt es alles immer auch noch), aber ich hatte vorhin schon gesagt, die Askese ist allein schon durch die Anhäufung des Materials erzwungen, und nebenbei gesagt, wir sind jetzt auch schon hinaus über die Stufe der Lebenseinrichtung, wo man nicht drauf achtet, was man eigentlich leisten kann in einem Leben (so wie es später allenfalls noch Jugendliche tun)...
11. ...Sondern wir haben es zu tun mit Leuten, die sich auf eine Sphäre festlegen für ein Leben lang, und deswegen sind wir schon im 2.MOD-Stp angelangt, also in dem Zeithorizont jetzt, der diese ganzen Lebensführungspraktiken als eingerichtete, funktionierende voraussetzt, und was ich beschreibe, dass die Experten der verschiedenen Sphären denen in den anderen Sphären zuliefern, hat natürlich sehr viel zu tun mit Arbeitsteilung, innerhalb der Sphäre und zwischen ihnen. Und jetzt komme ich auf den Punkt von gerade eben zurück: da ist etwas ganz wichtiges passiert, nämlich: an der Produktion einer Wertsphäre selbst teilzuhaben, ist nicht mehr entscheidend, das heisst: In meiner eigenen Sphäre als Wissenschaftler Techniker Betriebsangehöriger Künstler/Visionär produziere ich, und vollziehe das, was in einem Gut, einer Errungenschaft mündet, die ja genau diese beiden Seiten hat, die materiale Seite und die Sinnseite... Aber diese Güter gebe ich dann ab an andere, die eben nicht mehr produzieren, sondern das Gut konsumieren, und seie es auch "produktiv konsumieren", es weiter bearbeiten, nutzen, und verarbeiten. Natürlich gab es Produzieren und Konsumieren zwischen arbeitsteiligen Sphären in der Ständegesellschaft auch schon, Handwerker oder Bauern haben andern solchen was geliefert, was die dann nutzen konnten und nicht selbst hergestellt haben; aber hier geht es eben um eine verkürzte Form des Lebens mit einem solchen Gebilde, es ist ja immerhin ein Sinnfragment, das damit verbunden ist, und die Teilhabe der "Konsumenten" an der sinn-erfüllenden und zum Umgang mit Material befähigenden Lebensmöglichkeit, die der Produzient hat, ist verkürzt. Das heisst, indem ich "veräusserbare" Resultate fremder Lebenstätigkeit konsumiere und mich damit zufriedengebe, habe ich das eigentliche, den ERWERB dessen, was wirklich zu der Erfahrungsverarbeitung im Leben gehört, zum Lebensvollzug, aus meinem Leben ausgeschlossen,. Und jetzt kann man einen ersten Unterschied festhalten, denn genuin modernen Menschen würde dieser Ausschluss unmöglich erscheinen. Ihnen erscheint bereits der Ausschluss von dem sich anhäufenden Wissen als Skandal - dass sie sich da gewissermassen eigene schmale Pfade durch einen Dschungel an Lebens-, Erfahrungs- und Wissensmöglichkeiten schlagen sollen, ist für genuin moderne Menschen undenkbar. Modernität stösst aus ihrer Sicht schon da, kaum dass sie begonnen hat (oder im Bildungsprozess aneignend nachvollzogen wird), schon als Projekt und Programm an eine Grenze, die unüberwindbar ist und für sie krisenhaft ein fundamentales Problem aufwirft: Dass gesagt wird, bis auf weiteres (das war die Optimalhypothese) macht das nichts, dass wir da keine Regel haben, wie wir eigentlich Wissen, Erfahrung, die da ständig hereinfliesst, übersetzen in eine gestaltete Lebensführung, unter einem Lebensentwurf - das ist hiermit vielmehr infragegestellt - es stimmt nicht, dass wir dafür keine Regel habenn, macht einen enrtscheidenden Unterschied. Also der Mangel, das Ausbleiben einer Regel des Zusammenstellens von 'hereinkommendem Erfahrungsmaterial' einerseits, und 'Sinn daraus machen', andererseits, die Aufgabe die da durch das Wegfallen der metaphyischen Garantien gestellt war - wenn bzw dass diese Aufgabe nicht mehr erfüllbar ist, wäre bzw IST für genuin, also experimentell-MODerne Menschen Anlass, den Vorgang abzubrechen.
12. Nicht so natürlich für allein schon RELigiös-MODerne, weil die ja ein unbestimmt-optimales Vergesellschaftungsprinzip haben, und das besagt, wenn ihr euch erinnert: Jeder produziert an seinem Platz, und was dann jeweils fehlt, das wird ihm schon irgendwoher gegeben werden, und es wird sich aus dem Spezialisiereneines jeden an seinem Platz (das war bereits die 2.Stufe) irgendwie ein Plan ergeben - dass man überhaupt glaubt, Wissen so verwalten zu können: wenn man sich für etwas interessiert oder es benötigt, wird es einem schon von irgendwoher zufliegen - diese Gleichgültigkeit gegen die Trennung von produktivem Leben und konsumtivem und anschliessend vermehrtem solchem, es stattdessen gleichzusetzen ("Hauptsache, das Produkt existiert, und wird irgendwo erzeugt") - diese Gleichgültigkeit ist schon Ausdruck einer RELigiösen Degeneration des modernen Lebensansatzes, und der modernen Zielsetzung, und das wird noch gesteigert durch den zweiten RELigösen Vergesellschaftungs-Standpunkt: Jeder an seinem Platz, all die vielen Experten - macht nichts, dass die zusammenwirken, dieses unermüdliche sich Material Greifen, es dem "Sphärensinn" entsprechend bearbeiten und dann in irgendeiner unbestimmten Weise "veröffentlichen" - das wird schon seinen Sinn haben, der gesellschaftliche Plan dabei ergibt sich von selbst. Wenn das die Haltung ist, dann kann sie auch und erst recht ausgelebt werden mit der ERWARTUNG, dass es so ist (und nicht, dass es experimentell bis auf weiteres, als best-denkbares, bis zur Widerlegung angenommen werden sollte), das heisst, man baut tatsächlich sein Leben darauf auf, dass das alles Sinn macht, und dann hat man überhaupt kein Problem damit, es ist alsbald einfach die funktionierende Normalität geworden, in die zahllose Nachkommende hineinwachsen. Dass es also überhaupt zu so etwas kommt wie einem modern-gefärbten Leben, nicht nur einer vorübergehenden Lebenssituation oder -episode, die ständig wechselt, sondern dass man sich tatsächlich festlegt auf eine Expertenexistenz, und sich dabei auch noch womöglich vergesellschaftet glaubt, mit diesen ganzen Zulieferungen, die man bekommt, und glaubt tatsächlich befriedigt zu sein - das setzt alles schon eine degenerierte Modernität voraus - eine gläubig degenerierte Modernität.
13. Und dabei bleibt es nicht, sondern das, was wir da eben bei der RELigiösen Modernität gesehen hatten - also dass bis auf weiteres anzunehmen ist, dass sich aus den bewusst arbeitsteilig unternommenen Einzelproduktionen schon ein Plan ergeben wird, das wird nun gläubig, durch eine normalplanerische Erweiterung der Experten-Vergesellschaftung überboten, und das heisst: Man kann sich sogar noch vorstellen, ein lebensübergreifendes modernes Projekt zu verfolgen, da hatten wir ja dann schon den Staat in den Blick genommen, also der Fortschritt wird politisch verwaltet, so wie er nebenbei auch schon vorher marktmässig verwaltet wurde, aber das sind jetzt Komplikationen, die wir erstmal noch weglassen, denn: Es geht hier um die Bedingungen der Möglichkeit einer Expertenexistenz überhaupt - die Frage stellt sich nicht nur, wie es sich anfühlt, wenn man immer mehr Material hat, sondern sehr bald, ob die Experten überhaupt noch zugreifen können auf das im Übermass zuströmende, für sie relevante Material - obsie den Materialfluss überhaupt noch beherrschen (ob sie noch halbwegs im Blick haben, was allein schon die andern Experten derselben Sphäre tun). Die Experten machen aus Material unentwegt etwas, sie sind in ihre Sphäre versunken und achten nicht mehr darauf, dass sie ja tatsächlich den andern etwas Verwertbares liefern müssen, und dass das allein schon in ihrer Wertsphäre, an anderer Stelle, hervorquellende Material von ihnen eigentlich sofort mitverwertet, mit berücksichtigt werden müsste. Es erweist sich, dass ihre Expertenborniertheit nicht mehr haltbar ist, sondern man macht die Erfahrung (für solch eine Einsicht muss man freilich ein solches Expertenleben schon absolviert haben), dass das ganze noch mehr diszipliniert werden muss, dass nämlich die Stoff-Verwaltung nicht mehr von jedem arbeitenden Experten mitübernommen werden kann, sondern dass sie tatsächlich entweder arbeitsteilig oder als Teil der Professionalisierung der Experten mit in ihre Existenz eingebaut werden muss. Und da gibt es nun charakteristische Änderungen in dem Anforderungsprofil an die Experten, die es begründen zu sagen, sie gleichen sich den Experten oder Spezialisten einer andern Wertsphäre immer mehr an, und das lässt sich ungefähr so beschreiben: - Die Wissenschaft wird immer mehr ausgestattet mit Technologie, so wie es sonst eigentlich nur der Produzentenalltag war, die Unternehmen und Produzenten haben ja schon immer auf Technologie zugreifen müssen - also die Technik hält jetzt Einzug in die Wissenschaft, und die Wissenschaftler entwickeln Produzenten-Eigenschaften - die Technik liefert jetzt gewissermassen nach zwei Seiten, und die Wissenschaft wird in dem Sinn technisiert und verfahrens-routiniert- aber jetzt nicht als Kausal-Regularitäten-Lieferantin für die Technik-Entwicklung, sondern als ihrerseits Technik-Verwenderin, so wie man es bisher immer nur bei den Produzenten hatte. - Umgekehrt, die Produzenten (1), die Menschen, die da als Vervielfältiger, als Reproduzierer von Gegenständen für den Rest der Mannschaft arbeiten - die unterliegen einer zunehmenden Beaufsichtigung, das kann erstmal auch die Form annehmen der arbeits-medizinischen Begutachtung oder überhaupt der medizinischen Begutachtung ihrer Produzententätigkeit, in der man sich eben nicht einfach beliebig nach seinen Bedürfnissen mehr einrichtet, sondern nach Gesichtspunkten des Gesundheitsschutzes, und sich den Expertenurteilen darüber der Wissenschaftler und der Mediziner fügen muss, Urteile wie man sein Leben zu gestalten hat, derart dass Leistungsfähigkeit optimal erhalten bleibt. Anm. Über die Rolle von Prognostiken neben Techniken, in der Produktion
14. Und das macht aus Spezialisten Professionelle - professionell Tätige, die sich diesen weitergehenden Anforderungen fügen, bei denen sie nicht mehr selbstgenügsam in ihrer Sphäre werkeln, und vor allen Dingen den Stofffluss garnicht mehr im Blick haben, sondern genau um dazu befähigt zu sein, müssen sie sich diese Tugenden und Errungenschaften der übernächsten Wertsphäre zulegen, Wissenschaft wird also nun ein Stück weit mit Eigenschaften ausgestattet, die bis dahin mehr in der Produzentensphäre zu finden waren, weil Forschung zunehmend mit Routinetätigkeiten Ergebnisse produzieren muss, viele Schritte tun muss, die nur Wiederholungen darstellen, geringfügige Abwechslungen mit sich bringen. Umgekehrt wird die Produzenten- oder Alltagssphäre mit Wissenschaft aufgeladen, mit Ratschlägen und diätetischen Vorschriften, Arbeitschutz usw Und das soll sie befähigen, das ist zumindest die Absicht dabei, diese ständig weiter beschleunigte, in jedem Fall aber weiter fliessende Materiemasse an immer neuen Techniken usw oder der Produktion von immer neuem Wissen, das nachfliesst, zu bewältigen. Wenn Wissenschaftler weiter sich immerzu bloss dem Interessanten zuwenden und die mittlerweile erreichte Vielfalt an Untersuchungsmethoden nicht beherrschen würden, dann wäre das extrem schlecht, denn dann würden nämlich sie der Anforderung, dieses Nachfliessen ständig aufrechtzuerhalten, nicht mehr gerecht werden. - Die Technik (1), die dazwischen steht, und sich für beide Seiten nützlich macht, geht nun völlig in dieser Aufgabenstellung auf: Sie beliefert BEIDE Seiten mit Problemlösungen, die sich aus genau dieser Notwendigkeit der Bewältigung viel weitergehender Materieflüsse ergeben. - Von den Visionären gilt das gleiche, dass nämlich die Routine- oder die bloss Problemlösungs-Seite der Technik ergänzt wird durch eine utopische. Also die Ästhetik beliefert zwar immer mehr auch Einzelalltage mit dem, was genau dort hineinpasst, die Erlebens-Genres werden immer virtuoser bedient, und die kompensatorischen Erfahrungsbedürfnisse werden ihrerseits von Professionellen bedient, die nicht mehr 'irreguläre' Erfahrungen andern zugänglich machen, und dem Genre überhaupt erst einmal zuführen, sondern dieser ganze Prozess hat etwas technisches. Man könnte somit sagen: Diese ganze Sphäre wird professionalisiert, indem sie technisiert wird, der Technik immer mehr angenähert wird, und das heisst natürlich auch, dass man Kenntnisse hat über Bedürfnisse, die da in der Bevölkerung, in der Produzentenschaft, an den andern Professionellen vorkommen, und über das, was da eigentlich erfordert ist, und arbeitet darauf zu. Und umgekehrt hat nicht nur dadurch, sondern überhaupt - die Technik (2) einen utopischen Zug, der vor allen Dingen sich ergibt aus den Nöten und Leiden derer, die da Alltage als alles mögliche, als Wissenschaftler, als Techniker, die dem zuarbeiten, zu absolvieren haben - Nöte die sich daraus ergeben, verlangen nach utopischen Lösungen. Und deswegen bekommt ein Teil der Technikentwicklung denselben Charakter wie das vormals Ästhetischen, nämlich nicht mehr bloss des Wünsche illustrierend-imaginären (wie in der ästhetischen Sphäre), sondern des realen Lösens von Aufgaben, die sich aus Belastungssituationen ergeben. Da bekommt die Technik also, wie man sagen könnte, ein Doppelgesicht (Technik (1) vs Technik (2)), und arbeitet solchen utopisch fortgeschrittenen Alltagen/Produzenten (2)/Produktionen zu nach der einen Seite hin (2), und nach der andern Seite (1) hat sie ein graues, ein Alltagsgesicht, und arbeitet eben den Routiniers in Produktion und Wissenschaft zu, und liefert denen die Problemlösungen und gleichzeitig die Vorstellungen, wie sie ihre produktiven Aufgaben lösen können.
15. Die verschiedenen Sphären mit "Professionellen" sind mittlerweile fünf; speziell die Produzenten stehen ihrerseits quasi mit einem Fuss AUCH im Vollzug und im Aufbau der fortschrittlichen Utopie-Realisierungen, die die utopische Technologie erarbeitet, sodass auch sie, wie angedeutet, den Doppelcharakter aufweisen und sich aufspalten, das wären dann schon sechs Sphären von "Berufstätigen", die in den verschiedenen Abteilungen dieses "professionell organisierten" Materie-Fluss-Bewältigungs-Apparats arbeiten. Aber - was machen sie da? - mit was füllen sie diesen Zeithorizont, was ist ihr biografien-übergreifenden Projekt? Dieses: Sie haben ein Fortschritts-Programm, sie drehen eine Fortschrittsspirale, die sich in das unbekannte Material des mit den menschlichen Möglichkeiten Bewältigbaren einerseits hineindreht, und andererseits aus den nachfliessenden Materien, die man da erschliesst, immerzu weiter etwas Bewältigbares, Utopisches macht. Wobei sehr bald dieser Fortschrittsprozess, also dieses wieder und wieder aus einem grauen Alltag einen immer besser bewältigbaren Machen, die Form annimmt, dass die Technologie, die utopische, von morgen, die Probleme löst, die die Realisierung der Technik von gestern aufwirft. Also das heisst, das wird zum rasenden Stillstand, wo man noch sagen kann, der Anblick, das Erleben, des Fortschreitens der Gesamtgesellschaft, muss diesen Leuten ja genügen, also dass sie den Fortschritt immerzu begrenzt finden durch ihre Lebensspanne, und jetzt eigentlich nur noch "die Gesellschaften" Träger der Erfahrung sind, und garnicht mehr die Leute selber. DAS genau würden jetzt tatsächlich Leute, die im religiösen Rahmen modern sind, spüren: Dass sie jetzt auch noch vom konsumtiven Erleben der Fortschritte ausgeschlossen sind, wäre für sie nicht mehr hinnehmbar. Aber für die normalplanerisch-gläubig Professionellen ist das ein Punkt, die können allein dadurch, dass das ihre Normalität ist, sich ohne weiteres damit abfinden, und den Gedanken, dass das zunehmende Wissen nicht mehr ihres ist, ohne weiteres ertragen. Man kann das geradezu zum Kriterium nehmen dafür, ob jemand gläubig-MODern ist oder RELigiös-MODern, denn wenn man sich erinnert: Religiös(-modern)e, die mit den Herausforderungen einer biografien-übergreifenden Sinn-Gestaltung konfrontiert sind, also tatsächlich den 3.REL(MOD)Stp erreicht haben, haben nicht mehr die Möglichkeit, eine Vergesellschaftbarkeit von kollektiven Planvorstellungen zu denken auf der Grundlage einer dabei "von selbst sich ergebenden" Aggregation der Hypothesenbildung, Erfahrungsverarbeitung, aus der diese Pläne abgeleitet werden. Hingegen die normalplanerische Version einer Aneignung von (anders gesagt, die Ausbildung von Vergesellschaftungsideen mit) MODernem Inhalt - sie allein ergäbe diese Professionalität, in der auch Erfahrungsverarbeitung hierarchisch und arbeitsteilig gedacht ist, Arbeitsteilung also auch in dieser Hinsicht noch für möglich gehalten wird, wie sie RELigiös eben genau nicht mehr denkbar ist; nur die in OPP(REL(MOD)) für möglich gehaltene "Meinungsbildung (sofern politisch haltbar)" lässt diese Fortschritts-Perspektive, biografien-übergreifend, zu - nur eine normalplanerisch-gläubig angeeignete MODernität kann Grundlage dieser fortgeschrittenen Orientierung auf Fortschritt sein - nur mit dieser Mentalität kann man sich immer weiter durch die Fortschrittsspirale hindurch bewegen, mit den Umgestaltungen der Arbeits-, Wissenschafts-, Technik- und der Utopiewelt, und nur so jenen rasenden Stillstand erreichen, der alsbald eine neue Frage aufwirft, nämlcih: Was eigentlich das Selbst ausmacht, das hier ständig zum Hindernis wird für weitere Entwicklungen (die es selbst garnicht mehr erlebt)? das stattdessen die immer gleichen Übergänge in diesem rasenden Stillstand als Beschränkung erlebt, oder auch sich und seine Vergänglichkeit? Wobei man sagen kann, es ist eben ein Partner der Technik, und durch seine seinerseits noch vortechnische, nicht technisierte Beschaffenheit, die unerschlossen bleibt, ist es zugleich eine Quelle seiner eigenen Unzufriedenheit. Was die Frage aufwirft, wie dieser rasende Stillstand durch eine Perfektionierung des Selbstseins als Partner der Technik, die immer weiter wächst, überwunden werden kann. (Ich denke, dass ich darüber den nächsten Vortrag halte.)
Vortrag 5b
Es ist jetzt eine Art Kulminationspunkt in den Vorträgen erreicht, darum weil zwar jetzt die gesamte 5x3 Tabelle sich entfaltet, aber es damit auch relativ komplex wird, und man sich fragen muss, ob das eigentlich noch nachvollzogen werden kann. Aber probieren wirs.
1. Wir haben zwei Spalten, die normalplanerische und religiöse, als Vorbild, und ich hoffe, es ist einigermassen einsichtig gemacht worden, dass eine kulturelle Etablierung der Folge-Mentalität erst möglich wird, wenn tatsächlich die Spalten der Vorepoche bzw der Vor-Mentalität bis zum Ende, also ihrer 5.Stufe, abgearbeitet sind. Das Ende bestand ja jetzt zweimal darin, dass der Mangel der Vorepoche ihren Bewohnern am Ende bewusst wird, also denen, die sich durch die zu ihrem Weltverhältnis gehörende Spalte ganz hochgearbeitet haben. Für die Moderne, als dem jetzt dritten Fall dieser Art, habe ich das bislang noch nicht gezeigt - das wäre jetzt nachzuholen. Im vorausgehenden Vortrag 5a war nur Darstellung der naturwüchsigen Form von Modernisierung gegeben worden, nämlich so, wie sie sich darstellt, wenn sie nach ihrem "genuinen" Entstehen ins normalplanerisch-Gläubige (durch die religiöse Spalte als Zwischenform) zurückgefallen ist. "Zurück" heisst eigentlich, es ist schon erreicht gewesen; aber da ist dann schon ein erstes Problem. Es ist nämlich garnicht unbedingt gesagt, dass die moderne Mentalität sich real, tatsächlich GENUIN in einer Praxis ausprägt (dasselbe gilt, jetzt nachholend gesagt, auch für Religion). Das heisst, die Befreiung vom normalplanerischen Denken oder, noch weitergehend, vom Religiösen, geht noch lang nach deren kulturellen Etablierung weiter, und muss in unzähligen Bildungsgängen, nur jetzt halbwegs "gebahnt", nachvollzogen werden. (Gebahnt heisst, etwa, dass es in irgendwelchen Schriften steht, die sie studieren, oder enthalten ist in Prinzipien, die ihnen gepredigt werden, oder von Vorbildern in ihrer Umgebung gelebt wird usw.) Das ist in der Moderne nicht anders, sodass wir also, wenn wir die moderne Spalte beschreiben, diese Schwierigkeit bekommen, die wir schon teilweise in der religiösen Spalte gesehen haben, und das ist, dass die Positionen real überwiegend nur noch in zurückgefallener Form eingenommen werden. Ausser die erste Stufe der Moderne-Spalte - die gesamte erste Zeile überhaupt dieser ganzen 3x5 Tabelle kann ja durchschritten werden und die Stufen von Leuten eingenommen und ausgebildet werden, auch in diesem naturwüchsigen Sinn, ganz von selbst, ohne grosse Kämpfe, vorausgesetzt: sie haben sich tatsächlich vom Normalplanen freigemacht, und vorausgesetzt: sie haben sich auch noch über die religiöse Borniertheit hinweggesetzt, und hatten dazu Anregung.
2. Die Art und Weise, wie das geschieht, hatte ich ja schon beschrieben: Sie sind einfach überwältigt von der Vielfalt der Wirkmöglichkeiten, der Techniken aus aller Welt, die bei ihnen zusammenströmen, und andererseits, von den möglichen Wunsch- und Sehnsuchts-Lebensformen, die man sich zueigenmachen kann, noch ganz unabhängig von der Frage ihrer Übertragbarkeit in die eigene Praxis, oder Realisierbarkeit in der eigenen Praxis. Beides sollte, im Resultat, führen zu den bekannten beiden "Ausfaltungen" der traditionalen Lebensform und -führung, WARUM und WOZU, und zu ihrer auch nur schon gedachten oder vorgestellten Variierbarkeit, in solch einem Mass, dass sie daran schlichtweg zerbricht. Die Frage war, auch schon im Zusammenhang mit Religion und ihrem Scheitern, ob eine solche Einheit überhaupt je noch einmal hergestellt werden kann, angesichts dessen, dass die unendlich-vielfältigen neuen Techniken und Lebensformen derart frei variabel-wähl- und kombinierbar erscheinen. Und das, was da ausgefaltet wird, war nach der einen, der WARUM-Seite hin in gewissem Sinn die Systematisierung des Fragens nach den Bedingungen der ansonsten konstant genommenen, technisch verwertbaren Kausalzusammenhänge - das sollte die Naturwissenschaft sein. Und nach der andern, der WOZU-Seite hin die Entdeckung von sinnvollen Erweiterungen der eigenen Lebensmöglichkweiten, der ERlebensmöglichkeiten, auch über das blosse Sich-Reproduzieren in einer Position hinaus. Sobald diese Möglichkeiten tatsächlich in einer anspruchsvollen Weise gesellschaftlich sich anbieten, als eine Option nämlich, für einen Entscheider (denn als solche starten zumindest in der kulturell fest verankerten Moderne die nun über sich aufgeklärten Individuen) - führen sie ihn in ganz verschiedene Richtungen, nämlich einmal in das System der Kausalzusammenhänge, der aufeinander aufbauenden Elemente und Element-Zusammensetzungen, wo die Wirkungen der Zusammensetzung aus den Wirkweisen der Elemente abgeleitet werden. Dies naturwissenschaftlich-analytische Natur-Zerlegen in Elemente führt allerdings in ein ganz anderes System und eine ganz andere Richtung, als wiederum die Systematik der technischen Wirkmöglichkeiten, die Systematik der Technologien. Die sind nämlich bezogen auf Effekte, die wir hervorbringen (oder auch unterbinden!) wollen (und auch können!), und diese Systematik der selbst-erzeug(- oder verhinderbar)baren Effekte hat vorrangig etwas zu tun mit unserem Vermögen, sie zu erlernen, einzuüben, auszuüben... das ist eine ganz andere Systematik als die der blossen Kausalzusammenhänge - in Wirkzusammenhängen kann man ja völlig verschiedene elementare Kausalzusammenhänge bündeln, im bezug auf einen Zweck, man kann das selbe Problem so oder anders lösen, und das allein schon begründet die Tatsache, dass Techniken, Könnensformen, verfügbare Verfahren, Materialien Materien, Geräte... eine andere Systematik aufweisen, nämlich eine die auf mögliche Zwecke und Wirkungen bezogen ist, als die Systematik der Elemente aller Zusammensetzungen, Elemente aller Materien, aller Komplexgebilde, und natürlich speziell aller Systeme, die wir nicht so ohne weiteres zerlegen können, und wo es in technischer Hinsicht, wenn man das in dieser Hinsicht überhaupt verwerten kann, allenfalls um vorsichtiges Beeinflussen und Lenken, ansonsten aber um Prognostiken geht, statt um Kontrolle im Vollsinn (erzeugen und unterbinden, wie man will), also Techniken. Aber diese Prognostiken, die oft noch der Wissenschaft zugerechnet werden, und die natürlich auch etwas betreffen, an dem wir Interesse haben, wie zum Beispiel Wetter, oder Gesundheit und Krankheit (vgl. Labormedizin), diese Prognostiken spielen natürlich auch eine Rolle beim Wirken, speziell wenn wir uns IN einer Umgebung aufhalten und dort Voraussetzungen, entdecken wollen, Anzeichen dafür, dass etwas passieren, Anzeichen dafür dass etwas zu finden ist und dergleichen, sodass sich also die Prognostiken (zB Tests) ohne weiteres in die Systematik der Techniken und des Knowhow einfügen.
3. Nach der andern Seite hin, also da, wo wir die garnicht mehr sichtbare Grenze, die da aufgebrochen ist, den "Bruchspalt", einfach so überschreiten nach der Seite des Produzierens - da ist es nun so: Dass man, wie in 2. gesehen, zwar eine explodierte Vielfalt an ganz verschiedenen Techniken hat, einen riesigen Werkzeugkasten (anfangend bei den unendlich vielen vormodernen Techniken aus aller Welt); aber natürlich muss auch der moderne Mensch immer noch leben und überleben, es muss arbeitsteilig für viele mitgesorgt werden, die was andres machen, die Techniker und Wissenschaftler müssen ja auch ernährt werden, und noch einige andere in der beginnenden Moderne, es muss also produziert werden. Es muss vor allem technisch fortgeschritten produziert werden und immer fortgeschrittener, der Bedarf steigt, und das findige Einführen immer neuer Produktionsweisen beschäftigt natürlich einen eigenen Stand, die geschäftstüchtigen Produzenten, Unternehmer, oder auch die staatlichen Planer in den nachholend sich modernisierenden Gesellschaften, die, vielleicht mit Kredit, wie auch immer, eine Neu-Produktionsstätte, eine Idee umsetzen, wie man etwas noch besser machen kann, und auch vielleicht etwas viel effizienter als vorher herstellen kann, mit weniger Ressourcenverbrauch. Und diese ganze fleissige (daher kommt ja das Wort Industrie, eingedeutscht als: der Er/Gewerbsfleiss), diese ganze früh industrialisierte Welt, die lässt so viele Bedürfnisse offen, sie lässt Wünsche und (oft kompensatorische) "Bedürfnisse" entstehen, und diese Ausfaltung geht also nun nach der andern Seite hin - was könnte man denn in diesen ganzen Leben, Lebensformen verbessern, was könnte man anders machen, was möchte man, speziell: was möchte man erleben, was möchte man NOCH erleben - das greift also nun tatsächlich nach dieser Seite hin aus, und da könnte man nun in ganz verschiedene Rubriken fassen, was dort stattfindet, teilweise ist es bürgerlich sogar nochmal mit den Unternehmen und Unternehmern assoziiert, sie sind Visionäre, die Möglichkeiten sehen, die andere nicht sehen, wie man leben könnte, was man nutzen könnte, was es alles Nützliches geben könnte, mit den vorhandenen Techniken Herzustellendes. Aber es gibt eben nicht immer bloss "zu Machendes", sondern auch "zu Erlebendes", und das kann stellvertretend für andere geschehen, und wird dann geleistet von im weitesten Sinne Künstlern, Menschen, die Bericht erstatten von ihren Erlebnissen, auch fiktiven natürlich, aber auch realen Reisen, oder Reisen nach innen, das sind dann zB auch Romanciers, Dramatiker, Filmemacher oder sonst psychologisch Geschulte, also alles das Ästhetische, das Bereiche erschliesst, des Erlebens und Lebens, dann aber natürlich auch utopische, noch garnicht realisierte Möglichkeiten des Produzierens, natürlich auch des technischen Könnens, da denkt man an Science fiction, vielleicht sogar an erschlossene Formen dessen, was hinter den Dingen stehen könnte, selbst das könnte man sich durchaus dort angesiedelt vorstellen, das geht normalerweise sogar in der Wissenschaft selbst weiter, dies Konstruieren utopischer Kontroll-, Wissens- und Könnensformen; aber man könnte auch von weit her kommend an die Wissenschaft Fragen oder Forderungen stellen, und die Wissenschaftler und Forscher machen sich daraufhin auf den Weg und untersuchen das anschliessend. Diese Sphäre könnte man also jetzt vorläufig die ästhetisch-visionäre nenne, und damit haben wir erstmal (wieder, wie schon im ersten Vortrag) vier, wie ich sie nenne, Wertsphären gefunden, die aus der ursprünglichen einfachen weit zurückgenommenen Zisammenfügung zu einer traditionalen Lebensform aus einem Inventar an Techniken und zugehörigen Lebens- und Produktionseinrichtungen hervorgehen, durch die beiden genannten "Ausfaltungen".
4. Wenn wir jetzt die Materien, die Inhalte anschauen, die von diesen beiden Ausfaltungs-Polen her in die je andere Richtung fliessen, dann sehen wir eigentlich eher zwei fortbestehende Fluss-Richtungen einer andauernden Erweiterung, das eine ist das Erweitern der Kenntnisse, der Materien und Elemente, was gibt es alles in der Welt? mit dem alles andere, alles Technische und Prognostische, alles Produktive, ja sogar noch das Ästhetische, schliesslich sich beschäftigt, worauf also alle anderen Praktiken aufbauen, und deswegen nenne ich das das Fundierende. Die fundierenden Wissens-Materien kommen von der Wissenschaft, und die Wissenschaft, die Forschung schaut da gewissermassen von dem bereits erreichten Wissen aus ins (Rest-)Unbekannte hinüber. Das ist also eine Grenze, die ständig hinausbewegt wird, aber eine Grenze, die - in praktischer Hinsicht - durchaus erinnert an die zwischen Technik und Wissenschaft selber, also die Wissenschaft hat selber noch eine äussere Grenze, wo sie sich mit dem Unbekannten beschäftigt, und andererseits mit der Systematik, mit sich selbst, mit dem bereits erarbeiteten, das man nun vervollständigt und zu verstehen versucht, wo man experimentiert und wo es insofern zwar auch um unbekanntes geht, aber eben schon für offene Fragestellungen Erschlossenes, wohingegen das ganz Unbekannte, auf das man hinausschaut, ein Jenseits ist, auf das man aber immerzu weiter zugeht. Und genau ein solches Jenseits gibt es auf der andern Seite auch: die ganze Kultur, die sich aus diesen Wertsphären herstellt - ist natürlich unvollkommen, die ist nicht nur materialmässig unvollkommen, sie muss nicht nur mit fundierendem Material, das aus dem Restunbekannten erschlossen ist, immerfort weiterfragen: was steckt dahinter, was ist die Bedingung.. (Man erinnert sich jetzt vielleicht wieder an die beiden Prinzipien des Suchens, diese ganz groben Prinzipien: das der Konstanz der Elemente und das andere die Frage nach den Bedingungen, die sie vielleicht zerfallen bzw entstehen lassen, und in was sie da zerfallen bzw aus was entstehen. Die Grenze wird also immer hinausgeschoben entlang dieser Fragestellung nach der einen Seite hin, und nach der andern Seite schauen wir auch über eine solche Grenze, als Ästheten, als Menschen, die eben immer weitere Erlebnismöglichkeiten suchen, und haben dort ebenfalls eine Sphäre des Ausdehnens, vor allem auch, wenn es um Künste geht, eines Genres, dem man gefundene Ergebnisse gerecht macht... aber auch eine des Hinaustreibens dieser Grenze, eine Mehrung der Erlebnisse... und derjenige Pol, der da in einem fort zwar die Vision lenkt auf das bislang noch nicht Erschlossene, der aber nicht weggeht, weil es keine Vollständigkeit gibt... das ist, so könnte man sagen, der SINN. Also das Sinnvolle, das sinnvoll zu Lebende und zu Erleben Lohnende, das dort erschlossen wird, das ist dieser andere Pol, und wir brauchen uns jetzt eigentlich bloss vorzustellen, dass jemand in dieser Frühphase der Moderne von irgendwoher aufbricht, nach einer der beiden Seiten, oder von ihr kommt, zum Beispiel von der fundierenden Seite, und man macht, als Forscher, eine Entdeckung, die technisch verwertbar ist, schon in der nächsten Wertsphäre also, und dann macht man eine Produktionsstätte auf als Unternehmer (alles männlich...), und dann entwickelt man darüber hinausgehend, Visionen, was man mit dem Produkt machen könnte, was man daraus machen könnte, wie man es verwenden könnte, oder was für Anschluss-Gerätschaften, was für Anschlusstechniken da möglich wären. Es ist immer schon sehr früh auf die technische Fundierung einer möglichen Lebens- und Erlebensfähigkeit gerichtet, und damit ist auch gesagt, dass die Sinn-Produktion, wenn ich das mal so nüchtern sagen darf, natürlich nicht in ihrer Wertsphäre bleibt, sondern deren Produkte wandern ja in die Reproduktion und Produktion hinein, stellen Anforderungen an Techniken, und an Fragestellungen, denen die Wissenschaft nachgehen könnte, sodass man sagen könnte, der Sinn strahlt von diesem Sinnpol aus auf die andern Wertsphären und wird dort quasi importiert, normalerweise über die zwischenliegenden Wertsphären, und umgekehrt wird das Material, das aus der Forschung herausquillt, technisch verwertet, produktiv umgesetzt, erschliesst Möglichkeiten technischer und produktiv verwertbarer Art - man könnte etwa schauen, was die Fotografie, der Film zustande gebracht haben an Möglichkeiten, dann ahnt man, wie es da generell zugeht.
5. Also das Fundieren ist eine Bewegung von dem Material-liefernden Pol, dem Fundament, dem fundierenden Pol ausgehend bis hin zur Sinnfindung, und umgekehrt das Sinn-Definieren und Sinn-Erschliessen wirkt sich aus rückwärtsgehend bis hin zu dieser Fundierung, und gibt ihr Aufträge. Und jetzt also nochmal: Wenn ein solcher frühmoderner Forscher, Techniker, Erfinder, Unternehmer unterwegs war, dann war es durchaus möglich, dass er im Laufe seines Lebens sich nicht bloss in einer Wertsphäre aufgehalten hat, sondern es war ja nun gerade die Pointe, dass man vom Fundierenden entweder mit einer bahnbrechenden Kenntnis, die technisch verwertbar war, aufbrach in Richtung ihrer Überbietung durch Sinn-Erschliessung und neue Ideen, wie man das alles noch weiter ausgestalten könnte, oder umgekehrt, jemand hatte eine zündende Idee, ein zündendes Erfordernis, ein Bedürfnis erschlossen, das ihm gesellschaftlich begegnete, und suchte nach etwas, nach einem Material, nach einem Gerät, das ein bestimmtes Problem lösen konnte, und war vielleicht besessen davon, das ist auf jeden Fall eine mögliche Karriere, die jeder frühmoderne Mensch, der überhaupt dafür freigesetzt war (das war natürlich schon etwas Privilegiertes), zurücklegen konnte. Diese freie Beweglichkeit der Tätigkeiten und der Werteorientierungen dieser Tätigkeiten ist jetzt etwas, das sich erstmal über die Lücke in der Mitte einfach hinwegsetzt - die ist jetzt nur noch eine Grenze zwischen zwei Wertsphären, Technik und Produktion, zwischen diesen beiden geht es natürlich oft hin und her. Tatsache ist natürlich generell, dass moderne Menschen, genauso wie alle vorher, sich in der jeweiligen Wertsphäre und an deren jeweiligem Problemhorizont einrichten mussten. Also sie mussten natürlich auch mit ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten in irgendeiner Weise den Anforderungen gerecht werden, sie mussten Geräte, veilleicht erst noch relativ einfache, handhaben, sie mussten das gut können, sie mussten sich damit ausstatten und auskennen, sie mussten etwas lernen, und sich in dem Sinn damit einrichten, um überhaupt erstmal auf dem erreichten Niveau Forscher sein zu können, oder Techniker, Produzent, Visionär/Utopist - als Forscher oder Techniker mussten sie auch etwas über die jeweiligen Kausalzusammenhänge wissen, aber auch als Techniker etwas über technische Anforderungen in einem Handwerk, Gewerk, in einer Produktionssphäre, und als Produzenten mussten sie natürlich die vorhandenen Ressourcen kennen, sie mussten die Techniken kennen, sie mussten das alles kombinieren, und auch darauf mussten sie sich einrichten, sodass also - das will ich eigentlich sagen - wenn sie die Beweglichkeit ausnutzen wollten zwischen den Sphären, sie jedesmal ihren Lebensentwurf komplett abändern mussten - sie mussten sich auf immer neue Anforderungen einstellen, das Leben änderte sich für sie in verschiedenen Phasen ihres Lebens grundlegend, und manche haben das sogar mehrfach absolviert, und waren also ganz verschiedenes zu verschiedenen Zeiten ihres Lebens. Und das ist nun das, was man an diesen frühmodernen Abenteurern und Unternehmer-Naturen so unglaublich bewundert, und um was man sie vielleicht auch im Rückblick beneidet, eigentlich kann man sagen, ist dieses ganze Genre - dieses Wechseln, dieses GENIALE (das ist ja eins der Konzepte, die sich damit verbinden) - noch irgendwie vormodern, in solchen Figuren wie Leonardo oder Michelangelo ist das ja schon eher verkörpert als in Figuren aus dem 18.Jh., die natürlich auch noch die Sphären wechseln, man hat das dann auch später noch im 19.Jahrhundert bei bestimmten Erfindern, die später Geschäftsleute wurden, aber früher Forscher waren, oder noch später Bücher schreiben und Visionäre sind, solche Figuren mag es geben. Es gibt sie auch in einer fast drolligen Form, in Gestalt dieser Boomer-Machos, im Spielfilm oder Werbespot, die sich als ehemalige Schulkameraden wieder begegnen und fragen, Was machst du, was hast du gemacht... die haben immer ganz verschiedenes GEMACHT in ihrem Leben und dabei die Sphären gewechselt, und jedes mal eben ein neues Leben sich eingerichtet, was aber zugleich nur provisorisch war. Und ich will noch einmal eine Gestalt erwähnen, die auch so ein bisschen an der Grenze steht, also frühmodern, renaissancehaft, das ist Faust (das Stück kann man ja als Modernisierungsdrama lesen), und der fällt bekanntlich genau dann der Verdammung anheim und stimmt dem auch bewusst zu, wenn er je sagen sollte, der Augenblick ist so schön, es ist so gut, jetzt kann man aufhören - man verweilt, "verweile doch du bist so schön" - heisst: die Geschichte soll anhalten - und das ist undenkbar - der Fortschritt ist unaufhaltsam, der muss immerfort weitergehen, auch für die Leute die das am Laufen halten, die laufen selber, sie laufen die Wertsphären auf und ab, wie in einem nicht enden wollenden Staffellauf, und sie laufen durch Lebensphasen, produktive kreative Lebensphasen auf und ab, die sie immer wieder neu zwingen, sich neu einzurichten, wobei die Einrichtungen immer eine Grenze überbrücken müssen, deren Überbrückung eben in traditionalen Lebensformen sehr robust, sehr routinemässig eingerichtet waren (sodass sie garnicht auffiel), da wurde auch grossen Wert drauf gelegt, dass das funktionierte und dass das tradierbar war, und das machen die modernen in einer unglaublich prekären Weise, nämlich sich einen momentanen Alltag und einen momentanen Entwurf zusammenleimen aus dem, was sie können, und sich an Fähigkeiten zulegen müssen in der jeweiligen Wertsphäre, und Techniken, die sie beherrschen müssen, Wissen-wie, Wissen-was, auf dem ereichten Stand, dazu kommen all die kompensatorischen Bedürfnissen, die sich daraus ergeben, damit sie am Laufen bleiben, und all das andre, das sie als Sinn-Produzenten oder als Sucher nach Fundierungsmaterien auf Trab hält.
6. Wir haben also einen Einzelmenschen, der sich eine prekäre Lebensform zusammenzimmert aus zu Wissendem, zu Könnendem, und andererseits Gewolltem, momentan verfolgtem Zweck, und der muss sich ständig ändern, wenn es diese Lebensform, die er da prekär ausbildet ad hoc, ständig abändern will und wenn er den Stoff, den er bearbeitet hat, in die nächste Wertsphäre überführt. Dort begegnet er ja einem schon vorhandenen Stoff, den er natürlich kennen muss, er muss zumindest wissen, dass er nicht das Rad zum zweiten Mal erfindet, die Technik usw nicht längst verfügbar ist, er will ja etwas neues beitragen und den Stoff vermehren, also muss er das bestehende kennen. Das Stadium, in dem wir ihn jetzt hier angesiedelt denken, ist natürlich schon ein unglaublich fortgeschrittenes, so fortgeschritten ist es bereits vormodern, das Ingenieurswissen, auch schon der Renaissance, war sicher sehr umfangreich und das, was da in einzelnen Gewerken bekannt war, etwa der Metallurgie, war schon sehr ausgefeilt und entwickelt, und anderen Spezialisten bereits nicht mehr in seinem ganzen Umfang bekannt, etwa den Architekten. Die Arbeits- und Wissensteilung war also da schon sehr weit gediehen, da braucht man nur nach China zu schauen oder anderswohin, auch ins Römische Reich, wahrscheinlich war es da auch schon so, also das fortgeschrittene Knowhow, und nicht nur das, die Ressourcen, der Bedarf, also etwa die Wirtschaftssituation wollten da jeweils auch gekannt sein von denen, die sich da in der jeweiligen Wertsphäre betätigen wollten - sodass allein schon dieses freie Sich-Bewegen entsprechend den eignen Ziel- und Wunschvorstellungen keine Selbstverständlichkeit war, also dass man da jeweils in die nächste Wertsphäre auf ihrem je entwickelten Stand eindringt und das Seine dort einbringt, so dass es Sinn macht. Diese Differenz zwischen dem kulturell-gesellschaftlich Verfügbaren, und dem individuell Erarbeiteten und jeweils zu Könnenden und Kennendem, geht von Beginn an ganz stark auseinander, die Differenz explodiert. Und diese Differenz, darauf wollte ich jetzt zu sprechen kommen, erinnert an etwas in der religiösen Spalte, nämlich an den Moment, wo der in Arbeitsteilungs-Zusammenhänge eingefügte, mit-denkende Planer sich die Frage vorlegt, wie denn aus verschiedenen Hypothesen, mit was versuchsweise zu rechnen wäre, die kollektiven Pläne erschlossen werden, und wie er da nicht mehr ohne weiteres seine Vergesellschaftungs- Optimal-Hypothese anwenden kann, nämlich dass wenn jeder nur an seiner Stelle in der Arbeitsteilung das Seine macht, daraus eben ein kollektiv sinnvoller Zusammenhang erwächst. Stattdessen ist hier völlig klar, wenn er nur auf SEIN beschränktes Wissen zurückgreift, wird er auch nur beschränkte Hypothesen fertigen, und der Plan, der da rauskommt und den er dann womöglich allen vorschlägt - der ist natürlich entsprechend mangelhaft begründet. In einen Plan für alle muss eben auch das (für Hypothesenbildung) relevante Wissen aller eingehen, soweit wie möglich jedenfalls. Und wie sieht das jetzt hier aus? Der Glaube, dass man nur vorübergehend sich durch seine Spezialtätigkeit von einem anwachsenden Bestand an Wissen Können Fähigkeiten Lebensmöglichketien ausschliesst oder es nachholen wird, und dass das gleichzeitig von andern Spezialisten in andern Wertsphären erschlossen werden wird, und man das zusammen konsumieren kann, das ist ja fast schon ein Kinderglaube. Und ich denke (das hatte ich schon irgendwo geschrieben im "Scheitern der Moderne") - das ist ungefähr, was Jugendlichen, Kindern, Schülern vorgemacht wird, wenn sie sich spezialisieren, dass sie da gewissermassen nur vorübergehend sich mit einem Thema befassen, und einem Gegenstand, und dass andere Themen, von denen sie aktuell ausgeschlossen sind, später nachgeholt werden können. Aber das stimmt natürlich nicht, es ist eine Lüge. Die Spezialisierung ist in Wirklichkeit ein Ausschluss, eine schmerzhafte (Ab)Wahl, das zeichnet sich natürlich sogar schon vormodern ab, und umgekehrt, dass alle diejenigen, die trotzdem noch versuchen mitzuhalten, und sich dabei nicht so einarbeiten können, bloss noch Konsumenten und Dilettanten sind. Und diese Art, die Kluft zu überbrücken zwischen dem, was man selber treibt, und was die eigentlichen Kenner und Könner treiben auf der andern Seite, das für gewissermassen trotzdem hinreichend zu halten, ist in gewissem Sinn Ausdruck einer Naivität gegenüber der Notwendigkeit, Wissen und Können kollektiv zu machen, die den ersten beiden Stufen des religiösen Vergesellschaftungs-Optimismus und den dort unterstellten Optimal-Hypothesen bzgl Vergesellschaftbarkeit von Wissen entspricht: das aber ist kein genuin modernes, sondern bestenfalls religiös- oder idealistisch-modernes Denken.
7. Und jetzt daran, an diese zu unterstellende reibungslose Wissens-Vergesellschaftbarkeit, ohne besondere Verständigung, - weil alle daran glauben, und es spätestens dadurch zur vorerst bewährten Normalpraxis geworden ist - auch noch bedingte Erwartungen anzuschliessen: Das lässt es dann endgültig ins Gläubig-Normalplanerische zurückfallen. In diesem Rahmen wird ja mit grösster Wahrscheinlichkeit der gesamte moderne Inhalt überhaupt gelebt, und in den fortgeschritten-problem-bewussteren (religiös-modernen, genuin-modernen) Bearbeitungsformen nur in Ausnahmefällen. Das heisst: Eine genuin moderne Lebensform oder Biografie, die sich auf dieser ganz elementaren zurückgenommenen ersten Stufe abspielt - also einer Lebensepisode, die sich an die nächste reiht, wo aber keineswegs die perspektivische Begrenztheit des Lebens und der biografischen Möglichkeiten sichtbar ist - eine solche genuin moderne Stellung zu und Umgangsweise MIT diesem Inhalt, den man da erfährt - die ist sehr selten, etwas sehr unwahrscheinliches, sehr virtuelles, beinah nur noch Gedachtes, und in einem gewissen Sinn, spätestens heute bereits, kindlich-lächerliches ("das Kind im Manne"...?), komisches: Alles selber tun wollen, und damit noch ernstgenommen werden wollen - angesichts der fortgeschrittenen Möglichkeiten zu wissen, weiter alles dilettantisch selbst zu erschliessen, da fallen einem solche Figuren ein wie die ewigen Studenten, da gabs im 18.Jahrhundert einen solchen in Göttingen, der wurde dann mit weit über 70 zu Grabe getragen, und da waren beim Begräbnis dann alle Fächer und alle Fakultäten vertreten, die hatte er alle studiert, da war er überall drin gewesen, oder - natürlich dann schon sehr satirisch gewendet -, Bouvard und Pecuchet von Flaubert, das sind also die Dilettanten pur, die sich in alle Wissenschaften reinwerfen und auch jedesmal wieder rauskommen, und das natürlich niemals in irgendeiner Weise soweit bearbeiten können, dass sie da produktiv teilnehmen können, sondern immer nur konsumtiv, nachvollziehend, das Eigentliche ist schon von andern entwickelt, und dazu, dass sie selber beitragen, kommen sie garnicht. Das ergibt dann auch schon den Begriff des Dilettanten, also des Liebhabers eines Fachs oder einer Tätigkeit, die aber unernsthaft, uneigentlich ist, Steckenpferd, und zwar gewissermassen die Freiheit erlaubt, die man in Frühphasen der Modernisierung auch kennt von diesen frei beweglichen Unternehmern Technikern Erfindern Forschern, aber dafür eben nur noch das Unernsthafte übrig lässt, weil sie zu dem eigentlich wirksamen Tun der wirklichen Experten garnicht aufschliessen können. Und natürlich ist es die Stellung der Jugendlichen in der Moderne, der Schüler, die sich mal was erschliessen dürfen, mal bei Jugend forscht mitmachen dürfen und zeigen dürfen, was sie könn(t)en, das ist natürlich alles im Rahmen der vielen Achtungserfolge, das sind keine Profis, da gibt es historisch längst schon diese Figuren: den Experten, den Professionellen, gegen die das abgegrenzt wird. Demgegenüber sind sie Dilettanten im schlechteren Fall, sind blosse Konsumenten, Leute, die was nachvollziehen, die sich zu Unterhaltungszwecken von Populärwissenschaft was erzählen lassen, was aber auf derselben Stufe steht wie Romane lesen und fiktive Geschehnisse, Filme, verfolgen, weil das Potential, das sie in ihrer Freizeit haben neben ihrer eigentlichen Tätigkeit, auf die sie immer mehr zugehen, zu mehr garnicht ausreicht. Das ist da alles längst ganz selbstverständlich unterstellt. Und das Konsumieren wird ja nun normalerweise immer bezogen auf Güter, aber es erstreckt sich auf alle andern Produkte von Wertsphären ganz genauso, also das Konsumieren von anderswo Erlebtem, das repoduzierbar gemacht wurde, das für viele vervielfältigt worden ist unter einem Gesichtspunkt, das auf ihre Erlebenswünsche schon mal abgestimmt ist und darauf hin bearbeitet ist - dieses Konsumieren ohne zu (re)produzieren, ist eben auch in den anderen Wertsphären möglich, auch in der Wissenschaft, und dazwischen tritt dann immer das Aufnehmen der Bestände des jeweiligen Fachs oder der Wertsphäre oder des Fachs in der Wertsphäre, wo man sich ausbildet zum Experten, zum Spezialisten, der dadurch natürlich den vorhandenen Bestand auch kennen muss, ohne ihn produziert zu haben, aber das würde niemand konsumtiv nennen, sondern das ist dann natürlich schon das sich mühsam die Leiter hocharbeiten bis zur Spitzenstellung und zur Front der Sinn- oder Fundierungsbemühungen. Allerdings nur noch in dem betreffenden Fach.
8. Und nun gibt es so etwas wie eine erste Kritik - es gibt sie in zwei Formen, nämlich einmal, was die Wissensmöglichkeiten angeht, fühlt sich spätestens jeder Nicht(mehr)schüler ausgeschlossen vom gesellschaftlich erarbeiteten Stand. Es kann schon sein, dass das alles irgendwo in Nachschlagewerken aller Art, Wikipedia usw sowie Bibliotheken niedergelegt ist, aber dann muss man wenisgtens wissen, wonach man sucht, da gehört schon sehr viel Bildung dazu (man hat davon "gehört"), oder da muss man aufmerksam sein oder muss man hingewiesen werden von andern mit Links, Literaturlisten, Übersichtswerken, Lehrbüchern usw - also der Ausschluss von dem gesellschaftlich vorhandenen Reichtum an Inhalten in vier Wertsphären - der ist unmittelbar erlebbar, und er ist vernichtend: Alle sind Laien auf allen Gebieten ausser ihrem (und selbst da haben sie Mühe mitzukommen...). Und das gilt dann natürlich auch auf der anderen Seite für die Erfüllungs-Erlebnisse, die sich damit verbinden, das Glück des Forschens, die gesamte Sinn-Erfüllung durch tatsächlich produktives kreatives Tätigsein ist natürlich allen andern ausser denen, die da jeweils tätig sind, verschlossen. Und da muss man fragen: Was für eine Art Mangel haben wir denn da festgestellt? Über den würde ich sicher noch einiges zu sagen haben, aber wir haben einen Faden damit aufgenommen, den wir abspulen können, und der uns höchstwahrscheinlich tatsächlich in die Reihe der Mängel bzw damit verbundenen Kategorien einführt, die man aufsteigend in den Stufen der dritten, der MOD- Spalte, wie auch immer zunächst gläubig verformt, gläubig überdehnt, entdeckt im Vollzug der fortschreitenden Epoche der Moderne. Denn auch die Moderne hat (behaupte ich) eine Mängelliste zu entdecken, und sie erschliesst sich wie die beiden andern Kolumnen/Spalten damit einen Bestand an Kategorien, die eigentlich unentbehrlich sind, wenn es um rationale Planung und Lebensplanung im Rahmen einer einer kollektiven Lebensform geht. Wir haben übrigens diese Kategorien z.T. schon längst benannt - weil wir eben selbst in der Moderne leben, ist uns die Teilung unserer gesamten Planung, die Aufteilung unserer gesamten Planung auf Lebenseinrichtung, das Ganze des Lebens und die Biografie, also den Lebensentwurf im Rahmen der Lebensform einer Generation, auf das Biografien-übergreifende, das vor uns da war und danach weiterverfolgt wird, und zu dem wir einen Beitrag leisten, also die Individualität, und schliesslich die Frage: wie wählt man denn zwischen dem allen, wie erschliesst und gestaltet man seinen Lebensentwurf, das übergeordnete Projekt,wie richtet man sich dafür sein Leben ein - diese Teilung und Aufteilung und Fragestellung also ist uns sehr bewusst. Die ist uns aber nur deswegen so bewusst, weil wir historisch fortgeschrittene, gebildete moderne Menschen (in einer der fortgeschrittenen Industrieregionen) sind, und uns in Wirklichkeit bereits dieser Teilung unseres Planens und Wollens auf die verschiedenen Zeithorizonte bewusst sind. Also das wären die Kategorien, die in der MODerne zuverlässig erschlossen sind, und wir kennen sie so, wie wir die Kategorien und die Stufen des Entscheidens, nun mal kennen, also zumindest im Rahmen unseres Bildungsgangs sind sie uns bewusst, die Praxis-Kategorien auch, also alle diese Kategorien stehen uns zu Gebot, als fortgeschrittenen modernen Menschen, am Ende einer langen langen Vorgeschichte, die diese Kategorien auch tatsächlich explizit erschlossen hat und zum Bildungsinhalt gemacht hat. Allerdings ist das alles gar nicht so andauernd präsent oder gar so montiert wie ich es hier vorführe, aber präsent als zumindest Material, über das man weiter nachdenken kann, ist es durchaus; und es ist auch praktisch wirksam.
9. Was genau ist jetzt also der Mangel und die womöglich gedoppelte Mängelliste? Man kann schon mal sagen: Das, was die allernaivsten Figuren bereits erfahren, die hier unterwegs sind, die Schüler, die Jugendlichen, ist: dass die Diskrepanz schier unendlich aufklafft zwischen dem, was anzueignen wäre, um Viruose zu sein, Experte, Spezialist in einem Fach, geschweige denn in einer ganzen Wertsphäre, und dem, was diese jungen Leute jetzt grade im Moment interessiert, was sie gerne machen und wissen wollen, oder was sie ihrer Meinung nach wissen sollten, vielleicht sogar; weil sie wissen, dass es das gibt, aber sie können sich nicht darum kümmern, weil sie etwas "ernsthaftes" lernen müssen, das wird ihnen vorstellig gemacht: Wenn du hier was werden willst, musst du dich hier einarbeiten und kannst dich nicht für andres interessieren. Allenfalls vielleicht noch in deiner Freizeit, aber das ist nicht dasselbe, du kannst halt nicht zwei Herren zugleich dienen und nicht zwei Fächern, das schliesst sich aus. Diesen Ausschluss von bewusst verfügbarem Wissen, erfahren die einfachsten modern orientierten Gemüter auf Anhieb, also sobald sie sich nur ein bisschen in diese moderne Bildungswelt hineingewagt haben. Natürlich kann man auch noch was andres bemerken, nämlich: dass ihre Bedürfnisse in dieser Vereinseitigtheit sicher in irgendeiner Weise leiden werden. Da kann man immer wieder auf die Schüler zurückkommen, die werden ja auch zugeschliffen zu Menschen, die den Anforderungen der modernen Berufswelt gewachsen sein sollen (von der haben wir noch garnicht gesprochen), und diese Anforderungen sind natürlich ihren Antrieben, ihren Neigungen extrem zuwider und entgegengesetzt. Solange Menschen noch sich einbilden können, dass sie dasselbe in irgendeiner Weise erfahren wie die Spezialisten, indem sie sich dilettantisch was aneignen, können sie vielleicht noch ein bisschen was davon retten, können vielleicht ihren Neigungen nachgehen, vor allem, wenn sie ganz viel Freizeit haben und freigestellt sind, aber selbst dann ist das alles sehr beschränkt, und so eine Strecke zurückzulegen, von einer Fundierung, auf die man geraten ist, bis hin zu Fortschritts- und visionären Sinnhorizonten, die damit erschlossen werden könnten, indem man sich über Techniken Prognostiken vorgearbeitet hat zu einer Produktion und die eingerichtet hat usw - all das kommt heutzutage allenfalls mal (und dann meist medial aufgebläht) noch vor in absoluten Ausnahme-Biographien, etwa von Milliardären, wo jemand aus seiner Freistellung (und massenhaft Kapital, und politischen Einwirk-Möglichkeiten; das wird heute dann nämlich auch benötigt) tatsächlich, dem Anschein nach, noch einmal etwas macht, was der Aktivität eines frühmodernen Genies entspricht, als ob man das heute noch sein könnte, aber das ist ja der Inbegriff der meisten dieser Leute, die nicht bloss dilettantisch, sondern tatsächlich auf dem Stand eines Fachs sich fachgerecht bewegt haben, und dann durch die verschiedenen Wertsphären hindurch was Ernstzunehmendes geleistet haben, aber das ist heute die absolute Ausnahme.
10. Das verfestigt und vervielfältigt sich jetzt natürlich, sobald wir in unserer fortgeschrittenen MODerne die höheren, also die existenziellen Zeithorizonte in Betracht ziehen. Der Schüler soll ja einen BERUF erlernen, und dass es das überhaupt gibt, dass es nicht bloss Spezialkenntnisse gibt, sondern auch Spezialisten und Experten, die dann was andres nicht sein können, sondern auf Experten aus andern Fächern angewiesen sind, oder auf Zuständige, die das machen, Produzenten oder Visionäre oder was auch immer... das ist ja nun schon die Tragödie der Vereinseitigten, der Fachidioten - sie sind ja Fachidioten oft schon in ihren Fächern - sie kennen ja oft nicht mal das, was die Kollegen machen, so sehr sind sie spezialisierte Nischenbewohner, und sie müssen sich einiges einreden und vormachen, damit sie glauben können, sie hätten Teil an Kenntnissen, Tätigkeiten, Erlebensformen, in den anderen Wertsphären, während sie sich beruflich und als Fachmensch all ihren Herausforderungen stellen. Nun ist es aber so, dass die Materien, die fundierenden wie die Sinn-Materien/Horizonte, irgendwann mal die Notwendigkeit mit sich bringen, sich ihnen ganz und gar auszuliefern, sich ihnen zu stellen. Die Wissenschaftler beispielsweise, die an der Forschungsfront arbeiten, sind konfrontiert damit, dass sie den Wissensbestand ihres Fachs beziehen müssen auf das, was da jenseits der Forschungsfront möglicherweise ist, verbinden also diese beiden Sphären. (Ich hatte ja gesagt, es ist quasi eine virtuelle Sphärengrenze, die aber genauso praktisch überwunden werden muss wie die Grenze zwischen dem schon Gewussten, das man kennen muss und kennenzulernen hat erst in der Ausbildung, dann im Nachvollzug des immer weiter Nachquellend-Neuen in diesem Wissenschaftsbetrieb - selbst im eigenen Fach soll man es ja ständig weiter im Auge behalten; und andererseits muss man sich dem Unbekannten selber zuwenden, dem Forschungsgegenstand, da ist etwas zu überbrücken durch angestrengte Tätigkeit, das, wovon man jetzt nichtmal sagen kann, dass es noch irgendwie den Charakter hat des Zusammenbringens von Technik (die existiert ja in dem Moment noch garnicht, das zugrundeliegende Wissen wird ja erst noch erarbeitet), oder irgendeinem Erschlossenen und einem Gekonnten, diese beiden Sphären die da zusammengeschlossen werden müssen, das erreichte Wissen der Gesellschaft in diesem Bereich und das zu Erschliessende oder zu Erforschende - sie haben keine Ähnlichkeit mit einer Lebenseinrichtung - die Leute sind weit weg davon, von individuellen Bedürfnissen, oder Können, letzteres schon, das steht am Anfang, aber das haben sie ja als Forscher hinter sich lassen müssen, es gibt erst einmal wenig Routinen, sie müssen ständig neues lernen und entwickeln, und sich diesem Neuen ihres Forschungsgegenstandes ständig zuwenden, weit abseits irgendeiner Praxis, die einer traditionalen irgend ähnlich wäre, und das war ja nun gewissermassen die Standardform der Lebenseinrichtung in der religiösen Spalte, davon sind sie aber hier weit entfernt. Und die andern Experten haben da sowas ähnliches, also die Techniker müssen sich ständig der Wissenschaft zuwenden - soweit sie fundierend tätig sind - um sich die Fundamente ihrer Techniken und Prognostiken holen, so wie die Wissenschaft sich dem Restunbekannten zuwenden muss - sie müssen aber auch ihr Fach kennen, dh. sie müssen den fortgeschrittenen Horizont kennen. Und genauso die Produzenten, natürlich auch die Verwalter der Sinn-Erlebnisse, der Möglichkeiten dessen, was jetzt gesellschaftlich an der Front passiert, was man wollen könnte, und übrigens ist es so, dass natürlich auch die Wissenschaft, die Forscher da unten an der Fundierungsfront eine gewisse zumindest ferne Rückmeldung bekommen müssen, dass das, was sie da erforschen, auch wirklich sinnvoll ist, also sinnhaft verwertbar ist, sie müssen also zumindest etwas indirekt konsumtiv an der Weiterverwertung ihrer Erkenntnisse teilhaben. Das geschieht dann normalerweise so, dass man den Forscher fragt, wofür ist das denn gut, und dann fällt ihm ein, mit der revolutionär neuen Nanobeschichtung könnte man eine neue Sorte Damenhandtaschen herstellen (das habe ich so schon mal gelesen bei einem Chemiker, wo es um neueste Forschungsrichtungen ging, und dem fiel da nichts besseres ein, als diese Rechtfertigung seiner Tätigkeit, die natürlich in sich selber schon zweckhaft sein sollte... man weiss ja nie wofürs gut ist... und das ist natürlich bei allen biologischen Forschungen so, da kommt ja schon beinah routine- und reflexhaft die Auskunft: damit könnte man dann Medikamente für dies und das entwickeln... und das ist dann schon die Sinngebung, die die Wissenschaft selber eigentlich garnicht unbedingt mehr selber aus sich heraus zustandebringt. Sondern da ist etwas externes, es ist technisch verwertbar für medizinische Zwecke.
11. Also, simples Fazit: Sobald die Materien und Materialien soweit gediehen sind, dass sie sich zu Fachkenntnissen ausgewachsen haben, auch ausdifferenziert zu Disziplinen, Unterdisziplinen, Unter-Unter-solchen, werden die Spezialisten in ihrer Nische biografisch fixiert. Das ist erstmal ein Schicksal, das sie erleiden im Laufe der historischen Fortschritte der Wissenschaften, Techniken usw, also der Ausdifferenzierung und Anreicherung der Wertsphären mit Inhalten, weil ein Leben für mehr nicht hinreicht. Schon die Ausbildung ist so lang geworden, man muss sich auskennen lernen, man muss vieles erlernen und können, an Können ausbilden, und dann muss man ja auch noch tätig sein, dh. im Sinne des Qualifikation, die man sich erarbeitet hat, tätig sein. Und das ist so erfüllend und ausfüllend, dass es nichts anderes daneben zulässt, man IST dann eben dieser Experte ganz und gar, zu dem man sich gemacht hat. Wenn man denn überhaupt dazu zugelassen wird, und nicht bloss Ausführender von irgendwas sein darf, und als solcher von Bildung ausgeschlossen, ist - das ist nämlich gleich das nächste, dass die Gehilfen da auf Anweisung Routinearbeiten erledigen, das ist natürlich im Bereich der Produktion am meisten so, aber es ist eigentlich in allen vier Wertsphären der Fall, dass da auch Routinearbeiten anfallen, die von weniger Gebildeten ausgeführt werden können, diese Hierarchie schon ist ja nur tragbar, solange man diese ganzen vertikalen Wissens-Arbeitsteilungs-Formen für harmlos hält, und nicht für einen Skandal, aber dazu müsste man sich wenigstens über die Stufe des Entscheidens hinausgearbeitet haben in der religiösen Spalte, sodass einem auffällt, dass man so nicht planen kann - spätestens wenn es um SYSTEM-Zusammenhänge in Natur und Technik geht. Also wie der Zusammenhang dieser Wertsphären herstellbar sein soll, der doch ein Sinnzusammenhang ist, - das ist eine völlig offene Frage. Zwischen dem Fundierungspol und dem Sinnpol sind immerhin die Entscheiderstufen angesiedelt, das heisst: Es geht vom Erfahrungswissen hinüber zu einem Versuchsprogramm und somit weitergehender Erfahrung, es ist ein begründet vorangetriebenes Weiter- und Dazu-Lernen, was der Entscheider macht. Aber: Dieser Entscheider muss hier gewissermassen aufgebläht gedacht werden zu einer ganzen Gesellschaft, die solche Entscheidungen trifft - angeblich, also zu einem Riesen-Leviathan, der aus ganzganz vielen Einzel-Menschlein besteht, so wie man das bei Hobbes sieht in dem Bild von dem Riesen, der den Staat darstellt, und der aus lauter Kavalieren und Einzelbürgern besteht, die das ihre dazubeitragen. Nun - das sind nun mal die Formeln, die wir im Zusammenhang mit den RELigiösen Optimalhypothesen zur Vergesellschaftung 1. und 2.Stufe zur Genüge kennengelernt haben. So wie dort muss man denken, wenn man hierarchisches Wissen, Lernen, Denken, Entscheiden für harmlos und überhaupt möglich hält. Und man muss sogar gläubig sein, also normalplanerisch denken und sich auf die dritte Stufe bewegen können, ohne Bedenken, weil man eben tatsächlich mit Hierarchie kein Problem hat, um den nächsten Schritt zu machen. Und da geht es nicht mehr um einfaches Zugreifen auf die Nachbarsphäre und Fundieren und Sinn-Liefern, um "liefernd Lieferungen empfangen von dem Nachbarn", sondern da geht es jetzt vor allem darum, dass dieser Fluss aufrechterhalten wird, der in Gefahr ist, von den Experten einfach ignoriert zu werden. Sie können sich in ihre Fächer immer weiter vertiefen, und dabei diese Zusammenhänge zwischen ihnen, als zu regulierende, einfach nicht mehr sehen.
12. Dem entgegen wirkt eine Entwicklung, die sich gleichzeitig damit ausbildet, dass die Bestände an Wissen, Fähigkeiten und Techniken, Produktionen und Produkten wuchern, nämlich: dass die zunächst auseinanderliegenden Sphären eine Binnen-Entwicklung aufweisen, die sie einander annähert - also die Wissenschaft bekommt etwas von einer Produktionsroutine; die Wege zur Erkenntnis werden immer länger und unterwegs muss man unglaublich viel Routineprozeduren zurücklegen, Laborroutinen, man muss Untersuchungs-Geräte, also Maschinen, Maschinerie beherrschen; und umgekehrt: der Alltag von Produzenten ist immer mehr befrachtet mit Kenntnissen wissenschaftlicher Art, also medizinischer, arbeitsmedizinischer, hygienischer Art, aber auch sonstigen Kenntnissen, die in zahllosen Ratgeber-Formaten an die Alltagsmenschen gelangen, oder auch in Form von Arbeits-Vorschriften technischer Art: Gebrauchs-, Pflege-, Wartungs-, Gefahren-Hinweise (Ausdruck des Wissens Dispositionen: PROGNOSTIKEN, statt Techniken). Dh. ihr Alltag wird verwissenschaftlicht, vor allem "medikalisiert", so könnte man das sagen. Und die Technik, die zwischen diesen beiden Sphären vermittelt, die muss nun anders als zuvor ihrerseits statt nur nach einer nach zwei Seiten, über die "Grenze", zum Nachbarfach, schauen, sie muss wissenschaftliche Resultate daraufhin begutachten, inwiefern sie verwertbar sind für Alltagsprobleme, und umgekehrt prüfen, welche offene Fragestellungen die Wissenschaft noch zu beantworten hat, um Probleme aus der Produzentenpraxis technisch lösen zu können. Das ist jetzt der auf Dauer gestellte Endzustand, in den die Expertensphären sich versetzen und versetzt sehen dadurch, dass sie ihre Materien, die Sinnmaterien von der einen Seite her, die Fundierungsmaterien von der andern Seite her, am Laufen halten müssen. Und das heisst also, jeder Experte schaut jetzt nicht mehr bloss nach einer Seite, nach der der Fundierung vor allem, aber auch die Sinnlieferanten müssen das ja auch tun, und in einem zweiten Schritt schaut er auch noch nach der andern Seite, sondern das ist jetzt etwas aktives; die Grenzen, zwischen denen die jeweilige Wertsphäre angesiedelt ist, müssen beide aktiv beherrscht werden, die Flüsse müssen weitergehen, und das allein schon schreibt diese Entwicklungen in den Fächern fest. Also: Durch das ReProduktionsartig- und Routine-Werden von Forschung, und andererseits durch das Medikalisiert- und Verwissenschaftlicht-werden von Alltag (vgl. Prognostiken!), stehen die Träger der jeweiligen Tätigkeiten nach zwei Seiten hin in Kontakt mit der Nachbarsphäre - die Wissenschaft hat (wie schon früher festgestellt) eine virtuelle Nachbarsphäre, das Restunbekannte, das ist IHRE Nachbarsphäre nach der Fundierungsseite hin, und nach der Technikseite hin steht sie in einer Art Empfangssituation, weil die Geräte usw, die Wissenschaftler zum Forschen nutzen, ja auch von Technikern entwickelt (und von Produzenten, unter Umständen massenhaft, produziert) werden. Also die Wissenschaftler nehmen den Technikern gegenüber zunehmend auch die Stellung von Produzenten ein, die von Technik beliefert werden und diese Routine-mässig anwenden - also Anwender von Techniken. Und die Alltagsmenschen bekommen in ihrem Alltag sehr viele Porgnostiken, technisch, prognostisch aufbereitete komplexe Anweisungen, wie sie sich verhalten müssen, nicht nur beim Umgang mit, und dem unmittelbaren Nutzen von Technologie, sondern auch beim Sich-zu-Sich-Verhalten, das geht von ganz spezifischen diätetischen Ratschlägen über Artbeitsschutz und Arbeitshygiene hin zu dem gekonnten Umgang mit der Technik, die sich eben nicht von selbst erschliesst, sondern die ausführliche Einweisung, Gebrauchsanweisung, erfordert, dh man muss immer mehr wissen, um überhaupt etwas bedienen zu können - selbst das erschliesst sich also nicht mehr von selber (etwa aus dem verfolgten Zweck). Und das witzigerweise genau dadurch, dass die Technik eben indirekt Wisenschaftsresultate zuliefert, die auf Gebrauchsformen (in der Produktion) zugeschnitten sind, und die Technik dazwischen schaut natürlich sowieso nach zwei Seiten, und muss also auf diese Weise die Flüsse aufrechterhalten.
13. Die Zeit der Experten, die sich selbstvergessen ihren Gegenständen und ihrer Tätigkeit gewidmet haben haben, und da grade mal eben so konsumtiv nach der andern Seite schauen konnten - diese Zeit ist vorbei, und die Experten sind jetzt zu "Berufstätigen" geworden, die in einem ewigen Flusssystem eine Stellung einnehmen, wo sie durch die genannten Anpassungsschritte die Materien, die Sinnmaterien und die Fundierungsmaterien am Laufen halten, und dadurch allenfalls vormachen können (es sei denn, sie hätten ihre normalplanerischen Borniertheit hinter sich gelassen), dass zwischen den Tätigkeiten der Einzelnen und den Tätigkeiten der Gesellschaft überhaupt kein Bruch ist, sondern durch das eine auch das andre noch gewährleistet ist, darum, weil Routinen (des Entscheidens) ganz normalplanerisch-routiniert, auf dieser dritten Stufe die Interessen - in diesem Fall: Ansprüche, die die Wertsphären jeweils stellen, "gesellschaftlich", gesellschaftsweit, zu verwalten gestatten, koordiniert, im Konsens, und da ist angeblich der Erfahrungsgewinn über eine Zeit weg zur immer weitergehenden Neuanpassung ausreichend, um neuen Herausforderungen gerecht zu werden - das scheint also tatsächlich regulierbar zu sein, dieses gesellschaftliche Flusssystem. Ich hab nun erst die eine Seite genannt - das ist der graue Alltag; es gibt aber solche Angleichungs-Formen auch auf der andern Seite, also auf der Sinnlieferungsseite, in Richtung Fundierung, und da ist es so, dass die Technik sich immer mehr ausrichtet auf zu lösende Aufgaben in Gestalt utopischer Ziele, die offen bleiben, oder auf Bedürfnisse, die geweckt sind, aber nicht befriedigt, oder Notwendigkeiten, auf die zu reagieren ist, wovon ein nicht ganz unerheblicher Teil die Technikfolgen-Bewältigung durch neue Technologie ist. Sodass man sagen kann, die Technik entwickelt selbst eine Affinität zu Visionen, Sinnvorstellungen, und umgekehrt, werden Visionen, über das Bestehende hinaus reichende Wünsche, Bedürfnisse, Notwendigkeiten, immer mehr technik-affin formuliert. Mit all dem ist sofort die Frage verbunden, wie macht man das, wie könnte man das machen, was würde da erforderlich sein um das Problem zu lösen, Technologien bekommen also diesen Problemlöse-Charakter, das ist also das Pendant bei Technik und Vision zur Alltags- und Routinisierung der Wissenschaft und zur Medikalisierung des Alltags, Verwissenschaftlichung, und der Produktion; und auch hier tritt ein Alltag, eine Produktion dazwischen, aber einer und eine, der/die Fortschritt zum Thema hat, also eine Produktion, die Überschüsse verwertet, um technisch-utopische Neuerungen und innovative Technologie tatsächlich umzusetzen, und dieser Sekundäralltag, dieser Fortschritts-bezogene Alltag tritt in ein gewisses Spannungsverhältnis zu dem bloss reproduktiven Alltag der anderen Seite, über den schon gesprochen wurde, den verwissenschaftlichten, dessen Routinen ständig begleitet sind von Gebrauchsanweisungen, also dieser andere Alltag, diese Produktion von Fortschritt, das ist Research and Development, Forschung aber eben schon sehr stark technisch orientiert, also mit vorhandenen entwickelten Techniken arbeitend, das ist das Arbeiten am Fortschritt, aber eben ein Arbeiten, ein Produzieren, das Einrichten innovativer Produktion - schöpferische Zerstörung, und die arbeitet mit ebenso innovativer visionärer Technologie, auf eben so visionäre Ziele hin, und weckt auch gewissermassen nochmal neue Bedürfnisse, weil sie da noch etwas näher dran ist.
14. Und diese Struktur die das Leben der Einzelnen überschreitet und so in gewissem Sinn die Expertentätigkeit einer ganzen Gesellschaft ist, eine Entscheidertätigkeit, die von fundierend nachquellenden Erfahrungen zu sinnstiftend visionären Versuchsanordnungen führt.. die Technik zu erfüllen versucht - also diese Dreierstruktur auf der Routineseite, wo man mit Notwendigkeiten immer noch hantiert, und die explodierenden Fortschrittlichen Entwicklungen, die Innovationen, die ist genau das Bleibende. dh also die Fortschrittsbewegung steht still, und ist gewissermassen ein Hamsterrad, das sich immerfort weiterdreht, oder wie ich eben auch sage, die Fortschrittsspirale dreht sich und dreht sich, und wird beliefert von der einen Seite her mit wissenschaftlich erschlossenen neuen Erkennissen, und von der andern Seite her mit Wunschvorstellungen und erkannten Notwendigketien, die durch die letzte Drehung dieser Fortschrittsspirale erzeugt wurden. Und damit haben wir jetzt ein bisschen mehr fundiert, was in dem ersten Vortrag über MODerne gesagt wurde, aber es muss jetzt noch viel weiter vertieft werden. Wir haben auch zugleich alles, was an der Moderne wirklich realistisch umsetzbar ist, benannt, ich werde darauf nochmal zurückkommen, ich hatte das in das Diagramm eingezeichnet als diese kleine Treppenfigur, also in der Normalplanerspalte sind noch drei Stufen betretbar, wenn man kein Normalplaner und trotzdem modern ist, kann man sich noch einreden, auf den ersten zwei Stufen, dass es sowas geben könnte wie eine Arbeitsteilung auch bei Experten, und wenn man auf dem wirklichen Entscheiden als Entscheider beharrt und auf dem Nachvollzug, dann kann man nicht mehr sein als jemand, der vielleicht als früher Jugendlicher oder sonstwas in der Art eine kurze Zeit eine Episode lang modern war und dann sofort bestürzt feststellt, dass das alles völlig unhaltbar ist. Und was da nun also jenseits dieser Treppenfigur sich abspielt, was da gedacht, nur noch theoretisch absolviert wird, um Kategorien zu entfalten, es fehlt ja noch die moderne MENTALITÄT , die also nur noch virtuell erschlossen werden kann und praktisch nicht umgesetzt werden kann - dieses ganze Feld, das mit Inhalten der MODernen Selbst-Reflexion gefüllt ist, die aber nicht mehr umsetzbar ist, und die praktisch von einer Notlage und einer Unerfüllbartkeit ausgehend, auf die nächste verweist. Das alles und noch mehr will ich dann in den folgenden Vorträgen besprechen.
Vortrag 5c
Mir ist schon klar, dass ich das Versprechen aus dem ersten Vortrag 5a nicht eingehalten habe, das Versprechen/Ankündigung nämlich, dass es um die vierte Stufe der MODerne, also um das Selbst gehen sollte; ob das gelingen wird, was ich letztes Mal angekündigt habe, dass nun die ganzen theoretischen Felder rekonstruiert werden, die in der Moderne zu durchlaufen sind - das ist erstmal noch fraglich.
1. Es ist auch in der Tat eine Schwierigkeit für mich in diesen Vorträgen, eine Reihenfolge zu finden in der Darstellung. Ich hab jetzt zwei Mal angesetzt, um dieses quasi phänomenologische Feld, das auch so abzudecken war, weil es eben noch mit Anschauungen verbunden ist - zu beschreiben - aber die systematische begriffliche Durchdringung hat da ein bisschen gelitten - es ist zuviel an die Anschauung appelliert worden, das ist vielleicht auch notwendig, um überhaupt mal ein Material haben, damit Hörer/Leser wissen, worauf das eigentlich alles zielt. Aber die theoretische Aufarbeitung all dieser Phänomene steht aus. Die kann eigentlich auf zwei Arten vorgenommen werden, einmal, indem wir das Ganze der modern ausgeformten 5x3 Tabelle in den Blick nehmen, und uns fragen, welche wirklich strukturierenden Elemente darin vorkommen, worum es da eigentlich geht in dem Ganzen, also eine sehr stark auf Übersicht und Zusammenhang bezogene Darstellung, und das andere wäre, dass wir die Zeilen einigermassen akribisch durchgehen und uns fragen, wie sich da Modernität von rechts nach links, also von OPP gläubiger Modernität bis hin zu genuiner solcher, jedesmal in den Zeilen entfaltet. Dieses zweite stelle ich jetzt mal zurück zugunsten der Übersichts-Darstellung, das heisst, ich rede jetzt zunächst über das gesamte Inventar an realen oder auch möglichen/denkbaren/gedachten Ausprägungen MODerner Mentalitäten, das sich in die 5x3 Tabelle einträgt, und wovon ich sagen kann, die entscheidende Überlegung oder Fragestellung lautet eigentlich: Wie kommt man von dem Feld rechts unten, wie kommt man von einer ganz naiv einsetzenden Reaktion auf dieses Übermass an Techniken und Lebensformen, das theoretisch überhaupt garnicht informiert ist ausser vielleicht mit den religiösen Kategorien oder eben schon den fortgeschrittenen in der REL Spalte, als Bildungsinhalt - wie kommt man von da zu den linken oberen, dem genuin MODernen 5.Feld oben? Das ist eigentlich der Weg, dessen Beschreitung wir beschreiben müssen. Und ich will da einige Spoiler oder Vorwegnahmen schon mal aussprechen - eine hatte ich schon mal kurz angedeutet, das war die: dass die ganze Untergliederung, die einfach so unvermittelt eingeführt wurde, die existenziellen Zeithorizonte, eigentlich uns nur einleuchten, weil wir tatsächlich auch MODerne Menschen sind. Wenn und soweit wir das nicht wären, wäre wahrscheinlich einiges, was ich etwa zur Entwicklung in der zweiten Spalte, der RELigiösen gesagt habe, überhaupt garnicht ohne weiteres nachvollziehbar. Und das gilt dann natürlich auch für die dritte Spalte, also die genuin MODerne, man muss also schon ein gewisses Ausmass an MODernität in sich tragen, um hier einfach mitgehen zu können. Der vielleicht wichtigste dieser Spoiler, die wichtigste Vorwegnahme ist die Behauptung, die ich schon mal vorab aufstellen will, dass dieses letzte, 5. genuin MODerne Feld der Standpunkt ist, auf dem die gesamte Theorie formuliert wird. Dh also die Theorie ist zugleich etwas, wovon sie handelt, sie rekonstruiert ihre eigene Entstehung, wie es zu ihr hat kommen können, und beschreibt zugleich, lokalisiert einen Standpunkt, von dem aus es in ganz ähnlicher Weise NICHT weitergeht, wie von den andern beiden erreichten Spitzenstellungen in den beiden andern Spalten ganz oben, wo eine Aufgabe formuliert war oder sich abzeichnete, die aber mit den vorhandenen Mitteln nicht angegangen werden konnte. Das bringt uns oder mich jetzt zurück zu der Stelle in der genuin-religiösen Entwicklung ganz oben, dem 5.Feld, wo diese Aufgabe der Begriffsbildung geschultert wurde, übernommen wurde von den religiös-zurückgenommen experimentell Tätigen, und als ihre eigene anerkannt wurde, und wo sie dann gewissermassen immerfort weiter auf das starren, was sich erschöpft hat, und wo es nichts mehr zu holen gibt für sie, und die Frage war eigentlich immer noch ein bisschen offen, was ist eigentlich jetzt der kategoriale Ertrag und was ist die Aufgabe die sich von dort aus stellt - die Aufgabe lautet jetzt tatsächlich, so trivial das klingt, sich mit den erkenntnistheoretischen Kategorien, Begriff, Hypothese, Versuch, die man da erarbeitet hat (die sind natürlich in den historischen philosophischen Texten viel feiner ausgearbeitet), sich tatsächlich an die Erfahrung heranzumachen und nicht ewig weiter bei der Theorie stehenzubleiben - nicht immer weiter erkenntnistheoretischer Philosoph zu sein und negativer Metaphysiker, Metaphysik-Kritiker, der immer weiter etwas entscheidendes vermisst, und danach ständig weiter FRAGT, und eigentlich beeindruckt ist durch das Zertrümmerungsgeschäft, das er da unternimmt. Strattdessen lässt er jetzt einfach alles hinter sich, und fängt mit dem Erkennen, wie es bei Hegel heisst, dann auch einfach an. Und so geschieht und geschah es ja ab da, und zwar massenhaft. Anm. Es ist mit diesem 5.REL-Standpunkt vielleicht genau wie mit dem 5. OPP: In beiden Fällen wird das, was da vermisst wird, die Aufgabe, die unerfüllt geblieben ist, erst sichtbar durch die tatsächliche Ausführung in der nächsten Spalte, also bereits das, was dort schon im 1.Standpunkt geschieht, und sich anschliessend immer mehr verdeutlicht im Aufstieg durch die Standpunkte dieser Spalte. Erst da wird also deutlich, was es war, das im Ausblick des 5.Stp der vorhergehenden Spalte, dem Scheitern, dem Übergang, nicht vorkam. Insofern kann man die Einsicht im Rückblick auf diese beiden höchsten Stufen ihrer jeweiligen Spalten-Entwicklung so fassen: Man kann den Begriff von dem, was einem fehlt, nicht ausbilden, bevor man (und dann auf einem anderm, aber welchem? Weg) das Fehlen behoben, und das Fehlende ausgebildet und gefunden hat. (...)
2. Der entscheidende Anfangspunkt in der genuin MODernen Spalte wird durch zweierlei Pole, wie ich gesagt hatte, an möglicher Erfahrung charakterisiert: Ich kann mit meiner Erfahrung anfangen, das ist natürlich immer das nächstliegende, bei den Objekten, den Sachen, bei den Elementen alles wirklichen, die ich suche, da komm ich jenseits von Physik in Chemie hinein mit der Idee der mit jeder gegriffenen Portion gleichbleibenden Dichte (homogener Stoff), womit sich schon die Atom-Kategorie vorbereitet und dergleichen, das ist ja schon vorher vorbereitet mit den primären Qualitäten bei den Empiristen bei Newton und Locke und dem Teilchenmodell, und da kann ich natürlich unendlich forschen und habe zu tun als Wissenschaftler. Und nach der andern Seite hin kann ich einen Anfang machen mit den Sinnerfüllungs-, den überhaupt Erfüllungs-Erfahrungen, den vollkommenen, den Vervollkommnungserfahrungen, die erstmal diesen ästhetischen Charakter haben, und übrigens auch, indem Kunst Ideal-Landschaften ausmalt im wirklichen Sinn, auch Realisierungsvisionen vorwegnimmt. Es gibt einen Übergang von dem, was ich ästhetisch genannt habe, hinüber zu den technischen Visionen - dieser Übergang ist fliessend, und ist natürlich abhängig von dem, was man tatsächlich an Erleben realisieren kann - technisch ist es inzwischen soweit, dass auch das ästhetische Erleben in allen Sinnes-Dimensionen gleichzeitg stattfinden kann, es gibt diese Entwürfe von Apparaten, in denen man bis hin zum Geruch und natürlich den propriozeptiven Eindrücken, alles simulieren kann, und in eine künstliche Welt eintauchen kann, aber damit ist es jetzt nicht getan, sondern es geht da ja wirklich um Welt-Beherrschung, eine Welt-Einrichtung, und nochmal gesagt, von solchen Erfahrungen her kann man eben auch anfangen. Und dann legt der Entscheider zwischen diesen beiden Polen seine Entscheidungs-Stufen aus und versucht, von der einen Seite nach der andern zu kommen, er versucht nicht mehr ohne weiteres, eine Lebensform sich zu erarbeiten, die in der Mitte steht, also einfach nur irgendein Inventar an Technologien mit einer Art der Lebensführung zu verbinden, die in einer Umgebung ein Überleben gestattet, dieses ganz bescheidene experimentell Sich-Einrichten, wie es die genuin REL Figuren lange Zeit vorher angestrebt haben - das ist obsolet. Sondern man kommt von der begrifflichen Aufbereitung einer Raum-Situation zurück auf das Nächst-zu-Wissende- und Könnende und -Tuende, und das, was ich oft das Durchbinden genannt hatte, zieht sich durch die gesamten vier Wertsphären durch: Von der einen Seite herkommend, hatten wir gesagt, ist da einmal das Sinnerfüllende, Sinnstiftende, da komm ich eben von Erfahrungen her, die etwas verlangen, die ein Erfordernis offenlegen, und natürlich kann ich von da aus dann mit meinen Begriffen, mit meinen Hypothesen, meinen Versuchsanordnungen/ Strategieentwürfen, Plänen in einer gegebnen Umgebung, hinübergehen bis hin zur Forschung, und kann - falls nicht schon was da ist was genutzt werden kann - nach der physischen Grundlage da draussen suchen für das, was fehlt. Aber ich kann natürlich auch umgekehrt mit den Gegebenheiten da, mit dem Noch-nicht-beherrschten, den Elementen und dem, was überhaupt nur prognostizierbar ist, anfangen, und kann von da aus hinübergehen bis dahin, das ich mich frage, was wäre denn als nächstes zu tun oder zu erforschen usw also genauso wieder durch die verschiedenen Wertsphären die dazwischen liegen mich durcharbeiten, und an diesem Punkt letztlich angelangen, dh dieser Ehrgeiz des Durchbindens richtet sich letztlich darauf, dass man von einem Berührpunkt mit Erfahrungsinhalten zum andern gelangt, von einem Pol zum andern, oder letztlich zurück.
3. Dieses ehrgeizige Tun, das hab ich ja immer beschrieben als das der frühMODernen Enthusiasten, Genies, derer, die in vielen Disziplinen unterwegs waren - das kann dann ganz viele Zwischenschritte einschliessen, wo man erstmal mit dem nächst-zu-tuenden stehen bleibt, aber Durchbinden bedeutet eben tatsächlich, dass man zwischen einem fundierenden Erkenntnisinhalt und einem Sinn-stiftenden einen Zusammenhang herstellt, und der verweist natürlich wieder, sofern das Sinn-stiftende etwa nun auf einen Bedarf verweist, der noch unrealisiert ist und der Sinn machen würde, als nächstes, es verweist einen wieder zurück, sodass man also im Prinzip unendlich oft hin und hergehen kann, oder könnte, und damit ist natürlich die Vernichtungserfahrung unmittelbar verbunden, dass man im Leben nicht mit dieser alle Wertsphären überspannenden Tätigkeit in einem Leben fertig wird, sondern man stellt ganz schnell fest, dass das garnicht zu leisten ist, es entspricht unseren Fähigkeiten nicht, und selbst wenn und soweit man diese ungeheure Anstrengung auf sich nimmt, dann ist es sicherlich in jedem Fall nicht bedürfnisgerecht, aber hier ist ja garnicht die Frage nach einer gelingenden Lebenseinrichtung, sondern es ist im Grunde genommen das Zerlegen einer Aufgabenlösung oder eines Strebens, eines nicht-enden-wollenden faustischen Strebens in Einzelepisoden, die durchaus alle nach dem Muster des "vom Begriff über Hypothese zu Strategieentwurf bzw. Planauswahl in und für eine gegebne Umgebung Prioritätensetzung bis zum nächst zu tuenden (könnenden, versuchenden, zu wissenden=(auf)zusuchenden usw) Gehen" gebaut sind, und von dort aus sich wieder abstossen, es ist dann was, ein Zwischenergebnis, das sich einstellt und von dem aus kann die Prozedur dieser Art erneut stattfinden, und aus solchen Einzelepisoden stellt sich dann eben eine Brücke her zwischen einer Fundierungs- und einer Sinnerleben/erfahrung, und dann wieder zurück in der umgekehrten Richtung eben auch, oder es hat gleich am andern, dem Erfahrungs-Pol, mit dem Sinnbedarfs-Feststellen, also einer Erfahrung DIESER Art, begonnen. Die Überdehnung aller menschlichen Fähigkeiten durch diese Tätigkeit wird natürlich sofort schlagend klar, und nun kann man sich fragen, was ist denn da jetzt an Kategorie entdeckt, was hebt sich denn da jetzt überhaupt so schlagend heraus? Ich hatte ja schon mehrmals davon gesprochen, dass es um das flüchtige Einrichten von Alltagen geht; dazu sage ich jetzt: Ein solches Absolvieren von zweckmässigen Einzelepisoden, die allesamt dieser Entscheider-Anforderung genügen, ist keineswegs automatisch damit verbunden, dass man auch auf der Ebene seines Lebensentwurfs Sinn machen kann aus vorhandenem Material, und das vorhandene Wissen vermehrt - geschweige denn, dass man überhaupt ein Verhältnis zu dem Gesamt des vorhandenen Wissens hätte; bloss weil es irgendwo niedergelegt, niedergeschrieben ist; schon vor seiner modern-naturwissenschaftlich explodierenden Ausweitung war es doch bereits unübersehbar. ((Da gibt es dann solche Sprüche, dass Leibniz noch der letzte gewesen sei, der DAS Wissen seiner Zeit überblickt habe - schon das ist stark zu bezweifeln (es sei denn, man legt einen stark eingeengten von "kanonischem" Bildungswissen zugrunde) - da meinen sie natürlich immer das wissenschaftliche oder naturwissenschaftliche Wissen speziell; aber das technische Handwerkerwissen, also die Gesamtheit dessen, was dann in der zig-bändigen Enzyklopädie gestanden hat, kannte er natürlich nicht.))
4. Also dass man aus einer Aneinanderreihung von für sich genommen erstmal sinnvoll erscheinenden Lebens-Abschnitten, Episoden, keinen bzw nicht ohne weiteres einen Lebensentwurf machen kann, das zeichnet sich ja ab, da ist die kategoriale Einsicht bzw der kategoriale Ertrag ein ziemlich naheliegender, und wenn man jetzt von da aus weitergeht, dann stellt man direkt fest: Wenn es um arbeitsteilige Experten geht, dass hier derjenige, der überhaupt noch zwischen Sphären erst und erst recht dann zwischen den Polen hin und her geht, mittlerweile die ganze Gesellschaft ist, die Gesellschaft wird zu einem solchen Subjekt, als ob sie das sein könnte, und ihrerseits einen "fundiert sinn-erfüllenden Lebensentwurf" haben könnte - also man muss schon wirklich REL unbestimmt optimalhypothetisch mit Subjektbegriffen hantieren, um dadrin kein Problem zu sehen, dass eben keine einzige Einzelperson mehr diese Schritte absolviert, sondern statt dass die Einzelpersonen mit ihrem Stoff durch die Wertsphären wandern, wandert der Stoff durch die dort stehenden Experten, muss sich allenfalls noch sinnvoll an sie verteilen. Das ist natürlich schon ein enormer Unterschied, vor allen Dingen kann der Stoff das Leben der Einzelnen selbst nicht mehr sinnvoll, oder mit Sinn erfüllen, der Stoff liegt ausserhalb von ihnen, und wer genuin modern denkt, das hatte ich auch schon öfter gesagt, der sieht natürlich sofort das Scheitern - das geht so nicht - so kann man mit diesen Stoffmassen nicht umgehen. Und dann würde man ins Nachdenken kommen - man kann jetzt alles, was womöglich anschaulich noch passiert ist in den letzten 300 Jahren sich rekonstruierend vornehmen und fragen: wo soll denn das enden - und es endet eben nicht mit den Experten, sondern es endet damit, dass das Subjekt dieser ganzen Hin und Hergehens und dieser ganzen Fortschrittsentwicklung, nicht einmal mehr die (Welt)Gesellschaft einer Generation ist, sondern dass es am Ende die ganze Menschheit, die "Gattung" (so hiess das mal philosophisch) ist, die das kleine Einzelmenschlein, das da am Anfang noch was versucht hat, ersetzt und ersetzen muss, weil die angestrebte Leistung der Erfüllung und des aus fundierendem Material Sinn-Machens nur in Jahrhunderten und durch Arbeit vieler Generationen nebeneinander her arbeitender und sich für diesen Fortschrittszweck aufopfernder Gruppen erbracht werden kann. Die Menschheit, "wir", ein riesiges historisches Wir, das da biografien-übergreifend lernt, das soll also nun tatsächlich Subjekt dieser Entwicklung sein, das ist ja noch absurder, und gleichzeitig erschliesst sich natürlich wieder diese kategoriale Aufgabe: Es ist völlig offen, wie dieses Lebensentwerfen sich einfügen soll, wenn man Entscheider ist zwischen diesen Polen, und wie ein sinnvoller MODerner Lebensentwurf, der da aufgespannt ist (selbst WENN er es ist, was ja für Experten schon garnicht mehr stimmt), in eine historische Lernbewegung sich einfügen soll, die dabei zugleich auch noch absolviert werden soll. Anm. Man kann also soweit festhalten: Die Unterscheidung oder auch Abtrennung-von der Lebenseinrichtung (hier auch: Bedürfnisse und Fähigkeiten...) und ebenso Abtrennung von jedem denkbaren Lebensentwurf (die Vermehrung des verwert- und tradierbaren "gesellschaftlichen" Wissens, des fundiert-Sinnmachenden) wird alsbald auf dem 1.Standpunkt MOD (im Moment, wo der verlassen wird, als Resultat) erfahren, erlitten, erkannt, begriffen; diejenige von Lebensentwurf und Individualität auf dem 2.; diejenige von Individualität und durchgehend gleichbleibendem Gattungs-Selbst (Personalität, soweit bis hierher bestimmt: Entscheidertum...) auf dem 3. Und mit diesem Selbst beginnt man sich auf dem 4.Stp.Mod auseinanderzusetzen - und von jeder verlassenen Stufe zur je nächsten ergibt sich eine weitere AUFGABE.
5. Und jetzt kann man sich - auf dem mittlerweile erreichten 4.Stp.MOD - fragen, was macht denn überhaupt diese Menschheit aus - was ist eigentlich das kollektive Selbst, das in vielen Hinsichten quasi wie EIN Subjekt (zusammen)arbeitende, und auch diese Frage, als was man sich da selber findet in dieser ganzen Betätigung - die ist ja nur eine andere Fassung des Gedankens, dass man sich eine sinnvolle Praxis zurechtlegen muss, also dass man den Unterschied zwischen sinnvoller und nicht sinnvoller Praxis kennen muss, denn daran ist der Begriff der Person als des venünftigen Wesens, oder des Ichs im Idealsinn, schliesslich angeschlossen - in dem Sinn, dass es eben der Träger dieser Praxis ist - der Begriff der Praxis ist primär, also des sinnvollen Tätigseins - die Person ist einfach der biologisch ausführende Organismus, der diese Praxis aufweist - solange er sie aufweist - sonst ist er halt nicht mehr zurechnungsfähig oder krank oder sonst etwas Nicht- oder Eingeschränkt-Personhaftes. (Die 5.Stufe lassen wir jetzt mal kurz auf sich beruhen und kommen später nochmal darauf zurück, was da eigentlich für mögliche Besetzungen an Schlussfolgerungen zu ziehen ist, das ist dann die Theorie oder der Schlusspunkt der Theorie, die sich damit auch selbst eingeordnet hat in eine historische Umgebung - das wird man noch sehen.) Es gibt jetzt ein weiteres Gliederungsprinzip, das man durchaus an die erste Spalte mit der normalplanerisch-gläubigen MODernität anlehnen kann. Von diesem Gliederungsprinzip war bereits in den ersten beiden einleitenden Vorträgen 01/02 die Rede - dort ging es um sehr grundlegende Vorwürfe an die MODerne (ausgedrückt mithilfe der klassischen "Nebenwidersprüche" der linken Tradition), nämlich 1. (männlich/weiblich) dass sie nicht bedürfnis-gerecht, nicht menschen-gerecht ist, 2. (Kopf/Hand) dass sie bzw das in ihr erarbeitete Wissen nicht verwaltbar ist, 3. (Stadt/Land) dass sie auch nicht naturgerecht ist, in dem Sinn dass die in ihr explodierende Technologie in kein irgendwie geartetes Verhältnis zur Geo/Biosphäre mit uns als deren Spitze gesetzt werden kann oder wurde bis jetzt, und 4. als viertes könnte man jetzt noch anführen die Entdeckungen, das war in letzter Instanz verbunden mit diesem Widerspruch, Zentrum vs Peripherie, dass es einen nicht-schlichtbaren Gegensatz gibt zwischen der Rücksicht auf uns selbst (im Sinne von Bedürfnisorientierung), aber immer schon als Beschädigten, oder der Natur als beschädigter, einerseits, und dieser technischen Fortschrittsentwicklung, andererseits - ein Dualismus, der einfach nicht aufzuheben ist, und von dem ich behaupte, dass er eigentlich die MODerne politische Entwicklung durchzieht und bestimmt, als Gegensatz von Kapital und Arbeit, als Gegensatz von Fortschrittsorientierung und Konsum- oder besser gleich: Lebensbedürfnissen der Massen, oder eben als bedingungslose Orientierung auf technischen Fortschritt - repräsentiert durch weltweite Investitionsvorhaben, erfolg- also Profit-versprechende solche, bedingungslose Konkurrenz aller Weltreligionen mit allen - das (mittlerweile) neoliberale Welt(staats)programm also - im Gegensatz zu dem auch nur milden sozialdemokratischen Vorbehalt, von mir aus auch dem sozialistischen, der da sagt: nein - da muss auch auf die Bevölkerung Rücksicht genommen werden - wenn man so will, das letzte Restchen von emanzipatorischer Zielsetzung, die auch noch die Konzeption (bewusstlos genug) von "Multiplarität" und Win/Win bestimmt - und trotzdem in einen Gegensatz führt, der womöglich mit Nuklearwaffen entschieden wird.
6. Das waren nun vier Kritikpunkte, an denen man sich orientieren kann, und die einen jeweils theoretischen Gehalt haben, in dem Sinn, dass sie eben nicht nur sich schmerzlich fühlbar machen, sondern dass man angesichts dieser Widersprüche in der Entscheider-Rationalität plötzlich versteckte Mängel findet. Und die aufzudecken ist jetzt eigentlich im Moment meine nächste Absicht - also es anzudeuten, worin sie eigentlich bestehen bzw wodurch zustandekommen. Die genaue akribische Durchführung wird dann vielleicht sich anschliessen an die Erörterung der Zeilen im einzelnen, wo wir dann diese Mängel wiederfinden und aufdecken... Man könnte natürlich sagen, dass das "Faustisch"-Uferlose, Unvollendbare... (das schon dem genuin MODernen Enthusiasten sich erschliesst, der da nicht glauben kann, dass andere jederzeit irgendetwas aufgreifen werden, sondern es selber machen möchte und durcharbeiten und darin, dass er ausgeschlossen ist, einen Mangel sieht - etwas also, das dieser Enthusiast bereits erfahren kann) ...dass also dies Uferlose zwei Seiten hat: Zum einen sieht er sich bereits ausgeschlossen von Wissensmassen, an deren Aufhäufung er selber vielleicht zunächst noch beteiligt war oder die er nachvollziehend sich aneignen will oder wollte, aber nicht mehr kann - und zum andern sieht er auch die Entsagung, die mit dem allen verbunden ist - die Spezialisierung, die Vereinseitigung, dass man sich eben nicht einer kindlichen Neugier überlassen darf, und keine interessante abwechslungsreiche Routine ausbilden darf - also alles, was vielleicht tatsächlich mit kognitiven Bedürfnissen verbunden ist, wird beschädigt. Wobei man allerdings dazusagen muss, dass eben die Bedürfnisse schon immer nur vorkommen als Aufgabe ihrer Befriedigung (Verzicht), also als eine zweckmässige Tätigkeit, als eine Form der Zweckbestimmung einer zweckmässigen Tätigkeit - nur in diesen Praxis-Kategorien kommt die Kategorie Bedürfnis in modernen Erwägungen überhaupt noch vor - also es ist immer schon jemand, der etwas tun will, das einem Zweck genügt, und dies einem Zweck Genügende liegt dann erstaunlich ausserhalb und ist etwas immer nur Zukünftiges, auf das er unaufhörlich zugeht und das er bessermacht, aber wenn es erreicht ist, öffnet sich sofort wieder der nächste Horizont, das kennen wir ja schon, diese faustische Unabgeschlossenheit. Das sind nun alles Sachen, die noch viel genauer erarbeitet werden müssen in ihrer kategorialen Feinstruktur - wie ist das eigentlich wirklich gedacht? natürlich vor allem immer im Kontrast zu etwas anderem: Was WIRKLICH Bedürfnis ist und sein Inhalt, das weiss man in der MODerne eigentlich überhaupt nicht; die Bedürfnisse kommen ja immer nur vor als bereits beschädigte, als bereits durch eine Lebensführung (bei der nur auf Zwecke geachtet wird, aber nicht darauf, wie man sich dabei fühlt...) entscheidend geschädigte - und natürlich gilt das in einem weiteren Sinn auch für die Natur, die dahinter steht, die wird ja auch nicht geachtet (könnte man sagen) - von der "Menschennatur" abwärts wird alles erstmal benutzt und eingesetzt als Partner der Technik - aber die Eigenanforderungen dieser biologischen Struktur werden nicht beachtet, und das geht eben so weit, dass die Grenze, wo es mal zusammengesetzt war, der sog Bruchspalt, überhaupt garnicht mehr für einen zu schliessenden gehalten wird, sondern da geht man einfach drüber weg, und ist dann unmittelbar schon in der je nächsten Wertsphäre, wo es nur noch um Lebenseinrichtung geht, aber zweckmässige, also Produzieren, oder es geht vom Produzieren aus zur zu entwickelnden Technik hinüber - aber es geht nie darum (andernfalls wäre es ja schon fast das VERWEILE DOCH im Faust), etwas zusammenzusetzen aus einer Technik und einer Lebensführung, die zu vervollkommnen wäre. Sondern die Zwecke, die Zweckstrukturen, sind durch die jeweiligen Wertsphären vorgegeben... HIER soll man produktiv sein, da Technik-entwickelnd.. aber nicht unbedingt dauerhaft, denn beides soll ja weiteren Fortschritt ermöglichen.
7. Alles was ich bis jetzt gesagt habe, über die Zeilenanordnung, die Stufen, das gedankliche Aufsteigen in ihnen - das vielleicht auch reflektiert, was an faktischer MODernisierung vollzogen worden ist in der ersten Spalte - das alles ist natürlich in der Spaltenabfolge strukturiert durch die Schritte, die wir ja schon kennen - also einmal durch den Schritt weg von einer bedingten Erwartungsstruktur, anders ausgedrückt NORMALITÄT - das sich auf nichts mehr Verlassen - das ist ja bekanntlich der erste Schritt von der ersten zur zweiten Spalte; und der Schritt von der zweiten Spalte weg (in egal welcher Zeile er gemacht wird) wird natürlich immer vollzogen dadurch, dass jemand alles am Entscheiden bis zumindest dieser Stufe selber übernehmen will, und nicht meint, sich das von andern bis auf weiteres abnehmen lassen zu können. Dass jemand also für sein Entscheiden, sein Denken... sein Erfahrungsverarbeiten und Lernen... selber Verantwortung übernehmen will und das nicht für möglicherweise an andre abzugeben hält - das ist der Ausweis seiner genuinen MODernität - und an der Stelle ist vielleicht kurz nochmal daran zu erinnern, dass - wie zurückgefallen auch immer - wenn in einer gläubigen MODernität dieses Element mit enthalten ist, dass das dann natürlich auch eine Bahnung darstellt zurück - dass man also tatsächlich sich mit diesem Bildungsinhalt, ich bin massgeblich, ich bin selbst Entscheider, ich muss mit Begriffen, Hypothesen usw mein und auch aller anderen Tun begründen bzw verstehen können und "unser aller" (als ob das ginge) anwachsende Erfahrung bearbeiten - mit dieser Einstellung ist man praktisch auch eigentlich schon kommunistisch unterwegs - es ist also das, was insgeheim und nicht wirklich aufgedeckt, nicht bewusst gemacht, die wirklich Linken, links Denkenden von den liberal Denkenden unterscheidet - die ihrerseits dann Vergesellschaftungs-Utopien haben, die dem Einzelnen es erlauben, sich um den Zusammenhang mit andern überhaupt nicht kümmern zu müssen, wohingegen das für genuin MODerne eben schon der Skandal ist. Man kann sich unter diesem Gesichtspunkt nochmal die beiden Kommunismusformeln bei Marx anschauen, die finden wir ja hier in unseren Überlegungen auch wieder: Die viel bedeutendere, aber viel zu selten erwähnte (geschweige denn in ihren Konsequenzen durchdachte) ist die mit der "Entwicklung jedes einzelnen, die die Bedingung (der Masstab, Gradmesser für die Ausgeprägtheit usw) der Entwicklung aller ist" - die sagt etwas aus: alles für alle Wesentliche muss auch im Kopf jedes der Beteiligten ankommen - eine Arbeits- und Wissensteilung darf nie soweit gehen, dass wesentliches in verschiedenen Köpfen ist, und sie trotzdem hoffen (und das wäre eben religiös-idealistisch), einen sie alle betreffenden vernünftigen Plan daraus machen zu können - das können sie eben nicht. Kommunismus in diesem Sinn ist eigentlich eher eine EINschränkung, nicht eine ENTschränkung, es ist eher eine Einschränkung von Vergesellschaftungsverhältnissen, die von Liberalen noch für möglich gehalten werden mit der Marktwirtschaft... Die andere Seite mit den Fähigkeiten und Bedürfnissen, dieser Dualismus, dieses Nebeneinander, was da noch ein Gegensatz sein soll, also die populärere und zugleich schlechtere K-Formel - die verweist natürlich auch auf einen Widerspruch, der eben die gesamte MODerne durchzieht, und nicht auflösbar ist, und weiter eben auch im Sozialismus nicht aufgelöst worden ist. Und über diesen Widerspruch als letzten will ich jetzt vielleicht noch kurz sprechen.
8. Der hat etwas mit der schon öfter angesprochenen Beobachtung zu tun, dass der Bruchspalt, der das Resultat der RELigiösen Entwicklung war, nicht wieder geschlossen wird - da komme ich aber noch drauf - ich will hier, jetzt erst einmal nur sagen: Die theoretische Pointe der gesamten MODerne ist bis jetzt noch garnicht richtig zum Ausdruck gekommen - also das, was man nach den Kategorien, die sich gezeigt haben, eigentlich als den Fehler, das Pendant zu den 5.Stufen-Einsichten der ersten und zweiten Spalte, bezeichnen könnte. Und dieser zu behebende Fehler - diese dringlich zu besetzende Leerstelle ist die, dass die Bewegungen zwischen den Polen einen Doppelcharakter haben, je nachdem, von welchem der beiden sie jeweils ihren Ausgang nimmt, und das ist nicht bemerkt worden, weil man immer so denkt: Ich gehe von der Fundierung, vom Material- Schaffen und -Erzeugen, hinüber bis zu den Produktionsfolgen, und dann schaue ich, was sich da für Bedürfnisse anschliessen - solche kompensatorischer Art - das kann schon sein, aber das schlimme ist, dass das von dem andern abgetrennt ist - ich kann nämlich auch einen Produktions-, Technik- oder offenen wissenschaftlichen Klärungsbedarf entdecken (spätestens hier, oder auf dem Weg weg vom ursprünglichen Forschungsergebnis und seiner technischen Verwertung) - kann also von hier zurückgehen und kann mir motiviert durch DIESE Art Bedarf, Anschluss-Forschungsaufträge geben. Aber genauso kann ich umgekehrt von einer Wunschquelle ausgehen, von der Erfahrung eines Bedarfs - ich kann ihn auch denken - ich kann also tatsächlich von einem Bedarf ausgehen, von einer offenen Problemstellung usw, und von da aus kann ich zur Wissenschaft gehen und wieder zurück, und zwischen diesen beiden Bewegungen - der genuin wunsch/bedürfnis-getriebenen, und der genuin Forschungs- und Erklärungs-bedarfs-getriebenen - besteht kein Zusammenhang. Also man könnte sagen, den Zusammenhang herzustellen zwischen diesen Bewegungen, also dem Entwickeln der vormaligen Kernselbst-bezogenen Lebensentwürfe und Lebensführungs-Regeln einerseits, und dem Ausbreiten der Techniken nach der Wissenschaftsseite hin - das war ja die Befreiungsbewegung aus der experimentell-RELigiösen Borniertheit - diese Bewegung hat NIE dahin geführt, dass diese beiden Schritte wieder einer Regel unterliegen, wie man in jedem Moment (Erfahrungsstand) das so Gefundene wieder neu zusammenfügt oder eben den Zusammenhang zwischen beiden Bewegungen (wieder) herstellt, und deswegen lautete die These: Der Bruchspalt wird in der MODerne nicht wieder geheilt. Stattdessen durchläuft man die Wertsphären von einer Seite zur andern und wieder zurück, und je nachdem, wo man da angefangen hat - also ob man "fundierend" (technisch) denkt, und die Fundierung ausweiten möchte... oder ob man "von der Sinnseite her" (Wunsch, Bedarf, Bedürfnis-bezogen) denkt, und die Sinn-Erfüllungen ausweiten möchte - gelangt man an ganz verschiedene Stellen des jeweils anderen, also Gegenpols, und wieder zurück. Das heisst, man kann ausgehen vom einen, beliebig oft hin und her laufen - etwa von der Sinnerfüllung zur Wissenschaft, die dann etwas "Sinn-erfüllendes" zu liefern hat oder eine "sinn-erfüllende" Aufgabe bearbeiten soll, die sie gestellt bekommt - und von da wieder zurück - das kann man beliebig wiederholen - oder aber man kommt von der Wissenschaft, und läuft hinüber zu den "visionären" Perfektionierungs-Vorstellungen, die sich jetzt an das anschliessen, was man gefunden hat und technisch entwickelt und anschliessend in Produktion (Vervielfältigung, Anwendungen) umgesetzt hat - man kann hier mit dieser technischen Fragestellung bis zu DEREN Sinnerfüllungs-Grenzen (die neue Horizonte eröffnen) vor- und von da aus zurücklaufen, ohne je der andern Seite der Sinnerfüllung, nämlich der Natur- und Bedürfnis-begründeten, überhaupt je begegnet zu sein. Also es sind zwei GETRENNTE Projekte, in die aber natürlich auch unterwegs je hinüber-gewechselt werden kann - also man kann natürlich in jeder Wertsphäre umschalten auf die je andere Betrachtungsweise - aber das heisst nicht, dass man da irgendeine Regel hätte ihrer Zusammenfügung in jedem Augenblick - man kann allenfalls sagen: Jeder, der in irgendeiner Wertsphäre steckt, nichtmal als Experte aber auch schon als Enthusiast - hat natürlich mit einem Material zu tun - und er hat gleichzeitig mit einer Sinn-Anforderung zu tun - aber die Richtung, die er einschlägt, die ist damit noch nicht vorgegeben, weil er ja dauernd gewissermassen in Bewegung bleiben soll - es ist ja nicht so, dass man sich begnügen könnte mit einer solchen momentanen Zusammenfügung - die verweist ja ständig nach beiden Seiten, ständig, auf etwas Unvollkommenes - und von daher kann man sagen, es ist von vorneherein klar dass jede solche Tätigkeit entweder eine Anschlusstätigkeit erfordert in eine der beiden Richtungen, man schaut nach der einen Richtung, dann nach der andern, komplettiert das und marschiert dann weiter, oder sie verlangt den Gedanken, dass jemand anderes das macht. Man kann auch springen, man muss nicht selber anschliessen an das eben erledigte, man kann jetzt zB als REL MODerner Mensch einfach sich hier betätigen und dort und erwarten, dass aus dem Liegengebliebenen irgendwelche andere was machen können, die Aufgabe übernehmen.. die arbeiten daran weiter, und man selber fängt etwas Neues an.
9. Das hört sich nun erstmal noch garnicht so schlimm an. Der Punkt ist, dass in dieser unerledigten Doppelung der MODernen Praxis und Lernpraxis - diesen beiden Polen, die nicht wirklich zusammengebracht werden - die Unbestimmtheit des MODernen Selbst enthalten ist, diese Unbestimmtheit ist der Grund der Doppelung. Es ist ausgeweitet zur ((nicht nur vom Selbstverhältnis her kommenden)) Unbestimmtheit des Verhältnisses zu sich einerseits als einem Partner der Technik, Partner der Objekte, wenn man so will... als arbeitendes produzierendes Wesen, als Universal-Tool, das sich in die Technik einfügt, zwar sie ständig verbessert, aber eben auch dabei mit ihr zusammen arbeitet und dabei nicht auf sich achtet, sich beliebig umformt, und dann pötzlich feststellt: Es gibt aber auch noch Anforderungen, es muss aufpassen, dass es sich nicht vernichtet, es hat Existenzbedingungen, Daseinsbedingungen, die aber unbestimmt sind, da kommt es nun von DER Seite - es sind meistens kompensatorische Bedürfnisse, jetzt hat es sich ja schon beschädigt, jetzt kommt es also von DA her und hat Anforderungen zu genogen, auch solche von seiten der unmittelbaren Naturvoraussetzungen des menschlichen Lebens, bei denen man sich fragen kann, wieviel davon man eigentlich kaputtmachen und wieviel Natur-ferne, Biosphären-ferne technische Umgebungen - wieviel künstliches Licht, extreme Feinstaubgehalte in der Luft, Industrie-Chemikalien, Mikroplastik in Luft, Böden, Trinkwasser, Nahrung kann man eigentlich aushalten - am Ende nicht so viel, und was kann man eigentlich an Nahrungsmitteln zu sich nehmen, die vereinseitigt sind, die zwar satt machen, aber alles mögliche nicht enthalten, was brauchen wir denn da auf Dauer, und das kann man natürlich sofort verlängern in die Nahrungsmittel-Produktion und die Natur-Nähe oder -Ferne der Anbauweisen, schliesslich generell in die intakte Umwelt usw, wieviel Intaktheit braucht man da, Insekten, Vögel Kreisläufe - erhaltene resiliente Biosphäre... es ist dann ständig die Frage von Sinn-Anforderungen, also Natur/Biosphären-Anforderungen, die in uns verkörpert sind, die nicht beliebig sind, und die wir irgendwie ausloten müssen.. All das war, wenn ihr euch erinnert, mit dem Begriff des Kernselbst verbunden, nämlich dass es irgendeine zuverlässig Selbst-erhaltende Normalität braucht, um überhaupt Gesundheits- und Krankheitsbedingungen erkennen und kennen zu können - also etwas muss funktioniert haben - dauerhaft-bedürfnisgerecht (sodass KS1 anwendbar war) - eine bedürfnisgerechte Normalität musste Zeit haben sich zu etablieren; und dieses Funktionieren ist natürlich in der permanenten Abwandlung von Lebensentwürfen und Lebensabschnitten nicht so ohne weiteres mehr zu erkennen, die die MODern-Lebenden sich zumuten - Enthusiasten zunächst mal.. aber die Expertentätigkeit ist ja um nichts menschenfreundlicher, die findet ja auch an Extrempunkten von Existenz statt weit entfernt von dieser Mitte, wo (im Rahmen der exp-REL-Spalte) einfach einmal ein paar schlichte Technologien mit einer Menge von Ausführungspraktiken zusammengefügt werden, die in der gegebnen Umgebung ein Leben ermöglichen, und anschliessend wird das optimiert - davon ist ein Wissenschaftler Technniker Produzent Visionär weit entfernt.
10. Diese Unbestimmtheit des MODernen Selbst nimmt verschiedene Formen an, die aber aufs engste zusammenhängen. Sie nimmt einmal die Form an eines unaufhebbaren Dualismus in unsern produktiven Ansätzen, den ich versucht habe mit der Formel zu erfassen: Wir wollen einmal Natur, mit uns selber vorneweg, (da ist also der Sinn-Pol betroffen: Bedürfnis, Empfindung, Erfahrung, Ästhetik usw) technisieren, technisch kontrollierbar machen, und wir wollen zum andern Technik (ausgehend vom Forschungs-Pol) durch Automatisierung naturalisieren, natur-ähnlich machen, und sind uns des Treffpunkts nicht sicher - also wohin läuft das, es läuft aneinander vorbei, und nicht nur, dass es sich nicht begegnet, es verläuft von beiden Seiten her kommend immer mehr in eine Dunkelzone hinein (da, wo der Bruchspalt aufklafft?), in der man nicht weiterweiss, in der es immer schwieriger wird, überhaupt noch was zu wissen und etwas Vernünftiges zu machen, und überhaupt noch die beiden Momente, das Naturhafte (incl unser Selbst), und das Technische, zusammenbringen, weil das Naturhafte 'Selbst'-Erhaltung einschliesst, die Anforderungen stellt, und die widersprechen eben dem Prinzip der totalen technischen Kontrolle, wenn man damit meint, die Leistung der Selbsterhaltung (und in welchen Umgebungen ist die denn überhaupt zu erwarten? was sind ihre Voraussetzungen?) verbinden zu können mit einer Beliebigkeit der Effekte, wie sie sich bei "ihrer" technischen Optimierung mit dieser verbinden soll, man könnte sagen, ein Wesen, das sich selbst erhält in bestimmten Umgebungen, ihnen angepasst ist und womöglich seine Anpassungsfähigkeit an Abwandlungen in sich trägt - das kann eben nicht alles, und mit dem kann man auch nicht alles machen - ohne es kauttzumachen bzw ohne seine Fähigkeiten zu zerstören. Und diese ganze Unbestimmtheit zeigt sich also nicht nur in der Unentschiedenheit des Verhältnisses von Techno- und Biosphäre - wieviel Rücksicht müssen wir auf Bio- und Geosphäre im weiteren Sinn nehmen - sie zeigt sich auch zB in der Schwierigkeit, die Wissenschaft auszudehnen auf die Systembereiche der Wirklichkeit, davon hatte ich ja schon gesprochen - dh das technische Paradigma, das technisch produktive solche, dass man eine Technologie benutzen kann für Zwecke, und sie als zuverlässig kennenlernen kann, ohne zu wissen, wie sie funktioniert, und stattdessen diese Zuverlässigkeit des Funktionierens als Nachweis ihrer Fundiertheit nimmt, obwohl man ja die Erklärungen nicht kennt - dieses Paradigma lässt sich nicht einfach ausdehnen auf die Bio- und Geosphäre, also die Systembereiche der Wirklichkeit, weil Erkenntnisse hier zunehmend nur noch Prognostiken sind (Prognostik in Analogie zu Technik) - also für unsere Zwecke sinnvoll verwertbare Prognosen. Und natürlich ist es was Nützliches, wenn wir wissen, was geschehen wird, wenn bestimmtes getan oder gelassen wird... auch wenn es zu gross oder zu klein und zu komplex ist, um darauf zweckmässig Enfluss nehmen zu können, weil es Eigenscharakter hat, das ist auch mit Regeln, Regularitäten, verbunden - wenn wir die genau genug kennen, können wir Vorhersagen machen, vom Wetter bis hin zu Krankheitsverläufen. Aber diese Prognosen können wir natürlich nicht einfach so nutzen wie eine Technologie (sie "nutzen" heisst ja, ihnen Glauben schenken, sie für fundiert halten) - wir müssen wenigstens einigermassen nachvollziehen können, wie man dahin gelangt, und bei nicht wenig Prognosen ist die Überprüfung, ob sie tatsächlich haltbar sind, wenn man nur an die umfangreichen Arzeimittelprüungen in der Medizin denkt, oder die Modellierungen in Geophysik, selber bereits eine Wissenschaft - allein festzustellen, ob das methodisch korrekt war, ist hochkomplex.
11. Und angesichts dieser Schwierigkeit sehen wir uns im Grund genommen zurückverwiesen auf vormoderne Verhältnisse: Wir sollen EXPERTEN glauben wie vormals Klerikern, wir sollen ihnen zugestehen, dass sie auch so recht haben und es gut meinen, und das ist natürlich für eine rationale Person, die sich selber als Entscheider sieht und mündig, unerträglich. Aber so ist ja schon das Verhältnis der Experten zueinander - in einem Fach, einer Unterdisziplin - peer review heisst ja nicht: Glaub du mir, dann glaub ich dir, sondern es heisst: Man überprüft was wechselseitig, dann muss man sich aber schon aufeinander einlassen, muss man schon darauf hoffen, dass der andere nicht Fakten gefälscht hat usw, und die Prognosen betreffen ja auch genug singuläre Ereignisse und Verläufe, die garnicht immer wieder durchgespielt werden können, das gehört mit zu dieser Schwierigkeit im Umgang nit den Systembereichen der Wirklichkeit. Die ragen aber sperrig in unsere Technosphäre hinein, stören sie, teilweise hängen wichtige Erfolge davon ab, dass da was gelingt, denken wir etwa an die Medizin oder die Agrarwissenschaft, also es ist ja nicht so, dass diese ganze Sphäre uns gleichgültig sein könnte. Umgekehrt wandert die Technik immer mehr in diesen Bereich hinein, also dass wir es mit technischen Systemen zu tun haben, die hochkomplexen Eigenanforderungen ihrer Selbststeuerung genügen sollen, wo man dann auch Probedurchläufe machen muss, um überhaupt zu sehen, wie zuverlässig funktionieren die überhaupt, und durchgehend auch so wie gewünscht? auch das zu überprüfen wird dann zunehmend schwieriger. Sodass man auch von dieser Seite her in diesen (Dunkel)Bereich hineinwandert mit der Technik, und dann muss man nur noch "neuronale Netzwerke" sagen, um zu wissen, wie verrückt das wird, also die spucken dann irgendwas aus und wir wissen nicht, wie sie dazu gekommen sind, und sollen uns darauf verlassen, dass das in irgendeiner Weise Sinn macht, weil uns das Funktions- und Konstruktionsprinzip bekannt ist - aber so sicher ist das dann auch wieder nicht. Also sowohl diese Technisierung als auch die Naturalisierung weisen eine unbestimmte (Dunkel)Mittelzone auf, in der wir keine Kontrolle mehr haben wie gewünscht - und wo dieses technische Kontroll-Paradigma, das uns natürlich am meisten leitet, sich nicht durchsetzen, nicht erzwingen lässt. Es ist übrigens eine Lücke, ein Dunkelfeld, das uns eigentlich schon begegnet ist - aber an einer Stelle wo wir es garnicht vermisst haben oder nicht gesehen. und das war in der dieser ewigen Fixierung (in REL 3, 4, 5) auf Subjekt/Objekt... man könnte sagen, dass das sich so gegenübertritt, ist bereits Teil des technischen Paradigmas.. denn eigentlich ist die Mineralosphäre, also das, womit sich Physik und Chemie befassen im wesentlichen, etwas UNTER uns stehendes, und wir stehen da gewissermassen drüber, und zwischen diese Sphäre und uns tritt längst die Bio- und Geosphäre, aber die wird garnicht als etwas besonderes erwähnt, und wir als Spitzenprodukt dieser Biosphäre sehen uns garnicht in dieser - man könnte jetzt fast wieder vormodern sagen: Chain of Being - sondern wir sehen uns als auf der gleichen Ebene stehend, gegenübergestellt - weil wir eben mit den technisch gedachten Dingen hantieren - sie als unsere Instrumente ansehen, aber ebenso aber auch uns selbst - als unser Universalinstrument, mit dem umfassendsten Fähigkeits-Profil von allen. Und dann schlagen von irgendwoher plötzlich die ganzen kompensatorischen Bedürfnisse ein, und die Beschädigungen noch, auf die wir aufmerksam werden, und die Notwendigkeiten, da irgendwelche Grenzen einzuhalten, die unbestimmt sind, und das dehnt sich dann aus auf dieses unser ganzes eigenartiges Verhältnis zu der sog Umwelt, wo wir einfach zwischen Geo/Bio- und Technosphäre kein Verhältnis finden, und die Prognosen, die wir nicht beherrschen, tun ein übriges.
12. Das Letzte, woran es sich zeigt, oder das zweitletzte, ist die Unbestimmtheit unserer Selbstbestimmung. Das kann man jetzt durchaus als eine Kritik an den Transhumanisten sehen, die möchten ja gerne uns in irgendeiner Weise technisieren, möchten uns technisch kontrollieren können, besser als es jetzt mit dieser schlechten Hardware, auf die wir draufgespielt sind, möglich ist.. und da könnte man jetzt also folgende Grübelei anstellen: Wir sind etwas, wir sind also zb das Universaltool, die universalisierbare Technik schlechthin neben den andern Techniken, die nicht so universell sind, aber was wir sind, könnten wir ändern. Und wir könnten uns doch beliebig ändern? - Nein, können wir nicht; das wissen wir, aber wir wissen nicht, wo die Grenze ist. Was wir sind, können wir ändern, weil wir keinen guten Grund haben zu bleiben, was wir sind, aber wir wissen ganz genau, dass es solche guten Gründe in Gestalt von Grenzen gibt, und dass es in dem Sinn eben doch gute Gründe gibt, etwas zu bleiben, was wir sind, weil wir nämlich sonst aufhören zu sein, was wir sind, und damit überhaupt aufhören. Und dieser Widerspruch - wir haben eine eigenartige Freiheit, anders zu sein, und kennen eben die Grenze nicht - das ist die EINE Seite der Unbestimmtheit. Und da ist nun bezeichnend, dass es jetzt auch noch eine zweite Version davon gibt, nämlich: was wir wollen (brauchen, wünschen..). Da kommen wir also jetzt vom Sinn- und Bedürfnis-Pol her: Wir wollen etwas, aber was wir wollen, können wir lassen, es gibt (so wie eben) überhaupt keinen Grund, wirklich etwas zu bleiben, wenn wir uns klargeworden sind, warum wir etwas wollen, das können wir jetzt mit dem andern sogar verschränken, wir könnten uns ja auch so ändern, dass wir was andres wollen. Und es wird noch verrückter, wir können ja was andres werden wollen und uns das in den Kopf setzen - aber warum sollten wir, wir haben keinen guten Grund etwas wirklich durchzuhalten, etwas zu bleiben, weder wenn es darum geht, etwas zu bleiben, was wir sind, noch weiter zu wollen, was wir wollen, darum WEIL ES GUT IST und richtig in diesem Augenblick, bei dem erreichten Stand, so zu sein: Diese Art von gutem Grund findet man in der gesamten MODerne nicht. Das ist schon eine harte, eine böse Einsicht - und eine vernichtende Kritik. Und da blasst fast schon ab, was ich dann am Konflikt von Kapital und Arbeit oder von technischem Fortschritt und Selbsterhaltung, Selbsterfüllung auch noch aufzeigen könnte, dass da zwei Pole einfach nicht zusammenzufügen sind, dass es einfach keine allgemeine Lernregel für uns gibt - es gibt überhaupt keine wirkliche Lernstrategie, dh wir wissen zwar - und damit kommen wir an den Anfang zurück - von der RELigionsspalte her, wie Lernen geht, aber an welchen Erfahrungen entlang denn jetzt eigentlich wirklich unser Lernen sich entfalten soll - das haben wir überhaupt nicht bestimmt. Und diese Unbestimmtheit will ich vielleicht im nächsten Vortrag noch genauer fassen, mal sehen, wovon er handelt. Aber für heute will ich es damit mal wieder gut sein lassen.
Vortrag 05d
1. Jetzt bin ich in einer etwas schwierigen Situation, in diesem Vortrag und zugleich in dem Feld der Gesamt-Überlegung, in das ich mich mit meinen bisherigen Texten hinmanövriert habe. Die Schwierigkeit besteht hier in etwas, das sich eigentlich auch beim Normalplanen und der RELigion schon gezeigt hat, aber wahrscheinlich dort für euch als Zuhörer nicht so auffällig war, weil ich es nicht betont habe. Die Schwierigkeit ist hier, dass man ein beständiges Hin- und Herschalten veranstalten muss im Kopf zwischen der Perspektive dessen, der den Fehler macht, und gleichzeitig derjenigen der Aufdeckung des Fehlers. Also man redet einmal von etwas Plausiblem, das im nächsten Moment wieder völlig verrückt erscheint, und dieses Hin- und Herschalten ist natürlich nur möglich, wenn man in Wirklichkeit den Fehler schon durchschaut hat, aber die Schwierigkeit tritt tatsächlich von beiden Seiten her auf, dh es ist von der Auflösung des Fehlers her gesehen garnicht mehr einfach zu verstehen, wie man den Fehler überhaupt machen kann. Das ist beim OPP, beim Normalplanen, schon so gewesen - da habe ich das mal explizit in einem Text geschrieben, wenn man ständig die Auflösung vor sich hat, nämlich dass die Kernselbst-bezogenen und die auf Restunbekanntes bezogenen Kategorien getrennt sind, wenn also diese begriffliche Spaltung der Normalität und der Normalerwartungen gedanklich schon stattgefunden hat, dann weiss man garnicht mehr, wie ein OPPortunist das noch zusammensetzen kann. Der Fehler dabei war: Er setzt es ja auch garnicht zusammen, es stellt sich ihm ja immerzu ungetrennt dar, und seine Arbeit besteht ja gerade darin, das zu überwinden und ab da auseinanderzuhalten. Und natürlich ist es dasselbe, wenn man sagt, bei der RELigion, welche Kategorien sie da betätigen, und man diese Kategorien schön im Zusammenhang des Entscheidens aufzählt und sagt: das sind die zentralen Stufen des Entscheidens - dann hat man die Aufklärung schon ausgesprochen - denn wenn man es SO im Zusammenhang sieht, dann kann man natürlich nicht mehr ohne weiteres RELigiös denken, und der Witz ist weg, wenn man es auf diese Weise logisch-kategorial aufgeklärt rekonstruiert. Und genau einer solchen Schwierigkeit begegnen wir jetzt auch hier in der MODerne; der Unterschied zu den beiden andern Spalten ist nur der (und darauf weise ich jetzt allmählich mehr als früher hin), dass wir hier keine historischen begrifflichen Untersuchungen haben, auf die wir zurückgreifen können, keine Bildungsinhalte, sondern wir produzieren sie hier erstmals, das heisst, solche MODernitätsdurchleuchtungen, -interpretationen hat es so noch nicht gegeben. Und ich bewege mich also zugleich auf unbekanntem Terrain.
2. So - und jetzt schauen wir uns an, was eigentlich das Resultat der letzten beiden Vorträge war. Eingeführt wurden in dem Vortrag 5b überhaupt erst einmal die zwei Richtungen des Fundierens, des Ausgehens von dem Beobachten von Natur und Objektivem, einerseits, und auf der andern Seite eben von den Kernselbst-Zuständen und -Bedürfnissen, die ihrerseits in hypothetischen Zusammenhängen auftreten und zu Konsequenzen führen. Aber was erst im Vortrag 5c explizit behauptet und vorher allenfalls angedeutet wurde, ohne abgeleitet worden zu sein, ist eben, dass diese beiden Betrachtungsweisen nie je einmal zusammengeführt werden, und das, obwohl sie doch in den REligiösen Lebensformen wunderbar ineinandergefügt aufgetreten sind - nun ja, im Normalplanen=OPP, in der Normalität noch viel mehr - da war ja noch viel mehr ungetrennt, da war es ja noch nichtmal gedanklich aufgetrennt, und jetzt ist es also in der RELigion zumindest als Möglichkeit immer präsent, dass Kernselbst KS und das Restunbekannte=RU oder das Sich-Verhalten dazu in der Umgebung etwas Prekäres ist, das immer wieder neu gestaltet werden kann, aber doch zusammengefügt wird in jedem Augenblick. Der Mangel dieser RELigiösen schönen Lebensform unter der REL Optimalhypothese ist bekanntlich ihre Beschränktheit. Und der Übergang in die MODerne (den wir noch nicht genau genug untersucht haben) sollte bestehen in dieser Befreiungsbewegung, wo man sich Zugang verschafft zum gesamten stofflichen Reichtum des Ästhetischen auf der einen Seite, also der Bedürfnisse, und nach der andern Seite dem der Wirklichkeit, die man sich jetzt erschliessen darf ohne Rücksicht auf eine Verwertbarkeit in einer traditionell schön gefügten Lebensform. Wenn man sich diesen Zugang also nun verschafft, dann hat man zwei Möglichkeiten, und genau das sind ja diese Ansätze - nämlich nach der einen Seite hin: Man kommt aus einer solchen festgefügten Lebensform heraus, und ist überwältigt von - soviel muss ich jetzt schon mal sagen von den Betrachtungen der ersten Zeile - man ist überwältigt von den Kenntnissen, Techniken aus aller Welt, die man sich erschlossen hat im Zuge der Entdeckungsgeschichte, und mit denen man nun konfrontiert ist in den Reiseberichten oder auch persönlich, und sieht, wie anders Menschen existieren können, man selbst dann eben auch, und das ist also nach der einen Seite hin erstmal das Aufbrechen und das Sich-Gestatten, das Zulassen einer ungehemmten Erweiterung der traditional-beschränkten Lebensmöglichkeiten in technischer Hinsicht, was natürlich dann auch alle möglichen Fragen im Sinne der Maximen - der ganz einfachen - des Umgangs mit Restunbekanntem aufwirft. Und nach der andern Seite hin drängen sich natürlich auch die vielfältigen Bedürfnisse auf, die Wünsche, Visionen, Utopien, die sich allesamt ergeben aus dem Anblick der ganz anderen Lebensformen, der vormodernen, in andern Weltteilen. Und von beiden Seiten her werden nun natürlich Umsetzungskonzepte entwickelt, von denen ich gesagt hatte, dass sie zugleich das Betätigen - das implizite zumindest - der Entscheiderkategorien verlangen. Und zugleich brauchen wir eine Vorstellung, vor allem wenn wir in der ersten Zeile unterwegs sind... ((Ich hatte die Betrachtung der ersten Zeile schon angekündigt, aber habe es immer noch nicht vorgetragen, und es ist mir vllt auch noch nicht hinreichend klar in dieser Situation - ein Mangel vielleicht; aber da muss ich jetzt durch, und die Hörer auch)) ...dazu hatte ich gesagt: Die Entscheider-Kategorie wird uU sogar implizit im Umgang mit diesen überwältigenden Erfahrungen überhaupt erst ausgebildet, und genau damit gehen den Planern und den frühmodernen Enthusiasten die Kategorien plötzlich verloren, indem sie sich nämlich in einen Zusammenhang ordnen (der von Erfahrung zu (Versuchs-, Such-)Absichten reicht), die Kategorien, mit denen sie bis dahin ihren RELigiösen Glauben bestritten haben - sie gehen natürlich nicht wirklich verloren, sondern sie ordnen sich nur einfach ein in ein Empirie-bezogenes Entscheiden und Erfahrungsverarbeiten, das immer dieses "perspektivische" Verhältnis zu einer unvollständigen momentanen Erfahrungslage einer Lernsituation behält, und allein dadurch schon all der Steigerungsmöglichkeiten in der REligiösen Optimalhypothesenbildung beraubt wird. Gut. Wir müssen uns also vorstellen, dass man auch ohne den Bildungshintergrund der "erkenntnistheoretischen" und aufklärend-ernüchternden Durcharbeitung metaphysischer Kategorien, die im grossen ganzen den Aufstieg in den höheren Feldern der zweiten Spalte ausgemacht hat - dass man also auch ohne diese Durcharbeitung und ohne diesen Bildungsinhalt - mit ihm natürlich erst recht - diese Entscheider-Qualitäten an sich ausbilden kann - man kann jede Normalität verlieren, und in die RELigiös-MODerne Version damit bereits vordringen, ohne diesen Bildungsinhalt, man kann dort durch die Erfahrung - eine neugierige unbefangene Erfahrung des Verarbeitens von irritierend neuen Inhalten aller Art durch diese bekannte Enthusiasten-Unternehmer-Erfinder usw Tätigkeit die Entscheidungsebenen ganz einfach ausbilden - sie sind ja längst allgemeinmenschlich vorhanden, das ist ja nicht die Frage, sondern sie werden bewusst, sie werden explizit betätigt - die RELigiöse Borniertheit bestand ja gerade darin, sie NICHT zu betätigen, sich diese allseitige Betätigung zu versagen, sodass also die Befreiung von der Beschränktheit (auf eine traditionale Lebensform, solange sie nur irgend funktionierte) auch den Zugang zu diesen Entscheiderebenen und das unbefangene Auf- und Absteigen in den Entscheidungsebenen ermöglicht hat.
3. Jetzt haben wir als eine zentrale kategoriale Voraussetzung für das Denken eines Entscheiders, das ja mit der begrifflichen Sortierung seines Erfahrungsmaterials beginnt, für diesen Ansatz seiner Entscheidungs-Ableitungshierarchie, der 5 Stufen dieser Hierarchie, zwei mögliche Ausgangspunkte kennengelernt: Nämlich einmal die Zuwendung zur Objektwelt, das ist ja das ewig dramatisierte Thema in den Erkenntnistheorien der Aufklärung, und wir haben auf der andern Seite die Innenwelt der Bedürfnisse, die ästhetische Welt, das Erleben, das natürlich eine Aussenseite hat, aber immer parallelgeführt - also was ist es, das eine besondere Erlebnisqualität verursacht, was ist es, wonach man von Appetit/Aversion bis zur Sehnsucht/Angst, Abscheu alles mögliche an "Bedürfnis-Inhalten" empfinden kann usw - Inhalte dieses WONACH/WOVOR sind natürlich Wahrnehmungs-Kategorien, hier aber solche, die eine für uns empfindbare emotionale Qualität haben. Von diesen beiden Seiten her kann man also seine Entscheider-Tätigkeit starten, und die Stufen dazwischen - wir haben vier Felder, wir haben fünf Grenzen - die beiden "Aussengrenzen" sind je der Empirie zugewandt - der ästhetischen sowohl als auch der Objekt Empirie, und dazu kommen drei Binnengrenzen, die die vier Felder voneinander trennen. Jedesmal, wenn da eine dieser Grenzen überschritten wird, wird auch eine Entscheider-Qualität oder -Stufe daran betätigt. Dh wir wenden zunächst einmal bloss dem Erfahrungsstoff auf beiden Seiten unsere Begriffsbildung zu - mit dem so aufbereiteten Stoff versuchen wir dann Regularitäten zu ermitteln - das ist immer wieder auch der bekannte Rückgang von den funktionierenden Techniken und Prognostiken in der traditionalen Lebensform auf ihre Bedingungen für den Fall, dass sie denn auch mal nicht funktionieren, von da kommen wir ja her, ausgehend etwa von unserem Befreiungsschritt: Wenn wir exotische Techniken (oder Kenntnisse; das können auch "abseitige" Beobachtungen an magnetischen Gebilden sein und vergleichbar entlegene Beobachtungen) importieren und anpassen, dann müssen wir sie untersuchen, wir müssen Hypothesen bilden und das, systematisiert, ist ja nun die Naturwissenschaft, die sich da allmählich ausbildet, und von der andern Seite her gilt genau dasselbe, denn (so könnte man sagen) es gibt auch so etwas wie eine ästhetische Hypothesenbildung, Hypothesen darüber, was guttun könnte, so könnte man das beschreiben, und diese Regularitäten, was uns guttut, was überhaupt Bedürfnis-befriedigende (also auch schad- und Unlust-vermeidende, mildernde, heilende) Natur haben könnte, wird dann weiter entwickelt in eine denkbare Praktik der regelmässigen, zuverlässigen Erschliessung dieser Befriedigungsquellen - es erstreckt sich natürlich auf ungeheuer verschiedene Dimensionen der Bedürfnisbefriedigung, der Wunscherfüllung, der Wunschrealisierung, und trotzdem hat das zunächst immer noch einen nur hypothetischen Charakter, und von da aus hat es dann diesen Übergang in das Praktische, das hatte ich ja immer Strategieentwurf genannt, also man überlegt sich, mit welchen Wirk-Praktiken man die Realisierung zustandebringen kann, und das von beiden Seiten her, also wir kommen ja auch von der obejktiven Seite her an diese Stelle in der Mitte der Wertsphären (dem früheren Bruchspalt), wir machen Hypothesen und Startegieentwürfe im Umgang mit Objekten, Materien, Verfahren, genau das SIND ja alles Techniken, und jetzt sind wir genau von beiden Seiten her bereits an der MITTE, an der mittleren Grenze angelangt, also wenn wir das haben, von der ästhetischen Seite her kommend, dann fragen wir uns weiter, indem wir jetzt die Grenze überschreiten (wir sind dann im technischen Bereich, herkommend vom ästhetischen) - wir fragen uns, welche dieser Wunscherfüllungen wir denn tatsächlich als erste oder zusammen mit andern in einer Lebensform und Lebensführung nutzen wollen, und umsetzen wollen, das heisst wir wählen aus den vielen Möglichkeiten sogenannter Strategieentwürfe, in der gegebnen Situation, jetzt einen Plan, wir machen einen Plan - wir planen, wie die Befriedigung an welcher Stelle in eine denkbare Praxis passen könnte, wir überlegen auch eine gewisse zeitliche Reihenfolge (setzen Prioritäten in der Erforschung), das eine ist gewissermassen in einen Möglichkeiten-Raum hinein gebaut, der aktuell real gegeben ist, ich hatte das immer so ausgedrückt: in eine UMGEBUNG...
4. Ich rede hier in einem fort von diesen 5 Entscheidungsstufen - es gibt diese Stelle, wo die Strategie-Entwürfe, subjektiv bzw objektiv abbiegen in die Planhierarchie, und die Auswahl, wenn ihr euch an das Diagramm erinnert, die Auswahl wird ja immer vorgenommen im Rahmen einer bestimmten Umgebung, einem Raum, das ist zunächst ganz wörtlich zu nehmen als ein Lebensraum, in dem man eben bestimmte bekannte Zusammenhänge, Regularitäten überhaupt nur berücksichtigt als für seine Praxis relevante, und sich einrichtet in diesem Raum, es ist aber auch abstrakt zu sehen als Raum oder Horizont von realisierbaren Möglichkeiten, für den man eben einen Plan erstellt. Und dann gibt es diese Rücksicht, die ich mit dem Titel Prioritätenliste genannt hatte, die Rücksichtnahme auf die zeitlichen Randumstände, das sich Abstimmen mit Zyklen, das können natürlich auch leibliche Zyklen sein, wann am Tag bring ich die Befriedigung unter, und man entwirft sich das ja gewissermassen auch bis hin zu: "wann im Leben?", man entwirft sich eine zeitliche Reihenfolge und landet schliesslich bei einer offenen möglichen Frage: Was ist denn da als nächstes zu berücksichtigen, derart dass diese Befriedigung dann auch tatsächlich funktioniert, ich komme also eigentlich an von der Ästhetik her kommend und hab Fragen in bezug auf Objektives. Der Vorgang wiederholt sich auf der andern Seite genauso, also ich komme an von seiten des Umgangs mit Objektivem, von Hypothesen über die Entwicklung von Techniken und Technologien, wo ich die bekannten Regularitäten, die ich da im Umgang mit Objekten entdeckt habe, beziehe auf meine Handlungsspielräume, ob ich das überhaupt kann und ob das überhaupt passt zu etwas, das ich machen kann, ob ich da Kontrollfähigkeit habe... das sind ja überhaupt die möglichen Techniken, ob ich das genug kenne und beherrsche, und dann schlägt das um und ich wende es an auf einen Produktionszusammenhang, in dem ich auch noch anderes mache, und fange mich an zu fragen, wo könnte ich diese neue Technologie einbauen?, ich überschreite somit die mittlere Grenze in Richtung auf die Bedürfnisbefriedigung, da komme ich als nächstes in die ReProduktion, und von der ausgehend stellen sich Fragen (Ökonomie: Prioritäten<--bewältigbar?? bewährt??-->Normalität: KS1 Bedürfnis, hier auch kompensatorisch...)), ich könnte jetzt also auch wieder Reihenfolgen in einem Alltag einhalten bzw wenn ich einen Alltag einrichte, könnte ich wieder Prioritätenfragen stellen, zB wie justiere ich das Verhältnis zwischen Produktiv-Tätigsein und Freizeit neu, wenn ich da etwas neu hinzugenommen habe und mir damit gewisse Freiheiten eröffnet habe - und so komme ich also auch da an, und habe Fragen, ein Nächst-zu-Könnendes, -zu-Suchendes-, -Wissendes, -Kennendes im bezug auf die Bedürfniseinrichtung beim ReProduzieren mit dieser neuen Technologie oder diesen (prognostischen) Kenntnissen.
5. Und jetzt sieht das so aus, als hätte ich da doch zusammengefügt - man muss sich das jetzt so vorstellen, ich werde euch die Grafik, mit der ich da gearbeitet habe und auf die ich schaue, während ich das beschreibe - ich werde sie euch noch einstellen - man könnte sagen, ich lande doch bei den Bedürfnissen, wenn ich von der Wissenschaftsseite, der objektiven Seite her komme - am Ende habe ich doch Fragen an die Bedürfnissphäre, also das ist das nächst zu Suchende und zu Kennende und zu Könnende - funktioniert das denn auch dauerhaft? kann ich das denn auch? ich hab ja auch uU schon unterwegs, nebenbei, Fragen gehabt, die Bewegung hat sich schon umgekehrt - ich kann ja schon, wenn ich Hypothesen habe, zurückgehen und Fragen stellen im bezug auf die objektiven Zusammenhänge, da bin ich dann nur in der Wissenschaft selbst unterwegs, Hypothesenbildung - das ist ja sogar das übliche, so redet man ja über die Wissenschaft - aber ich könnte auch ausgehend von der Technologie Fragen zurückgeben an die Wissenschaft, und kann als Erfinder Tüftler mir nochmal bestimmte Zusammenhänge klarmachen, die nicht unmittelbar mit Technik zu tun haben, sondern mit Objektivem, mit Regularitäten, mit Wissen und dem Zusammenhang in den Materien, den Dingen selber - ich kann zurückgehen ins Forschen. Und natürlich genauso von der Produktion ausgehend, ich könnte also tatsächlich auch da sagen, es funktioniert nicht, die Wissenschaftler müssen nochmal nacharbeiten; und natürlich kommt auch aus der Bedürfnissphäre etwas zurück, was aber trotzdem deutlich Bedürfnischarakter hat - und das läuft normalerweise unter zwei Kategorien: nämlich einmal die Optimierung von Prozessen anhand von Bedürfnissen, aber jetzt als Produzent - ich will einen technischen Prozess, eine Arbeits- oder Produktionsweise optimieren, besser machen, ganz einfach, das sind elementare Dinge, über die ich da rede, es ist nichts besonderes, und gleichzeitig bin ich uU darauf aufmerksam geworden dass es einen Bedarf gibt, das hat nichts mit Bedürfnis direkt zu tun, also mit leiblichen Bedürfnissen, ausser dass es jetzt vielleicht zeitlich dringend ist, ich will das ganz stark, ich hab vielleicht etwas entdeckt, das berechtigte Angst erzeugt, zumindest besorgt darum macht - eine Gefahr - auch von daher komme ich zurück auf die Wissenschaft - die soll jetzt die Problemlösung liefern, und helfen die Gefahr zu beseitigen.
6. (Grafik im ausgedruckten Transkript S.8 beachten!) Also ich gehe auf dieser Schiene gewissermassen von der Wissenschaft her kommend durch alle 4 Wertsphären der MODerne durch, lande beim andern Ende dieser Empirie, stelle fest, wenn ichs nicht schon vorher getan habe, ich habe da einen objektiven Bedarf, oder ich hab da ein subjektives Selbst-Optimierungsideal, und komme auf die Wissenschaft wieder zurück. Und das klingt ein bisschen so, als hätte ich tatsächlich eine Verbindung hergestellt zwischen dem Ästhetischen und der Wissensbeschaffung, aber in Wirklichkeit bin ich einseitig dort geblieben, und auf der andern Seite ist es ganz genauso, das heisst also: wenn ich durchbinde, wie ich das immer genannt habe, von einem leiblichen Bedürfnis zu einer Realisierungs-Vorstellung, einem Entwurf, wie ich das in eine Lebensführung einbauen kann, und dann Fragen habe an die Wissenschaft oder an den Wissenswerwerb im bezug auf Objektives - dann geht es immer um die Ermöglichung dieser Bedürfnisbefriedigung - es ist also dieses Interesse von vorneherein dadurch konstelliert. Und da können wir jetzt mal schauen, was sich eigentlich dort wirklich aufseiten der Bedürfnisse einstellt - also wir haben den sogenannten Bedarf, der sich ergibt, das ist tatsächlich etwas, das erinnert an die Gesundheits- (oder Krankheits-)bedingungen - wenn man mal so sagt, ich habe einen Normalzusammenhang von zyklischer Bedürfnisbefriedigung - der hat funktioniert - und plötzlich funktioniert er nicht mehr, und ich suche jetzt die Bedingungen dafür - was hat mich denn entgleisen lassen, was ist auf einmal falsch - und jetzt natürlich immer mit dieser leiblichen Seite - also wenn ich da tatsächlich sehe, ich hab was falsches gegessen, da ist etwas, das mich krankmacht, ich muss dasunddas meiden - ich meine es gibt da Dinge, die sind ganz offensichtlich - Seuchen, Leute werden massenhaft krank, da findet man natürlich nicht sofort eine Erklärung dafür, aber trotzdem ist der Bedarf ganz stark, die Erklärung zu finden damit wir das vermeiden - massenhaft kommen Leute in allen Altersstufen um? das soll nicht sein - das ist natürlich ein Bedarf. Und zum andern hat uns der Umgang mit Objektivem eine Bedürfnisklasse geliefert - etwas in irgendeiner Weise Wunschmässiges - und das war dieser Wunsch nach Verbesserung unseres Könnens - also es geht um eine Könnenskategorie. Schauen wir nach der andern Seite, also nach dem, was sich aus genuin ästhetischer Sicht ergibt, dann sehen wir als Bedürfnis tatsächlich das ganz genuine ursprüngliche vitale Gut-Lebenwollen, ausgeprägt in einer bestimmten Weise, die natürlich immer auch schon modern aus- und zugerichtet ist (dh auf Forschen, Erfinden, Produzieren, davon getrenntes Empfinden-Erleben..); das genau nicht so stattfindet, wie es eigentlich sich gewissermassen organisch ergeben würde - da haben wirs jetzt zu tun mit den guten Gründen, die uns fehlen; und was wir da feststellen, ist natürlich: Es gibt eine Menge von ("kompensatorischen") Bedürfnissen, die einzig mit der speziellen Art unserer Lebensführung zusammenhängen, aber da und darum sich dann ganz massiv bemerkbar machen. Und dazwischen unterscheiden wir nicht mehr; das generelle Misstrauen gegen die Bedürfnisse in der Moderne ist natürlich dadurch begründet, dass wir die genuinen Bedürfnisse immer schon, das wissen wir, durch unsere Lebensführung längst ignoriert haben, und in Gestalt unserer ästhetischen Sehnsüchte, Erlebenswünsche (Bedürfnisse) ein entstelltes Abbild, eine entstellte Version von Bedürfnisbefriedigung vor uns haben - eine Anpassungssituation, wo die Bedürfnisse durchaus drängend sein können, aber sie sind eben nicht unbedingt die ursprünglichen, das wissen wir gerade noch.
7. Wir haben also auf dieser Seite jetzt 4 Bedürfnisgruppen, und wir können jetzt das sagen, mindestens zwei davon entsprechen nicht dem ursprünglichen Konzept der Kernselbst-Rationalität. Die besagte ja, bzw der erste Grundsatz war: Bedürfnisbefriedigung, allerdings nur bezogen auf die genuinen Bedürfnisse - die muss genügen für Reproduktion - wir müssen uns darauf verlassen können, dass zumindest über weite Strecken weg unsere ("genuinen") Bedürfnisse zu befriedigen uns auch tatsächlich reproduziert - und das stimmt ja auch (solange wir nicht krank oder altersgebrechlich sind). Von den kompensatorischen Bedürfnisse hingegen ist bekannt, dass sie schon das Resultat einer Anpassung sind, die also tatsächlich aus einer kulturell verordneten Lebensführung resultieren, und auf die bezieht sich ganz genauso dieses Optimierungs"bedürfnis" - das Können, das immer mehr und besser Können - wir haben etwas schon geschafft und jetzt stellt sich dar, dass man von da ausgehend ein nächstes erreichen könnte und die Vorstellung ausbilden kann, einen Wunsch, es besser zu können, und dieser Optimierungs-Bedarf, wenn man so will oder diese Optimierungs-"Bedürfnisse" sind genauso vermittelt über einen Wissensstand und einen erreichten Grad an Können wie die kompensatorischen Bedürfnisse auch, dh wir haben hier zwei Bedürfnissorten, die gewissermassen kulturell begründet sind, und nicht authentisch, wohingegen man sagen kann, die Real-Ängste, die Real-Beeinträchtigungen einer Bedürfnis-gerechten Lebensführung, die sind natürlich absolut zu berücksichtigen im Sinne des zweiten Kernselbst-Grundsatzes, dass wir die Bedingungen der Störung dieser Bedürfnis-begründeten oder Befriedigungs-begründeten Normalität beseitigen und dass wir Förderliches, was das erkennbar stabilisiert, herbeiführen, Gesundheitsbedingungen fördern. Und genau das ist Inhalt DIESER Bedarfs-Vorstellungen. Also die sind höchst berechtigt, auch wenn sie gewissermassen aus einer andern Ecke stammen - es ist ja nicht ursprünglich empfunden, was eine Krankheitsursache ist, sondern es ist etwas Gewusstes. Während die kompensatorischen Bedürfnisse etwas Empfundenes, auch wenn ihre Ursache eben eine kulturelle wissensbasierte historische Lebenssituation ist. Und das gilt natürlich für das "Bedürfnis", dauerhaft mehr zu können, den Optimierungsbedarf, genauso.
8. So. Jetzt ist die Frage: Habe ich da jetzt eigentlich etwas zusammengefügt? Bis jetzt stellt es sich ja so dar, dass wir an dieser Bedürfnisfront vier verschiedene Bedürfnissorten unterscheiden konnten, wie subtil auch immer die gefasst sind, Ästhetik ist ja ein weites Feld - oder Erfüllungserfahrungen, Erlebnissorten davon - aber haben wir jetzt irgendetwas zusammengefügt- und was MÜSSTEN wir denn überhaupt zusammenfügen? - Was wird denn in einer schönen traditionalen RELigiös abgesicherten Lebensführung zusammengefügt? Was ist eigentlich KS und RU, das da zusammenwirkt? Wenn man da mal schaut, stellt man fest: Eigentlich bleiben die Praktiken, die sich auf die genuinen Bedürfnisse beziehen, bis hin zum Bedarf, also dieser Bedarfsfeststellung - Krankheitsbedingungen ausschalten, Gesundheitsbedingungen fördern usw - getrennt von allem andern - und die Bedürfnisse, die kulturell begründet sind, also die kompensatorischen und Könnens-Optimierungsbedürfnisse - die treten einfach daneben. Also es gibt keinerlei Regel der Prioritätensetzung zwischen ihnen, es gibt keinerlei Plan, der das nochmal integriert - man kann sagen, wie sehr auch von der Bedürfnisseite nach der Objektseite hin - also nach den Bedingungen nach der Umsetzung, nach den technischen und den zu ermittelnden objektiven Zusammenhängen - wie sehr da also nach der Seite hin gegangen wird in der Weise, wie ich es mal vorhin für das genuine Bedürfnis gezeigt habe, also dass man da einen Plan macht, wie man das in sein Leben einbaut, und dann eben nochmal schaut, was sind denn eigentlich objektive Bedingungen dafür - man kann von allen diesen 4 Bedürfnissorten zurückgehen und sich so planend verhalten, oder Hypothesenbildend, Prioritätensetzend, Strategieentwürfe machend planend... und Prioritäten-setzend und ein nächst-zu-Suchendes in der Wissenschaft melden bzw selbst suchen oder den Auftrag dazu geben - völlig egal, die Quelle ist jeweils eine völlig unterschiedliche. Für die Optimierungs- und die kompensatorischen Bedürfnisse ist ganz klar die Quelle die Objektbezogene: die rein objekt-bezogene selbst-verleugnende, wenn man so will, Tätigkeit des Wissenschaftlers Technikers Produzenten, der entweder selbst, oder Ästheten/Visionäre inseinem Auftrag, daraufhin nochmal eine Optimierungsvorstellung entwickelt, oder eben kompensatorische Bedürfnisse, und das zurückmeldet an die Realisierer, die gewissermassen unter ihm an und in seinen Fundamenten arbeiten, die Techniker, die Wissenschaftler - wie geht das, zuverlässig Kompensieren und Könnens-Optimieren - wie könnte man das machen? Und diese Quelle für "Sekundärbedürfnisse", wenn man so will, also die kompensatorischen, die Könnens-bezogenen Optimnierungsbedürfnisse - diese Quelle ist eine völlig andere als die der genuinen Bedürfnisse und der Bedingungen für die Förderung ihrer Befriedigung oder Meidung der Störungsquellen (für die Reproduktions-Leistung) dieser Befriedigung. Und es wird zwischen diesen beiden Quellen von Bedürfnissen (genuin vs kulturell (ABER. "genuin" verschwindet - 'Normalität' ist schon nur noch eine kompensatorische ab 2.REL(MOD)) nicht unterschieden und entschieden - also es wird keine Priorität gesetzt - es gibt keine Regel, wie man das bewerten soll - sondern sie laufen einfach ineinander gefügt, aber nicht geordnet gefügt, sondern wie es sich ergibt, nebeneinander her. Und damit auch die entsprechenden Bewegungen: Sie verlieren diese ihre Besonderheit gegeneinander: einmal ursprünglich aus der ästhetischen Sphäre stammend, genuine Bedürfnisse zum Ausgangpunkt zu haben, auch in der Gestalt der dazu gehörenden Bedarfe des Wissens um Bedingungen für gestörte Befriedigung bzw darauf beruhende Reproduktion; oder zum andern, wenn sie eben von der Wissensseite her kommen, von der objektiven Seite her: diese beiden Bewegungen können hin und her laufen, so oft sie wollen - sie gehen nicht in eine geordnete Prioritätensetzung zwischen beiden welcher Art auch immer über. Anm. hier: Der Widerspruch in MOD4 (eigentlich: 4.OPP(REL(MOD)) ist in Wirklichkeit einer zwischen kompensatorischen Bedürfnissen und gewussten 'Anforderungen'.
9. Und das heisst, an der Stelle haben wir schon einen Eindruck davon, dass da im Umgang mit Erfahrung etwas ganz grundsätzlich mangelhaft ist, dass wir hier uU wirklich eine Epochenschwäche in den Blick nehmen, die sich bis in alle Steigerungen, die ja schon ins Auge gefasst wurden, hinein fortsetzt und monströs aufbläht - und gleichzeitig kann man sagen, und damit komme ich jetzt auf den Anfang zurück!, es gibt so etwas wie eine Bemühung in der Moderne, sich eine dem Vorbild der traditionalen Integration annähernde Integration auch dieser beiden Tendenzen, dieser Werttendenzen, zu verschaffen. Also sie möchten gerne sich vorführen, dass die ganze Techniktätigkeit in Wirklichkeit etwas mit Bedürfnisbefriedigung, mit fortschreitender solcher, zu tun hat, und gleichzeitig gibt es dieses eigenartige Misstrauen gegenüber dem Empfinden, auch den noch so stark empfundenen Bedürfnissen und Bedarfen gegenüber, und das kulminiert schliesslich in diesen eigenartigen, eigenartig paradoxen und unerwartet einschlagenden Unbestimmtheiten, was man ist, wer man ist, die ich im letzten Vortrag am Ende noch kurz angeführt hatte. Also dass die Fundierungsbewegung, und die Sinnstiftungsbewegung nie mehr wieder zusammenfinden, dass der Bruchspalt, die Aufspaltung dieser RELigiös-traditionalen Lebensführung nie wieder geheilt wird, das ist gewissermassen das Urgebrechen der gesamten modernen Epoche. Und das wird natürlich mit der Zeit und dem zunehmenden Fortschreiten in dieser Bewegung noch gesteigert, wenn man sich klarmacht, dass die Kategorie des Bedürfnisses ja der Einzelperson angehört, wenn man also hier am Ende von 4 Bedürfnissorten spricht ((ABER: wenn 'genuin' =KS1 entfällt? 1komp 2 ES1 3 ES2 << 4 Gesundheit)), dann fragt man sich ja auch, wessen Bedürfnis? also die Bedürfnisse verteilen sich dann auch noch an verschiedene Personen - und obwohl das Ideal natürlich lautet, dass die allseitig entwickelte moderne Persönlichkeit an allem Relevanten teilhat, wird sich natürlich im weiteren Fortgang, wenn wir von Experten und Berufstätigen sprechen, natürlich das auch noch unglaublich auffächern, also an verschiedene Leute verteilen; und das besonders Absurde ist ja dann, dass die Entscheider-Funktion, die zwischen den Bedürfnissen und dem Objektiven irgendwie einen Zusammenhang herstellen sollte, und das natürlich mit traditionalen Lebensführungspraktiken immer eine Person war, die sich da zur Not auch ganz alleine, aber auch mit Familie, Kleingruppe, Gemeinschaft, einen traditionalen Zusammenhang überschaubar hergestellt hat, dass dieses der Einzelperson angehörende Wissen, das aus ihrem Bedürfnisempfinden herrührende, komplett aufgetrennt wird - das hat ja Konsequenzen, dass der Bruchspalt nicht mehr geheilt wird, und wenn er dann sowieso schon in einer solchen Weise aufgetrennt ist, dann macht das ja auch nichts, wenn die verschiedenen Abteilungen verschiedenen Personen angehören - das scheint so, in Wirklichkeit aber, kann, nein muss man sagen, das geht garnicht! es ist vielmehr der nächste Irrwitz, der eben auch tatsächlich die genuin modernen Entscheider, die diese Strecke als ganze zurücklegen woll(t)en, ratlos und verzweifelt zurücklässt, weil man als Entscheider das noch ernstnimmt mit den empfundenen Bedürfnissen, und der Frage der Integration und der Prioritätensetzung; und wenn man das tut, dann ist völlig klar, wenn einem das Wissen in einem solchen Ausmass davonwächst - wie soll man es noch beziehen, was da herauskommt, auf seinen Bedarf, und auf seine Bedürfnisse? und dass das dann auch noch vertretbar sein soll, also dass man die Bedürfnisse anderer Leute dann befriedigt, deren Bedürfnisse besser kennen soll als sie sie selber kennen - das sind dann alles schon RELigiös MODerne um nicht gleich zu sagen gläubig MODerne Zurücknahmen des genuin MODernen Entscheiderniveaus.
10. Dass diese Arbeitsteilung überhaupt für möglich gehalten wird, also dass man tatsächlich für andere die Entscheiderschritte und -stufen mit wahrnimmt, und ihnen die Resultate zukommen lässt, vervielfältigt, aber auch als Dienstleistung für sie als Einzelpersonen - das zeigt bereits an, dass es sich um mindestens eine RELigiös MODern degenerierte Form des Umgangs mit Erfahrungen handelt, und das heisst also: Alles was ich konsumtiv genannt habe, wo also tatsächlich für andere Bedarfe mit-befriedigt werden, optimierende Könnens-Vorstellungen entwickelt werden, die anderswo dann umgesetzt werden, genuine Bedürfnisse erkannt werden, auch massenhaft kompensatorische natürlich - alles das verweist darauf, dass hier schon eine Arbeitsteilung und mit ihr Aufteilung, Auftrennung von (in der Einzelperson!) unabdingbar Zusammengehörendem eingetreten ist, die eigentlich untragbar ist. Aber das erschliesst sich nicht mehr - die ganze Wissensverarbeitung, die ganze Verarbeitung dieser riesigen Wissensbestände, die da ständig nachquellen oder eben in der frühen Neuzeit, zu Beginn des Aufklärungszeitalters, überfallartig in eine europäische traditionale Lebensführung einbrechen - es erschliesst sich nicht mehr, WIE untragbar das alles ist, sobald das alles tatsächlich arbeitsteilig aufgearbeitet werden und zerhackt werden soll, wenn man so will - wenn es also soweit gekommen ist, dass der Wissenschaftler sich nur noch an seinen Hypothesen sofort reflektiert, und dann schon garnicht mehr fragt: Wofür ist das denn gut, was kann ich daraus machen, sondern daraus sofort die nächste Fragestellung entwickelt, und daraus allenfalls vielleicht irgendwann eine Rückmeldung bekommt in Gestalt von Fragen, die er beantworten soll, vonseiten der Techniker zB oder von Leuten, die eben an Techniker eine Umsetzungsaufgabe gestellt haben, die tatsächlich ganz entfernt Bedürfnis- und Bedarfs-bezogen ist - ihr erinnert euch ja vielleicht an dieses absurde Beispiel mit der Handtasche, die aus dem ganz besonderen Nanomaterial gefertigt ist, und das dann Oberflächeneigenschaften hat... das ist dann eine flüchtige Erinnerung daran, dass so ein Chemiker etwas macht, das dann irgendwo ganz anders sich für irgendjemanden als nützlich erweist oder erweisen soll, und dort dann wahrscheinlich kompensatorisch bedürfnis- und bedarfs-befriedigend.
11. Das Nichtzusammen-Fügen dieser beiden Entscheider-Bewegungen fällt also auf der nächsten Stufe, der Expertenstufe, überhaupt nicht mehr auf. Das werde ich dann noch genauer beschreiben, wenn wir über die zweite Zeile in der MODerne sprechen, und ich muss jetzt nochmal betonen: Was ich hier in diesen ersten bislang 4 Vorträgen entfalte, ist nur das allgemeine Erfahrungsszenario, das uns sensibel machen soll, worauf wir achten sollten, wenn wir uns den Zeilen zuwenden; und das, was ich eingangs jetzt in dieser heutigen Sitzung gesagt habe, nämlich dass es schwer erklärlich ist, wenn man von einer Seite her kommt, wieso sich denn dieser Mangel nicht sofort erschliesst - das ist auf der andern Seite gewissermassen die dauernde Anstrengung, den Mangel auf den jeweiligen Stufen, wo er massiv verdeckt ist, noch aufzufinden; und das wird sich in der 3.Zeile noch mehr bemerkbar machen, und in der 4.Zeile oder in diesem Selbstbezug, wo die Träger der MODernen Kultur sich ihrem, dem Selbst zuwendet, diesem eigenartig unbestimmtem, wer ist das, es ist keine Einzelperson, die allgemeine Menschennatur, die Gattung, wem wenden sie sich da eigentlich zu, wenn "sie" (wer?) da anfangen zu untersuchen und biologisch sich dem eigenen charakteristischen Wesen zuzuwenden und der Leiblichkeit. - Was da sich eben erst zeigt, und noch mehr verdeckt, ist: Dass sie letztlich ratlos vor dieser Paradoxie stehen und diesem Widerspruch - und immer weiter mit der Vorstellung unterwegs sind, dass sie eigentlich, und sei es wenigstens auf gesellschaftlicher Ebene, diese beiden empirischen Sphären und Quellen von Inhalten - ästhetisch bedürfnisbezogen und objektbezogen - irgendwo sinnvoll zusammenfügen - dass sie mit ihren wissenschaftlichen Entdeckungen garnichts anderes machen als gewissermassen eine gigantische Ausformung dessen, wofür die traditionale einfache schöne Lebensführung, das Zusammenfügen von Bedürfnis und technischen Fähigkeiten das Vorbild darstellt; das machen sie gewissermassen immer noch, bloss eben auf gesellschaftlicher oder der Ebene des immer fort weiter sich entfaltenden Menschheits-Fortschritts - davon reden sie ja irgendwann nur noch, als von dem einzigen, was sich da durch die Zeit erhält und dessen Wissen wächst, das ist garkeine Einzelperson mehr, das ist die Menschheit - obwohl das immer auch noch dazu kommen soll, dass die Einzelperson irgendwie Anschluss daran hat, in den TV-Wissenschaftsformaten, oder den Wissenschaftsseiten der Tageszeitung, als Zeitungsleser, was weiss ich... auch schon ein eigener Beruf... und dann wird eben die Menschheit selber zum Gegenstand und auch zum Gegenstand einer gewissen Unzufriedenheit mit ihr, weil sie ja immer so mängelbehaftet ist und den Optimierungsvorstellungen etwa der Transhumanisten nicht genügen will ((5.OPP(REL(MOD)) > REL(MOD) > MOD; 4.Stp: unlösbare Paradoxien)). Und wo das dann endet - denn wir haben ja noch eine 5.Zeile ((kein guter Grund, nirgends: Selbst-Bestimmung bloss 2x notwednig aber nie hinreichend usw)) - das müssen wir dann sehen - ich hoffe, dass wir jetzt vielleicht mal mit diesen doch sehr unzulänglichen Überlegungen einsteigen können in die Betrachtung der einzelnen Zeilen, und was sich dort tut, und auf diese Weise das Projekt, das ich vohin schon ins Auge gefasst hatte, angehen können, nämlich praktisch die gesamte Tabelle einmal ganz aufzurollen und uns klarzumachen mit all ihren überhaupt nur realisierbaren Abteilungen, das ist der geringere Teil, und den illusionären und theoretischen und bloss noch (als prinzipiell nicht-realisierbar) vorstellbaren, ihrem "ideellen" Anteil auf der andern Seite. Also es ist unbefriedigend, was ich jetzt heute vorgetragen habe, ich bin auch selber unzufrieden, es ist zum einen vielleicht tatsächlich unausgegoren, das könnte sein, also dass ich noch mehr oder nochmals auf die Themen heute zurückkommen muss; allerdings ist es auch in dieser Version, dieser Überblicks-Version, nicht ganz erschliessbar, mit andern Worten, ob das überhaupt didaktisch noch so viel besser gemacht werden könnte als ich es heute gemacht habe, ist garnicht mal unmittelbar klar, weil wir hier mit einer objektiven, einer gedanklichen und begrifflichen Schwierigkeit ringen. (Was nicht klar gedacht ist, lässt sich dann natürlich auch nur schlecht vermitteln.) Und ich werde auf jeden Fall die Grafiken, mit denen ich da selber arbeite, ich hab die natürlich auch im Kopf, auf jeden Fall auch noch einstellen, sodass man sich vllt ein etwas besseres Bild (im wörtlichen Sinn) machen kann von dem, was ich mir da gedacht habe, oder worüber ich da heute gesprochen habe, und dann werden wir sehen, ob wir das, was sich hier ankündigt in den Erörterungen der Zeilen, tatsächlich ein bisschen klarer bekommen. Damit ende ich dann heute erstmal wieder.
Vortrag 5e
Obwohl 2 Monate vergangen sind seit dem letzten Vortrag, beginne ich diesen neuen mit einigen Bedenken, weil zwar eine Fülle von Ideen mir inzwischen geholfen hat, das Entstehen und das Problem der MODerne besser zu verstehen, aber eine Zusammenführung dieser Ideen ist noch sehr prekär für mich. Und auch hier gibt es also die Befürchtung, dass der Vortrag oder der Inhalt nicht standhält, und uU wiederholt werden muss - also ich weiss gerade noch nicht, wie gut das heute wird.
1. Die Rätselfrage im Zusammenhang mit der MODernen Mentalität ist ja, wie es dazu kommt, dass eine festgefügte traditionale Lebensführung in einer solchen Weise entgleisen kann - stabil entgleisen kann, und nicht mehr zurückfindet zu dieser schönen Regularität und Wohl-Eingerichtetheit, die die Kehrseite hat einer gewissen Borniertheit, denn wir haben ja schon gesaehen - ich hatte das ja schon behauptet, dass der Ausgang aus dem RELigiösen Selbstgefühl auch einer Befreiung gleichkommt. Da werde ich wahrscheinlich gleich noch mehr dazu sagen müssen. Also was wird zusammengefügt - das hatte ich immer beschrieben als ein: jederzeit variierbares, in andere Umstände gelangen-könnendes Kernselbst, mit einer Fülle von Prognostiken und Techniken, in einer Umgebung, die hoffentlich soweit bekannt ist, dass man sich in ihr reproduzieren kann, aber auch die Grundlagen dieser Reproduktion verbessern kann. Das alles zurückgenommen auf eine minimal-suboptimale Erwartung, dass noch nicht alles verloren ist, dass noch nicht bewiesen ist, dass man sich NICHT reproduzieren kann, dass man es also versucht und dabei nichts versäumen kann: Was das viel wichtigere ist, denn das ist gewissermassen die anti-OPPortunistische Pointe schlechthin. Und in dieser Rolle ist die traditionale Lebensform zugleich die maximal zurückgenommene - die Schwundform einer OPPortunistisch ihr vorausgehenden Lebensform, und das Produkt zahlloser Desillusionierungen, sie ist ja nicht bloss Lebensform, sondern sie ist auch Glaube, und am Zustandekommen dieses Glaubens haben zahllose Generationen sich abgearbeitet, die ihn in Richtung einer zunehmenden Abstraktion vorangetrieben haben. Es heisst also, dass die eigentlich RELigiöse Lebensform, selbst wenn sie einmal zuverlässig sich durch Pioniere etabliert hat, erst einmal in die Breite wachsen muss, die zugehörige Bildung muss eine gewisse Minimalmenge an Leuten erfassen, daran arbeiten sich durchaus mehrere Jahrhunderte und zwei oder drei Epochen ab. Das ist jetzt aber Geschichtstheorie, und die will ich hier erstmal noch beiseite lassen, eine erste Idee, die daran sich anschliesst, ist aber, dass auch die MODerne auf diese Weise erarbeitet wird - also nicht als ein Bildungsdurchbruch einzelner Individuen, die sich da vorarbeiten unter Verlust aller Erwartungen und - wie sollen sie denn auch sonst die Entscheider-Kategorie sich erarbeiten - ein Entscheiden in solcher Grössenordnung, dass es ganz von selbst die Entscheider-Kategorien erschliessen hilft oder erschliessen lässt - dieser Vorgang, so sage ich, ist ebenfalls nicht von Einzelpersonen zu absolvieren, sondern auch an dem arbeiten erstmal sich Generationen ab, die dafür Vorleistungen erbringen, aber jetzt nicht in Gestalt dieses sich begrifflich-theoretisch die Ebenen des Entscheidens Erarbeitens in der Philosophie und der Theorie, das ist ja ein eigener historischer Strang, der im Aufsteigen durch die 4 bzw am Ende auch 5 Stufen in der REL Spalte sich abspielt - sondern es soll ja alles erstmal ohne solche theoretische Vergewisserung möglich sein. Das ist eine Behauptung - das war auch eine Behauptung im bezug auf die traditionale Lebnsform- auch die muss ohne die theoretische Aufklärung möglich sein - obwohl die letztere natürlich anschliessend massiv den Weg bahnt und es auch ermöglicht, dass so etwas relativ schnell zurückgelegt werden kann, oder könnte - als Bildungsweg, wenn man sich eben begrifflich diesen Weg auch schon ausgeleuchtet hat. Und also jetzt ohne solche Beleuchtung die Frage: Wie wird denn eigentlich die MODerne, die spezifisch MODerne Welt-Einstellung erschlossen bei einer Einzelperson - denn, einer solchen Person muss diese Einstellung ja erstmal angehört haben, bevor sie sich wieder in die Gesellschaft hinein ausbreiten kann - das ist ein ganz wichtiger Punkt - denn die erste Zeile ist eigentlich praktisch noch vor aller wirklichen Vergesellschaftung da, und speziell die MODerne Lebenseinrichtung - es sind ja alles Lebenseinrichtungs-Formen, noch nicht mal Lebensentwürfe im Rahmen einer wirklich erwartbar gesellschaftlich installierten Lebensform ist schon da - also die Lebenseinrichtung gehört ja einer Einzelperson an - und die Möglichkeit einer solchen Einzelperson muss erstmal gesellschaftlich durch die Vorstufen hindurch erzeugt werden.
2. Und da ist nun die Frage: Was sind denn die Voraussetzungen dafür, und in welchen Formen findet diese Erzeugung statt? Wir können uns nicht vorstellen, dass man aus einer traditionalen Lebensform - das sind Menschen auf dem Land, von einer irischen Familienkirche bis hin zu den Amish oder solchen Leuten - dass die einfach so aufschliessen zur MODerne - da ist natürlich unendlich viel dazwischen gestellt an historischen Vorgängen, und die wollen wir bzw ich jetzt mal auf den Begriff bringen in ihrer abstraktest-möglichen Version. Durch die Benennung will ich aber immerhin andeuten, mit welchen historischen Ereignissen und Verläufen, im Westen zumindest, diese Voraussetzungen verknüpft sein könnten. Die erste Voraussetzung ist, dass tatsächlich der Glaubenskampf, der Kampf der Glaubenskrisen soweit abgeschlossen ist, dass sich zumindest in einer Subkultur, in einer Gruppe, einer Schicht, einer Klasse, eine relativ abstrakte Form von Glauben etabliert hat, die also auch Räume freimacht - wo also nicht sofort eine Beschäftigung mit exotischen Weltverhältnissen auch gleich Glaubenskrisen eröffnet, sondern wo einfach der Glaubensinhalt so weit entfernt ist und sich soweit entfernt hat von allen möglichen Erfahrungen - es ist ja seine Schwäche und zugleich seine Stärke, dass er so unangreifbar ist durch Glaubenskrisen - also wo der, sage ich, sich soweit entfernt hat, dass da ein grosser Raum sich öffnet für eine innerweltliche Erfahrungsverarbeitung - die nichtsdestotrotz ein Optimal-hypothetisch-gläubiges Idealisierungspotential aufweist - es muss ja nicht gleich das Verhältnis zur ganzen Welt sein, das optimalhypothetisch übersteigert wird, sondern innerweltliche Möglichkeiten können gesehen werden, in denen ebenfalls (wie im Weltverhältnis allgemein) Subjekten, nur jetzt innerweltlich wirkenden, auch Gruppen - Geschichten - Entwicklungen (Individualitäten) - Lebensentwürfen ja bis hin zur Lebenseinrichtung allerhand zugetraut wird, was optimal wäre, wenn es zuträfe, und man unterstellt es bis auf weiteres - oder, nachdem es nun schon kulturell unterstellt wird in Gestalt von zur Gewohnheit gewordenen Idealisierungen und Idealen von Personen und dem, was ihnen widerfahren kann und was sie können - da kann es natürlich auch Inhalt von Erwartungen werden. So - dieser ganze Raum soll also nun bestehen bleiben, wenn das rahmende Weltverhältnis sich in Richtung Abstraktheit bewegt hat in einem solchen Ausmass, dass es gegen Glaubenskrisen zunehmend immun wird - damit ist natürlich diese ganze begriffliche Entwicklung, Reifung, durch die 5 REL-Stufen hindurch (die Entdeckung der 5 Entscheider-Stufen) noch garnicht absolviert, die steht da noch aus, aber solch ein Schritt ist nun möglich, und diese Voraussetzung für den Beginn einer MODernisierungs-Entwicklung, einer Entwicklung in Richtung der kulturellen Etablierung MODerner Mentalitäten will ich mal grob andeutend die REFORMATIONS-Voraussetzung, oder die reformatorische nennen, aber bitte ausschliesslich verstanden im Sinne dieser Definition, also dass hier Glaubensinhalte soweit abstrahiert sind, dass sie von Glaubenskrisen zunehmend sich emanzipieren und von solchen nicht mehr erreicht werden.
3. Die zweite Voraussetzung betrifft nun diesen eröffneten Freiraum - von fantastischen Möglichkeiten für Menschen, zu sein, zu können - die erwartet werden, verbunden werden mit Erlebnissen, die man noch nicht hat, die man sich ausdenkt, die man sich aber auch versucht zu erschliessen, also deswegen Entdecken, Reisen, auch geistiger Art, das Erschliessen von historischen Quellen, von vergangenen Grossartigkeiten, gehört dazu - und in dem muss man erstmal geschwelgt haben, bis zum Erreichen einer gewissen Ernüchterung; weswegen ich das ganze auch die RENAISSANCE-Voraussetzung nenne - also das ist gewissermassen das Wegarbeiten der übersteigerten Erwartungen an das, was Personen können und möglicherweise erreichen können und konnten, und die Ernüchterung die dazu gehört, führt eben tatsächlich in Richtung einer Konzentration auf Näherliegendes, garnicht so sehr noch mit den persönlichen übersteigerten Qualitäten Befasstes, Qualitäten von Genies, Sondertalenten, die unerreicht sind, und die quasi im Wortsinn ausgemalt werden, als Gegenstände, ikonografisch gesprochen, der grossen Malerei des Westens - das sind ja oft utopische Gehalte, und da könnte man sagen, es sind auch Vorwegnahmen technischer Utopien, da denkt man jetzt natürlich auch an Leonardo, von dem mittlerweile bekannt ist, dass er kein so grossartiger Ingenieur war, aber ein grossartiger Zeichner - der etwas anschaulich gemacht hat, etwas grossartiges hin-gedacht, hin-gezeichnet hat, ausgemalt hat, das so noch nicht dawar. Und das zu sein und zu erreichen man sich vielleicht zutrauen konnte, aber das Ausmalen musste erstmal genügen (es war seinerseits technisch ja oft schon sehr ausgefeilt), und die Ernüchterung besteht nach der andern Seite hin nicht nur darin, dass man den Versuch eines unmittelbaren Zugriffs auf die Grossartigkeit unterlässt, und sich da nicht mehr viel erwartet, sondern dass man umgekehrt sich natürlich auch etwas zutraut, nachdem man die Welt durchaus auch kennengelernt hatte und in ihr bestehen konnte, in der unbekannten Welt neue Techniken kennengelernt hat, und das wäre jetzt also das Resultat nach dem Ausschöpfen dieses fantastischen Raums an Möglichkeiten durch Kunst, Reisen, Erwartungen an das Exotische, Abgelegene, Wunderbare, auch in der Geschichte: Nachdem das alles abgearbeitet ist, bleibt ein Bestand an ernüchterten Einstellungen zur Welt, die immer noch relativ optimalhypothetisch sind, aber doch eben schon nur noch experimentell reduziert - und deswegen nenne ich diese Voraussetzung, nämlich dass diese Ernüchterung nach einem solchen Vorlauf eingetreten ist, die Renaissance-Voraussetzung - im Zusammenhang mit der reformatorischen - also wieder im Sinne der Definition, die ich da versucht habe.
4. Das dritte ist, dass die MODernisierung gebunden ist nicht an eine Existenz, die eigentlich die klassische traditionale ist, nämlich einer auf dem Land, wo man tatsächlich erst einmal wirklich - wenn auch in immer neuen Formen vllt - seinen Lebensunterhalt in einer gegebnen Umgebung bestreiten msus - nämlich ganz unmittelbar durch Landwirtschaft - die kann dann noch so innovativ sein (das war sie ja auch im eurpäischen Hochmittelalter, wieviel mehr im chinesischen). Stattdessen muss es sich um Personenkreise handeln, die von solcher Arbeit freigestellt sind, und die auf der andern Seite mit einer vergleichbaren Einstellung, also zurückgenommen ihrem Alltagsgeschäft nachgehen, aber eben einem nicht unmittelbar agrarischen, einem anderen Gewerbe - die da also in einer arbeitsteiligen Umgebung nicht-landwirtschaftlicher Art existieren, und das will ich mal die URBANITÄTS-Voraussetzung der MODernisierung nennen, und natürlich hat man da auch schon eine ganze epochale Infrastruktur zugrundeliegen und vorausgesetzt, das muss ja alles erstmal in einem Raum, in dem es vielleicht so noch nicht existiert hat, aufgebaut werden, und das ist ja dann das europäische Mittelalter, vielleicht auch ein chinesisches, dort im Süden, wo man also erst einmal Räume erschliessen und Zivilisationszentren und sie versorgende agrarische Umgebungen anlegen musste. Das dauert ja seine Zeit. Wenn jetzt also diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, dann nehmen wir mal als vierte Voraussetzung noch das relativ plötzliche Bekanntwerden mit fremden, gänzlich andern Lebensformen, Bildungsinhalten, Lebensstilen, Techniken, und natürlich auch Wissen insgesamt - das Wissen explodiert - all das explodiert, kann man sagen, durch die Entdeckungsreisen der Europäer, die ja zugleich auch Raubzüge waren - das muss man immer gleich dazusagen -, und genozidale Mordaktionen, das ist der Preis, der da von den Entdeckten entrichtet wurde als unfreiwilliger Beitrag zum europäischen Vorsprung. Also das ist eine vierte Entstehungsbedingung für die MODerne, die sie natürlich von vorneherein bereits belastet, das ist in vielen Hinsichten natürlich auch mit RELigion verbunden, auch da sind Metzeleien ohne Ende mit im Spiel gewesen, und haben gewissermassen Geburtshilfe geleistet zum Entstehen bestimmter Einstellungen. Also das ist die vierte Bedingung, als Resultat der Entdeckungsreisen, die zu solchen **WISSENSEXPLOSION**EN, Explosionen der verfügbaren Inhalte führt.
5. Und jetzt schauen wir uns an - das ist jetzt eine völlig abstrakte Betrachtung -, was machen Leute, die ihre Gewerbe betreiben in einer traditionalen, einer gut eingeführten (vgl. Kategorie "longue duree"!) Handwerks-Tradition - und in diesem Rahmen revolutionäre Neuerungen für ihr eigenes Gewerbe oder auch daneben (wenn man jetzt etwa an den Druck mit den beweglichen Lettern denkt) sich ein ganz neues Gewerbe mit gänzlich neuen Produkten oder Herstellungsweisen denken können - und das traditionale Waren- und Produktgefüge also nun ausweiten - sie sind ja noch immer, wenn auch jetzt beschränkt auf DIESE (innovative) spezielle Tätigkeit in der Mitte (zusammengesetzt aus IHREM Handwerker-Lebensstil und den zugehörigen Techniken) traditionale Produzenten (Mitte heisst: da wo der Bruchspalt, das Auseinanderreissen von Technik und Lebens- und Arbeitsstil, entstehen soll, und wo man sich sonst eben traditional überwiegend agrarisch reproduziert). Die produzieren da also jetzt eine Ware, vormodern, ein Handwerk als Handwerker, Spezialisten, für was auch immer, und da wird also jetzt tatsächlich eine Verbesserung angeregt einerseits nach der einen Seite hin: ein Bedürfnis wird befriedigt, und das ist jetzt wichtig, es ist nicht so sehr ein veränderter Lebensstil, das läuft unter der Hand natürlich auch mit, sondern es ist vor allen Dingen eine Bedürfnis-Befriedigung, die unmittelbar mit einem Gut, einem Produkt verbunden ist. Also man kann jetzt etwas besser machen als zuvor, oder kann es erstmals überhaupt, und damit zugleich wird also tatsächlich ein Bedürfnis, zusammen mit dem Produkt, durch das es befriedigt wird, erschlossen - das sind Formulierungen, die man so speziell bei Marxisten findet: die gesellschaftliche Entdeckung von Bedürfnissen - gesellschaftlich heisst da immer, die einen entdecken das für sich und versorgen dann die andern mit - und dann kommen die auf was, weil es ihnen (von den ursprünglichen Entdeckern und Herstellern, als Ware) angeboten wird. Da ist natürlich das erste, was einem einfällt, sowas wie die Einführung von Kolonialwaren - das sind ja noch immer agrarische und Natur-Produkte, zB Baumwolle; aber auch Genussmittel, wie Tabak, Kaffee, Tee, sowas in der Art - und dann entstehen da kleine Kulturen drum herum, das Kaffeehaus und solche Sachen, das gabs ja auch fürs Rauchen; und da wird also jetzt mit dem Produkt das Bedürfnis nach ihm völlig neu erzeugt - vorher war das ja nicht bewusst oder vermisst, dass man zb auch rauchen könnte. In dieser Art ist jetzt ganz abstrakt die Bedürfnisseite, so sehr sie auch ausgestaltet wird, und so sehr die explodiert, verfasst, dh die neuen Bedürfnisbefriedigungen sind vor allem und überwiegend solche, die sich an Sachen knüpfen, die dieser Befriedigung dienen. Und das heisst, nebenbei, natürlich auch, dass das arbeitsteilig produziert und kommerziell verwertet werden kann als Ware, das heisst aber auch, dass diese Befriedigung explosionsartig in eine Gruppe hineingetragen werden kann, die jetzt alle, sofern das Gut verfügbar ist, es nutzen können und damit auch dieses Bedürfnis ausbilden können. Das kann man jetzt ausdehnen auf mehr geistige Produkte - Literatur, Schauspiel, Tänze, Kunst also im weitesten Sinn; das war ja bereits anfangs das Stichwort, unter dem diese Ausweitung lief, Ästhetik - die jetzt also nicht mehr unmittelbar RELigiösen Charakter hat, aber auch nicht mehr nur diesen fantastisch ausmalenden, sondern jetzt viel stärker tatsächlich auf reale Genüsse abzielt - auch durchaus kompensatorische bereits; erst in dem Zusammenhang spielt ja die Kategorie Ästhetik allererst eine Rolle. Jedenfalls die utopischen Gehalte treten zurück, oder sie werden zurückgeschnitten auf die Verhältnisse der Einzelpersonen oder Gruppen, und der idealistische Gehalt tritt zurück zugunsten von bestimmten nach-empfindbaren Verläufen, nach deren Erleben, wenn auch noch so indirekt, im Einzelleben ein Bedarf besteht.
6. Und nach der andern Seite hin spielt sich ab, das Probieren, das Ausloten neuer technischer Möglichkeiten, Abwandlungen von Techniken, die da vielleicht neu hereingekommen sind, und denen man die eigenen Gegebenheiten anpassen muss, oder man hat von ganz ferne (aus China, Indien) eine Anregung (Porzellan, Seide) bekommen, oder es ist einfach soweit gediehen, dass die Variation bestimmter Techniken naheliegt, und man einfach so weit ist, ich denke da speziell an Metallurgie und Chemie, dass da einfach soviel Kenntnisse zusammengekommen sind, auch zufälliger Art, dass man tatsächlich anfangen kann zu probieren, auszuloten, dadurch auch natürlich das Wissen weiter vermehrt, ein Wissen, das schliesslich auch Fragen aufwirft und zu weitergehenden Experimenten, Systematisierungen usw einlädt. Das ist jetzt ein anderer Strang, der natürlich in Richtung der klassischen beginnenden Naturwissenschaft sich auswächst - das wächst tatsächlich gewissermassen heraus aus den Kuriositäten- und Naturgeschichts- Kabinetten von Fürsten, die da erstmal gesammelt haben, was kurios, abseitig ist, und trotzdem tatsächlich in seiner Summe Zusammenhänge erkennen und Fragen nach solchen aufkommen lässt. So startet ja etwa Galilei als Angestellter eines neugierigen und wissenschafts-süchtigen Fürsten (Grossherzog der Toskana). Der Antrieb wächst jetzt auch herüber aus diesem Renaissance-haften Überschwang, wo man (als Alchemist, Goldmacher) alles mögliche an Wundern gleich um die nächste Ecke erwartet, die sich dann aber nicht einstellen(stattdessen etwas, das man garnicht gesucht hat...), und es wird zurückgenommen auf bescheidenere, nichtsdestotrotz weiterhin relativ optimistische Erwartungen, die also durchaus gläubiger Art sind, was man könnte, was da gelingen könnte - das ist dann schon eine Erfinder-Tugend, diese Besessenheit mit der Hoffnung auf eine bestimmte Methode, Herstellungsweise, die etwas erleichtern und beschleunigen oder auch erstmals leistbar machen könnte, und die man finden könnte, wenn man nur etwas dafür, ein Verfahren, Gerät usw erfinden könnte - und man kann nun also sagen: Die beiden unabhängigen Quellen dieser gesamten Ewrartungshaltung lassen sich benennen als Neugier einerseits, das ist also hier auch noch auf der ästhetischen Seite, ich möchte etwas Interssantes erleben, das also auch erst einmal zweckfrei ist, und vielleicht irgendwann verwertbar; und nach der andern Seite hin Sorge - also es gibt da ein Problem zu lösen, vielleicht ein technisches, vielleicht aber auch schon ein Gesundheitsproblem im weitesten Sinn, eine Gefahr, ein Risiko, das abgestellt werden soll - und auch das kann natürlich zu einer Art Forschungen Anlass geben. Es sind also diese beiden wesentlichen Antriebsquellen, von denen man sagen kann, dass sie jetzt - ohne den renaissance-haften Überschwang, ohne die Überschätzung von Möglichkeiten, stattdessen verbunden mit rein experimentellen, nicht auf unmittelbaren Ertrag ausgerichteten Forschungen und Versuchen - verbleiben als dauerhafte Antriebe für Expansion - von Leuten, um das nochmal zu erinnern, die jetzt nicht unbedingt mit ihrer Reproduktion zugleich schon ihre Existenz sichern müssen, also wo nicht Landwirtschaft gelingen muss, weil man sonst verhungert oder auch Leute, die von einem abhängig sind, verhungern - wo man darum auch zunächst, als Dorfgemeinde, eher konservativ ist, was die Anbaumethoden angeht - da hat sich was bewährt, es ist gelungen und hat funktioniert, ist insofern sogar relativ perfekt. Stattdessen werden also diese städtischen Gewerbetreibenden zb aktiv, oder Menschen mit Sponsoren, oder solche, die genug freie Zeit und Vermögen für Versuche haben. In die Landwirtschaft hingegen dringen ausser da, wo tatsächlich sehr früh bereits Sorge-Motive und Not-Motive zur Innovation angeregt haben - solche innovative Anstrengungen erst relativ spät ein, verglichen mit den andern Kulturdimensionen, den eher städtisch-handwerklich-technischen. Es gibt dazu chinesische Pendants in der Nach-Ming-, der Qing-Ära, wo hauptsächlich städtische Intellektuelle sich den "Realwissenschaften" zuwenden, das hatte ein Pendant bereits schon in der Song-Ära; und das ist, kann man sagen, eine Vorstufe, also da geht es auf einmal um Bergwerke, Mineralien, Metallurgie, oder Botanik, Heilpflanzen usw - Leute, die sich bis dahin nur mit Texten beschäftigt hatten, wenden sich dem auf einmal zu.
7. Und die Vielzahl der Gewerke eröffnet natürlich eine ebensolche Vielzahl an Forschungszweigen, die wiederum, vielleicht, irgendwann, sei es Neugier- sei es Sorge-getrieben, auch Systematisierungsversuche nahelegen, und Übersichten verlangen, in all der Stoff-Fülle, die man nicht mehr überblickt; das gilt natürlich auch für die Mathematik, mit der man mancherlei Probleme lösen kann, für die es da vorher so handwerkliche, über den Daumen gepeilte Anäherungen gab. Die reichen dann nicht mehr, wenn man angewiesen ist auf sehr genaue Ergebnisse, Vorwegnahmen. Und das gilt dann natürlich auch für die Astronomie - das ist zunächst etwas sehr praxisfernes (abgesehen vom Navigieren auf hoher See; da ist es dann aber schon bedeutsam...) - das zugleich und zunächst immer renaissancehaft überfrachtet war mit Erwartungen an Weltbeherrschung, Weltkontrolle, wenigstens hinsichtlich Prognose-Fähigkeiten (Astrologie), die sich daran geknüpft haben, aber natürlich ist nichtsdestotrotz auch mit solchen Erwartungen Wissen erarbeitet worden, das nach einer Systematisierung verlangte - und da kann man nun sagen, natürlich anknüpfend an antike Vorarbeiten gibt es da eine Fragestellung in Richtung systematischer abstrakter Technik, Technologien, und das ist ja schon im Grunde genommen die Physik - also etwas, das allen Techniken und Verfahrensformen mit Sachen und Materien gemeinsam sein kann - die Materien wiederum selber, die Substanzen, die kann man ja auch erforschen, und das sind dann die Vorstufen oder erste Entdeckungen in der Chemie, wo die Systematisierung und die begriffliche Durcharbeitung nur ein bisschen später einsetzt (zT etwa gebunden an fortgeschrittene Techniken, zB hoch-empfindliche Wäge-Technik als Voraussetzung für Lavoisiers Nachweis der Sauerstoffbindung). Aber halten wir fest: Die beiden Motive Neugier und Sorge, wenn man jetzt also auch aus einer solch gläubigen Erwartungshaltung, einem Enthusiasmus sich herausgearbeitet hat - diese Motive bleiben erhalten, auch wenn diese Forschung einen mehr asketischen, also typisch zweckfrei, "grundlagen-orientierten" und zurückgenommen-experimentellen Charakter animmt. Ob das jetzt notwendig mit einer Desillusionierung zu tun hat, soll anderswo erörtert werden - es hat in jedem Fall mindestens zu tun mit diesem Reformatorischen.. und da braucht man sich also nicht zu wundern, wenn die frühen Naturwissenschaftler im Westen sich unter solchen reformatorisch fortgeschrittenen Gruppen wie den Puritanern in der Royal Society finden - da mögen jetzt noch gewisse Vorstellungen von "improvement" eine Rolle spielen, von Selbstverbesserung und -vervollkommunung als Voraussetzung der göttlichen Welt-Vervollkommnung - aber da arbeitet sich ja schliesslich auch was entgegen in den Glaubensvorstellungen und in der Lebensführung.
8. Jetzt müssen wir fragen: Auf was laufen diese Forschungen, diese Entdeckungen zu? Es ist da ein Begriff in den Vor-Überlegungen ins Spiel gebracht worden, der hiess: Durchbinden. Also das Verbinden von Bedürfnissen mit Erkentnnisen, das Hin und Hergehen von solchen Befriedigungserfahrungen hin zu Sach-Kenntnissen, die dazugehören, und von da wieder zurück, und das wurde jetzt mal so ausgestaltet, dass da jemand im Idealfall -entsprechend dem Ideal der MODerne - nacheinander kreativer Ästhet, produktiver Produzent, erfinderischer Techniker, hartnäckiger Entdecker oder sorgfältiger Wissenschaftler ist, und sich dann wieder in der umgekehrten Richtung zurückbewegt, und genau dabei und dadurch für sich selbst die Entscheider-Kategorie und die selbstverständliche Betätigung der 5 Planungsstufen ausbildet - das war ja die Pointe dabei - aber ganz ohne die theoretische Reflexion, die sich durch die 5 REL-Stufen hindurch aufsteigend hindurcharbeitet, als eigener Strang, nämlich im Zusammenhang mit RELigiösen Vergesellschaftungsvorstellungen und -idealen. Und wie bringen wir das jetzt zusammen - wie bringen wir das zusammen mit dem Gedanken, der ganz anfänglich schon geäussert wurde, dass diese genuin MODerne Stellung zur Welt zunächst mal die einer Einzelperson sein muss? Durchbindung ist die asymptotisch zu erreichende Kategorie, die also tatsächlich einmal, in Einzelpersonen, erreicht sein muss, und traditionsbildend werden muss, bevor sie dann wieder in den gläubigen und RELigiösen Vorformen angeeignet werden kann. Wir müssen also fragen, was ist das, das den endgültigen, nicht mehr rückgängig zu machenden Durchbruch zur MODerne darstellt, so wie davor die abstrakte Glaubensgewissheit, die immun macht gegen Glaubenskrisen, einen Durchbruch darstellt, der dann auch zugleich die maximal zurückgenommene und nicht mehr anfechtbare RELigiöse traditionale Lebensform ermöglicht unnd kulturell etabliert. Also, was ist das MODerne Pendant dazu, und was sind die Vorstufen, mit was arbeitet man sich dort hin - anders gefragt, was ist das MODernisierungs-Pendant der Glaubenskrise? Und die Antwort darauf ist, dass es gewissermassen Fragmente sind, die diese VorMODernen Entdecker und expansiven Erweiterer ihres Gewerbes in Richtung auf eine durchgängige (und dann erst wäre es genuin MODern) Betätigung ihrer Entscheider-Fähigkeiten ausbilden; also sie bilden ein Fragment aus - es ist nicht unbedingt das Ganze - aber sie man könnte sagen: sie überbrücken auf jeden Fall in ihrer experimentellen Tätigkeit von den 5 massgeblichen Grenzen, die diese 4 Felder abgrenzen, mindestens zwei oder drei - nicht unbedingt alle - aber: durch diese sich ausdehnenden Fragmente, und die Stränge, diese Überbrückungsstränge, und das Vor- und Zurückgehen - werden natürlich Wege gangbar, und es wird eine Fülle von Anschauungen erzeugt, was alles geht. Mit dieser Figur sind wir jetzt wahrscheinlich etwa im europäischen 18.Jh angelangt - also da hat sich, wenn ich das jetzt so behaupte - da hat sich eine Menge solcher expansiver, aber nicht alle Felder abdeckender Überschreitungen von Sphärengrenzen angehäuft. Und man kann es jetzt so beschreiben (ich hatte das ja etwa so auch schon gemacht): ein Techniker (Erfinder, Tüftler..) sucht nach Varianten, nach Bedingungen, Voraussetzungen für eine Problemlösung, und wird darüber zum Wissenschaftler - das kann ihn jetzt so fesseln, dass er dort bleibt, er kann aber auch zur Technik zurückgehen, und er kann von da aus natürlich die nächste Grenze überschreiten und zum Produzenten werden, das waren solche Karrieren, frühmoderne an der Grenze zur MODerne oder MODernisierungs-Karrieren, in denen natürlich zugleich der Stoff der Wert-Sphären, die Wissenschaft Technik Reproduktion/das Produzieren überhaupt, und die Sphäre der Ästhetik und der Entdeckung von Befriedigungsmöglichkeiten, Lebensmöglichkeiten - der Stoff dieser ganzen Sphären massiv angereichert wurde, und die Idee, sich entlang einer solchen vorgebahnten, wenn auch aus verschiedenen solchen Fragmenten zusammengesetzten Lebensbahn zu nähern, die alle Sphären-Grenzen, hin und zurück, überschreitet - diese Idee liegt immer näher. Also dass man ausgehend von irgendwo sich betätigt jenseits der Sphäre, in der man gestartet ist, und womöglich auch noch eine weitere Sphärengrenze überschreitend, wieder zurückgeht; und über dieses Vor- und Zurückgehen kann man sagen: Es ist irgendwann egal, ob es nur gedacht ist, ob es erlebt wird, ob es geplant wird, ob es tatsächlich sich ereignet in irgendwelchen Biografien von Universalgelehrten, die in allen Fächern tätig waren, oder alles mögliche gemacht haben - solche Figuren von Leibniz bis Goethe gibts ja tatsächlich in Massen - in dieser Phase, dieser Aufklärungszeit - also ob man das jetzt fiktiv macht und sich das jetzt bloss vorstellt; oder ob man tatsächlich eine solche Biografie real absolviert und also tatsächlich Sphärengrenzen - also nicht nur Fächergrenzen sondern eben auch Sphärengrenzen souverän überschreitet, und da überall Leistungen erbringt, die womöglich sogar einen Sinn-Zusammenhang haben untereinander - das ist alles gleich gut; es läuft drauf hinaus, dass da eine Vorstellung entsteht, eine Wertvorstellung, die schliesslich tatsächlich zur herrschenden wird, nämlich dass man hier Lebensmöglichkeiten hat, und an der Erzeugung solcher Lebensmöglichkeiten arbeitet, die durchgehend sind, also die tatsächlich Sphären stoff- und sinnliefernd verbinden.
9. Also die Hypothese lautet: Diese Entscheider-Kategorie wird deswegen praktisch erschlossen, weil gedanklich oder real tatsächlich dieses zweiseitige Ansetzen an Erfahrungen mit sich und mit Sachen dazu nötigt, bzw dazu herausfordert, in dem man die nächste Sphärengrenze überschreitet, auch die nächste Plankategorie zu betätigen - das hatte ich ja bezeichnet als den empirischen Fakten zugewandt mit Begriffen, und komme dann mit einer Hypothese, etwa "das und das könnte ein für alle interessantes Befriedigungserleben sein", in der Produktionssphäre an und sehe mich um, ob es das Ding dort schon gibt, oder die Art, wie man vielleicht nun tatsächlich ein Ding dieser Art herstellen könnte, hier wichtig wieder die Sache, die die Befriedigung erzeugt - diese Vorstellung weist vielleicht Lücken auf, ich muss nach technischen Porblemlösingen suchen - ich hab eine Strategie, einen Strategieentwurf, der in einer - jetzt kann man den Begriff der Umgebung verallgemeinern, das ist jetzt keine räumliche, keine geografische Umgebung mehr, ein Siedlungsort, an dem ich reproduktiv tätig werde - sondern es ist eine Produktionsumgebung - eine Produktionsarchitektur, in der bestimmte Problemlösungen fehlen, da bin ich jetzt schon beim Prioritätensetzen, vielleicht auch angesichts dessen, was sonst noch zu suchen wäre, was von Belang ist, also ist meine Problemlösung von Belang oder gibt es da Wichtigeres, das entscheiden ja womöglich wieder andere, aber es ist doch einfach so, dass dieser Schritt mit der Prioritätensetzung ("Welche Problemlösungen wollen wir als nächste angehen?"), naheliegt, und von da ausgehend jetzt auch die zeitliche Reihenfolge eingeplant wird bei der Frage, was könnte welche Nebeneffekte haben, und was ist deswegen tatsächlich als nächstes zu erforschen? Und umgekehrt: Ich kann umgekehrt kommen von einem interessanten Sachverhalt, der kann auch eine Gefahr betreffen - in diesem Sinn interessant - ich entdecke - etwa eine mögliche Krankheitsursache - und ich habe als eine Hypothese, ich komme mit der an eine Bewältigungsmöglichkeit, die sich daraus ergibt, wie man die Gefahr vermeiden kann, ich komme also jetzt mit einem Strategieentwurf in eine Produktionsumgebung, wo mir klar wird, es ist jetzt noch nicht machbar oder es IST machbar, und wenn es machbar ist, dann kann es sein, dass wenn man das tut, man bestimmten Anforderungen seitens der Patienten etwa genügen muss, da kommt jetzt wieder eine Bedürfniskomponente rein. Und jetzt haben wir also tatsächlich, nur getrieben, zur Not nur getrieben von Neugier (die hilft bestimmte Befriedigungserlebnisse zu erschliessen), und/oder Sorge, -Einstellungen, die sich entzünden an bestimmten Problemstellungen, an bestimmten Gefahrfeststellungen, aber auch eben den Aussichten, den wirklich ganz neutral-nüchternen Aussichten auf eine technische Option, die man sich erschliessen könnte - NUR getrieben also von diesen beiden Motiven, ohne alle Erwartungen, das sind also die zwei Motive, die übrig bleiben, und wenn man noch so experimentell eingestellt ist - haben wir also nun eine Art Schleifenbewegung, die von der einen Seite der Wert-Sphären-Grenze zur offenen Erfahrungswelt - der Welt der Erfahrungen mit sich, der ästhetischen Erfahrung, hinüberführt durch die Produktion, durch die Technik, durch die Wissenschaftssphäre hindurch zu der andern Seite der Erfahrung, die man machen kann mit Sachen und Sachverhalten, Regularitäten, die nicht von irgendeiner Empfindungsart sind, und wieder zurück. Und deses Hin und Her, gleich, ob das jetzt fiktiv ist oder tatsächlich in einem Leben absolviert, wird als Möglichkeit des Durchbindens, des Verbindens dieser Sphären, zu einem kulturellen Leitbild. Das ist also nun die zentrale Behauptung: Genau das ist oder wäre der Durchbruch zur kulturellen MODerne - wo sie sehr wohl auch schon wieder mit überfrachteten Erwartungen sich verbinden kann, aber nicht mehr als Fragment, sondern als geradezu die Obsession, mit diesem Verbinden zu arbeiten, also dem hin und her Gehen zwischen den Erfahrungen der Art der "Erfahrungen mit sich", mit Empfindungen und empfindbaren Inhalten, hinüber zu den Erfahrungen mit Sachen - befriedigenden oder auch günstigen/nutzbaren Sachen, oder aber bedrohlichen Sachverhalten, deren Gesetzmässigkeit zu erforschen ist, und von da wieder zurück von den Sachen zu den sich bei ihrer produktiven Behandlung ergebenden Empfindungen.
10. So. Jetzt scheint das also in irgendeiner Weise etwas durchgehendes - es ist auf jeden Fall die Schleife, ein Kreislauf hin und her, der sich durch die sich anhäufenden Wissensmassen hindurch schlängelt, wenn man so will, und die Frage bleibt nun, haben wir da nun etwas Vereinheitlichendes, haben wir da eine Durchgängigkeit, oder bleibt der vordergründig bestehende Eindruck tatsächlich bestehen, dass nämlich diese Bewegung eigentlich immer zwei Seiten hat, die nicht zusammenzubringen sind, und von zwei Seiten her startet, die einfach nicht integrierbar sind. Dieser Verdacht liesse sich nun dadurch erhärten, dass man sagt: Ja - wenn ich von der ästhetischen Seite her komme, dann habe ich es zwar mit mir zu tun, aber eben zugleich mit der bedürfnis-befriedigenden Sache; und wenn ich da an die Produktionsgrenze komme, habe ich zwar vielleicht eine Vorstellung davon, wie man die Sache produzieren und vervielfältigen könnte, aber uU muss ich die Sache weiter untersuchen, um sie in dieser Weise verfügbar zu machen. Und schon überschreite ich die Grenze - also genau die Grenze, die vormals in der traditionalen Lebensführrung der Bruchspalt, der in Wirklichkeit überbrückte, war, und gehe auf die andere Seite, ich gehe jetzt auf die Seite der Techniken, Prognostiken, Regularitäten, ihrer systematischen Erforschung in Gestalt von Wissenschaft, und habe mich jetzt also auf die Seite der Sachen begeben und der Sachverhalte und der regulären Sachzusammenhänge, die sich damit ergeben, und hab von mir und den Empfindungen jetzt erstmal abgesehen, denn es geht ja erstmal nur noch um die befriedigende Sache, und von da ausgehend wende ich mich zurück, und stehe jetzt also mit der verfügbar gemachten befriedigenden Sache irgendwann mal an der Front der Produktion, überschreite die Grenze dorthin, und fange an, sie zu produzieren und reproduzieren, und das erzeugt sekundär nun alle möglichen weiteren Bedürfnisse - denn die Produktion ist im allgemeinen in irgendeiner Weise vereinseitigend, und verlangt nach kompensatorischen Befriedigungen, sodass man also sagen kann, ab jetzt gilt es, kompensatorische Bedürfnisse zu entdecken, und sie ihrerseits zu befriedigen.
11. Man kann also jetzt immer sagen: Dieses Zurückkommen der befriedigenden Sache, wenn man wieder aufsteigt zum Produzieren - also man macht sie technisch handhabbar, verlässlich reproduzierbar, und dann wird ihre Produktion tatsächlich eingefügt in eine existierende arbeitsteilige Reproduktion - dieses tatsächliche Verfügbarmachen der befriedigenden Sache erzeugt einen BEDARF - also das Bedürfnis ist eines, aber dass man das Bedürfnis tatsächlich anerkennt als eines, für das die knappen Ressourcen zum Teil eingesetzt werden sollen, und sagt, ja das soll auch tatsächlich befriedigt werden, regelmässig womöglich, das erzeugt einen Bedarf, der sekundär als "Bedürfnis" in Erscheinung (und als solches neben andre, "genuine" Bedürfnisse) tritt in der Gestalt, dass man sagt: Ja - das brauche ich tatsächlich auch. Das heisst, ich habe nicht nur die Idee, Anschauung, Möglichkeit einer Bedürfnisbefriedigung oder Bedarfserfüllung, sondern dass es das gibt, ist bereits eingebaut in die Lebenseinrichtung zahlloser Leute, so könnte man sagen; und das darf nicht verloren gehen - also es ist jetzt tatsächlich auch eine Notwendigkeit, dass dieses Bedürfnis befriedigt wird, und das verwandelt eben tatsächlich dieses Bedürfnis in einen Bedarf, und erst recht zum Ausgangspunkt für Bedarf werden natürlich diejenigen Sachverhalte, die uns bedrohen, da könnte man sagen, der Bedarf besteht danach, sie abwehren zu können, und das Bedürfnis nimmt die Form einer Angst, zumindest einer Sorge an, das ist jetzt also auch ein Bedürfnis, dies nicht fürchten zu müssen - auch das ist ein Bedarf, eine Bedarfssorte - die taucht allerdings auf von der andern Seite, dh da ist nicht ein ursprüngliches Bedürfnis und Befriedigungserlebnis am Anfang, sondern eher das Gegenteil, dh es ist das Erlebnis eines Mangels, eines Schadens, Erkennens einer sicheren oder wahrscheinlichen Schadursache (dh eines Risikos), vor der und dem man sich hüten muss. Und auch das, Erwerb und Erhalt der Abwehrfähigkeit gegen solche Schäden kann man als Bedarf bezeichnen, der sekundär dann auch in der Gesamtbedürfnisstruktur abgebildet wird, dh es könnte sein, dass man sagt, das muss erst mal abgedeckt sein, die verschiedenen Bedarfsformen müssen abgedeckt sein, bevor man zu andern, weniger wichtigen und zweitrangigen Bedürfnissen gelangt - die haben Freizeitcharakter - das andre ist wichtiger. Und zugleich entsteht aus jedweder Form von produktiver Behandlung auch genuiner Bedürfnisse (und des Bedarfs nach zuverlässig-dauerhafter Fähigkeit zu ihrer Befriedigung) eine Form von sekundären Bedürfnissen, die mit der Art der Produktion, der Tätigkeit überhaupt verbunden ist und aus ihr entsteht, also aus den Frustrationen, aus den Einseitigkeiten usw - und das sind die kompensatorischen Bedürfnisse. In einer konkreten Lebens-Situation bilden die auch einen Bedarf - also es bedarf auch einer Befriedigung der kompensatorischen Bedürfnisse - und das Ganze bildet eine Prioritätenliste - eine Summe von bewerteten Befriedigungsmöglichkeiten, die sich assoziieren mit einer Lebensführung - einer auch vorübergehenden Lebensführung - das kann die Existenz in einer dieser Wertsphären sein - am häufigsten (weil es so viele Techniker und Wissenschaftler ja garnicht gibt) sind es ja meist Produzenten, Unternehmer oder Planende und Arbeitende selber, die etwas machen; also die Bedürfnisse der sich in dieser Wertsphäre Aufhaltenden sind die häufigsten (aber nicht die kostspieligsten: Wissenschaft/Forschung/Entwicklung sind anspruchsvoll, was die verwendeten Mittel betrifft, Ästhetik (Filme, Reisen...) uU auch...) - egal wie und in welcher Form man gerade im Moment lebt, das kann auch nur eine Lebensphase, ein Lebensabschnitt sein - man hat also ein solches Inventar an Bedarf, an verschiedenen Beddarfsdimensionen, kompensatorischen Bedürfnissen und möglichen Befriedigungen, die es dann auch noch gibt, und die Neugier und die Sorge usw, die spielen dabei ja mit eine Rolle. Und nun kann man sagen, diese Prioritäten-Ordnung gehört immer dem Einzelwesen, dem Individuum an, dass es sich einrichten muss in seiner momentanen Lebenslage, und gerade dann, wenn es sie ständig wechselt, muss es immer wieder auch eine befriedigende Form seiner Existenz finden mitsamt allen Komplikationen, und dem nicht zu Vernachlässigenden darin, von dem es Kenntnis hat (das nennt man heute ein "Sich immer wieder neu Erfinden", aber das ist nichts neues, das hat es auch schon im 18. Jh gegeben...).
12. Und jetzt ist die Frage: Was geschieht damit - was geschieht in der Aneignung dieser Notwendigkeit der Existenzplanung, der Existenzfristung, des Sich-Einrichtens - der Lebens- und Existenz-Einrichtung (so will ich das nennen: die Einheit aus Lebensführung und momentan für eine gewisse Frist verfolgtem Lebensentwurfs-Fragment, -Zweck, -Phase...) - was geschieht damit, wenn das zum kulturellen Muster wird? Ich hatte vorhin schon eine verführerische Formulierung genannt, mit der man den Übergang ganz wunderbar vollziehen kann von der tatsächlichen Notwendigkeit der Einzelnen zu einer vermeintlichen Gesellschaftlichkeit dieser Kategorie. Und das war der Ausdruck: eine Lebensmöglichkeit, es werden mögliche Lebens-Elemente gesellschaftlich bereitgestellt, die sich der Einzelne zu einer Existenz zusammenstellen kann, die dann auch noch in verschiedenen Lebensphasen variieren kann. Das Inventar der Lebensmöglichkeiten ist jetzt also das Gesellschaftliche, und die wesentliche Dimension der individuellen Zusammenstellungen ist natürlich die der Sachen - seis der Wirksachen, der technischen Wirkgegenstände, der Experimente, der Werkzeuge, der Materien usw - seis der Befriedigungssachen, auch wieder Substanzen, Alkohol usw und natürlich Dinge, Materien, auch geistige, die befriedigen, und die in dieser Weise verfügbar gemacht werden; und da gibt es nun ein Element, auf das man aufmerksam werden kann, als genuin MODernes Individuum, dass nämlich das alles, was am Leben nicht Sache, nicht ohne weiteres mit Sachen verbunden ist, nämlich das Tun, und die Art, wie man tut und handelt und lebt, hier garnicht vorkommt. Die würde nämlich tatsächlich wirklich dem Individuum angehören, die ist nicht veräusserbar, ausser in einer sehr sehr indirekten Weise, die wiederum etwas mit Religion zu tun hat, würde ich sagen, mit Idealisierung, nämlich dass man eigentlich alles auch an andern mit-erleben kann; die für einen mit etwas durchleben, erleben, und dadurch, dass ich ihr Leben mir zum Gegenstand mache, mich versorgen mit einer Erlebnisform (und das womöglich mit verdichtet-gesteigerter Intensität: 'Weiblichkeit', glückliches Kind' - von den Mit-Lebenden extra dafür ausgestattet...), die dem Selbst-Tun, Selbst-Fühlen, Selbst-Sein maximal nahekommt, ohne dass man es selber tut, fühlt, ist: Schauspiel, Kino, Zuschauersport, aber auch familiäre Rollen und darauf beruhende Beziehungen.. Und das ist natürlich in Wirklichkeit auch, wenn man so will, eine Versachlichung, eine Vergegenständlichung, des Empfindens, des Sich-Fühlens, des wirklich Leiblichen, die es macht, dass man die eigentliche eigene Leiblichkeit und diese Sphäre schon verlassen hat - ausser, dass man sich eben versorgt mit den Befriedigungssachen, und sei es auch dem Mitgehen und dem Anblick, dem Miterleben, dem intensiven, glaubwürdigen, fast als würde man es selbst tun, fühlen, sein, des Empfindens und Erlebens der andern. Und man könnte sagen: Da hat das MODerne Individuum wenn es diesen Unterschied entdeckt, einen zentralen Mangel, einen ersten zentralen Mangel seiner MODernen Lebensform, genauer gesagt, der Lebenseinrichtung, entdeckt, nämlich diese Abtrennung des Leiblichen und des Empfindens, des eigentlichen Empfindens beim Tun, die in dem Sich-Versorgen mit Befriedigungssachen und Wirksachen überhaupt nicht berücksichtigt ist. Und diese Gleichgültigkeit bildet durchaus bereits die Voraussetzung für den Übergang in die nächste Stufe, wir sind also immer noch in der ersten Zeile, wo es immer um die Frage der Lebenseinrichtung geht - MODern ist, sich mit Sachen einzurichten, mit Befriedigungssachen, mit Wirksachen... und dabei auf die Bedürfnisse nach einer bestimmten Art und Weise des Tuns dabei überhaupt nicht zu achten. Aber - warum wird es denn missachtet? Darum, weil der Lebensentwurf, der auch in Phasen zerlegte, also die momentane Phase des Lebensentwurfs im Rahmen der Lebensform die bedürfnis- und empfindungs-basierte Lebenseinrichtung von Tag zu Tag komplett überformt, vergewaltigt und in Dienst nimmt. Also das leibliche, auch die leiblichen Bedürfnisse, ob man da jetzt gut zurecht kommt oder nicht, ob man das von sich aus wollen würde - danach wird garnicht gefragt, sondern zur Not werden eben schon kompensatorische Bedürfnisse entwickelt und befriedigt, weil völlig klar ist, dass man die authentischen Bedürfnisse des Handelns, des Vollzugs, der Art des Vollzugs, von vorneherein nicht oder nur zufällig beachtet.
An der Stelle will ich schliessen. Der Stoff, über den ich die letzten zwei Monate nachgedacht habe, ist noch nicht vollständig vorgekommen, und ich schaue trotzdem schon voraus auf den nächsten Vortrag, und da, denke ich, sollte es darum gehen, wie sich jetzt die Aneignung dieser MODernen Lebensführung in den vorMODernen Rahmen, und sei es auch einer experimentell gedachten Optimalhypothese, speziell auch was die Vergesellschaftbarkeit angeht und deren OPP Steigerung - wie sich das ausnimmt und gestaltet und wie dann MODerne, also OPP gläubig angeeignete Formen von MODernität,überhaupt noch denkbar sein sollen,und welche fiktiven MODernismen, MODerne Lebensformen sich als unmittelbar nicht realisierbar erweisen. Es geht also nach wie vor drum, die gesamte 3x5 Felder-Matrix komplett zu füllen. Und ich hoffe, dass mir das in den nächsten Vorträgen zur MODerne auch gelingen wird. Bis dann.
Vortrag 5f
1. Heute müssen wir über Bedürfnisse reden. Es war ja am Ende des letzten Vortrags bereits darauf angespielt, dass da irgendetwas Entscheidendes von den MODernen Individuen gelernt wird - jetzt widerspricht das etwas meiner wiederholten Aussage, dass die erste Zeile noch zu einem intakten, zu einem vorstellbar-lebbaren MODernen Lebensentwurf oder einer wenigstens Lebenseinrichtung führen kann - dass also letztlich dieses Scheitern daran noch gerade eben nicht bemerkt wird. Die Feinableitung des Vorgangs soll heute der Gegenstand sein. Dazu gehe ich zurück zu den vier Voraussetzungen, die ich im letzten Vortrag kurz angesprochen hatte. Wir müssen uns vorstellen, dass das ein weiter Weg ist, und einer, der sehr viel an kultureller Bildung, an Ausbreitung von Kategorien, die erworben werden, voraussetzt - also ein weiter Weg, den ein sich selbst MODernisierendes Individuum zurücklegen muss. Dabei spielen die Bedürfnisse, die es hat, eine grosse Rolle - das ist schon angedeutet worden in dem Hinweis, dass der Weg- oder Herausgang aus den traditionalen Lebensformen auch als Befreiung erlebt wird. (Darauf komme ich gleich zurück.) Die vier Voraussetzungen nochmal kurz erwähnt: Es ist klar, dass die Einzelperson - sich herausarbeiten muss aus gläubigen Formen der Optimalhypothesen- bzw Idealbildung, das war diese: sie muss sich zumindest stabil zu einer dieser abstrakten RELigiösen Überzeugungen vorgearbeitet haben; - sie muss die Möglichkeiten der übertriebenen Erwartungsbildung, auch der Selbstzuschreibung von Möglichkeiten, die sie hat, stark heruntergekocht haben, sie muss ernüchtert sein, das waren die post-reformatorischen und post-Renaissance-Einstellungen, die ich da für sich MODernisierende und aufklärende Einzelne postuliert hatte. Des weiteren war unterstellt, die Urbanitäts-Bedingung, nämlich dass - die sich MODernisierende Einzelperson nicht unmittelbar auf den Erfolg ihrer experimentellen Tätigkeit angewiesen ist, sondern in einem Gewerbe tätig ist, oder sogar in einer Musse-Position, die nicht unmittelbaren Lebensunterhalt nötig macht, sondern eine gewisse Freiheit eröffnet, freie Zeit lässt, Mittel für ihre Nutzung zu mobilisieren gestattet, das heisst, es ist natürlich Bildung erforderlich, und ein gewisser Wohlstand. - Schliesslich kommt noch der Zugang zur Wissensexplosion, die jetzt nicht bloss mit Buchdruck verbunden war, sondern eben auch mit dem Hereinströmen der Reisebeschreibungen hinsichtlich fremder Lebensformen, fremder Gesellschaften, auch entwickelter solcher wie etwa der chinesischen - die spielte im europäischen 18.Jh ja schon eine grosse Rolle - zeitversetzt dann in umgekehrter Richtung in China auch im 19.Jh.
2. Das war jetzt natürlich nur eine Erinnerung an Stoff, der im letzten Vortrag etwas ausgebreiteter dargelegt wurde. Und jetzt reden wir von Bedürfnissen. Dieser Teil ist relativ kurz und wird vielleicht auch etwas lieblos behandelt von mir, weil das in aller Ausführlichkeit besprochen wurde sowohl im Text "Scheitern der MODerne", im 3.Kap dort §27ff., und es ist auch nochmal in den Beiträgen zum Debattenraum ausgeführt worden - dort auch mit fortgeschritteneren Ergänzungen - ich trage das jetzt relativ zusammengefasst vor, so wie ich es mir gemerkt habe, ich schaue da jetzt nicht mehr drauf. Es geht jetzt also um "kognitive Bedürfnisse". Das sind solche, die bleiben, oder gerade dann sich fühlbar machen, wenn die Gesundheit, die Arbeits- und Handlungsfähigkeit, Denk-, Merkfähigkeit usw physisch zuverlässig reproduziert ist. Also es gibt keine materielle Not - aber natürlich haben Menschen gerade dann eine Menge Wünsche übrig, und wenn nicht auf Dauer ihnen auch zu leben möglich ist, was ihnen da vorschwebt, dann geht es ihnen schlecht. Das wäre dann so eine Art Luxusgefängnis, in dem sie sich bewegen, eine Art zwangsweise Dauer-Rekonvaleszenz, wo sie nichts tun oder denken dürfen, sie sollen das nicht, und das ist sehr schlecht für sie. Also was ist eigentlich die Grundlage oder der Anfang, von dem her sich diese Bedürfnisse entfalten? Denn - wichtige Teil-These! - diese Bedürfnisse, sie bauen aufeinander auf, sind nicht einfach nebeneinander da, sondern nach Möglichkeit wird da eins nach dem andern angegangen, und setzt die Befriedigung auf der Ebene jeweils darunter voraus. Also das Stichwort für die erste Stufe der Befriedigung dieser kognitiven Bedürfnisse lautet: Eine angenehm-abwechslungsreiche Routine. das heisst, es darf nicht einfach bloss Routine sein, es soll sich - natürlich unter Berücksichtigung der Zyklen der Handlungsfähigkeit - etwas wiederholen, aber es soll sich eben so wiederholen, dass es auch interessant ist, dass es immer wieder kleine Varianten gibt im Verlauf, im Ablauf - also nicht stur in einem engen Rahmen das immer Gleiche - und die Handlungsfähigkeit, die Handlungsbereitschaften, die geschulten vielleicht auch - die sollen möglichst ausgeschöpft werden, da soll nichts brachliegen, da soll man sich abends angenehm müde fühlen usw. Dieses Auslasten der Handlungsfähigkeiten und -Bereitschaften wäre (bei egal welcher Art der Tätigkeit) wäre dann also tatsächlich ein erstes Bedürfnis, und man kann nun sagen was passiert, wenn das nach einer von zwei Seiten hin in ein Extrem abrutscht. Das eine der beiden Extreme würde so aussehen, dass der Routineanteil immer mehr zunimmt, und eine vorzeitige Ermüdung einsetzt durch die Einseitigkeit der Tätigkeit - da haben wir ja in der MODerne genügend Beispiele an der Arbeitswelt gehabt, was diese einseitigen Tätigkeiten betrifft; die werden freilich zunehmend mechanisiert und durch Roboter geleistet, davor aber natürlich viel zu lange von Menschen. Also man ermüdet im Zusammenhang mit einer Routine, die dann uU nichtmal mehr leistbar ist, obwohl man eigentlich noch nicht richtig müde ist, sondern die Müdigkeit, der Überdruss entsteht genau durch die einseitige Belastung. Eine Variante dieser Ermüdung oder des Überdrusses kann sich natürlich auch dann herstellen, wenn die Kräfte, die man auf die Routine verwenden müsste, anderswo verbraucht sind, oder insgesamt herabgesetzt, man somit für die Ausführung der Routinetätigkeit, auch der abwechslungsreichen, mit normalen Anforderungen an Aufmerksamkeit usw keine Kraft mehr hat - auch da kann ein Missverhältnis eintreten. Das Resultat ist in beiden Fällen - zu lang dasselbe gemacht und ermüdet sein, oder generell ermüdet sein und dafür keine Kräfte mehr haben - das Resultat dieses Nichtausreichens der Kräfte für die Ausführung der Routinetätigkeit ist LANGEWEILE - ÜBERDRUSS - bis hin zum EKEL (das wäre wohl die äusserste Steigerung - da ist das Missverhältnis dann am Anschlag). Wir haben das wahrscheinlich eher bei dem zu langen Tätigsein in einer vorzeitig ermüdenden einseitigen Tätigkeit, dann ekelt sie einen an, widert einen an, man mag einfach nicht mehr. Oder etwas das sonst erfüllend war, ist, wenn die Kräfte dann sehr stark geschwunden sind, fad und ekelerregend, man mag es nicht mehr.
3. Es ist also ein Missverhältnis zwischen Kräften und Aufgaben. Und das gibts auch nach der andern Seite. Ich hatte gesagt: abwechslungsreiche Routine. Nun, wenn die Routine immer abwechslungsreicher wird, in einem gewissen Sinn also beschleunigt wird, also das, was sonst Wechsel daran ist, immer häufiger pro Zeit auftritt - dann gibt es eine Fehlbelastung in der andern Richtung - eine Überbeanspruchung, und man kann sagen, die üblichen Zwischenbelohnungen, die kleinen oder grösseren, die Erfolgserlebnisse, das Gefühl etwas Sinnvolles geleistet zu haben, seine Kräfte eben angemessen benutzt zu haben, wird überbeansprucht, dieses Gefühl wird überschritten, die Kräfte werden vorzeitig überbeansprucht; und das muss nicht, wenn man das leisten kann, in einer Erschöpfung müden, das wäre ein anderer Verlauf, sondern wenn das gelingt und soweit es gelingt, werden Zwischenbelohnungen verlangt, weil die Tätigkeit selbst eben genau nichtmehr diese Art von Befriedigung liefert. - dieses angenehme wohlige Gefühl des Genug-getan-habens - sondern es ist immer schon zuviel - aber es ist notwendig, und somit nie genug - und diese Zwischenbelohnungen nehmen, wenn sie Routine werden, und zunehmend auch zeitlich verdichtet verabreicht werden müssen, die Form einer SUCHT an. So lautet die These - also das wäre so gewissermassen die schlimmst-denkbare Form, das Gegenstück zum Ekel - und man ahnt schon, dass es da eine gewisse Beziehung gibt indiesem Begriffspaar: also die Sucht kann in Ekel umschlagen, wenn dann die Kräfte nicht mehr reichen - und die ganze Tätigkeit einem eigentlich nur noch zuwider ist. Aber nehmen wir doch mal an, wir halten wirklich gut die MITTE (das ist ab jetzt ein wichtiger Begriff!) - wir haben also nach zwei Seiten hin Extreme, und wir halten eine Mitte dazwischen von Routine und Abwechslung. Und aus der heraus entwickelt sich, oder auf dieser Stufe entwickelt sich nun ein nächster Bedarf, ein nächstes Bedürfnis, nämlich danach, Problemlösefähigkeit zu entwickeln - das ist aus den Abwechslungen leicht entwickelbar, also die Abwechslungen können die Form annehmen, dass es kleine Herausforderungen sind - etwas geht nicht so wie gedacht, man hat dann aber genug Kraft, um das zu bewältigen - die möchte man auch haben - es ist also auch ein Bedürfnis, das zu KÖNNEN - so dass man sagen kann, es gibt eine Problemlösebereitschaft bis -bedürfnis, es gibt das Bedürfnis, Probleme vorgelegt zu bekommen - kleine Herausforderungen - die man aber auch bestehen kann. Wenn jetzt wieder nach der einen Seite hin das Bestehen nicht gelingt, weil die Kräfte nicht reichen, dann macht man sich SORGEN, und wenn die Routine nicht mehr ohne weiteres gelingt, kann sich das natürlich steigern zu ANGST und PANIK - es gelingt einfach nichts mehr - die Probleme werden zu gross - die Problemlösefähigkeit ist nicht mehr gegeben im Verhältnis zu den Problemen, die tatsächlich gestellt werden durch die Routine, in der man sich bewegt - durch die Routinearbeit. - Und nach der anderen Seite gibt es auch ein Extrem - der Seite nämlich, wo man nicht mehr aufgezehrt wird durch die tatsächlich vorkommenden Probleme und sich stattdessen selber welche stellen darf. Also es könnte sein, dass man ein Interesse hat, ein Problem, mit dem man mal konfrontiert war, endlich aufzulösen, oder dass man sich selber an Aufgaben, an Herausforderungen versucht, auch das möchte man, und man möchte vielleicht tatsächlich etwas GUT können - sich das vorführen - immer vorausgesetzt, dass die Herausforderung die Aufgaben nicht über einem zusammenpurzeln und man darunter begraben wird, also wenn es nicht so schwer ist, die tatsächlichen Herausforderungen zu bestehen, dann möchte man eben auch, was man da tut, möglichst gut tun, und wenn das sich immer weiter steigert dann wird das natürlich in einer Art von Perfektionismus enden, von Zwanghaftigkeit, so dass es immer zwanghafter, perfektionistischer, kleinkarierter wird. Problemlöseorientierung ist so auf Dauer gestellt; selbst wenn real garkeine Probleme vorliegen, konstruiert man sich welche, nimmt sie vorweg, und will es immer besser machen, vorsorgen für alle möglichen Fälle usw Dieser Perfektionismus, diese Zwanghaftigkeit wäre also das Gegenstück zur Angst, und wenn man das klinische Vokabular dazu kennt, wird man sehen, dass eben auch diese Korrespondenz ähnlich wie die erste von Sucht und Ekel, sehr nahe liegt - dh eine übermässige Verausgabung für solche Perfektionierungen kann schliesslich münden in einen Erschöpfungszustand, bei dem man schliesslich nicht mal mehr den sich tatsächlich einstellenden und einen heimsuchenden Herausforderungen gewachsen ist, und dann schlägt der Zwang in Angst um. Aber das Normale ist eben wieder, dass wir eine ausgewogene MITTE haben zwischen dem, was uns ohne unser Zutun an Problemen gestellt wird durch die Realität in unserer abwechslungsreichen Routine, und zum andern, dass man eben auch sein Können so vervollständigen, so perfektionieren kann, dass man wirklich sich als Virtuose sehen kann, und allen Herausforderungen, mit denen nach menschlichem Errmessen zu rechnen ist, gewachsen fühlt.
4. Spätestens, wenn man diesen Zustand erreicht hat, wird man eine neue Ebene eröffnet finden - man hat dann nämlich soviel Erfahrungen mit interessanten, nicht nur Abweichungen, sondern vielleicht auch im Vorübergehen gestreiften Problemfeldern, die jetzt nicht unmittelbar praktisch relevant sind, die sich aber eigentlich praktisch aus der Perspektive ergeben, zum Beispiel dadurch, dass etwas räumlich oder sachlich benachbart ist, also sich zu erforschen anbietet, oder wenn man sein Metier so gut beherrscht, dass man eigentlich alles, was einem selbst, oder auch andern seinesgleichen begegnet, bewältigen kann - dann kann es eben sein, dass man Interesse hat, das zu vertiefen, es auszubauen, und diesen eigenen Erfahrungen, die man gemacht hat, vertiefend nachzugehen. Dass also etwas Neues passiert, dass man innovativ tätig sein kann, aber eben vor allen Dingen, dass man innovativ erleben kann, etwas Neues, Interessantes erlebt - und wenn das nicht der Fall ist, also wenn man tatsächlich weiss und absehen kann, zumindest es glaubt, dass es nie mehr etwas Interessantes, Neues geben wird, dann, so würde ich sagen, verfällt man in Depression. Also diese Melancholie, dieses Vermissen von etwas ganz ANDEREM als eben diesem ausgetappten Routinebetrieb, und wenn er noch so virtuos ist - das ist tatsächlich niederschmetternd, dieses Wissen, und das möchte man natürlich nicht haben - diese Depression, diesen Mangel an Aussicht, dieses Eingesperrtsein; und nach der andern Seite hin kann es natürlich sein, dass man ein Feuerwerk an Neuerungen, Neuigkeiten erlebt - das ist immer noch eigentlich die Abwechslungsdimension vom Anfang, nur eben jetzt mit Problemlösefähigkeit, Virtuosität in der Beherrschung der Routine als Voraussetzung, und da ist das Feuerwerk der Innovationen auch eine weitere Beschleunigung, dh man besteht die Herausforderung, wird den ständigen Innovationen gerecht, aber sie sind eben tatsächlich in einer solchen Dichte angeordnet, dass man sich speziell darauf einstellen muss, und da für nichts anderes einen freien Kopf hat, und also nur noch in dieser Fülle sich bewegt, das ist also durchaus ein ständiger Wechsel, eine FÜLLE von Neuerungen, und das würde man nun vielleicht tatsächlich in einer relativ milden Form noch Workoholism nennen, wenn es gesteigert ist, würde man dann vielleicht auch , wenn Leute das tatsächlich physisch darstellen können, anfangen von Manie, Hypomanie zu sprechen... Jedenfalls ergibt sich ein weiteres bekanntes klinisches Paar, die Depression als der eine Affekt, der wieder etwas zu tun hat damit, dass die Kräfte, die Ressourcen aller Art nicht mehr zureichen, nicht zu einer gewünschten Erweiterung der Problemlösefähigkeit führen, sondern man abgeschnitten ist - man also eine Art Weltverlust erleidet - man hat den Zugang nicht mehr, vielleicht auch aufgrund von Kraftlosigkeit, zu den interessanten Erweiterungen des eigenen Horizonts, oder umgekehrt, die gesamte Kraft wird geworfen auf diese Innovation, aufkosten aller anderen Lebenstätigkeiten - also man ist am Limit, aber man schafft das, und richtet sich darauf ein.
5. Und jetzt kann man sagen, auf Grundlage wiederum einer eingehaltenen schönen Mitte, wo die Innovationen möglichst sowohl die eigenen Interessen bedienen als auch überraschende interessante Abwege und neue Wege eröffnen, also man nicht von sich absehen muss, wenn man sich diesen Neuerungen entgegenwirft und -stellt - sondern tatsächlich auch den Eindruck hat, die eigene Geschichte setzt sich fort - es ist eine Lerngeschichte, die man da absolviert - also das eine wäre - wiederum im Extrem gesehen -, die Konzentration nur noch auf sich selbst, das Eingesperrt-Werden in die eigene Welt, und das Abgeschnittenwerden von der Restwelt - so könnte man das Deprimierende und Deprimierte umschreiben - und das andere ist das Abgeschnittensein vom Eigenen, vom Selbst, und den Fragestellungen, die man angehäuft hat, und das Überwältigtwerden durch ständig neue Herausforderungen, und Erfahrungen, die neuen Wege, die jetzt nicht mehr die bekannten Problemhorizonte betreffen, sondern es sind völlig neue, die keine Fortsetzung darstellen zur, und keinen Anschluss haben an die bisher erlebte und absolvierte Geschichte. Wenn man so will, also ein Umsturz, denn von diesen Innovationen kann ja auch der Impuls ausgehen, dass man neue Probleme lösen möchte und auch kann, und dass man eine neue Routine ausbildet; aber man ist eben dann von der andern, der Vorgeschichte, abgeschnitten, und die Erfahrungen, die man da gemacht hat, sind entwertet und so gut, wie wenn sie nie stattgefunden hätten. Dh es wird einem ein Stück Leben auf diese Weise weggenommen. Und wenn wir also nun tatsächlich diese dritte MITTE unterstellen, eine gute Mitte, ein guter Ausgleich von Überraschung und Innovation in diesem Sinn, und Selbstvollendung, Anschluss-Halten an die eigene Erfahrung, an die eigene Erfahrungsgeschichte, wo man das Gefühl hat, sie wird fortgesetzt - dann stellt sich in diesem Mix von interessanten Überraschungen, Experimenten, die man gemacht hat, und Explorationen, als Fortsetzung eben dessen, was einen schon immer interessiert hat, irgendwann auch einmal der Bedarf ein, das alles zu verstehen, einzuordnen, begrifflich zu ordnen. Und da gibt es nun auch wieder eine Überforderungssituation, die Kräfte sind anderswo verausgabt, es gibt trotzdem die Aufgabe zu verstehen, man soll verstehen, was man vielleicht schon dachte verstanden zu haben, die Aufgabe ist grösser als gedacht, man dachte schon weiter zu sein, und jetzt sieht man sich zurückversetzt in diesem Verständnis, dieses Zurückversetzt-Werden macht ärgerlich und ungeduldig, und wenn man da jemandem etwas etwa erklären soll, oder wenn man mit etwas konfrontiert ist, was einen aufhält, in Form von Einwänden, von andern Einstellungen, die einem widersprechen, dann kann diese Ungeduld auch durchaus aggressiv werden, und im schlimmsten Fall ist auch wieder eine klnische Vokabel angebracht, nämlich Paranoia (alle sind gegen mich usw). Also man zieht sich auf eine vereinfachte wahnhafte Weltdeutung, ein Verständnis zurück, das zwar Kontrolle erlaubt und Bescheidwissen, aber den Verhältnissen nicht gerecht wird, und noch dazu niemandem vermittelbar ist. (Die schöne weil naive alte psychiatrische Definition lautet ja: Unkorrigierbar falsche Überzeugung...)
6. Das Gegenstück dazu wäre, dass wir die Fülle aus der vorhergehenden Abteilung nicht mehr bewältigen, und trotzdem uns - und das ist wichtig - diesem Anspruch des Verstehenwollens stellen. Also die Leistung des Verstehens wäre hier, dass man Begriffe ausbildet - auch Begriffe von dem, was sinnvoll wäre und nicht sinnvoll, Kategorienbewusstsein, von notwendigen Begriffen und Erkenntnisse, dass und warum etwas so, wie es ist, sein muss, um überhaupt Sinn zu machen. Das ist dann nach Möglichkeit klar und einsichtig, und es ist reichhaltig - das wäre hier die schöne MITTE - es ist klar, es vermittelt klare Übersicht nach allen Seiten hin - wir bewegen uns frei in unsern Stoffen - sehen die Zusammenhänge, wissen wie sie zusammenhängen, können von einem Gebiet leicht in ein anderes übergehen - ZUSAMMENHÄNGE SEHEN ist hier vielleicht wirklich das zentrale Stichwort - die Art, wie einzelne Bestandteile unseres Wissens mit anderen zusammenhängen; wir haben ein Begriffssystem, in das wir alles einordnen können, was wir erfahren, und nach der andern Seite hin gäbe es dann diese überfordernde Fülle - wir kommen nicht mehr mit, es ist zwar alles sehr reichhaltig, und wir haben ganz verschiedene Welt-Abteilungen in unserem Kopf, aber wir bringen sie nicht mehr zusammen. Dieses Nichtmehrzusammenbringen, wenn es sich verbal äussert, ist ein widersprechendes Gefasel, und Leute stoppeln sich dann oberflächlich was zusammen an Einfällen und Stichworten, die sie kennen, die ihnen zu etwas einfallen, aber es stimmt hinten und vorne nicht, das ist dann zwar Fülle, aber es wird nichts begriffen, es ist nicht einzuordnen, es endet an irgendwelchen Widersprüchen, man kann keinen Anschluss an andere Teile des Begriffssystems herstellen, und wenn das immerfort weiter geht und sich womöglich steigert dann könnte man sagen, ist es die voll ausgebildete Psychose, zumindest in dieser kognitiven Hinsicht. Ob da Leute nun noch halluzinieren, ist was andres, es sind uU kombinierte klinisch feststellbare Ausfälle, aber auf jeden Fall ist ein weiteres Mal ein Begriffspaar entstanden, zur Not in seiner äussersten Steigerung ein klinisches Begriffspaar. ((Ich erinnere mich, dass ein klinischer Psychologe, Kelly (er hat, glaube ich, auch die "Attributionstheorie" kreiert) mal den Satz geäussert hat: Auch die Psychotiker haben Kategorien, aber was für welche! Ihm ist also aufgefallen, dass deren Begriffssystem einfach ihrem Wissen und Erfahrungszuwächsen nicht gewachsen ist. Lassen wir das mal auf sich beruhen.)) Natürlich ist spätestens mit dieser Vollendung eines Erfahrungszyklus auch erreicht, dass man seine Routinen ausgeweitet hat - es mehr und neue Gesichtspunkte (für Regel-Verzweigungen, Hypothesen-, Prognosen-Bildung, "woran man denken könnte", was man für möglich hält usw) gibt- es gibt womöglich eine veränderte Routine-Praxis - immer vorausgesetzt natürlich, dass man frei genug ist, diese Art der Erfahrungsverarbeitung, der bedürfnisgerechten, in sein Leben einfliessen zu lassen - womöglich im Verbund mit andern Beteiligten - also ALLE haben gelernt und dazugelernt - ALLE können IN ihrem Leben eine Erweiterung der Routine vornehmen - und zwar eine grundsätzlicher Art -. sie haben differenziert, ihr praktisches Regelsystem hat sich ausdifferenziert - sie sind auf viel mehr Fälle vorbereitet - ihre Routinen sind differenzierter - sie können insgesamt mehr. Und dieser Zuwachs hätte sich dann bedürfnisgerecht durch diese Stufen hindurch abgespielt.
7. Wenn das, was ich da gesagt habe, jetzt tatsächlich das menschliche Bedürfnis zu lernen in seinen natürlichen Gliederungen abbildet - die Details kann man nochmal anderswo nachlesen - dann wäre jetzt eben die Frage, was macht eigentlich das Bedürfnisbefriedigende im Leben eines, wie beschrieben,ernüchtert-fortgeschrittenen, genuin RELigiös gewordenen, also post-reformatorischen und potentiell sich MODernisierenden, sich aufklärenden Individuums aus? Soweit dieses Individuum tatsächlich über eine Routinepraxis verfügt, sollten zumindest die ersten beiden Stufen darin, also die angenehm-abwechslungsreiche Routine, und die Problemlösefähigkeit, bereits ausgebildet sein. Wenn man nun an der RELigion und an den Idealisierungen und Optimalhypothesen etwas findet, ist das natürlich das viel Faszinierendere, und man wird sich dem zuwenden, mit den Verstehens- und den Neugier- (wenn man so will) Bedürfnissen - und nehmen wir mal Neugier als Oberbegriff für beides, sowohl das Bedürfnis angesichts einer bestehenden Routine seinen Horizont zu erweitern - in einer virtuos ausgeübten Routine - und gleichzeitig das dazu gehörende Verständnis zustandezubringen. Dazu passt natürlich auch - es ist ja geradezu darin integriert - das Denken in typisch idealistischen Optimalhypothesen, dabei werden ja Begriffe von der Welt vorausgesetzt, in denen die traditionellen Glaubensvorstellungen, die die Erklärung der Welt, wie sie ist, also eine Beantwortung des WARUM ist etwas so? verbinden mit einer Vorstellung von Sinn: Die Welt IST wie sie ist WEIL sie einen Sinn hat - weil sie eine Eigenschaft hat, die eigentlich am personalen verantwortlichen Handeln haftet. Und das sollte nach Möglichkeit (und das war die Post-Renaissance-Bedingung) ganz stark zurückgenommen sein - da sollte der Glaube also bereits ausgedünnt und dürr geworden sein, und dieser Neugier einfach keine Nahrung mehr liefern. Das heisst, das Individuum hat davor vielleicht eine reiche RELigiöse Ausbildung durchlaufen, aber die ist jetzt auch nach allen Seiten hin ausgeschöpft und erledigt, und das ist ja die tradierte RELigion in mancher Hinsicht meist an sich bereits, wieviel mehr die ernüchterte RELigion - all das ist ziemlich trocken und dürre - so dass da also nur noch wenig zu holen ist zur Befriedigung von "Neugier". Und seine Neugier wendet sich jetzt also womöglich weltlichen, so ist das ja auch beschrieben, Gegenständen zu. Kann sein, dass das auch gespalten war - also das ist jetzt jedenfalls die Tendenz - eine ernüchterte RELigiosität, eine postreformatorische, womöglich eine nur noch metaphysische, also Deismus oder so etwas, die gibt emotional solchem Neugier-Bedarf wenig Nahrung, und dann wendet er sich eben tatsächlich den interessanten Anteilen in der erreichbaren Umgebung zu, in der sich die Person schon aufgrund ihrer Routine bewegt. Also sie sucht nicht mehr "jenseitige" Innovationen und interessante Erfahrungen, oder Verständnisse, aber WENN sie noch sucht, dann hat sie nun zwei Möglichkeiten: Erstens, sie sucht sie vom Produktions- und Reproduktionsanteil ihrer Tätigkeit ausgehend, in interessanten Gefühlen, Erfahrungen, die begleitet sind von Sinn-Empfindungen: Etwas ist besonders schön - interessant - eindrücklich - das ganze Inventar der ästhetischen Vokabeln, die man etwa bei Burke schon ausgeführt findet - wenn sie da jetzt mit Erleben auch einen Sinn verbinden, und zwar vor allen Dingen mit einem, der in ihrem Leben nicht vorkommt - dann sind sie wahrscheinlich immer noch romantische Schwärmer, und haben den Postrenaissance-Horizont noch nicht erreicht - das sollte also abgetan sein, dh auch die Kunst sollte nicht mehr soviel hergeben - und dann wird dieses eigene Leben und Erleben wird dann wichtiger und die Erlebensmöglichkeiten, das Interessante, das Neue, Innovative, das vielleicht auch abenteuerliche Erleben, und die Anreicherung des Lebens mit Erfahrung beginnt eine Rolle zu spielen. Und nach der andern Seite hin kann sich, vielleicht ausgehend von ihrer beruflichen oder überhaupt der existenziell-reproduktiven Routine, in der sie sich bewegen, nach der Seite der sachlichen Zusammenhänge hin, auch eine solche Fülle-Erfahrung einstellen, nur eben OHNE diesen Empfindungsanteil - ausser eben im rein Kognitiven - also da ist jetzt nicht so viel Erfüllung im Erleben selbst, oder nicht so viel Empfindung, ausser die des "Ah! interessant, ich verstehe etwas - das wäre mehr..."; oder auch: "Ich kann vielleicht einen Zusammenhang beherrschen, es funktioniert, ich habe da etwas, das ich womöglich technisch verwerten kann, auch in meinem Gewerbe, auch in meiner Existenz, oder das ich andern zum Verwerten übergeben, verkaufen, veröffentlichen kann usw. - es dürfte von Interesse für sie sein."
8. Also diese beiden Möglichkeiten, aus einer traditionalen ursprünglich mal auch RELigiös gesicherten Lebensform auszubrechen, zusammengenommen - sie sind es eigentlich, wovon ich gesagt hatte, dass es diesen Befreiungscharakter hat. Die dürr und trocken gewordene Glaubenswelt ist längst zur Belastung geworden, öde Routine, lästige Pflicht, Beschäftigung mit ihr unterfordert einen, man soll sich dem immer noch zuwenden, und will damit doch eigentlich nichts mehr zu tun haben, stattdessen frönt man als aufgeklärtes Individuum seinen Neugier-Bedürfnissen nach beiden Seiten, und das Interessante dabei ist, dass es auch eine Überschreitung des Erträglichen an Fülle und an Innovation gibt, und dann gibt es die umgekehrte Bedürfnisrichtung, und die ist auch in DEM Sinn gekoppelt für solche Leute, die das ja garnicht anders erleben, als dass sie wieder in eine Routinetätigkeit, und zwar ihre ursprüngliche, zurückkehren, nachhause gewissermassen, dass sie das Fundament, das sie vorübergehend verlassen haben, wieder aufsuchen, vielleicht gesättigt mit neuen und durchaus auch verwertbaren Erfahrungen und Einsichten, in Gestalt einer gut und mit virtuoser Problemlösefähigkeit funktionierenden häuslich-heimatlichen Routine. Und jetzt ist ein entscheidender Unterschied festzuhalten. Die Neugier in vorMODernen und, wenn man so will, vor-reformatorischen oder auch noch reformatorischen Zeiten, musste sich einem RELigiösen Glaubens-Stoff zuwenden, dorthin wurde sie einfach verwiesen; sobald diese Leute ihre Routine verlassen haben, sind sie ja auf ihre Glaubenswelt gestossen worden durch ihre Kultur, sie wollten sich ja auch selber dorthin wenden, zumindest sich beschäftigen mit den idealisierten Lebensmöglichkeiten, den imaginären Welten, und die waren allesamt gekennzeichnet dadurch, dass es eben diese Einheit von Stoff, also von Vorkommendem, Weltbezogenem und Sinn gab, bzw. der Sinn lag in dem Stoff der Welt, selber,und war dort durch Interpretation zu finden, nun ja, zumindest zu suchen. Das heisst also, die Leute hatten garnicht die innere Freiheit, das erstmal getrennt voneinander zu erleben, sondern ihre Neugier und der Reichtum, dessen sie sich da bemächtigt haben, hat immer schon Sinn und Existenz (das, was ich hier auch "Fundierung" genannt hatten) zusammengeschlossen. Und das war sowohl in der eigenen Praxis so - die war immer borniert in dem Sinn, dass sie nicht über die schon erreichte Perfektion hinaus ausgedehnt werden sollte, sondern das sollte immer gerade reichen (?), die Virtuosität durfte bis zum Maximum ausgebildet werden, dh man durfte schon die ersten beiden Bedürfnisstufen - durchaus in einem gewissen Sinn vollständig - durchschreiten, aber dann war Schluss, dann hat man sein Gewerbe beherrscht, und wenn man dann neugierig war, dann sollte man eben mit dem Glauben sich beschäftigen und wollte das auch, das war dann das eigentlich Interessante oder Interessierende, später war es diese Renaissance-hafte Welt der imaginären denk- und vorstellbaren (va Kunst-)Erfahrungen, der vorstellbaren Ideal-Vorstellungen, die es in Wirklichkeit nicht so reich gibt, es sind nur immerzu veranschaulichte Begriffe, Inbegriffe, in Wirklichkeit auf Dauer auch etwas Dürres, sich ewig Wiederholendes, sodass man in der Tat, vor allem wenn man es bildungsmässig, kulturell, eben verdichtet-beschleunigt beigebracht bekommt, irgendwann auch leid ist. Diese beiden Bedingungen sind notwendig, dass die sich Modernisierenden nach-renaissance/ reformatorisch Ernüchterte sein müssen, vielleicht kommt auch noch die Urbanität, als dritte Bedingung hinzu, das Befasstsein mit einem eher sozial gestalteten urbanen Gewerbe, oder einer umschriebenen Tätigkeit als Amtsperson, und die Neugier, die von da ihren Ausgangspunkt nimmt, und sich wie eingangs schon gesagt, den eigenen Lebensmöglickeiten, und den grundsätzlichen Möglichkeiten einer Ausweitung von Erfahrungen zuwendet, oder auch den Sachen, irgendeiner Forschung, einem wissenschaftlichen Gegenstand in der Welt - diese Neugier ist jetzt nicht mehr gebunden in ihrem Aufbau.
9. Das heisst, es ist jetzt durchaus möglich, nicht mehr von vornherein nur (durch entsprechende Interpretation) eine ideale Zusammensetzung aus Stoff, Fundierendem und Sinnhaftem zu betrachten (zu suchen, aufzusuchen, herzustellen...) bei dem, wofür man sich überhaupt interessiert, wenn man neugierig ist, weshlab man zwanghaft bei allem Ausser-Routine-mässigen diese Bindung einzuhalten versuchen muss. Stattdessen löst sie sich auf, und das bedeutet, dass man eben zum ersten Mal wirklich explorativ tätig werden darf - also vom Verstehen her von vorneherein erstmal keine Auflagen hat, und dieser Exploration keine begriffliche Schranken setzt, sondern sie frei schweifen lässt: Man darf jetzt tatsächlich aus seiner zweiten Stufe heraus seiner Neugier explorativ nachgeben unter den beiden Gesichtspunkten: Einmal, ich bin interessiert an Überraschendem, aber auch an der Vervollständigung unvollständiger Vorkenntnisse... und Interessen, etwas hat meine Aufmersamkeit auf sich gelenkt und das würde ich gerne mal näher betrachten; ich darf dem frönen - ich darf dem nachgehen - ungebunden, und das Verständnis hat die Freiheit, sich erstmals an einen Stoff zu heften, der eben tatsächlich in dieser freien Weise erarbeitet worden ist. Das macht einen gewaltigen Unterschied. Die Neugier-Tätigkeit kann ausgehen von der Seite der Kernselbst-Realisierung - das Kernselbst, das Leibliche, ist ja durchaus etwas, das den RELigiösen Menschen, den Idealisten, gegenwärtig ist als etwas hochvariables, das nur prekär mit Techniken zusammengefügt ist, aber eben tatsächlich für die traditionalen Lebensformen um so verbindlicher vorschreibt, mit der Technik, die man benutzt, auszukommen, obwohl die ebenfalls variabel WÄRE, wenn man in einer ganz anderen Umgebung wäre, aber nun ist man in dieser, und darum IST beides, Kernselbst und Know-how, zu einem traditionalen Erweiterten Selbst, einer stabilen Lebensform verbunden. Wohingegen jetzt die Neugier auch sich auf Technik-Erweiterungen und ihre Bedingungen richten kann. Und ausgehend von diesen beiden bekannten Polen (der Revolution der eigenen Existenz, des Daseins, die zugleich die ersten beiden Stufen der Bedürfnis-Hierarchie wunderbar befriedigt hat), hat man somit diese zwei Richtungen, in die man explorieren kann - da kann man auch abwechseln, aber in jedem Fall heben sich durch diese Befreiung von den idealistischen Vorgaben, den Idealen der RELigiösen Sinngebung allen Erlebens, das zählen soll, die beiden Richtungen des Bedürfnis-gerechten Neugier-Befriedigens voneinander ab. Und das heisst: die ästhetischen Begriffe und das Begreifen, was es alles gibt an Befriedigungsmöglichkeiten, zeigt sich - und es bilden sich dann eben auch die Hypothesen in dieser Richtung, die man vielleicht in seinem produktiven Dasein mit den Techniken, die man schon hat, befriedigen kann, aber das ist garnicht so entscheidend an dieser Stelle - es geht ja erst einmal noch um Erfahrungserweiterung, und natürlich Verstehens-Erweiterung, aber das ist es auch schon - dann kehrt man eben in die Routine zurück, oder in eine ganz andere, das könnte auch sein, denn jetzt ist man natürlich gebunden an die Beschränkungen der Produktion und der Produktivität seiner Zeit - schliesslich kann man nicht einfach beliebig in einer Welt etwa des 18.Jhs seine Lebenstätigkeit beliebig erweitern - soviel Wissenschaft ist da nicht - man wird immer nur ein Ästhetik-Fragment, ein Wissensfragment erarbeitet haben, und das ist jetzt nicht so ohne weiteres in die kollektive Gewerbestruktur oder Produktionsarchitektur einzubauen.
10. Damit hat man nun zwar die Wertsphären erschlossen, aber das, was ich Durchbindung genannt habe, stellt sich so noch nicht ein. So wie ich es abgeleitet habe, ist tatsächlich die volle Ausbildung der 5 Entscheidungsstufen gebunden daran, dass man bei der ungehemmten Betätigung der Neugier es "mit Befriedigungs-Sachen" einerseits, und mit Wirksachen andererseits, zu tun hat - und das erlaubt dann den Übertritt gewissermassen in die Gegenrichtung; und zwar durchaus mit dem Sorgemotiv, das ja auch in experimentellen Lebensformen erhalten bleibt - beide, Neugier und Sorge, bleiben dort als Antriebe erhalten, und man kann also tatsächlich aus einer Fürsorge, Sorge die Befriedigungs-Entdeckungen, die verstandenen Befriedigungs- Entdeckungen, die man gemacht hat, andern zuwenden - etwa in literarischer Form. Das wäre überhaupt das Nächstliegende, also dass man tatsächlich sein eigenes Erleben in etwas übersetzt, was andre in einer Form, die mutmasslich zuverlässig Anschluss an ihre Existenz hat (das sind die Genre-Anforderungen), zugänglich gemacht bekommen - und spätestens wenn die Sorge eben tatsächlich Fürsorge auch für andre ist (was sie im allgemeinen ist) - dann ist aus diesem für sich etwas Erschliessen, wenn es eine Sache einschliesst, sofort ein Interesse entstanden daran, diese Sache auch tatsächlich handhabbar zu machen, vervielfältigbar, produktiv nutzbar. Und jetzt erst, also genau dann, wenn das befreite Neugier-Bedürfnis befriedigt ist, und die Rückkehr zum Bruchspalt durch Sorgemotive stattgefunden hat (denn genau darum geht es: ich gehe zurück, ich will die Routineproduktion erweitern, ich will uU Techniken finden, die sich auf diese Sache beziehen, vielleicht sogar Naturvoraussetzungen dafür erforschen): Genau dann erlaubt, ja erzwingt diese Rückkehr zum Bruchspalt (und nicht mehr zu einer Routinetätigkeit) es, von der Ästhetik herkommend, in das Technik-Feld überzutreten, und umgekehrt. Also das, was ich in 5e beschrieben hatte beim Umgang mit Wirksachen und Befriedigungssachen aller Art, die man auch andern zukommen lassen kann - das ist genau das, was den Schritt über das (Neugier- bzw (Für)Sorge-)Bedürfnis hinaus (das seinerseits notwendig war, um überhaupt die Wertsphären zu erschliessen) erlaubt und dadurch diese Durchbindung ermöglicht, die dann in die Schleifenbewegung übergeht, von der ich sagte, dass sie dieses Unabschliessbare, Nicht-Endende hatte. Die Bedürfnisse, der Bedürfnispol, beginnen mit Neugier-Bedürfnissen, es gibt nach der andern Seite von der Sachseite her, von der Wirkseite her in der Naturwissenschaft dann auch die Entdeckung der Ursachen von Gefahren, sodass dann sehr schnell eine Explosion der Produktionsoptionen eintritt, die ja alle - so war die Terminologie, die ich vorgeschlagen hatte -in entsprechenden Bedarf übersetzt werden - und das wird dann auch ein Bedürfnis (ein "sekundäres") - ich weiss, dass etwas dringend gebraucht wird, und mache mir Sorge darum, dass es zustandekommt, und dann wird das auch zum Bedürfnis, es zu haben und zur Not eben zu erzeugen, vielleicht sogar massenhaft.
11. Damit sind wir jetzt natürlich gespalten; die freie explorative Tätigkeit bindet sich jetzt an das Hervorbringen dieser Sachen, oder an das Aushalten-Lernen (mithilfe kompensatorischer Bedürfnisse) von Anforderungen, die die Produktion stellt (das hat nichts damit zutun, dass man jetzt nicht mehr OPPortunistisch vorgeht, sondern alles das ist im Rahmen einer experimentellen Existenz sehr wohl möglich). So kann man sagen, die drei Bedürfnissorten jenseits dieser kognitiven Bedürfinsse, die den Startpunkt bilden ((die hatte ich ja schon in 5d, 6 aufgezählt; diese kognitiven Bedürfnisse, und natürlich die physischen Voraussetzungen für ihr Auftreten und ihre Befriedigung - beides zusammen könnte man die "genuinen Bedürfnisse" nennen)), werden ergänzt durch diese gewussten Voraussetzungen einer zuverlässigen, dauerhaften Befriedigung dieser Bedürfnisse, also Sicherheitsbedürfnisse, die Reproduktionsanforderungen, die erfüllt sein müssen, damit man möglichst zuverlässig dauerhaft mit dieser Bedürfnisbefriedigung rechnen darf sodass also der Bedarf explodiert - der Bedarf an nützlichen Sachen, die zum Befriedigen auch der kognitiven Bedürfnisse einfach nötig sind, explodiert, nach Sachen, die allgemein eingesetzt werden können, um die kognitiven und genuinen Bedürfnisse zu befriedigen, Sicherheit darin zu haben, und während man ihn befriedigt, steigen auch schon die kompensatorischen Bedürfnisse an. Kompensatorische Bedürfnisse? - gut, man könnte immer fragen: Ist das dann eigentlich noch experimentell? Aber das kommt schleichend, denn ich kann mich sehr wohl vereinseitigen, ich kann die Mitte verlassen, und ich kann tatsächlich mich vereinseitigen und einseitig orientieren, in meiner Arbeit, und dann habe ich tatsächlich diese vier Steigerungsaffekte, Sucht, Zwang/Perfektionismus, Workoholism, Verworrenheit - diese affektiven Zustände sind alle vereinbar mit einer Nichterwartung - ich habe garkeine Erwartung, es ist einfach nur so, dass ich diesen Anforderungen genüge - dh es ist auch jenseits von OPP, also ohne Erwartungen, durchaus möglich, in diese Modi zu verfallen. Kann sein, dass man darüber nochmal genauer nachdenken muss - also die Frage: Inwiefern ist experimentelle Lebesnseinrichtung mit diesen Extremausbildungen vereinbar - spätestens, wenn man dahinter zurückfällt, ist es vereinbar - OPP, die sich diese MODerne Lebensführung zueigen machen, mit ihren Erwartungen und Hoffnungen, geraten natürlich erst recht in solche Zustände hinein. Also nochmal gesagt, der explodierte Bedarf führte aus diesen schönen Mitte-Bedürfnissen oder Bedürfnis-Anordnungen und Befriedigungsformen weg und hinein ins Extrem, und dann haben wir kompensatorische Bedürfnisse (vgl oben die 4 Steigerungsaffekte...), die die Lebenseinrichtung (Alltag, Rotuinen..) mit bestimmen, weil sie danach verlangt - dass man auch in seiner Freizeit noch, oder zwischendurch Befriedigungen bekommt, damit man die Beschleunigung weiter aushält, - dass man perfekt sein darf, dass man also in Ruhe gelassen (und eventuell dabei bedient) wird und nicht Fülle praktizieren muss, - dass man Erlebens-Stoff ununterbrochen weiter angeboten bekommt (und sich womöglich nicht selbst darum bemühen muss); oder - dass man verworren über etwas reden darf, bevor es sich vielleicht dann irgendwann doch noch ordnet. Dieses Befriedigen des Einseitigen, oder des Herausgerissenwerdens aus den Folgeerscheinungen im bezug auf unterversorgte Bedürfnisbereiche, also zb dass man eben, wenn man keine Kraft mehr hat, im Rahmen seiner Routine, etwas noch zu beenden, macht es erforderlich, dass einem da was entgegenkommt - dass einem die Depression erspart bleibt oder die Angst, dass also von aussen tatsächlich, durch die Verfügbarkeit von Sachen (Wirksachen oder Befriedigungssachen), einem dieses Absinken in die Mangelaffekte erspart bleibt, die man sonst erleiden würde durch die Vereinseitigtheit seines Tuns. Das ist also eine weitere Anforderung an die Sachproduktion - die kompensatorischen Bedürfnisse, die Bedarfsbedürfnisse, Wirksachen, Befriedigungssachen sollen produziert werden, immer mehr, im Mass, wie eben auch bekannt wird, was alles geht, was alles möglich wäre, und das Befriedigen kompensatorischer Bedürfnisse spielt natürlich zunehmend eine Rolle, und dann entdecken wir auch noch die Gesundheits- und Kranksheitsursachen - die eine Normalität voraussetzen, freilich eine immer komplexere, eine immer schwieriger aufrechtzuerhaltende, die nichtsdestotrotz uns klarmacht: Wenn man sie auf Dauer durchhält, ist sie mit bestimmten Krankheitsrisiken verbunden - dem Risiko, dass wir die Verbindung zu unserem Körper, dem natürlichen Umfeld, den Naturvoraussetzungen unserer Existenz verlieren. - Also die kommen da ins Spiel - und das wirft natürlich neue Bedarfsfragen auf: Können wir das technisch substitutieren? Können wir uns da (bio-medizinisch-)technisch helfen? Dieses Korrigieren dessen, was wir von Natur aus sind, wäre dann gewissermassen die letzte Bedürfnisklasse, diese "kompensatorische Selbstoptimierung", dieses technisch sich selber Umbauen, so dass man den Anforderungen weiter gewachsen ist.
12. Was sagt ein genuin MODernes Individuum, dazu? Man kann sagen: Die Bedürfnissorten sind ja durchaus absehbar; ähnlich wie man sagen kann: Alle Vergesellschaftungsstufen, die sukzessive hervortreten, sind im Ausgang etwa der OPP Erfolgsgewissheit, die man gegen andre geltend macht, auch schon da - also es ist auch LEGITIM , das einzusehen von andern zu fordern, es ist in ihrem INTERESSE, es ist MORALISCH geboten usw, diese ganzen Formen sind da, dann wird sukzessive eine nach der andern aufgegeben, und es bleiben zum Schluss bloss noch Moralität und Empathie übrig. All das war von Anfang an AUCH eine Möglichkeit zu begründen - es war a fortiori in der Erfolgsgewissheit enthalten. Genau so sind also jetzt auch die gesamten Bedarfs-Bedürfnisse - unbestimmt vielleicht, und ohne dass sie schon präzise gedacht sind - im Ausgang der (Selbst)MODernisierung, des Übergangs einer Einzelperson in die MODerne Mentalität, vorhanden, und werden dann sukzessive aufgegeben. Wie das geht, müssen wir dann noch besprechen; aber EINES ist klar: dieses genuine Bedürfnis-Befriedigen, gestuft, das Explorieren-Dürfen nach beiden Seiten, das Verstehen-Dürfen, das darauf aufbaut, nach beiden Seiten, ausgehend aus einer Routine - das ist nicht mehr vereinbar mit dieser Durchbindung. Denn die Durchbindung ist nicht vereinbar mit dem Erweitern einer schönen Routine. Dh da ist schon ein erster Widerspruch zur "genuinen Befriedigung" (vgl. §11, erste Kursiv-Doppelklammer), der sich natürlich steigert, sobald die Bedarfsproduktion, die Produktion, das Leben für diesen Bedarf, jede spontane Regung in Richtung Interessantes, Verstehenwollen usw erstickt - stattdessen es nötig macht, dass man sich durchaus i**n der Manier, in der man früher sich dem RELigiösen Inhalt zuwandte**, nun tatsächlich in seinem Fach, in seinem Metier den interessanten Anteilen darin zuwendet ((Warum? Organisation des Fachs in REL-TRAD-Manier?)). Das ist nicht mehr dasselbe - das werden wir feststellen, es lässt auf jeden Fall immerzu gewissermassen auch den Bruchspalt als einen stehen, der garnicht mehr die Form einer tatsächlich gelebten und ausgeweiteten Routine der Einzelperson hat. Die Einzelperson bewegt sich vielmehr irgendwo IN einer der Wertsphären. Dass es so ist, das bedeutet, dass die MODernität bereits in ihre experimentelle Vorstufe zurückgefallen ist. Wichtig dabei ist, dass die auf der ersten Stufe operierenden, arbeitsteilig Tätigen, Gewerbetreibende und Inhaber einer Position (zunächst nur in der Produktion, alsbald aber auch in den andern mittlerweile entstandenen Wertsphären), die Idee der Durchbindung übertragen (("Ideal"?)) bekommen, nur dass sie sich selbst sehen als solche, die im Rahmen dessen, was die andern machen, eben da eine bestimmte Position haben, sie können sich da durchaus auch noch zwischen Positionen bewegen, sie können auch von der Forschung (wie ich immer gesagt habe) in die Technik zurückgehen, und womöglich sogar noch in die Produktion, das ist alles möglich - aber das ist bei ihnen nicht mehr bedürfnis-, sondern **bedarfs**bezogen und -begründet. ((Ideal?)) Die Durchbindung insgesamt, die da jemand absolviert, ist meist fragmentarisch, nicht mehr vollständig, und sie führt garantiert nicht dazu, dass sich an dem vormaligen Bruchspalt, der jetzt aufklafft (die Technik entwickelt sich autonom weiter, die Produktion entwickelt sich weiter und die Technik speist die Produktion, die wiederum Anfragen liefert an Technik und Forschung - das ist alles jetzt ausgebildet) noch weiter eine Routine, eine reproduktive Praxis entwickelt, die allgemein geteilt wird und die jetzt tatsächlich bedürfnisgerecht (das wäre die Utopie) ausgeweitet und ausdifferenziert wird; diese Routine ergibt sich hier nicht mehr. Also der MODern Gewordene, der Aufgeklärte sieht hier den Widerspruch, den er gewissermassen in seinem Leben dadurch löst - (nun ja, er löst ihn nicht, aber er lebt ihn gewissermassen, ihm ist es noch möglich), dass er aus der Bedarfs-orientierten Praxis dieser Art (die zwar Durchbindung auf gesellschaftlicher Stufenleiter gestattet und ihm den "konsumierenden" Blick auf die andern Wertsphären öffnet und das Betätigen all dieser Entscheidungsstufen, wie beschrieben, ermöglicht - freilich wieder nur "auf gesellschaftlicher Stufenleiter") heraustritt, und sie verlässt zugunsten einer Bedürfnis-orientierten, Neugier-orientierten - vielleicht auch von einer momentan eingenommenen Routinepraxis ausgehend zu einer vorübergehend explorierenden und verstehenden Tätigkeit übergeht und von da immer wieder in die andre zurückgeht - das ist dann vielleicht schon irgendwo die Spaltung, die später sich bemerkbar macht als die in berufliche Tätigkeit und Freizeit - aber darüber müssen wir dann noch sprechen, wenn wir über die Aneignung dieser endgültig MODern gewordenen Lebensformen durch die gesamte Gesellschaft sprechen, und natürlich durch die Träger vorMODerner Lebensformen.
13. Ich denke, dass das der Gegenstand des nächsten Vortrags sein muss, vor allem, wenn wir uns dann fragen, wie sieht das eigentlich aus, wenn in die nächsthöhere Zeile aufgestiegen wird, das hatte ich ja schon angekündigt, das zeigt sich, wenn das Wissen, das da zur Durchbindung angeboten wird, wenn das einfach zu überbordend wird, sodass keine Person sich vernünftigerweise mehr ausrechnen kann, es sich noch erschliessen zu können, und man in irgendeiner Weise sich dazu stellen muss, dass es so unerreichbar ist - da hat der genuin MODerne Mensch natürlich schon ein Limit erreicht des Sinnhaften, da ist für ihn tatsächlich die Existenz nicht mehr sinnvoll - da kann er seinen Wechselschritt zwischen Bedürfnis- und Bedarfsorientierung schon garnicht mehr vollziehen, und das erste Problem, das er entdeckt hat, vervielfältigt sich, das erste Problem ist nämlich, den Widerspruch von Bedürfnisorientierung und Bedarfsorientierung, von bedürfnisgerechter Alltags- oder Lebenseinrichtung und Lebensform-Fragment, wenn man so will - diesen Widerspruch zu lösen - das vervielfältigt sich, er hat diesen Widerspruch entdeckt, er hat diese beiden Kategorien entdeckt, in seinem Hin- und Hertreten, aber er wird noch viel mehr entdecken - allerdings nur noch als entsetzt Sich-Abwendender, wenn er dann entdeckt, dass in den Lebensformen und den Vergesellschaftungsformen der gläubigen und OPPortunistischen MODernität die Vereinbarkeit von Lebensentwurf und Individualität und Begründungsmodus vollends unsinnig wird - also es ist überhaupt nicht mehr beherrschbar, die existenziellen Zeitstufen heben sich ab, ich hatte sie unvermittelt eingeführt - das sind Erfahrungsinhalte, die wir als Angehörige einer fortgeschrittenen, einer spätMODernen Kultur selbstverständlich uns klarmachen können - nun, im Ausgang der MODerne in der frühen Aufklärung, war das nicht in diesem Ausmass präsent, da ging es mehr um die individuelle Lebensgestaltung natürlich und die -einrichtung und das perfekte Leben auch, aber in der fortgeschrittenen MODerne klaffen diese Widersprüche (es sind keine andern als die Neben-Widersprüche der linken Tradition) dramatisch auf, und machen sich bemerkbar als Notwendigkeit, die Vereinbarkeit von bedürfnisgerechter Lebenseinrichtung und zweckmässiger, Bedarfs-orientierter herzustellen, diese schreienden Widersprüche zu lösen, und eine Perspektive zu eröffnen, die eben tatsächlich auch die Zeithorizonte bedürfnisgerecht zu gestalten erlaubt, aber das dann eben tatsächlich NUR kollektiv, durch kollektive Organisation für jeden der Beteiligten so, dass die Marxsche Kommunismuformel sich erfüllt, nämlich: dass der bedürfnisgerechte (meine Zutat) Fortschritt jedes Einzelnen die Grundlage dafür bildet, dass das Kollektiv eben tatsächlich seine Fortschritte macht - und das, weil in jedem Einzelnen der gesamte Fortschritt präsent ist - das Wesentliche daran jedenfalls. Und damit schliesse ich heute.
Vortrag 5g
Im letzten Vortrag hat ein entscheidendes Element für den Übergang in die MODerne Mentalität noch gefehlt - dieses Element muss ich jetzt besprechen. Und ich mache das, indem ich nochmal kurz rekapituliere, wie wir eigentlich an diesen Punkt des Übergangs in die MODerne gekommen sind, in der ersten Zeile - das ist ganz wichtig, und das habe ich immer wieder betont: Dass diese Selbstreflexion im Durchgang durch die Vergesellschaftungskonzepte nichts endgültig beiträgt zu diesen Übergängen, sondern den jeweiligen Übergang bloss begrifflich ausleuchtet. Deswegen also jetzt die Wichtigkeit, dass man in der ersten Zeile bleibt. (Wie man in die zweite kommt, ist in der MODerne auch nicht ganz einfach zu erklären, aber ich bleibe jetzt erstmal in der ersten Zeile.)
1. Wir hatten am Beginn festgestellt, dass es drei Abteilungen im normalplanerischen Denken gibt, hierarchisch geordnet: Die Überraschbarkeit im bezug auf die praktischen Regeln überhaupt - das war die Frage: was war anders, wenn man überrascht war, oder etwas nicht gelingt, und man es abwandeln muss; dann: Die Abwandlung der Budgets, das war die zweite Ebene; die dritte war die der Rahmenwerte. Diese Ebene der Rahmenwerte wird ja dann im Übergang auch zum RELigiösen Denken starr eingestellt: Auf ein Optimum einerseits, das aber soweit ins Optimale hinausgeschoben ist, dass niemals auszuschliessen ist, dass es erreicht werden kann, und zum andern dieses maximal Vorsichtige, Minimal-Suboptimale, das zugleich die Regel der Bestimmung der Art des zulässigen Plans ist. Also erst unterhalb dieses Rahmenwertes, oder dieser beiden Rahmenwerte, die jeder praktischen Planung entzogen sind - entfaltet sich überhaupt das RELigiöse Planen. Der Plan dort ist ein Strategie-Entwurf in einer gegebnen Umgebung, er macht natürlich Gebrauch von einem Wissen, aber das wird dann immer gleich vergessen, weil bei der Einrichtung in diesem Rahmen, in dieser Umgebung, alles weitere Wissens-Verwerten aufhört: Wenn man nur überhaupt halbwegs zuverlässig sich reproduziert, kann man das verbessern, die Budgets entsprechend austarieren, also die Prioritäten immer besser setzen, und schliesslich auch die Detailausführung, das Nächst-zu-Tuende, -zu-Wissende, -zu-Versuchende, -zu-Suchende usw - also diese drei Planstufen im Entscheidungsdiagramm da auf der rechten Seite sind im RELigiösen Denken voll ausgeprägt und besetzt, aber ohne ein besonderes Bewusstsein davon zu entwickeln; denn sie sind eben auch nicht so beweglich, es sind vielmehr starre Einrichtungsstufen, über die man garnicht allzuviel nachdenkt, und sie werden thematisch erst, wenn sie je einmal arbeitsteilig auseinandergezogen werden. (Etwas Vergleichbares ist in der Normalplanerspalte ja auch der Fall, nämlich, dass die bereits in der ersten Stufe gegebnen drei Ebenen der Normalitätsabwandlung (praktisches Regelsystem, Budgetregeln, bedingte Rahmenwerte des Erwartens) schon in der ersten Zeile vorhanden sind, aber dann im weiteren Verlauf arbeitsteilig-hierarchisch auseinandergezogen werden, im Normalplaner-Denken sind es am Ende dann drei, bis zum Staat (wo die kollektiven Rahmenwerte für Interessenverwaltung der Gesamtbevölkerung verwaltet werden), im RELigiösen Denken sind es bloss noch zwei Stufen, da kann man es marktmässig auseinanderziehen, jeder an seinem Ort setzt Prioritäten, und daraus soll sich dann ein Plan ergeben. Darüber werden wir auch nochmal nachdenken, wenn wir uns fragen, wie wird das eigentlich abgewandelt, wenn ein MODerner Inhalt in diese Denkweise gerät.) Aber jetzt sind wir erstmal noch bei der traditionalen, RELigiös schön ausgearbeiteten, über viele Generationen weg optimierten Lebensform selbst, und die wird von Leuten bewohnt, die natürlich - wie alle Menschen - die kognitiven Bedürfnisse geltend machen - das machen übrigens Normalplaner auch, das ist klar, aber dort geht das, diese Bedürftigkeit, eher ein in die Auslösung der Erwartungs-Affekte, also da kann es zB sein, dass Langeweile entsteht, weil viel zu lang (verglichen mit dem Erwartungswert) nichts "Aufregendes" passiert, da kann sich dann schon ein enttäuschter Erwartungs-Affekt anschliessen -, und so ist es hier erst recht, dh es ist ja in dieser RELigiösen Lebensform vieles sehr stark festgeschrieben - schön, das entspricht voll und ganz dem ersten kognitiven Bedürfnis der abwechslungsreichen Routine, und mit Sicherheit kommen auch Problemlösungen vor (sowohl solche, die man sich selber wählt, als auch solche, die einem widerfahren und aufgenötigt werden durch Randumstände, die vorübergehend anders sind als die bekannten, dann man muss was anpassen usw), also diese beiden Stufen sind mit Sicherheit in einer RELigiösen Lebensform lebbar, und wenn dann irgendwann doch Neugier aufkommt, oder "weltanschaulich-existenzielle" Verständnis- und Rätselfragen doch Langeweile aufkommt oder auch Angst, es kann beides sein... dann kann man sich erstmal dem eigentlichen Glaubensinhalt zuwenden. Der Glaubensinhalt und die Arbeit daran, vor allem da, wo man so halb und halb wieder zurücksinkt in das Normalplanerische - wenn es nicht abgearbeitet ist, wenn man, was ich als Postreformations-Schritt bezeichnet habe, noch nicht zurückgelegt hat - bildet eine Sphäre, in der sich die ganzen RELigiösen Mythen, die RELigiösen Denk-Puzzles an theologischen Kniffligkeiten entfalten, und daran kann man eine zeitlang auch die beiden anderen kognitiven Bedürfnisstufen durchaus befriedigen.
2. Mit EINER Differenz allerdings, EINER Einschränkung im Vergleich zu dem wirklich freien Betätigen dieser Bedürfnisse, und die ist: Die Fülle des Stoffs, die ganzen Geschichten, mit denen man sich da beschäftigt - die müssen immer darauf hinauslaufen, dass die Welt, so wie sie ist, Sinn macht. Und umgekehrt wird das gesamte Denken, das Verstehenwollen darauf hin getrimmt, dass es dieser Anforderung genügt, und die beiden Abteilungen müssen sich also in diesem Sinn aufeinander zu bewegen, und diese Restriktion engt natürlich das freie Betätigen von Neugier und Verstehenwollen extrem ein. Das wird von den Leuten, die das virtuos ausüben, irgendwann auch bemerkt, die ganzen Vorgänge beschleunigen sich natürlich noch im Lauf von Ausbildungen, dann ist man als junger Mönch, oder als junger Scholastiker, was weiss ich, schon perfekt damit versorgt worden - die Einfälle, die früher mal originell waren, die sind da ineinander gearbeitet, und perfekt organisiert werden sie einem vermittelt, und genau das ist dann irgendwann auch mal reizlos. Man hat es in Perfektion kennengelernt, ist ausgebildet in Theologie usw und das ist langweilig, und nicht mehr interessant, es ist vor allen Dingen auch zusammengeschrumpft natürlich, sobald diese Arbeit am RELigiösen Inhalt, dieses Wegarbeiten der widerlegbaren Erwartungen an Sinn und Welterklärung, endlich zugunsten der ganz abstrakten Formel absolviert ist, zb "die Welt hat irgendeinen Zweck, der sich in ihr und durch sie verwirklicht", "sie ist ein zyklisch schwingender Mechanismus aus chancen- und risiko-reichen Konstellationen", usw man kann das beispielsweise an der europäischen hermetischen also Renaissance-Philosophie festmachen, es ist die denkbar perfekteste Ausformung dieser RELigiösen Abstraktionen, dass sie stufenweise hintereinander angeordnet sind, das sollten die absteigenden Stufen an Würde und Wertsein über das astronomisch/logische Schalenmodell sein - da ist Gott ganz aussen, und dann strahlt er gewissermassen durch die Sphären hindurch, und die bilden zugleich Filter, sodass diese Götttlichkeit unten auf der Erde stark gefiltert ankommt - nur noch als irgendwie geartete Realisation der REligiösen Abstraktion der untersten Stufe: "Alles was geschieht, trägt eine Signatur", paracelsisch, es trägt eine Gebrauchsanweisung in sich, man muss sie nur je noch zu entschlüsseln wissen. Und dieser Renaissance-Schritt also ist jetzt zurückgelegt, man kann sich das immer noch so vorstellen als ein Sphärenmodelll oder eine Serie von Halbkreisen, da sitzt unten das gläubige und glaubende Subjekt und engt seinen Spielraum für die idealistischen Optimalhypothesen und Konstrukte über das was Menschen können - jetzt dann, was Menschen möglich ist, nicht mehr in und durch die Welt - immer weiter ein - und der Vorgang des Schalwerdens dieser Abstraktionen bzw des SichNicht Bewährens - der Vorgang ist immer wieder der gleiche: dass das alles in Gläubigkeit zurückfälllt - dann gibt es diese Enttäuschung der Erwartungen (die Glaubenskrise), und dann geht man zurück zur Abstraktion, die eben sicher ist... aber eben auch langweilig und dürr, und dann ist eben von der nichts mehr zu erwarten hinsichtlich der Neugier-Befriedigung, und dann versucht man es eine Stufe drunter. Und wenn dieser Raum des Überschwangs, des Enthusiasmus, des humanistischen Idealismus, wenn auch der tatsächlich mit allen Mitteln der Kunst ausgeschöpft ist, wortwörtlich, denn das ist die Art und Weise diesen Raum auszuschöpfen, dann bleibt also gewissermassen nur noch die Seitwärtsentwicklung, dh also innerweltlich, praktisch, technisch orientiert, ergeben sich Neugier-Themen. Aber jetzt passiert ein weiterer Schritt: Die Restriktion ist jetzt weg - die Restriktion, die Fülle und Verstehen zusammengezwungen hatte unter der enrtscheidenden Vorgabe, dass die Welterklärung zugleich eine sein muss aus der Sinnhaftigkeit der Welt. Stattdessen sind die Erklärungen jetzt freigegeben - sie, und ebenso das Material, das zur Erklärung dienen könnte. Ebenso für das sinnvoll, sinn-erfüllend Erlebbare.
3. Das heisst also, jetzt passiert das letztlich, dass man etwa neugierig in Richtung innerweltlicher Stoffe sich aus seiner traditionalen Standes-Stellung herausbewegt, und hintendran ein Verstehen schaltet, das schliesslich resultiert in der Entfaltung des Begriffssystems. Also man macht interessante Erfahrungen, die zu Hypothesenbildung auffordern, und man prüft jetzt das, was man erlebt, im Rahmen von allgemeinen Überlegungen; aber jetzt sehr strikt ontologisch auf der Ebene, auf der man unterwegs ist, also die Körper, die Materien, usw, und da zieht man nun die praktischen Sinnkriterien langsam heran, die man sich natürlich bewusst machen muss, etwa als beginnender Chemiker, da ist man wohl "Atomist", das sind alles Sachen, an denen sich Generationen abarbeiten, oder man ist Physiker, und dann ergibt sich, dass jenseits der Sphäre der Technik diese Doppelgrenze aufgemacht wird in, einmal: die technisch verwertbaren Hypothesen, und das Begreifen von experimentellen Resultaten und Naturbeobachtungen. Nach der anderen Seite findet dasselbe statt, man geht wieder raus aus seiner Standes-Stellung und macht interessante Erfahrungen mit Erlebnissen, die aber empfindungsmässig getönt sind, das ist ja der Unterschied, warum wir überhaupt zwei Pole, also hier den Wissenschaftspol, und dort den Ästhetikpol haben - diese Erlebnisse, die interessant sind, die meinen Alltag transzendieren, fordern ebenfalls auf dazu, ästhetische Regeln aufzustellen, Genres zu finden für Erlebnisse die man dann auch in irgendeiner Weise anderen zugänglich macht, indem man sie abbildet, im wörtlichen Sinn, oder literarisch beschreibt, oder etwa in Reiseberichten.. Zugleich gibt es natürlich ein reiches Inventar an Begriffen, mit denen diese ganzen Erlebnisse geordnet werden. Und da das alles nicht mehr unter irgendeinem Vorbehalt steht, ist sowohl die Fülle, die da erschlossen wird, in beide Richtungen, unbegrenzt, als auch das Begriffssystem, und richtet sich gewissermassen nur noch nach den jeweiligen Stoffen und den praktischen Kategorien, mit denen wir sowas überhaupt als sinnvoll ansehen können (weil wir Sinn daraus machen können) und den Unterschied zu völlig Sinnlosem markieren können.
4. Was ist da jetzt passiert? Die Unterstellung war schon im letzten Vortrag, dass diejenigen, die das machen, natürlich einen festen Platz haben, in ihrem Leben, zu dem und auf den sie immer wieder zurückkommen können, also dieses festgefügte traditionale Fuindament ist da, sie haben einen Alltag, der sie einbettet in die traditionale Lebenform, die inzwischen natürlich arbeitsteilig entfaltet ist, das war ja eine der Bedingungen - sie sind jetzt nicht unbedingt in der Landwirtschaft tätig, sondern in irgendeinem Gewerbe oder Stellung, das oder die ihnen freie Zeit erlaubt, oder sie vielleicht sogar, als technische Disziplin (zB Architektur, Pharmazie, Metallurgie usw), in die Nähe einer bestimmten Neugier-Richtung platziert. Und sobald somit sich das Bedürfnis regt, wieder abwechslungsreiche Routine zu haben oder Probleme zu lösen mit vorgegebenen Regeln, kann ich in dies Gewerbe oder Stellung oder eine vergleichbar neue zurückkehren. Ich habe aber vielleicht die Chance - und das beginnt jetzt zu changieren und schillern in Richtung Durchbindung - die Lebensgestaltung, die Alltagseinrichtung anzureichern mit den neu gefundenen Elementen - also ich komme jetzt tatsächlich zurück mit meiner Ausbeute an technisch verwertbaren Kenntnissen oder interessanten Erlebnissen, und baue sie in den ursprünglichen Alltag, Lebensführung, Lebeneinrichtung, Lebensform und -entwurf ein. So entsteht natürlich genau das, was den erste Schritt in die MODerne erzeugt, nämlich die Wertsphären. Also die Wertsphären werden durch die Arbeit vieler solcher Leute mit Stoff angereichert und heben sich dadurch gegeneinander, und gegen die bisherige traditionale Lebensform ab. Also das findet in DER Form statt, die ich früher immer "das Auseinanderbrechen der Glaubenswelt in zwei Teile" genannt habe, die Sinndefinition rutscht nach der einen Seite, die Welterklärung nach der andern, und dann wird aus dem einen die Ästhetik und aus dem andern die Wissenschaft. Nur - ganz so einfach ist es nicht. Man muss schon sagen, wie sich das GENAU vollzieht - und das hab ich eben zumindest mal angedeutet; es geschieht dadurch, dass die RELigiöse Glaubens-Restriktion "Welterklärung muss sinnhaft sein, oder aus der Sinnhaftigkeit erwachsen" - dass diese Klammer wegfällt, und dadurch die beiden Stoffgebiete auseinanderfallen. Das ist ein Prozess, der ja in der REL-Vergesellschaftungs-Stufen-Reihe, der 2.Spalte, von unten nach oben aufsteigend nachgezeichnet wird, in der RELigiösen oder der Aufklärungs-Philsophie, wo dieses Subjekt-Objekt-Auseinanderfallen extrem dramatisiert und thematisiert wird. Aber unten in der ersten Zeile, wo wir uns gerade bewegen, da findet nur einfach die Arbeit am Stoff statt - wir sind jetzt also im europäischen 18. Jh., vielleicht auch schon im 17., und da ist eine Menge Stoff angehäuft, und da kündigt sich jetzt der nächste Schritt an, indem diese Bewegung des Zurücknehmens oder Zurückgehens in den Alltag, bei gleichzeitiger Anreicherung dieses Alltags mit den ausserhalb erschlossenen Stoffen, an Fahrt aufnimmt. Das heisst, der reiche Alltag, die reiche bürgerliche Lebensgestaltung, wird zum Inhalt dieser Art von Arbeit, wird selbst zu Gewerbe, Beruf, und Stellung - man pendelt nicht mehr zwischen einem ständisch festgelegten Beruf, Gewerbe usw und den Exkursionen ins Interessante hin und her, sondern es ist soviel Stoff verfügbar gemacht (hier dann auch schon die Idee des Konsumierens, man muss es sich nicht selber erschlossen haben, kann es aber technisch verwenden und man kann es auch in seine Alltagsführung als Generation einbauen, Kunst-Rezeption - jeden Abend ins Theater gehen usw, oder ins Museum oder Reisen machen... also dies bürgerliche Leben wird reichhaltiger, natürlich kann man sagen: Das, was dann Durchbindung heisst, das würde voraussetzen, dass man aller Anbindung an etwas Stehend-Ständisch-Ständiges ledig ist, und die historische Bewegung eine solche Fahrt aufgenommen, eine solche Dynamik bekommen hat, dass sich die ständischen Berufe zunehmend auflösen und in eine Bewegung übergehen - ein ständiges Aufnehmen von neuem Stoff, und dadurch dynamisiert, dann eben auch Technik und Produktion, und das treibt sie in je eigene Entwicklungsrichtungen, gemäss je ihnen zugeordneten Wertvorstellungen, auseinander (nachdem sie zuvor, wie die beiden Glaubensanteile Sinn und Weltverstehen, bis dahin ständisch-traditional-restriktiv zusammengefügt waren). Das ist jetzt soviel Geschichtstheorie und soviel Betrachtung des Zusammenwirken von Leuten gleicher Mentalität wie nötig, um eine Mentalitätentwicklung darzustellen, denn wir sind hier in der Mentalitätentehorie, wir besprechen NICHT die äussere Geschichte, wir besprechen nicht, was Leute verschiedener oder auch gleicher Mentalität zusammen anfangen, ausser, um zu begreifen, was überhaupt an materiellen Voraussetzungen erzeugt worden sein muss, damit bestimmte Mentalitäten möglich werden. Und so weit versuche ich ja auch wenigstens im Umriss herauszuarbeiten, wie sie aus anderen Mentalitäten entstehen können - das müssen wir, weil wir sonst überhaupt nicht sagen können, warum es die nächste Stufe überhaupt gibt. Und jetzt beginnt also dieses Fundament, diese Bedürfnis-befriedigende Ruhe, in die man zurückkehren kann - die traditionale Lebensform - sich dramatisch aufzulösen. Das heisst, wir haben zwar jetzt die Wertsphären, die sich gegeneinander abheben (zunächst heben sich eigentlich bloss die Wissenschaft und die Ästhetik ab), aber jetzt heben sich auch die beiden andern Wertsphären ab, im Mass wie sich diese traditionale Lebensführung auflöst und dynamisiert wird.
5. Und was heisst das jetzt? Also jetzt hat das Individuum tatsächlich, IN seinem Leben, durch die Wertsphären zu reisen und Stoffe, die dort bereits aufgehäuft sind, seinem jeweiligen Bedürfnis gemäss zu bearbeiten, und es kann ja auch noch, wenn es Probleme lösen will oder Routinen ausbilden, zurückgehen in die Produktion, und wenn es Glück hat, kann es eben genau das mit EINER Erkenntnis, mit EINEM Stoff machen, den es sich selbst erschlossen hat, den es technisch anwendbar gemacht, produktiv verwertbar gemacht und verwertet hat, und das nochmal bezogen hat auf Bedürfnisse, die darüber hinausliegen oder dabei entstehen. Das wäre also diese faustische Laufbewegung zwischen Polen, zwischen dem Wissenspol und dem Empfindenspol - immer über das Technische und das Produktive, das dazwischengeschaltet ist, vermittelt. Nur: Das ist jetzt weg. Es ist jetzt die Mitte weg. Das ist der Bruchspalt, und der ist jetzt tatsächlich geöffnet; zunächst noch minimal, denn er bleibt die Grenze zwischen den ständig anwachsenden technischen Möglichkeiten, dem Inventar der Produktions-Optionen einerseits, und der tatsächlichen Produktion, in die man eine Fortschritts-Errungenschaft einbauen muss, wenn sie reproduzierbar werden soll - also diese beiden bilden schon weiter das Zentrum, sie sind nur inzwischen deutlich getrennt. Also jetzt hat das MODerne, das sich MODernisierende Individuum - wir sind jetzt vielleicht im frühen 19. Jh. - die Möglichkeit, durchzubinden, und dabei die Planungsstufen, Plan - Priorität - Nächst-zu-Suchendes (usw) anzuschliessen an die höheren Stufen, die kognitiven Stufen des Planens, also die Begriffsbildung die Hypothesen, die Strategieentwürfe, das Konvertieren von Strategieentwürfen in Planung findet also jetzt in der Mitte, da wo früher mal das Ständische war, die schöne traditionale Lebensform, also an dem Mittelstrich statt, und da gibt es jetzt kein Halten mehr - es gibt überhaupt nichts mehr, was dieses Hin und Her Gehen aufhalten würde. Das heisst aber auch, es ist nur überhaupt in einem absoluten Glücksfall noch vereinbar mit einer Bedürfnis-gerechten Durchbindung - das wäre ja eine, die tatsächlich die 4 Stufen durchläuft, dann einen ursprünglichen Alltag mit den gefundenen Resultaten anreichert, und die Bewegung wieder durchläuft - also diese 4 Stufen der Bedürfnis-Befriedigung: die abwechslungsreiche Routine, die Problemelösefähigkeit, die darüber hinausgehenden interessanten Erfahrungen, die meinen Horizont erweitern, aber eben auch an bestehende Erfahrung Anschluss finden, vielleicht mich überraschen, mich in diesen Hinsichten weiterbringen, und schliesslich mein Verständnis erweitern, und dieses erweiterte Verständnis soll ja an das ursprüngliche Verständnis anschliessbar sein, so wie die neue Erfahrung an die ursprüngliche, nur soll es eben nicht borniert sein, sondern auch sachgerecht-weltbezogen, das genau ist ja der Kompromiss zwischen sachgerechter Lebensform und bedürfnisgerechter Lebenseinrichtung, oder die Mitte, die einzuhalten wäre, und genau diese Anschlussfähigkeit wird natürlich immer mehr infragegestellt, dh es zeichnet für das sich MODernisierende Individuum - aber nur in seinem Leben, ganz privat, - ein Konflikt ab zwischen dem persönlichen Entfalten, und dem zweckmässigen, dem Bedarfs-Bezogenen. Denn das hatte ich ja schon im letzten Vortrag herausgearbeitet, dieses Hin und Her Laufen zwischen Bedürfnissen und Fähigkeiten, zwischen ästhetischen oder Empfindungs-bezogenem Erfahrungen-Machen mit neuen Lebensformen, Produktionen, und andererseits den Gegenständen, die da wichtig werden, die dann erforscht werden und anschliessend in das Produktionsrepertoire aufgenommen, was neue Bedürftigkeiten auch kompensatorischer Art erzeugt - dieses Hin- und Her-Laufen ist nicht mehr bedürfnisgerecht, und im selben Schritt ist es auch nicht mehr Fähigkeiten-gerecht, dh die Fähigkeit der Einzelperson, das gesellschaftlich verfügbare Wissen zu erarbeiten, ist grotesk überfordert - bebildert immer in diesem Gedanken: Leibniz war der letzte Universalgelehrte, der das Wissen seiner Zeit überschauen konnte, das konnte er natürlich nicht, aber dass das als Idee überhaupt existiert, zeigt, dass man es weit hinter sich gelassen hat. Und natürlich wirft das die Frage auf: wie soll jetzt der Zusammenhang denn stattfinden, wie soll denn das Wissen noch integrierbar sein, und als ganzes in die gesellschaftlich geplante Kooperation eingehen?
6. Aber das fragt sich ja nur noch das genuin MODerne Individuum, denn das Hin- und Herlaufen ist längst aufgegriffen worden, dieses Bedarfs-statt Bedürfnis-Orientierte, das Fähigkeiten und Bedürfnisse nur noch über-individuell bearbeitet, es ist längst aufgegriffen worden von denjenigen, für die die Wissensverarbeitung erstmal kein Problem war. Und das sind natürlich in der zweiten Stufe des idealistischen Denkens und Sich-Vergesellschaftens solche, die solche Probleme mit dem Markt lösen wollen, jeder an seiner Stelle setzt die Prioritäten, errät sie, und aus solchen Rate-Vorgängen, den Privatarbeiten, die unabhängig voneinander betrieben werden, ergibt sich dann schon durch die Weisheit der Vermittlung ein gesellschaftlicher Plan. Und unterhalb dieser Stufe - wir sind ja noch immer in der 1.Zeile oder wollten uns zunächst auf sie beschränken - unterhalb dieser 2. REL(MOD)Stufe, in der 1. REL(MOD), da sitzen nun die Leute, die aus der Möglichkeit der Durchbindung oder der Notwendigkeit, die sich inzwischen ergeben hat, eine Möglichkeit, eine Option FÜR SICH machen. Also sie können durchaus ihre Position in den Wertsphären verändern, aber sie müssen es nicht, sie können darauf stehenbleiben, und das muss nicht ganz und gar NICHT bedürfnisgerecht sein, sie können einander ihre Resultate virtuos zureichen und sie austauschen - jetzt kommt die Idee mit dem Konsum, du musst es nicht selber erschlossen haben, du kannst es ja auch angereicht bekommen haben von den Autoren, den Urhebern, den Wissenschaftlern, den Technikern, den Produzenten, von denen vor allem, weil die etwas vervielfältigen, die Güter, die Waren, und schliesslich von den Visionären, den Künstlern, die mit ihrer Sensibilität für die andern mitempfinden und interessante Erlebnisse kreieren, die ebenfalls konsumierbar gemacht werden. Man kann diese idealistisch-MODerne Einstellung zum Durchbinden und zum Hin- und Her-Rennen auch als einen Rest-Idealismus bezeichnen, es ist ja eine idealistische Vorstellung von Vergesellschaftung, wo man sich um den Zusammenhang erstmal nicht kümmern muss. Man kümmert sich erstmals dann, wenn man sich sorgt um die Prioritätensetzungen - das machen sie auf der 2.Stufe, da wird das angeeignet, und darüber reden wir nächstes Mal, denn da geht es darum, dass sie Sorge haben müssen, ob angesichts des zunehmenden Expertentums ihr Zusammenhang überhaupt noch gewährleistet ist. Aber darum kümmern sich die Hallodris in der 1.Stufe der idealistischen MODerne nicht, und erklären sich einfach für jederzeit vergesellschaftet, das ist ein bisschen das, was man bei Anarchisten findet, man ist doch schon vergesellschaftet durch die Stoff-Lieferungen, die funktionierende Arbeitsteilung selbst... Also da muss man sich nicht sorgen, wir sind vielmehr dieser Auffassung zufolge bereits fest eingerichtet, arbeitsteilig, jeder hat seinen Job in dem Ganzen, und dann stellen sie sich vor, dass in irgendeiner Weise diese ganze nachfolgende Dynamik (durch Zunahme des Wissens) auch noch funktioniert, meistens haben sie die Dynamik nicht so auf dem Schirm, sondern da ist in irgendeiner Weise jedesmal, nachdem was Neues hereinkommt - und es kommt ja dauernd was Neues herein! - schon wieder die Arbeitsteilung festgeronnen - ABER JETZT! jetzt ist es perfekt ah ja noch nicht, jetzt ists aber perfekt... Egal: Jeder an seinem Ort trägt etwas dazu bei, und alle beliefern sich mit den Konsumgütern (im weiteren und weitesten Sinn), die unabhängig von der Art ihres Zustandekommens und des Wissens darum und dahinter verwertet und genutzt werden können. ((Das nenne ich das TECHNISCHE Paradigma des Umgangs mit Wissen - dh du nutzt ein Wissensresultat, ein Könnensresultat ohne das Wissen und Können selber an dir ausbilden zu müssen; und das ist eine Prüfung deswegen, weil die Überprüfung der Qualität jederzeit möglich ist durch die zuverlässige Nutzbarkeit.))
7. (zur Überarbeitung Transkript §7 Ausdruck S.10 aufschlagen!) Also dieses Auseinanderfallen von Nutzbarkeit und Erzeugungsprozess, die ist nicht nur konstitutiv für die Möglichkeit überhaupt, hier Arbeitsteilungen einzurichten, die für genuin MODerne im Grunde genommen schon skandalös sind, weil sie dabei den zugrundeliegenden Wissensproduktions- und Entscheidungsprozess nicht mehr kontrollieren. Aber solange dieses technische Paradigma der Wissensverwertbarkeit, der Nutzbarkeit von Wissen und Können ohne es selber auszubilden, tatsächlich funktioniert - solange kann man sich darüber erstmal hinwegsetzen. In dem ganzen Gebräu, in dem ganzen Wissens-Brodeln, Wissens-Erzeugen sind natürlich versteckt bereits die späteren Problemthemen mit enthalten: Wenn wir aufsteigen in der MODerne, und uns weiter entwickeln, wird das sichtbar dadurch, dass die zunächst hervorstechenden Dimensionen der Bedürfnisbefriedigung langsam problematisch werden, und deswegen gegenüber den noch intakt erscheinenden zurücktreten. Diese sukzessive sich erledigenden und erst hervor- und dann zurücktretenden Stufen der Bedürfnisbefriedigung, will ich nur anmerken, liefern dann auch erst einmal die aufsteigende Stufen-Gliederung der MODernen Vergesellschaftung - da steht also am Anfang dieses individuelle Kognitive-Bedürfnis-Befriedigen, das an sein Ende gelangt ist, sobald klar ist, dass es kein Praxis-Zentrum mehr gibt, kein Routine-Zentrum mehr, das angereichert wird, sondern dieser Ausgangsbereich - der vorMODerne Alltag - ist aufgelöst, und es gibt nur noch das bedarfsgerechte Hin- und Her-Rennen, da ist also die nächste Stufe bereits voll ausgebildet, in der 2.Zeile der MODerne, da geht es dann schon nur noch um Bedarf, und wo und wie man da seine kognitiven Bedürfnisse unterbringt, ist schwer abzusehen (obwohl es da noch geschieht - ich sag später noch wie) - und in der 3.Zeile ist das mit dem Bedarf erledigt, warum? Ich sage das jetzt mal schon vorneweg, weil genau das, was sich die Technik-Nutzer einreden konnten, nämlich, dass sie durch die Nutzung der Konsumgüter die ihnen angeliefert werden, das Können und Wissen ersparen können, ab hier nicht mehr stimmt. Darum, weil in der Mitte ihrer Wertsphären sich auf einmal ein riesiger Spalt auftut - der ursprünglich schmal erscheinende Bruchspalt weitet sich zu einer Dunkel- und Trübheitszone, im Mass wie die MODern arbeitsteiligen Experten sich vorarbeiten in die Systembereiche der Wirklichkeit (Geophysik, Biologie, technische Systeme...), die ihnen zugleich im Rahmen ihrer Bedarfsorientierung auf die Füsse fallen als das ignorierte Verwurzeltsein in der Rest-Biosphäre. Und das ergibt also die 3.Stufe - da wird das auf einmal Thema: Man ist nicht gesund, man schädigt die Umwelt.. sie ist voller Umweltgifte... gleichzeitig will man sich technisch in diesen Bereich vorarbeiten (um ihn zu kontrollieren). Also von beiden Seiten her wird versucht in ihn einzudringen, einmal von seiten der Produktion, die versucht, den Alltag wissenschaftlich aufgeklärt zu medikalisieren, zum andern aber wird versucht, die Technik immer utopischer werden zu lassen, immer systemischer, immer lebensähnlicher, so wie man eben von der andern Seite her zugleich versucht, die Biosphäre immer mehr technisch, technik-artig zu kontrollieren - von beiden Seiten her also zugleich dringt man in diese Dunkelzone des Systemischen ein. Aber das dort zu erwerbende Wissen, das sich dort zur praktischen Verwertung anbietet, hat die Gestalt von Prognosen (von Warnungen, Risikoprognosen, aber dann auch von Chancen der Abwehr dieser Gefahren) - und Prognosen kann man nicht einfach "benutzen", ohne sich ansatzweise von ihrer Begründung ein Bild gemacht zu haben.
8. Angesichts all dessen, angesichts auch der Tatsache, dass die Geschichte so lang geht, wird die Selbstoptimierung, das Sich-Wappnen gegen die Gefahren, die aus dem nichtbeherrschten Dunkel-Gebiet stammen, immer wichtiger, und das ist natürlich dann die 4. (und nicht mehr realisierte, bloss noch theoretisch, "ideell" bearbeitete) Stufe. Das wollte ich nur mal vorwegnehmen, das sind gewissermassen die Bedürfnisgruppen, die sukzessive sich herausheben (weil sie in der Praxis vordringlich sind und auch ihre Befriedigung möglich erscheint), aber dann eine nach der andern erledigt werden (dh es zeigt sich, bei einer nach der andern, dass die Befriedigung unmöglich ist) - und das, nachdem sie aber zunächst am Anfang (auf der ersten Stufe) alle vier zusammen vorgekommen sind (kognitives Bedürfnis, Bedarf, Gesundheit, Selbstoptimierung - auf der 2.Stufe ist kog.Bedürfnis weg, Bedarf herausgehoben; , auf der 3. auch das weg, es geht nur noch um Gesundheit und Selbstoptimierung; , auf der 4. bleibt nur die Selbstoptimierung.). ((Dieser Vorgang sollte uns natürlich bekannt sein, es wird eine ursprüngliche Vielfalt an Möglichkeiten (der Legitimation in der ersten= OPP-Spalte bzw von Sozial-Ideal-Hypothesen in der REL-Spalte; bei den Normalplanern ist das zugleich eine Vielzahl an Vergesellschaftungshoffnungen bzw -erwartungen, also ein Glaube an die WIRKSAMKEIT der jeweiligen Legitimation), Stufe für Stufe allmählich ausgedünnt - dadurch, dass immer mehr von diesen Legitimationsweisen bzw darauf beruhenden Erwartungen in OPP) bzw Sozialidealhypothesen (in REL) je nach oben hin bis zur 5.Zeile/Stufe entfallen, und das kann dann schon krisenhaft sein: In der 1.Spalte entsteht die Krise auf der 4.Stufe, in der REL=2.Spalte auf der 3.,wo klar ist: wenn du Pläne aus Hypothesen ableitest, kannst du die Logik der optimalhypothetischen Kollektivierung nicht mehr anwenden.)) Hier in MOD ist also bereits auf der 2.Stufe völlig klar: Bedürfnis-orientiert ist deine Bedarfsorientierung nicht mehr, deine menschlichen Fähigkeiten sind, was das Können und das Wissen angeht, auch die kollektive Organisation, aus dem Stand heraus überfordert, das müsste eigentlich alles ganz anders organisiert sein, stattdessen soll ihr arbeitsteiliger Einsatz idealistisch von einem best-denkbaren Mechanismus reguliert, und die sinnvolle Verteilung der Resultate dieser Fähigkeiten an alle soll ihm überlassen werden, der zwischen den Menschen vermittelt, entweder anarchistisch libertär, wir sind doch schon längst - und das ist die erste Illusionsstufe - MODern-REligiöses Denken, noch ohne den Druck der Erwartungen, wenn es dann endgültig gläubig wird und in die erste Spalte zurückfällt, ins Normalplanerische, da kommen dann auch noch die berechnendden Erwartungen hinzu - aber hier, dass wir die kollektive Möglichkeit haben, unseren Zusammenhang zu organisieren, auch wenn wir ihn nicht organisieren, in der optimalhypothetisch-idealistischen Unterstellung: der organisiert sich von selbst - also das ist natürlich schon eine hochfrivole und fahrlässige Umgangsweise mit Zusammenhängen, die eigentlich IN das Subjekt fallen müssten, und die Vielheit die Pluralität der Subjekte ignoriert. Und diese Pluralität, nebenbei, entspricht ja der Marxschen Kommunismus-Formel, also der Einzelne muss fortschreiten und als Einzelner, als Subjekt, als Einzelperson sich die Summe aller gesellschaftlichen Fortschritte aneignen können, und siebearbeiten können, und diese Bearbeitung muss in allen Einzelnen stattfinden können, die an dieser Vergesellschaftung teilhaben. Das ist die Kommunismus-Formel. An der verzweifeln ja genuin MODerne Individuen, - notgedrungen; hingegen die RELigiös MODernen gehen darüber hinweg, deswegen haben die auch eine andere Kommunismus-Formel, nebenbei, schon gar wenn sie noch gläubig sind, die haben ja die mit den Bedürfnissen und den Fähigkeiten, und dem Schlaraffenland, wo die Springquellen des Reichtums so reich fliessen, dass man sich über den Widerspruch zwischen beidem und dem Bedarfsorientierten, hinwegsetzen kann.
9. Die libertäre Frivolität des Umgangs mit dem Durchbinden, das nicht mehr im Einzelkopf stattfindet, sondern nur noch im Kollektiv, das eben implizit verbunden ist mit, unbestimmt wie, aber man darf damit rechnen, Einander-Anreichen der Errungenschaften der einzelnen Wertsphären - diese Kollektivierung der Vorgänge im Einzelkopf fällt erwartungsgemäss nochmal zurück ins Normalplanerische, und dann sind natürlich alle Schranken weg - dann können Leute sich alles mögliche einbilden sowohl über ihren Zusammenhang als auch über das, was ihnen möglich ist - das ist ja der autoritär auftrumpfende Standpunkt der (Miss)Erfolgsgewissheit - und was dann passiert, kann man sich dann ja ausmalen, und das ist natürlich dann MODerne at its best - da sieht man dann ihre ganzen unschönen Seiten sich entfalten, und natürlich das ganze Chaos, das damit verbunden ist - die wilden Unternehmensgründungen, die Genies, die Erfinder, die Tüftler, die verrückten Wissenschaftler, die Besessenen einer Idee, überhaupt diese ganzen Besessenheiten, diese Überschätzung - da kommt natürlich auch mal wieder der ganze renaissancehafte Idealismus mit rein - der ist ja nicht erledigt damit, dass der einmal kulturell weggearbeitet wurde, sondern jetzt kehrt er wieder, weil er ja nicht sicher reproduzierbar für die Nachkommen erledigt wurde, sondern er steht als regressive Option, als Sich-Gehen-Lassen, als Entdifferenzierung kulturell erarbeiteter Fortschritte, weiter zur Verfügung. Und natürlich tobt er sich dann auch entsprechend aus. Also man kann sich fragen... es ist ja jetzt ein bisschen viel Stoff schon angesprochen worden - ob das alles in einen Vortrag gequetscht werden soll - ich versuche jetzt mal ein bisschen den weiteren Weg zu skizzieren - es soll ja auf der andern Seite auch nicht die MODernitäts-Besprechung überhand nehmen, es ist ja ein Tableau, das weiterreicht, das hier entfaltet werden soll... es soll ja auch noch um die NACHMODerne gehen - und deswegen kann ich mich jetzt auch mit der MODerne nicht so ausführlich beschäftigen, wie sies eigentlich verdienen würde (zumal ich ja auch noch behaupte dass es das erste Mal geschieht, dass das jemand macht - insofern hätte sie an sich deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient - einiges steht aber auch in den Texten auf meiner Seite...). Ich will also nur noch kurz skizzieren was sich in der 2.Zeile abspielt. Dazu müssen wir uns anschauen, was eigentlich bis jetzt passiert ist in der MODernitäts-Entwicklung, also es ist natürlich klar, die kognitiven Bedürfnisse müssen vernachlässigt werden, wenn man Bedarfs-orientiert lebt, und sich einfügt in eine Bedarfs-orientierte Kollektiv-Struktur, die sich auch schon aus der Ständegesellschaft heraus entwickelt hat - als Boheme, als Wissenschaft, usw... auf jeden Fall, die frühen MODernen Vergesellschaftungsformen sind zunächst mal noch nicht besonders hoch organisiert, sondern bestehen im wesentlichen eben in dieser Erwartung, Hoffnung, Optimalhypothese, dass man das, was einem fehlt, einfach von andern Könnern und Wissenden angeliefert bekommt. Und man das also so auch in sein Leben einbauen kann - vor allem wo es um kompensatorische Bedürfnisse geht - wo es um die Ermöglichung einer Bedürfnis-fernen (Bedürfnis-ignorierenden, unterdrückenden) Lebensweise geht. Was bedeutet das? Also was bedeutet eigentlich, dass die kognitiven Bedürfnisse unbefriedigt bleiben? Nun ja... es heisst eben vor allen Dingen zweierlei: Einmal bin ich aus der Mitte ausgelenkt, aus der schönen Mitte, wo die beiden Anforderungen austariert befriedigt werden, nach einer Seite hin - das ist die Leistungsseite hin, beschleunige ich, und brauche Zwischenbelohnungen, das ergibt dieses Sucht-Phänomen, oder ich bin perfektionistisch, ich MUSS perfektionistisch sein, und werde zwanghaft, pedantisch, oder ich werde Fülle-orientiert, ich brauche ständig neue Nahrung für meine ausufernde Neugier - und bin darauf orientiert - also das ist dann auch eine langfristige Einrichtung - schliesslich muss ich zurechtkommen mit dem Durcheinander an Aspekten, die einfach nicht mehr in ein ganzes einzuordnen sind - und gleichzeitig hat die Spezialisierung Folgen, die mir aufgezwungen wird durch die Bedarfs-Orientierung - zunächst renne ich ja noch hin und her, das ist aber nur eine kurze Phase, und dann stehe ich still; ich kann zwar noch in eine andre Wertsphäre überwechseln und mich einarbeiten... aber der Stoff ufert so schnell aus, das kann schon in ein, zwei Generationen passieren, dass sich das Hin- und Herlaufen erübrigt, und ich nur noch da wo ich stehe (wir sind jetzt schon im 1.Feld der RELMOD-Spalte), festgehalten bin, und das andre (das Weitergehen oder gar das Hin und Her) nur noch als Option habe, dass ich da auch noch tätig werden KÖNNTE und vielleicht dahin ausgreife.
10. Das Schicksal, das ich auf der Bedürfnisebene erleide durch meine zunehmende Bedarfsorientierung, ist dann, zusätzlich zu den Leistungs- und Beschleunigungseffekten: Vereinseitigung. Die weckt dann die Affekte auf der andern Seite, also je nachdem, wo ich mich hinbewegt habe auf der Leistungsseite, schlagen meine Vereinseitigungen zu Buche als Langeweile, Gelangtweiltsein, in meiner Freizeit etwa, als Angst, als Kontrollverlust, als Deprimiertheit und Weltverlust, Welt- und Erfahrungsverlust, oder als Ungeduld, Verständnislosigkeit. Und alle diese 8 Auslenkungen treten normalerweise verknüpft auf mit andern ihresgleichen, dh wahrscheinlich bin ich in einem der Felder der kognitiven Bedürfnis-Hierarchie besonders unterwegs und leiste da, und unterliege da den Maximal- und am Limit sich bewegenden Affekten Sucht, Zwang, Manie, Verrücktheit - wenn man so will - affektive (Ausnahme)Zustände sollte man wohl lieber sagen, oder auch "pathologische"; und auf der Seite ist damit kombiniert eine herausragende Bedeutung wenigstens eines oder zweier Defizienz-Felder (Langeweile Angst Deprimiertheit Ungeduld/Ärger) aufgrund der Vereinseitigtheit, in die ich mich damit begeben habe, obwohl ich dann eben nicht mehr imstand bin, das andere schön mittig auch nur einigermassen zu halten; denn ich sinke halt auf das nicht mehr erträgliche Niveau herab (laufe zumindest Gefahr herabzusinken), wo meine Kräfte einfach nicht mehr ausreichen, um das betreffende kognitive Bedürfnis zu befriedigen, und dann muss mir nachgeholfen werden - in allen 8 Fällen muss den Betroffenen natürlich durch die gesellschaftliche Produktion nachgeholfen werden, es entsteht ein Bedarf, kompensatorische Bedürfnisse dieser Art zu befriedigen. Und natürlich entsteht damit ein weiterer riesiger Produktionsbereich, der gehört auf jeden Fall zur Bedarfs-Befriedigung hinzu, die produktiven Fähigkeiten dazu müssen entwickelt werden, die Gesellschaft als ganzes muss in allen 4 Wertsphären vermehrt ranklotzen, damit sie diese Anforderung erfüllt (was die kompensatorischen Bedarfe weiter erhöht - Teufelskreis). So ergeben sich natürlich ständig auch Chancen, aber tatsächlich ist eine Masse Kompetenzen und Wissens-Bewältigung erforderlich, die nicht mehr irgend die geringsten Chancen bieten sich organisieren zu lassen. Und dann überlässt man es eben einem Mechanismus. Dass man überhaupt dieses sich abzeichnende Steckenbleiben von Personen bewältigen zu können - in Stoffmassen, die immer zäher werden und immer weniger zu durchschauen und durchzuarbeiten, diese Spezialisierung, dieses Erstarren des immer weiter sich anhäufenden Stoffs, der irgendwie extern, ausserhalb der Personen organisiert-archiviert und verfügbar gehalten werden muss, in Bibliotheken, Enzyklopädien, Lexika, Lehrbüchern usw - das ist ja die erste Form, in der das alles organisiert und abgespeichert wird - begründet sich eben durch die erste Form, darauf zu reagieren oder es zu tolerieren, und das ist eben dieses Prioritätensetzen der experimentell-vergesellschafteten Einzelnen, die allerdings entscheiden müssen, wo sie es tun, also eine Berufswahl, eine Fachwahl treffen müssen. Dort werden sie dann EXPERTEN, und dies Experten- oder Spezialistentum verlangt natürlich nach einer durchgehenden Verbindung zwischen diesen Experten, und die Sorge, die sich ergibt, wenn man das mit der Frivolität der ersten Zeile betrachtet, also der ersten Stufe des RELMOD Denkens: Ach irgendwie wird das alles schon von irgendjemandem anders bearbeitet - die darf es natürlich so nicht mehr geben - sondern es muss dafür gesorgt sein, dass die sich ausweitenden Stoffe, die das Resultat ursprünglich des Hin- und Her-Rennens war einer Person oder mehrere Personen zwischen den Polen - dass diese sich ständig aufhäufenden Stoffe am Laufen gehalten werden, während die Personen feststehen, durch die sie hindurchwandern. Also es sind jetzt nicht mehr die Personen, die zu den Stoffen laufen, oder sie aufgreifen und mit ihnen in die nächste Wertsphäre und die übernächste eintreten - sondern der Stoff läuft durch die Personen durch, oder zwischen Personen und Expertengruppen läuft er, und wird weitergereicht. Und diese Figur, die sollte man dann vielleicht mal genauer darauf hin betrachten, was da eigentlich verlorengegangen ist, wenn man zwar nicht mehr Bedürfnis-gerecht aber Bedarfsgerecht produziert, und die kognitiven Bedürfnisse eigentlich überhaupt nicht mehr anders vorkommen als nur noch in ihren kompensatorischen Verzerrungen. Also das heisst nichts andres als: Wir müssen uns anschauen, wie die zweite Zeile MODerne bzw die in REL(MOD), in Idealismus und Gläubigkeit zurückgesunkene MODerne ausschaut, und vielleicht ergibt sich daraus auch, wie dann die 3. und die 4. Stufe daraus entsteht. Ich denke, dass das das Thema der nächsten Vortrags-Serie sein muss.
es steht aus:
Kapitel 6 Die Formen der Aneignung des MOdernen Weltverhältnisses in vorMODernen Rahmen
Kapitel 7 Das NachMODerne Weltverhältnis
Anhang: Skizze zur Geschichtstheorie. Skizze zum Rationalen Materialismus (Personbegriff, Sprache, Handlungstheorie...)
07.04.2024 ```
Rückverweise/Backlinks#
Die folgenden Seiten verweisen auf die aktuelle Seite:

